Die Gerüchte in Sachen Force India brodeln weiter und auf dem Fahrermarkt bewegt sich einiges.
Es gehört schon zu den eher ungewöhnlichen Momenten in der Formel Eins, dass ein aktiver Fahrer sein Team in die geregelte Insolvenz schickt. Zwar gab es Fälle, in denen Fahrer auf die Einhaltung von Verträgen pochten (Guido van der Garde vs. Sauber) aber das der eigene Fahrer so was macht, ist dann neu. Überhaupt ist ganze Sache absurd. Insolvenzen werden von Zulieferern betrieben, nicht vom eigenen Team. Das es Sergio Perez auch nicht um die ausstehenden drei oder vier Millionen Dollar geht, hat er gegenüber SkyF1 auch bestätigt. Wiederholt sagte er, dass ein anderer Gläubiger das Team angeblich in eine richtige Insolvenz treiben wollte. Er habe mit seiner Entscheidung das Team retten wollen.
Absurder wird das alles noch durch die Behauptung des Energy Drink Herstellers „Rich“, man habe Force India mit 30 Millionen Pfund retten wollen. Dies sei aber durch das Gericht abgelehnt worden. Der Hersteller beschuldigte Mercedes, Sergio Perez, dessen Manager Julian Jakobs und Hauptsponsor BWT die Insolvenz gewollt zu haben.
Despite a last minute £30m cash injection from @rich_energy the court has today put @ForceIndiaF1 into administration. A tragic and avoidable outcome orchestrated by @MercedesAMGF1 @SChecoPerez , Julian Jakobi and BWT. Disgraceful pic.twitter.com/2E9N9WPmKy
— Rich Energy (@rich_energy) 27. Juli 2018
30 Millionen Pfund klingen erst mal viel, damit hätte man die Rechnung von Mercedes und Perez zahlen können. Wenn es denn nicht noch andere Zulieferer gibt, die mehr Geld haben wollen. Auffällig war zumindest, dass Force India in den letzten Wochen keine Updates mehr an die Strecke gebracht haben. Auffällig war auch, wie selbstsicher Sergio Perez in allen Interviews davon sprach, dass das Team nun gerettet sei und besser da stehen würde, als vorher. Auch Toto Wolff äußerte sich in diese Richtung.
Was genau im Hintergrund da abläuft ist schwer zu sagen. Aber offenbar ging es bei der Insolvenz um zwei Dinge. Zum einen wollte man Rich Energy raushalten, weil Liberty Media, Mercedes und BWT nicht davon überzeugt sind, dass die Firma das nötige Kapital hat um einen Formel Eins Stall zu finanzieren. Zum anderen wollte man Vijay Mallya entthronen.
Angeblich hat es seit April mehrere Versuche gegeben das Team zu kaufen. Darunter soll auch das Angebot einer Bietergemeinschaft sein, der unter anderem der Vater von Lance Stroll angehört. Mallya hat aber immer wieder betont, dass es kein „seriöses“ Angebot geben würde. Derweil verschlechterte sich die Situation des Teams zunehmend. Hinter den Kulissen sollen Mercedes, BWT und Liberty Media potentielle Käufer gesichtet haben. Dazu gehört auch Carlos Slim, der Milliardär aus Mexiko, der Großsponsor von Sergio Perez. Slim wollte das Team angeblich schon Ende 2016 kaufen.
Und so hält sich jetzt hartnäckig das Gerücht, das Slim, zusammen mit einer Mitgift von Lawrence Stroll und der Zusicherung von Liberty Media, dass das Team auch bei einer Namensänderung die volle Ausschüttung aus dem TV-Geld Topf erhält, Force India übernehmen will. Das Paket stand also, Perez war dann der Strohmann, der über seine Managementfirma den Stein ins Rollen gebracht hat. Durch den Insolvenzverwalter ist Vijay Mallya praktisch ausgeschaltet, weil nun der Verwalter entscheiden kann, an wen das Team geht. Weitere Anbieter die genannt werden sind: BWT selber, Andretti Motorsport und trotz allem Rich Energy. Aber hinter den Kulissen sollen sich Mercedes und Liberty Media einig sein die Variante mit Slim/Stroll bevorzugen. Wolff sprach von Anbietern, die sehr große finanzielle Möglichkeiten hätten und so viele gibt es davon in der F1 nicht.
Eigentlich wollte man die Sache am Wochenende über die Bühne bringen, doch damit das Team unter neuem Besitzer und Namen auch an die Gelder aus dem TV-Topf kommt, müssen alle andere Teams zustimmen. Laut der „Auto, Motor und Sport“ (sorry, kein Link wegen Leistungsschutzrecht) verweigern Renault, McLaren und Williams ihre Zustimmung. Vermutlich geht es auch hier um Geld, gerade bei Williams und McLaren. Das Problem sollte sich zwar lösen lassen, verzögert den Verkauf aber jetzt erheblich.
