Es war ein merkwürdiges Rennen in Watkins Glen. Bei den Prototypen gab es allerdings eine faustdicke Überraschung.
So selten liegen wir (mal abgesehen von unseren Tippspielen) dann selten falsch. In der Vorschau hatte ich den LMP2 keine Chance auf den Gesamtsieg gegeben. Grund dafür, war zum einen das Rennen in Mid-Ohio, wo die DPi das Rennen dominierten, zum anderen die seit Mid-Ohio nicht veränderte BoP. Die Charakteristik der Kurse von Mid-Ohio und Watkins Glen sind sich durchaus ähnlich, also sprach wenig dafür, dass die LMP2 Chancen auf einen Sieg hatten.
Doch schon in der Qualifikation ergab sich ein anderes Bild. Core Autosport eroberte die Pole Position und das mit einem für IMSA Verhältnisse deutlichen Abstand von 0,3 Sekunden. Schon diese Pole war eine kleine Überraschung, auch wenn bekannt ist, dass die LMP2 auf eine Runde durchaus den Speed dafür haben. Im Rennen entwickelte sich aber ein ähnliches, Bild. Der Kampf zwischen den beiden Acura, dem Core Auto, dem JDC/Gainsco Oreca und dem Ligier von United wogte lange hin und her. Da stellte sich dann die Frage: wieso waren die LMP2 plötzlich so stark?
Die Antwort ist nicht leicht zu finden und liegt irgendwo in der Aerodynamik versteckt. Bekannt ist, dass die LMP2 gegenüber den DPi etwas mehr Abtrieb haben. Das merkt man vor allem, wenn man auf die Topspeed-Werte schaut. Auf Strecken wie in Daytona, Sebring oder aber auch Watkins Glen sollten die DPi also Vorteile haben. Nur zur Erinnerung – der bisher einzige Sieg eines LMP2 stammt aus dem letzten Jahr, als Spirit of Daytona damals mit dem Dallara in Laguna Seca gewinnen konnte. Eine Strecke, auf der der Topspeed keine Rolle spielt. Aber in Watkins Glen?
Offenbar spielte das Wetter am Wochenende eine große Rolle, denn es war heiß. Heiße Luft verändert aber die Aerodynamik von Fahrzeugen enorm, da sie dünner wird. Vereinfacht gesagt: je heißer es wird, desto weniger Abtrieb produziert ein Rennauto. So ist es im übrigen auch bei Flugzeugen. Wenn an Flughäfen zu heiß wird, können diese nicht mehr starten, weil heisse Luft unter den Flügeln nicht genug Auftrieb produziert (siehe hier).
Da die LMP2 mehr Abtrieb erzeugen haben sie logischerweise auch bei großer Hitze mehr Abtrieb als die Konkurrenz. Wie groß die Unterschiede waren, erkennt man bei einem Vergleich der idealen Rundenzeiten aus dem Rennen.
Core Autosport 1:32.974min
Penske Acura 1:33.247min
United Autosport 1:33.640min
JDC/Gainsco 1:33.832
Whelen Cadillac 1:33.967
Man sieht, dass sowohl die Oreca und der Ligier in den Top 5 zu finden sind. Das passiert genauso selten, wie der Umstand, dass ein Cadillac eine ganze Sekunde langsamer ist. Das die Acura als einzige in der Lage waren den LMP2 zu folgen, lag schlicht daran, dass der Acura im Grunde ein wenig veränderter Oreca 07 ist, der nur vorne den größeren Spoiler hat. Und der hat in dem Fall dann auch noch geholfen.
So kam es dann, dass die Phalanx der Cadillac komplett chancenlos war. Da halfen auch nicht die sporadischen SC-Phasen und eine leicht veränderte Boxenstrategie. Vorne wechselten sich nur die Acura. der Core, der United und der JDC in der Führung ab.
Die Entscheidung fiel dann erst in der letzten Stunde. Da lag der Core LMP2 vorne, der sich nach einem turbulenten Rennen für das Team erst später wieder in der Führungsgruppe gemeldet hatte. Auf der Lauer lagen neben den genannten Teams, auch der WRT Cadillac, der eine etwas andere Strategie ausprobierte. Doch genau passend zum letzten Stopp warf der Magnus Audi R8 aus der GTD ein paar Teile auf die Strecke und das SC musste kommen. Logischerweise gingen alle die Box, da man danach durchfahren konnte.
