Beim Saisonfinale in Hockenheim ebnete die DTM mit vielen Ankündigungen den Weg in ihre Zukunft. Aus diesem Grund lud ITR-Chef Gerhard Berger zum umfassenden Mediengespräch. Neben Aston Martin und Mercedes ging es auch um die gemeinsamen Rennen mit der Super GT, dem angepassten Rennkalender 2019, aber auch der neuen W Series, die kommende Saison im Rahmen des Deutschen Tourenwagen Masters starten wird.
„Zu Beginn des Jahres war die Stimmung ziemlich angespannt. Keiner wusste so recht, ob und wie es überhaupt weitergehen wird“, verriet Audi-Pilot Mike Rockenfeller im Gespräch. Verwunderlich war seine Aussage nicht, schließlich stellten die Ingolstädter der ITR ein Ultimatum, bis Mitte des Jahres konkrete Ideen für die Zukunft zu präsentieren, nachdem Mercedes 2017 überraschend das Ende ihres DTM-Engagements verkündete. Am Norisring dann die ersten Ergebnisse: Kein kampfloser Untergang, sondern eine Intensivierung der Kollaboration mit der japanischen Super GT. Nicht nur einigte man sich nach vielen Jahren der Diskussionen auf das gemeinsame technische Class-1-Reglement. Zugleich verkündete man für 2019 zwei gemeinsame Rennen. Beim Saisonabschluss in Hockenheim präsentierte Gerhard Berger zusammen mit Dr. Fabian Kabelger von der AF Racing AG dann stolz den Einstieg von R-Motorsport mit Aston Martin als neuen dritten Hersteller (siehe unseren Artikel zur Pressekonferenz).
„Als Mercedes ihren Ausstieg verkündeten, war uns klar, dass wir umgehend einen Ersatz finden mussten“, erklärte Gerhard Berger. „Es sollte aber nicht nur irgendeine Marke sein. Wir brauchen einen der besten Premium-Hersteller. Deshalb fragte ich mich, wer diese Anforderungen erfüllen könne.“ Die Wahl, so der ITR-Chef, fiel dabei relativ früh auf Aston Martin. Die zahlreichen Gespräche mit den jeweiligen Verantwortlichen – unter anderem vermittelte Red-Bull-Motorsportberater Dr. Helmut Marko – liefen auf Anhieb ziemlich gut. Einen großen Anteil daran hatten auch die beiden Eigentümer der AF Racing AG, zu der R-Motorsport gehört, die Aston Martin davon überzeugten, dass 2019 der perfekte Zeitpunkt für ein DTM-Engagement sei. „Dennoch ist es schwierig, ehe man verkünden kann, dass der Einstieg auch wirklich passieren wird.“ Laut Berger könnte der Beitritt der britischen Luxusmarke für das nötige Momentum sorgen, um weitere Hersteller in die DTM zu holen. „Natürlich wäre es am besten gewesen, wenn zusätzlich zum Aston-Martin-Einstieg Mercedes geblieben wäre, dann würde das Momentum sicherlich noch mal größer ausfallen.“ Möglicherweise werden diese aber nicht aus Japan stammen. Denn obgleich er einen der drei GT500-Hersteller begrüßen würde, gäbe es laut ihm hierfür derzeit keine Anzeichen. Im Gegensatz zu Audi und BMW wird die Struktur, die des DTM-Neulings etwas anders ausfallen, da sich R-Motorsport für den Einsatz der geplanten vier Aston Martin Vantage verantwortlich zeigt. Aus diesem Grund gründete man ein Joint Venture mit dem langjährigen Mercedes-Partner HWA, die laut Florian Kamelger auch den 2,0 Liter Turbomotor entwickeln.
