Home Motorsport Formel Eins: Analyse GP von England 2018 – Vorteil Ferrari

Formel Eins: Analyse GP von England 2018 – Vorteil Ferrari

von DonDahlmann
0 Kommentare

Erneut hat Ferrari Mercedes unter Druck gesetzt, erneut konnte man gewinnen.

Der britische Grand Prix war eines der besseren Rennen des Jahres in dem es viele Dinge gab, die eine wichtige Rolle gespielt haben. Die Quali, Strafen, die Hitze, die Reifen und das Safety Car, um mal ein paar zu nennen. Dass das Rennen aber für Mercedes in diesem Jahr nicht so ein Spaziergang sein würde, wie in den Jahren zu vor, spürte Mercedes spätestens am Samstag. Da zeigte sich, dass die Ferrari 2018 tatsächlich näher dran sind, als in den Jahren zu vor. In der Vorschau hatte ich schon beschrieben, dass es in diesem Jahr etwas enger werden könnte. Allerdings war ich auch überrascht, dass Ferrari und Mercedes praktisch gleich schnell waren. Dieser Wimpernschlag, der Hamilton die Pole brachte, bedeutet zweierlei. Zum einen musste sich Mercedes zum ersten Mal seit 2014 in der Quali in Silverstone wirklich strecken. Zum anderen verballerte Hamilton bei seinem letzten Versuch noch einen Satz der Soft. Ferrari hatte sich aber einen frischen Satz der Soft gespart, was im Rennen entscheidend sein sollte.

Dass das Rennen eng würde, war also klar. Einen klaren Vorteil für Ferrari oder Mercedes gab es, abgesehen von dem einen Satz Soft für Ferrari, nicht. Die Erfahrung der letzten Rennen hatte allerdings gezeigt, dass die Mercedes mit härteren Mischungen besser klar kommen. Allerdings wurde es für das Team bisher immer schwierig, wenn es heiß war. Da die Asphalttemperaturen die 50 Grad Celsius überschritten, war das eher dann wieder ein kleiner Vorteil für die Ferrari. Im Rennen zeigte sich aber dann, dass der Verschleiß bei beiden Teams ungefähr gleich war – mit einem leichten Vorteil für die Mercedes, wie Lewis Hamilton in seinem ersten Stint bewies.

Vettel demontierte Hamilton beim Start und war schon vor der ersten Kurve vorbei und damit vorne. Die Blitzstarts der Ferrari sind das eine, aber der Brite kam wirklich nur zögerlich von der Linie weg. Da Bottas ebenfalls besser startete, sah sich der Brite in P3 und innen lauerte in der Anbremszone zu Turn 3 Räikkönen. Die folgende Kollision ging klar auf die Kappe des Finnen, da gab es nicht zu deuten. Mercedes deutete nach dem Rennen „interessante Taktiken“ an und meinte damit, dass eine Kollision vielleicht nicht so zufällig gewesen sein. Was natürlich Quatsch ist. Räikkönen gilt als einer der fairsten Fahrer im Feld und schon gar nicht als einer, der sich auf schmutzige Tricks einlässt, selbst wenn Ferrari das von ihm verlangen würde. Die 10-Sekunden Strafe war berichtigt, aber auch darüber kann man diskutieren, wie der folgende Tweet zeigt

Danach entwickelte sich das Rennen so, wie man erwartet hatte, abgesehen von Hamilton, der durchs Feld pflügte. Aber vorne setzte sich Vettel etwas ab, kontrollierte dann den Abstand zu Bottas. Dahinter befand sich Räikkönen in einem schönen Fight mit den Red Bull. Erstaunlicherweise war er aber nicht schnell genug, um beide hinter sich zu lassen. Aber ansonsten tat sich nicht viel.

