Lawrence Stroll und sein Konsortium haben Force India gerettet. Das hatte allerdings seinen Preis.
Der neue Name des Teams lautet also Racing Point Force India. Allerdings handelt es sich juristisch gesehen um ein völlig neues Team, denn Stroll & Co haben bei der FIA eine neue Rennlizenz beantragt und diese erhalten. Im Grunde hat Stroll vom Insolvenzverwalter nur das Team, die Fabrik, die Autos usw. gekauft, nicht aber die alte, noch von Eddie Jordan stammende Lizenz, mit denen alle Teams seit Jordan unterwegs waren. Die Sache ist relativ kompliziert, deswegen versuchen wir sie nach den vorliegenden Informationen zu erklären.
Die Insolvenz
Wie die abgelaufen ist, haben wir schon hier erklärt. Zusammengefasst – Sergio Perez hat vor einem britischen Gericht beantragt, dass das Team in die Insolvenz geschickt wird. Ein Verwalter hat die Firma übernommen und einen Bieterprozess gestartet, den Stroll & Co gewonnen haben.
Was hat Stroll gekauft?
Das Konsortium um Lawrence Stroll hat sich dazu entschieden, nur die „Hardware“ zu kaufen. Also Autos, Fabrik etc., aber nicht die Rennlizenz, mit der Force India bisher gestartet ist. Er hatte also die Rennwagen, aber keine Erlaubnis zu starten. Daher musste er eine neue Lizenz bei der FIA beantrage, die dem stattgegeben hat.
Was ist der Unterschied zwischen einem Team und der Rennlizenz?
Um in der F1 starten zu können, muss man bei der FIA eine Rennlizenz beantragen. Es gibt im Moment dreizehn Plätze für Teams, aber nur zehn Starter. Die Lizenz kann man sich wie eine übertragbare Urkunde vorstellen. Jeder, der eine Rennlizenz besitzt, kann diese verkaufen. Im Grunde ein Papier, dass man beliebig weiterreichen kann. Das besondere ist aber, dass an der Lizenz, unter der das Team gemeldet ist, auch die Zahlungen aus dem TV-Gelder Topf hängen. Nur wer die Lizenz hat, bekommt auch das Geld von Liberty Media und der FIA. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Lizenz verkauft wird. Nur bei einer Namensänderung des mit dieser Lizenz startenden Teams, müssen die anderen Teams der F1 der Änderung einstimmig zustimmen. Verfällt die Lizenz, verfallen auch die Gelder an das Team, dass mit dieser Lizenz gefahren ist. Das „gesparte“ Geld wird dann auf die anderen Teams verteilt.
Warum hat Stroll nicht die Lizenz gekauft?
[Update: Team Chef Otmar Szafnauer hat in Spa bestätigt, dass die anderen Teams zugestimmt haben, dass Force India die bisher eingefahrenen Prämien aus den letzten Jahren behalten kann. Gilt aber nicht für 2018.]
Eigentlich kauft man eine Lizenz um mit den Geldern aus dem TV-Topf das Team teilweise zu finanzieren. Das wären im Fall von Force India geschätzt circa 35 Millionen Dollar aus dem letzten Jahr. Dazu kommt der Anteil aus den bisher gesammelten Punkten aus diesem Jahr, was vermutlich auch so 30 Millionen Dollar sind. Da Racing Point eine neue Lizenz hat, verfallen die Summen aus 2018 und das Team fängt mit null Punkten in der WM an.
Das klingt nach keinem guten Deal. Im Fall von Force India war es aber wohl so, dass Vijay Mallya die Lizenz, die ja bares Geld wert ist, mit Hypotheken von indischen Banken belegt hat um sein Team zu finanzieren. Hätte die Gruppe um Lance Stroll die alte Force India Lizenz gekauft, hätte er auch die alten Schulden mit erworben. Und diese sollen sich auf rund 200 Millionen Dollar belaufen.
Mit der neuen Lizenz bekommt das Team zwar kein Geld aus dem TV-Topf in diesem Jahr, dafür kann man aber in den letzten neun Rennen wieder Punkte sammeln. In den letzten neun Rennen hat das alte Force India 58 der bisher gesamt 59 Punkte eingefahren. Schafft es Force India in den ausstehenden Rennen 50 Punkte und mehr zu sammeln, können sie immer noch Platz sieben in der WM belegen. Und damit 2018 wieder Geld aus dem TV-Topf bekommen. Das wären dann circa 30 Millionen Dollar. Im Grunde ist dieser Weg für Stroll also günstiger, als die alte Lizenz zu kaufen.