Trotz der Zukunftsaussicht schmerzt der Abschied von Mercedes natürlich sehr: „Es wäre falsch zu sagen, dass alles einfach so weitergeht, schließlich hat Mercedes in den letzten 30 Jahren sehr viel für die DTM getan. In der Vergangenheit gab es einige schwierige Situationen und es war Norbert Haug (ehemaliger Motorsportchef von Mercedes), der sich sehr für die DTM eingesetzt hatte. Insbesondere die Verbindung zu ihm und HWA sorgten für das Überleben der Serie. Keine Frage: Mercedes ist definitiv ein großer Verlust für die Serie.“
2019 sieht der DTM-Kalender einige Veränderungen. Anstatt in den Dünen von Zandvoort, wird man auf der MotoGP-Piste in Assen düsen, worauf sich insbesondere Jamie Green freut. Deutlich verhaltener fiel hingegen seine Reaktion über die Rückkehr von Zolder aus. Eine Fortsetzung der beiden Nachtrennen im italienischen Misano ist derweil fraglich. Insbesondere die TV-Übertragung stellt sich als große Hürde heraus, da sich die Fernsehanstalten einen Slot zur Prime-Time verweigern. Das letzte Wörtchen sei diesbezüglich allerdings noch nicht gesprochen, so Berger. Nicht mehr mit dabei: Das Gastspiel am Red Bull Ring im österreichischen Spielberg. „Grund hierfür ist der vollgepackte Kalender“, erklärte Gerhard Berger. „Neben dem fixen Norisring-Termin müssen wir auf verschiedene Faktoren wie die MotoGP oder die Formel 1 achten, mit der wir eine Überschneidung aus dem Weg gehen möchten. Hinzu kommt Le Mans sowie die Formel E, in denen die Hersteller einen Teil ihrer Fahrer einsetzen. All das macht es schwierig, einen Kalender zu erstellen.“
Hinzu gesellten sich finanzielle Fragen, so Gerhard Berger, der seit seinen Tagen als Teamchef von Toro Rosso in der Formel 1 im engen Kontakt mit Red Bull steht. „Deshalb haben wir uns entschlossen, das Rennen auszusetzen und in naher Zukunft wieder in den Kalender aufzunehmen.“ Finanzielle Gründe spielten auch eine Rolle bei der Reduzierung von zehn auf neun Saisonstationen. „Unser Ziel ist es, acht bis zwölf Events pro Jahr zu haben. Neun hat da perfekt gepasst, da wir auch die beiden Rennen mit der Super GT planen. Dabei entsteht natürlich eine Kostenfrage, da wir die Laufzeit der Motoren beschränken. Mit Extrarennen wäre es nicht mehr effizient genug.“
Eine offizielle Ankündigung zu den beiden Rennen mit der Super GT soll im November beim Saisonfinale der japanischen GT-Meisterschaft in Motegi erfolgen. „In den letzten Wochen haben wir nur wenige Gespräche mit Japan geführt, da wir mit unseren eigenen Ankündigungen beschäftigt waren.“ Bereits im Juni äußerte sich GTA-Chairman Masaaki Bandoh, dass er das gemeinsame Rennen mit der DTM nach dem eigenem Saisonabschluss auf dem Fuji Speedway austragen möchte, während sich Gerhard Berger beim europäischen Standort zunächst zurückhielt. „Wir hatten die Idee, das Rennen außerhalb Deutschlands auszutragen, auch wegen unserer neuen internationalen Ausrichtung. Allerdings denke ich, dass dies unfair gegenüber unseren langjährigen Fans in Deutschland wäre. Das Rennen wird also sehr wahrscheinlich in Deutschland stattfinden.“ Problematisch gestaltet sich jedoch die Terminsuche, da der gemeinsame Europa-Auftritt am Ende der DTM-Saison stattfinden soll. „Dieses Wochenende haben wir schönes Wetter. Drei Wochen später könnte die Situation aber schon wieder ganz anders aussehen.“ Die Super GT hat beim nächstjährigen Kalender jedenfalls bereits den Oktober für einen etwaigen Deutschland-Ausflug freigehalten. Und auch die DTM wird ihr Saisonfinale eine Woche früher am ersten Wochenende des zehnten Monats austragen.