Die Stopps kamen dann etwas früher, als man erwartet hatte. Das lag zum einen an den früh stoppenden Räikkönen und gleichzeitig an Hamilton, der wirklich der schnellste Mann auf der Strecke war. Als er endlich freie Fahrt hatte lag sein Rückstand bei 28 Sekunden. Ein paar Runden später waren es dann nur noch 26 Sekunden. Das Stopp-Delta in Silverstone beträgt rund zwischen 18 und 20 Sekunden. Ferrari hatte also noch viel Zeit, allerdings löste sich bei Vettel langsam ein Vorderreifen auf. Ferrari sah sich die Abstände und die Rundenzeiten der Red Bull an, die vorher gestoppt hatten und entschied sich zu einem gefühlt frühen Stopp.

Er kam in Runde 20, was bedeutete, dass die Medium dann 32 Runden würden durchhalten mussten. Gesetzt war das nicht, auch wenn Pirelli die Lebensdauer auf rund 40 Runden angesetzt hatte. Aber die hohen Temperaturen und die hohe Belastungen auf den Reifen sorgten zumindest für Skepsis. Dennoch konterte Mercedes den Stopp und holte Bottas eine Runde später rein. Aber Hamilton ließ man noch bis Runde 25 draussen.

Der Grund dafür: man hoffte auch ein VSC oder SC, das den nach den Stopps der Konkurrenz auf P3 liegenden Briten vielleicht ganz nach vorne bekommen sollte. Aber dieses Glück sollte Hamilton in dem Punkt nicht entgegen kommen. Denn das SC kam dann nach dem Abflug von Ericsson erst in Runde 33. Ferrari und Red Bull stoppten beide Autos und zogen frische Reifen auf. Und hier zeigte sich dann der Vorteil von Ferrari, die für beide Piloten noch frische Soft Reifen hatten.

Mercedes behielt beide Autos auf den Medium draussen. Das war im Fall von Hamilton durchaus verständlich, seine Reifen waren gerade mal acht Runden alt. Bei Bottas war die Entscheidung fraglich, aber in beiden Fällen hing die Entscheidung damit zusammen, dass McLaren keinen frischen Satz Reifen mehr in petto hatte. Dazu kam der Gedanke, dass die Position auf der Strecke wichtiger war, so eng wie die beiden Teams zusammen lagen. Das sich Vettel dann mit den deutlich frischeren Soft an Bottas vorbei zwängen konnte, war dann nur eine Frage der Zeit. Wenn es nicht sechs Runden vor Schluss gewesen wäre, dann spätestens drei Runden später, als man sah, wie Bottas hilflos auf den Medium um den Kurs rutschte.

Blieb am Ende nur die Frage: Hätte Hamilton das Rennen gewinnen können, wenn ihn Räikkönen nicht abgeschossen hätte? Vettel hatte den Start klar gewonnen. Deutlich war auch, dass der Ferrari deutlich enger hinter dem Mercedes fahren konnte, als umgekehrt. In den sensationellen Runden nach dem zweiten Restart, konnte man das gut sehen. Vettel kam hinter Bottas immer wieder in nah dran, Hamilton fehlten ein paar Zehntel um sich in eine Angriffsposition zu bringen.

Interessant ist aber der erste Stint von beiden Piloten. Da war Hamilton klar schneller und er musste dabei seine Reifen wegen der vielen Überholmanöver auch hart rannehmen. Dennoch war es Vettel, der zu erst Probleme mit den Soft bekam. Vorausgesetzt, dass Hamilton knapp hinter Vettel gelegen hätte, wäre Mercedes die Möglichkeit des Undercut gegeben gewesen. Der Overcut hätte vermutlich nicht geklappt, weil sowohl Vettel als auch Räikkönen nach ihren Stopps Sektorbestzeiten gefahren sind. Aber auf Grund der Tatsache, dass der Mercedes nicht so dicht hinter dem Ferrari fahren konnte, lässt den Schluss nahe, dass das Rennen zwar eng geworden wäre, aber Ferrari hatte den Vorteil ohne dirty air fahren zu können.