Silly Season
Der ganze Verkauf blockiert nun auch den Fahrermarkt. Es scheint klar zu sein, dass Lance Stroll wohl nach einem erfolgreichen Verkauf, zu Force India wechseln wird. Perez bleibt, da Slim als zweiter Hauptsponsor einsteigt. Opfer wäre hier Esteban Ocon, der eigentlich zum Fahrerstamm von Mercedes gehört, aber wenig Sponsoren hat. Renault hat bestätigt, dass man mit Ocon redet um ihn von Mercedes auszuleihen, die wiederum keinen Platz für ihn haben. Geht Ocon zu Renault, muss Sainz weichen.
Der ist wiederum nur von Red Bull ausgeliehen, aber die haben auch keinen Platz für ihn. Eine Notlösung wäre, ihn nächstes Jahr neben Gasly erneut bei Toro Rosso einzusetzen, aber das will Sainz verständlicherweise nicht. Da Ricciardo aber ziemlich sicher bei Red Bull bleiben wird, muss sich der Spanier woanders umschauen.
Eine Möglichkeit wäre HaasF1, wo man zunehmend genervt von Grosjean ist. Doch bei Haas wird vermutlich eher Leclerc andocken. Durch den tragischen Tod von Sergio Marchionne, der als Förderer von Leclerc galt, verschieben sich bei Ferrari die Machtverhältnisse. Der neue CEO Louis Camilleri gilt wiederum als guter Freund von Kimi Räikkönen. Dessen Leistungen wiederum würden eine weitere Verpflichtung rechtfertigen. Überhaupt neigt Ferrari ja nicht dazu allzu junge Piloten im Team aufzunehmen.
Geht Leclerc zu Haas, bleiben Sainz nur drei Optionen: Sauber, McLaren und Williams. Sauber wäre sicher durchaus interessant, wenn man wüsste, wie es mit dem Team und der Beteiligung von Alfa-Romeo weitergehen würde, die ebenfalls noch Marchionne eingetütet hatte. Zieht der neue FCA-Chef Michael Manley den Stecker? Kann er das überhaupt, ohne dass wiederum John Elkann etwas dagegen hat? Und was hat Elkann mit Alfa überhaupt vor? Da gibt es also viele Unsicherheiten.
McLaren wäre eine Option für Sainz und sicher nicht die schlechteste. So wie die Dinge stehen, will McLaren Ende des Jahres den unglücklichen Stoffel Vandoorne los werden. Der wird wiederum mit Sauber in Verbindung gebracht. Gleichzeitig ist unklar, ob Fernando Alonso noch ein weiteres Jahr in der F1 dran hängt, oder ob er in die IndyCar wechselt. Sollte Alonso gehen, wäre Sainz die mit Abstand beste Option für McLaren. Wenn aber der Le Mans Sieger bleibt, müsste man sich entscheiden, ob man Lando Norris aus der F2 holt, oder diesen noch ein weiteres Jahr in der Nachwuchsserie oder in der Super Formula parkt.
Williams wäre, ausgehend von den bisherigen Ergebnissen, sicher die schlechteste Option für Sainz. Die Frage wäre auch, ob Williams sich Sainz leisten kann. Zum einen hat man noch keinen neuen Hauptsponsor für das nächste Jahr benannt, zum anderen geht mit Stroll ein wichtiger Finanzierungspfeiler. Sainz wird das mit seinen Sponsoren nicht ersetzen können. Eine mögliche Lösung für Williams wäre Mercedes Nachwuchsfahrer George Russel, der auch gerade in der F2 vorne liegt, plus die Option ein Mercedes „B-Team“ zu werden. Es gibt dazu aber das Gerücht, dass SMP (Boris Rothenburg) als Großsponsor bei Williams einsteigen könnte.
Bewegung kommt in die ganze Sache aber erst rein, wenn sich das Chaos um Force India legt. Es gibt ja auch die Möglichkeit, dass das Team erst einmal keinen Käufer findet. Was für die Formel Eins eine mittlere Katastrophe wäre. Wenn schon ein Team, das im letzten Jahr Platz vier in der WM eingefahren hat, finanziell überleben kann, welche Aussage trifft dies über die Serie? Sponsoren wären abgeschreckt, die Serie würde ein einer tiefen Krise stecken, wenn man nur noch mit 18 Autos an den Start gehen kann. Davon wären vier Top Teams, zwei B-Teams (Toro Rosso, HaasF1), eins hängt am Tropf eines Herstellers (Sauber) eins wird nur durch das Investment der Inhaber finanziert (McLaren) und eins kämpft ums Überleben (Williams).
Bilder: Force India, McLaren, Williams, Sauber, HaasF1
1 Kommentare
Sachma Don, spielst du eigentlich manchmal Schach? :)
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