Den Restart gewann der pokernde WRT Wagen zunächst für sich, hatte aber Acura von Cameron/Montoya und den JDC/Gainsco im Nacken. Auf dem Weg zur ersten Schikane versuchte Cameron am WRT, aber beide boten Simpson im JDC einen hervorragenden Windschatten. Der packte seinen ganzen Mut aus und machte eine dritte Spur auf wo eigentlich keine war und packte sich beide Prototypen. Da konnten die beiden Spitzenpiloten nur staunend zuschauen. Zwar versuchte man dran zu bleiben, aber durch die ebenfalls von hinten drängenden Autos von United und Core verwickelten sich die Verfolger in Zweikämpfe, die Simpson vorne zur Flucht nutzte. Mehr als zwei Sekunden Vorsprung hatte Simpson zwar nie, aber er ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Auch nicht, als Dumas im Core von hinten Druck machte.
Es war der erste Sieg für JDC in der Topklasse der IMSA und der erste Sieg von Simpson, Goikhberg
und Miller. Und es war der erste Doppelsieg der LMP2 in der IMSA.
GTLM
In der GTE gab es einen schönen Zweikampf zwischen den Ford und den Porsche. Letztere hatte man ja schon vor dem Rennen als sehr stark eingeschätzt und genauso kam es auch in Watkins Glen. Die Ford waren zwar in der Quali besser, im Rennen ließen sich die Porsche aber nicht abschütteln. Im Gegenteil. Im ersten Teil des Rennens sah es zunächst so aus, als ob die Porsche über die Distanz die Ford würden niederringen können. Vor allem gegen eines Stints sah es so aus, als die 911er noch mehr aus den Reifen rausholen konnten. Es wurde dabei aber wirklich um jeden Zentimeter gerungen, häufiger auch mal mit Lackaustausch. Lange sah es so aus, als würde das Rennen nur zwischen diesen beiden Herstellern entschieden.
Doch die verschiedenen SC-Phasen würfelten das Feld ein bisschen durcheinander. Denn plötzlich tauchte die Corvette mit Magnussen und Gracia vorne auf. Die gelben Renner hatte man vorher kaum gesehen. In Szene konnte sich aber nur die #3 setzen, die #4 mit Millner/Gavin war etwas abgeschlagen und lag am Ende eine Runde zurück.
Die letzte SC-Phase kam auch für GTLM passend. Bei den Stopps arbeitete die Ford Mannschaft am schnellsten und der Wagen mit Dirk Müller und Joey Hand übernahm erneut die Spitze. Dahinter sortierte sich die Corvette vor dem Porsche von Tandy/Pilet ein. Im kurzen Stint zur Zielflagge konnte Müller den Ford vorne halten.
GTD
Viel Aufregung gab es in der GTD. Und das gar nicht mal so sehr auf der Strecke, auch wenn es dort wie üblich sehr eng zu ging. Zunächst wechselten sich vorne der Acura #86 (Legge/Parente) und der AMG von Riley mit Keating/Bleekemolen/Stolz an der Spitze ab. Dazu gesellte sich auch der Land Audi, der von Kelvin van der Linde und Chris Mies gesteuert wurde. Aber um genau dieses Auto entbrannte, mal wieder, ein heftiger Streit zwischen Land Motorsport und den Rennkommissaren.
Zur Erinnerung: in Daytona wurde dem Land Audi der sichere Sieg durch die Rennkommissare gestohlen. Diese monierten im Rennen die zu schnellen Tankzeiten des Audi und belegten den Wagen prophylaktisch mit einer Stop und Go Strafe. Um dann bei technischen Inspektion nach dem Rennen festzustellen, das der Audi völlig legal war.
In Watkins Glen knallte es dann erneut. So ganz genau ließ sich das Problem nicht aufschlüsseln. Aber die Rennleitung gab den um den Sieg kämpfenden Audi eine 60 Sekunden Stop und Go. Das Team habe am Auto gearbeitet, als die Boxengasse geschlossen sei, hieß es. Land argumentierte wohl, dass man den Regel gemäß gearbeitet hatte. Es ist erlaubt an die Box zu kommen, um zum Beispiel nachzutanken. Jedenfalls ignorierte Land die Strafe und zog das Auto kurz vor dem Ende zurück. Freunde wird man in den USA offenbar nicht mehr.
Ohne den Land Audi ging es vorne aber weiter eng zu. Doch es war nicht der Acura, der den Sieg für sich beanspruchen konnte. Durch die vielen SC-Phasen hatte sich etwas überraschend der von Turner Motorsport eingesetzte BMW M6 nach vorne gearbeitet. Das war in so fern überraschend, da man den M6 im Rennen kaum vorne gesehen hatte. Doch eine kluge Strategie und ein sehr gut aufgelegter Markus Palttala sorgten für den ersten Sieg des BMW in diesem Jahr.
Bilder: IMSA