Hinter dem sehenswerten Duell an der Spitze, ging es auch turbulent zu. Als „best of the rest“ kam Nico Hülkenberg ins Ziel, der insgesamt ein sehr gutes Wochenende hatte. Aber die Performance Unterschiede zwischen Mercedes, Ferrari und Renault waren ziemlich eklatant. Den Franzosen ist es dieses Jahr nicht gelungen, den Rückstand aufzuholen, im Gegenteil. Es macht den Eindruck, als ob die beiden Top Hersteller den Franzosen weg gezogen sind. Das macht die Entscheidung von Red Bull zu Honda zu wechseln, nachvollziehbar.

Der Platz dahinter hätte Sauber gehört, wäre es nicht zu dem Zwischenfall bei Leclerc gekommen. Beim Stopp hatte man ein Hinterrad nicht richtig angezogen, damit war ein guter Platz Geschichte. Allerdings war es schon erstaunlich, wie gut die Sauber in Silverstone unterwegs waren. Der Ferrari-Motor hat sicher geholfen, aber vor allem das gute Chassis half auch. Mittlerweile scheint Sauber auf dem Niveau von Renault und Haas angekommen zu sein.

Bei McLaren läuft es weiter schleppend. Das Alonso Platz acht erobern konnte, war allerdings sauber heraus gefahren. Das SC half McLaren, da Alonso schon in Runde 13 zum ersten Mal an der Box war und mit Sicherheit eine Zwei-Stopp-Strategie im Hinterkopf hatte. Er kämpfte sich gegen die Haas durch und lieferte sich ein wenig beachtetes Duell mit Esteban Ocon, den aber nicht überholen konnte. Platz neun ging an Magnussen, Platz zehn zunächst an Gasly, der den etwas lahmen Toro Rosso mit Mühe dort hin gebracht hatte. Allerdings unter Einsatz des Ellbogens gegen Perez. Dafür bekam Gasly eine 5-Sekunden Strafe und Perez rutschte auf P10.

Ein katastrophales Wochenende hatte mal wieder Williams zu verzeichnen. Das man es in Silverstone schwer haben würde, war vorher klar. Aber es sollte noch schlimmer kommen. Man hatte einen neuen Heckflügel mitgebracht, der das bestehende Problem des Autos aber offenbar kritisch werden ließ. In der Quali flogen beide Piloten beim Anbremsen mit einem unkontrollierbaren Heck ab. Das sah nicht nur komisch aus, sondern war auch gefährlich.

Wie schon mal beschrieben leidet der Williams in diesem Jahr unter einem Phänomen das sich „aero stall“ nennt. Das bedeutet, dass der Abtrieb, der unter dem Auto erzeugt wird, nicht stabil ist und abreissen kann. Letzteres führt dann zu dem unkontrollierbaren Fahrverhalten, wie man es in Silverstone sehen konnte. Mehr dazu kommt dann in einem Extra-Artikel, das würde sonst hier den Rahmen sprengen.

Weiter geht es in 14 Tagen beim Grossen Preis von Deutschland in Hockenheim. Da dürfte es ähnlich weg zugehen, wie in Silverstone.

Bilder: Daimler AG, Ferrari, Force India, McLaren F1, Sauber F1, Renault Sport, HaasF1, Williams F1

Anmerkung: Warum gibt es keine Bilder von Red Bull oder Toro Rosso?
Die Teams stellen die PR-Bilder normalerweise zur Verwendung für Presseberichte mit einer speziellen Lizenz zur Verfügung. Diese ist zeitlich nicht limitiert und gilt weltweit. Red Bull hat sich entschlossen, Bilder nur noch für 6 Monate zu lizenzieren. Das bedeutet, dass wir die Bilder nach sechs Monaten löschen müssten, um nicht Gefahr zu laufen, eine Abmahnung, Rechnung etc. zu bekommen. Der Aufwand dafür ist nicht gerechtfertigt. Wir werden also in Zukunft leider keine Bilder mehr von Red Bull verwenden. Dies gilt auch für Bilder von Toro Rosso, da sie über die gleiche Plattform vermarktet werden.

Das könnte Dir auch gefallen