Das Rennen am letzten Wochenende war eigentlich eine ganz klare Angelegenheit. Josef Newgarden übernahm in Runde 23 die Spitze, überrundete in den nächsten 110 Runden das ganze Feld, abgesehen von seinen drei engsten Verfolgern, mindestens einmal und hatte einen Vorsprung von mehr als 10 Sekunden. Am Ende gewann aber James Hinchcliffe, vor Spencer Pigot und Takuma Sato.
In der Qualifikation setzten sich die üblichen Verdächtigen an die Spitze. Will Power holte sich die zweite Pole-Position der Saison vor Josef Newgarden. Ryan Hunter-Reay sprengte mit Startplatz 3 die Phalanx von Team Penske vor Simon Pagenaud. Es folgten Alexander Rossi, Scott Dixon und Robert Wickens. Sein Teamkollege James Hinchcliffe ging hingegen nur von Platz 11 ins Rennen und Spencer Pigot sogar nur von Platz 18. Über den ersten Stint aber schon änderten sich die Kräfteverhältnisse. James Hinchcliffe schnitt regelrecht durch das Feld und erreichte in Runde 40 Platz 2. Derweil hatten andere Favoriten größere Probleme. In Runde 49 tauchte Newgardens Wagen groß in Dixons Rückspiegel auf und nur einen Umlauf später hatte der Führende in der Meisterschaftswertung eine Runde Rückstand.
Insgesamt war es nicht das Rennen für Scott Dixon. Er konnte nie die Geschwindigkeiten von Josef Newgarden oder James Hinchcliffe mitgehen. Auch seine sonstigen Stärken, wie Benzinverbrauch und Reifenverschleiß, konnte er nicht ausspielen. So gab es in Runde 102 ein eigentlich übliches Bild mit einem seltenen Hintergrund: Scott Dixon führte eine Gruppe mit Will Power und Josef Newgarden an. Dixon (Platz 12) musste sich aber einer Überrundung durch Power (Platz 8) erwehren, während Newgarden kurze Zeit später an beiden vorbeigehen konnte. Scott Dixon hatte damit schon zwei und Will Power eine Runde Rückstand. Durch die lange ausbleibenden Cautions änderte sich daran auch nichts mehr.
Die ganzen Überrundungen hatten nur geringen Einfluss auf die Abstände an der Spitze. Je nachdem wie Josef Newgarden und James Hinchcliffe durchkamen, pendelte der Abstand zwischen 4 und 11 Sekunden. Durch einen frühen ersten Stopp schob sich Spencer Pigot nach vorne und konnte sich im zweiten Stint bis auf Platz 3 verbessern. Er stellte damit seinen Teamchef Ed Carpenter (Platz 10) ziemlich in den Schatten. Mit Pigot fuhr sich auch Takuma Sato sukzessive nach vorne. In Runde 138 bildeten beide mit Newgarden und Hinchcliffe die sehr kleine Gruppe aus Fahrern, die noch in der Führungsrunde waren.
In Runde 139 löste Zach Veach die erste Gelbphase des Rennens aus. Er fuhr zu schnell in Kurve 4 hinein und konnte seinen Wagen nicht mehr auf der Linie halten. Der Mauerkontakt war nur leicht, aber durch das zerbröselte Carbon war eine Reinigungs-Caution nötig. Das Feld nutzte diese natrülich für einen Stopp und über den Wave-Around erhöhte sich die Zahl der Fahrer in der Führungsrunde wieder auf zehn. Scott Dixon auf Platz 11 blieb mit einer Runde Rückstand zurück.
Beim Restart forderte Spencer Pigot James Hinchcliffe heraus, was Josef Newgarden sofort wieder die Chance gab sich abzusetzen. Die zweite Rennhälfte war lange ein Spiegel der ersten. Newgarden überrundete einen Kontrahenten nach dem anderen und Hinchcliffe versuchte vergeblich den Abstand unter 5 Sekunden zu drücken. Erst zum Ende des dritten Stints gab es die ersten Veränderungen. James Hinchcliffe bekam Probleme mit seinen Reifen und Takuma Sato konnte problemlos vorbeigehen. Beim Stopp entschied man sich bei Schmidt Peterson Motorsport für etwas mehr Abtrieb an der Vorderachse an Hinchcliffes Wagen. Das sollte am Ende der Schlüssel sein.
Nach den letzten Stopps war nun James Hinchcliffe der schnellste Fahrer im Feld. Schnell konnte er die 6 Sekunden Rückstand auf Josef Newgraden schließen und als dieser hinter seinem Teamkollegen Will Power bei der Überrundung stecken blieb, war die Stunde des Kanadiers gekommen. Er ging an beiden Penskes vorbei und baute seinen Vorsprung seinerseits auf über 5 Sekunden aus. Josef Newgarden hatte keine Antwort mehr.
In Runde 194 sah man Penske aber noch eine Chance. Ed Carpenter kam ziemlich quer aus Kurve 2 und Takuma Sato fuhr ihm den Frontflügel ab. Mit noch sechs Runden auf der Uhr wurde eine weitere Caution nötig. Josef Newgarden kam an die Box, um mit neuen Reifen einen letzten Angriff auf James Hinchcliffe zu starten. James Hinchcliffe, Spencer Pigot und Takuma Sato blieben draußen und so verlor Newgarden nur zwei Positionen. Mit neuen Reifen hätte er aber in wenigen Runden wieder Platz 2 oder gar die Spitze erreichen können. Leider hat bei Team Penske niemand auf die Rundenzahl geschaut, denn drei Runden nach dem Stopp war das Rennen unter Gelb zu Ende. Es ist nur zu hoffen, dass am Ende der Saison diese verschenkten fünf Punkte keine Rolle spielen.