Paradoxerweise ist die alte Lizenz also weiter gültig und sie gehört auch weiterhin Vijay Mallya. Er könnte theoretisch ein Team mit zwei Autos auf die Beine stellen und nächste Woche in Monza antreten. Dann allerdings unter einem neuen Namen, da die Namensrechte mit der Insolvenz and Stroll & Co übergangen sind. Die Lizenz verfällt, wenn mehr aus drei Rennen ausgelassen werden. Er müsste spätestens in Japan zwei Autos am Start haben.
Ebenfalls theoretisch möglich: Er kann die Lizenz verkaufen. Aber auch dann müsste sich jemand finden, der binnen drei Wochen ein gesamtes Rennteam auf die Beine stellen kann. Beide Situationen sind komplett unmöglich, da man in der kurzen Zeit kein Chassis bauen kann. Seine Lizenz wird also Ende September komplett wertlos sein.
Warum hat das Teams dann immer noch „Force India“ im Namen?
Das Konsortium hat das Team mit den Namensrechten und mit den laufenden Verträge gekauft. Die Sponsoren Verträge sind nicht an die Rennlizenz, sondern an das Team gekoppelt. Das neue Force India ist also in dem Punkt der Nachfolger des alten Teams, die laufenden Verträge will man aber nicht komplett umschreiben. Das wird dann mit einer neuerlichen Umbenennung im Winter passieren. Das Team wird dann Racing Point UK Limited heißen.
Was bedeutet dies für die Fahrer?
Es gibt im Moment sehr viele Gerüchte, dass Lance Stroll schon in Monza im Racing Point Auto sitzen wird. Angeblich rückt für ihn Robert Kubica nach, der in der Tat überraschenderweise sehr viel Testzeit in Ungarn nach dem letzten Rennen erhalten hatte. Ocon sitzt dann entweder den Rest der Saison aus, oder er wird, so die Gerüchte, zu McLaren wechseln, wo er Vandoorne ersetzen soll. Eine andere Variante wäre, dass Stroll und Ocon die Plätze tauschen. Beide Teams haben ja Mercedes Motoren im Heck. Das sind alles aber sehr wilde Gerüchte, die man skeptisch betrachten sollte.
Denn sowohl Ocon als auch Vandoorne haben laufenden Verträge. In Fall von Ocon hat Mercedes auch seine Finger im Spiel, die den Franzosen ja bei Force India untergebracht haben. Stroll wäre beim neuen Team in jedem Fall auch eine Schwächung. Ob das sein Vater so sieht, ist eine andere Sache. Wie die Vertragslage bei Vandoorne ist, kann man nicht sagen. Sollte er Ziele in seinem Vertrag formuliert haben, die er in diesem Jahr nicht erreicht hat, dann käme McLaren mit einer außerordentlichen Kündigung durch.
Allerdings sollte man auch nicht vergessen, dass ein Fahrer immer Zeit benötigt, um sich an einen neuen Wagen und das neue Team zu gewöhnen. Manchmal bis zu einem halben Jahr. Sowohl McLaren als auch Racing Point sind aber auf jeden Punkt in dieser Saison angewiesen. Ein Wechsel würde nur Unruhe stiften. Daher scheint eine plötzliche große Rochade auf dem Fahrermarkt eher unwahrscheinlich. Die kleine Variante, also ein Platztausch von Ocon und Stroll, ist aber nicht auszuschließen. Williams wäre vermutlich begeistert.
Was passiert nun bei Williams?
Lawrence Stroll soll Williams mit einem Betrag von um die 20 Millionen pro Jahr unterstützt haben. Wenn Lance Stroll weg ist, gehen auch die Millionen von seinem Vater woanders hin. Ohne einen bestätigten Hauptsponsor für das nächste Jahr, hat Williams also zwei Löcher zu stopfen. Gerüchte besagen, dass der Vater von Nikita Masepin, zur Zeit in der F3 auf P10 gelistet, seinen Sohn gerne bei Williams unterbringen würde. Dimitri Masepin gehörte nach eigenen Angaben auch zu den Bietern um Force India, kam aber nicht zum Zuge. Allerdings fehlen Nikita die nötigen Punkte für die Superlizenz.
Bilder: Force India, Williams