Mit dem Fahrplan für 2019 allein ist es natürlich nicht getan. Für die Zukunft möchte Gerhard Berger deshalb weitere Baustellen anpacken. Weit oben auf seiner persönlichen Agenda: die Internationalisierung der DTM, insbesondere in Großbritannien, Italien sowie den Niederlanden. „Internationalisierung ist einfach gesagt. Aber damit die Rennen außerhalb von Deutschland auch funktionieren, muss einiges getan werden. Man darf nicht erwarten, dass alle Fans im Ausland die DTM kennen und wir ein volles Haus haben. Das ist ein drei, vier Jahre langer Prozess, ehe die Dinge so erfolgreich wie in Hockenheim funktionieren können.“ Dabei auf dem Radar: Frankreich, welches Berger als einen der wichtigsten Märkte beschrieb und sich für eine etwaige Rückkehr in naher Zukunft aussprach. Ob das Deutsche Tourenwagen Masters ab 2020 möglicherweise wie bereits 1996 das Kürzel ITC tragen könnte, wollte der ehemalige Formel-1-Fahrer hingegen nicht kommentieren: „Die Namensänderung ist eine andauernde und lange Diskussion. Wir müssen dabei sehr vorsichtig mit unserer Fanbase in Deutschland sein, da die Veränderung ein Schritt nach vorne und keiner zurück sein soll.“ Mögliche Pläne über eine FIA-Weltmeisterschaft mit Class-1Autos wurden hingegen zunächst ad acta gelegt. „Wir hatten uns mit der FIA darüber unterhalten, fanden aber keinen Nenner, bei dem beide Seiten glücklich gewesen wären. Wir bleiben so wie wir sind.“
Als Fortschritt betitelte Gerhard Berger derweil den Gewinn der frauenexklusiven W Series, die 2019 im Rahmen der DTM unterwegs sein wird. wird. „Anfangs war ich etwas skeptisch, als wir die Anfrage für unser Rahmenprogramm erhielten, obwohl ich Frauen im Motorsport fördern will. Dann habe ich allerdings die Namen gesehen, die in das Projekt involviert sind. Personen, die wissen was sie tun.“ Der ITR-Chef sieht in der W Series eine große Möglichkeit, junge Pilotinnen zu fördern und sie mit einem entsprechenden Auto sowie finanzieller Unterstützung, ähnlich der Formel 3, auszubilden. „Seit Jahren fragen wir uns, warum wir keine Frauen in der Formel 1 sehen. Größtenteils, weil niemand sich richtig um sie kümmert und sie sich alleine durch beispielsweise die Formel 3 schlagen müssen. Es benötigt Zeit und Leidenschaft, aber sobald sie ihre Chance erhalten, denke ich, dass wir in naher Zukunft mehrere Frauen in Top-Kategorien wie der Formel 1 oder DTM sehen werden.“
Die Kritik von Sophia Flörsch, welche die Trennung von Männern und Frauen im Motorsport als falschen Ansatz bezeichnet, kann Gerhard Berger hingegen nur bedingt nachvollziehen. „Meiner Meinung nach ist das nur schwer zu beantworten. Wenn man jemanden wie Lindsey Vonn bei der Männerabfahrt in Kitzbühel antreten lassen würde, würde sie vermutlich nicht gewinnen. Während meiner Karriere habe ich viele Pilotinnen kennengelernt, fragte mich aber immer, warum sie es nie bis ganz nach vorne schafften. Vielleicht gibt es dafür einen Grund. Vielleicht aus physischen Gründen.“ Laut Gerhard Berger sei es zunächst nicht wichtig, Beweise hierfür zu finden, obgleich Frauen wie jüngst Ana Carrasco (World Supersport 3000) oder Flick Haigh (British GT) das Gegenteil bewiesen. „Bislang hat nämlich noch keiner eine Formel-3-ähnliche Serie mit voller Unterstützung auf die Beine gestellt. Nach drei, vier Jahren werden wir dann in einer Position sein um zu sehen, ob eine Geschlechtertrennung von Nöten ist. Es ist eine großartige Sache und ich bin froh, die W Series exklusiv auf unserer Plattform zu sehen.“ Neben der Formel-Serie für Frauen werden zudem der noch namenlose Nachfolger der diesjährigen Formula 3 European Championship sowie bei einzelnen Veranstaltungen auch der Porsche Carrera Cup Deutschland im Rahmen der DTM starten.
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