Insgesamt hat Josef Newgarden seine Position aber wieder in der Meisterschaft massiv verbessert. Denn neben Scott Dixon hatten auch Ryan Hunter-Reay und Alexander Rossi massive Probleme. Beim Stopp in Runde 85 starb Rossi der Motor ab, was ihm einige Plätze kostete, und da er nicht den Speed der Topfahrer hatte, blieb am Ende nur Platz 9. Noch schlimmer erwischte es Ryan Hunter-Reay. Ein Defekt an der Hinterradaufhängung zwang ihn das Rennen vorzeitig zu beenden. Er wurde auf Platz 19 gewertet.
Ein ganz starkes Rennen hatte auch mal wieder Robert Wickens. Im ersten Stint noch konnte er den Speed seines Teamkollegen nicht mitgehen. Über das Rennen wurde er aber immer stärker und kam am Ende der Führungsrunde auf Platz 5 ins Ziel. Will Power betrieb mit Platz 5 Schadensbegrenzung, gerade im Hinblick auf die Probleme von Dixon, Rossi und Hunter-Reay. Der Unterschied zwischen Newgarden und seinen Teamkollegen Power und Simon Pagenaud (Platz 8) war wieder sehr groß. Schon erstaunlich, dass Team Penske pro Wochenende maximal ein Auto richtig schnell bekommt.
Das ganze Ergebnis kann man als PDF auf der Seite der IndyCar Series nachlesen.
Scott Dixon (411 Punkte) hat weiterhin einen leicht komfortablen Vorpsrung in der Meisterschaftswertung. Zwischen Josef Newgarden (278 Punkte), Alexander Rossi (370 Punkte), Ryan Hunter-Reay (359 Punkte) und Will Power (358 Punkte) ist es hingegen relativ eng. Robert Wickens auf Platz 6 mit 304 Punkten wird wohl nicht mehr in den Kampf um die Meisterschaft eingreifen können.
Vorschau Honda Indy Toronto
Die IndyCar Series verlässt nun die USA in nord-östlicher Richtung und trägt am nächsten Wochenende ihr einziges Auslandsrennen aus und das natürlich in der Heimatstadt von James Hinchcliffe.
Das Rennen in Toronto ist ein echter Klassiker. Schon 1967 gewann Bobby Unser das erste IndyCar-Rennen in der Hauptstadt Ontarios. Seit 1986 ist das Rennen jährlicher Bestandteil der verschiedenen IndyCar-Serien. Einzige Ausnahme war 2008, als es im Zuge der Vereinigung von Champ Car und IRL abgesagt werden musste. Das Rennen in den Straßen von Toronto ist somit das Stadtrennen mit der zweitlängsten Tradition, nach dem Grand Prix of Long Beach. Entsprechend findet man das Who-is-Who der IndyCar-Fahrer in der Siegerliste: Rahal, Unser, Fittipaldi, Andretti, Zanardi, Franchitti. In den letzten zehn Jahren siegten unter anderem Will Power, Scott Dixon, Ryan Hunter-Reay und Josef Newgarden. Also fast die komplette Spitze der aktuellen Meisterschaftswertung. Nur Alexander Rossi hat noch ein klein wenig Nachholbedarf. Immerhin war er mit Platz 2 im Vorjahr schon ziemlich nah am Sieg dran.
Strecke
Die Strecke mit einer Länge von 1,75 Meilen (2,82 km) führt durch den Exhibition-Place, einen multifunktionalen Veranstaltungsort direkt am Ontario See. An der größten Messehalle Canadas liegt die Start- und Zielgerade, die in einer 90 Grad Rechtskurve endet. Die folgende schnelle Rechtskurve führt auf die längste Gerade der Strecke. Am Ende lädt eine enge Rechtskurve zu Überholmanövern ein. Ein schneller Linksknick führt auf eine kurze Gerade, die in einer 90 Grad Linkskurve endet. Nach einer langgezogenen Rechtskurve, um das Queen-Elizabeth-Theater herum, folgt eine weitere, leicht gebogene Gerade. Vor dem Horse-Palace biegt die Strecke in einer 90 Grad Rechtskurve in Richtung BOM-Field ab. Eine 90 Grad Linkskurve führt in eine schnelle Rechts-Links-Passage, die die Fahrer schon wieder auf die Start- und Zielgerade bringt. Im Prinzip ist es einer der üblichen amerikanischen Stadtkurse, mit den üblichen Problemen: enge Strecke, nahe Betonwände, nicht unbedingt überholfreundlich.
Zeitplan (local time, MESZ)
Freitag, 13. Juli
10:40 – 11:25 a.m. (16:40 – 17:25) – Verizon IndyCar Series practice #1
2:30 – 3:15 p.m. (20:30 – 21:15) – Verizon IndyCar Series practice #2
Samstag, 14. Juli
10:05 – 10:45 a.m. (16:05 – 16:45) – Verizon IndyCar Series practice #3
2:10 – 3:30 p.m. (20:10 – 21:30) – Three rounds of Verizon IndyCar Series knockout qualifications
Sonntag, 15. Juli
11:40 – 12:00 a.m. (17:40 – 18:00) – Verizon IndyCar Series warm-up
3:00 p.m. (21:00) – Übertragungsbeginn NBCSN;
3:37 p.m. (21:37) – Honda Indy Toronto green flag, 85 laps/148.8 miles (Sport1 US, DAZN)
(c) Photos: IndyCar Media; Chris Jones, Chris Owens, Joe Skibinski, Shawn Gritzmacher