Es war ein faszinierendes Rennen in Austin. Sowohl, was die Strategie anging, als auch, was den Kampf an der Spitze betraf.
Selten hat man jemanden einen Sieg so sehr gegönnt, wie in diesem Fall. Kimi Räikkönen gehört zu den beliebtesten Fahrer in der Formel Eins und so oft hat ihn Ferrari auf eine Strategie gesetzt, die ihm am Ende einen Sieg gekostet hat. Aber an diesem Wochenende war alles ein bisschen anders. Die WM ist quasi entschieden, Ferrari kann es sich erlauben den Fahrer zu bevorteilen, der besser im Rennen liegt. Das haben die Italiener mit Räikkönen am gesamten Wochenende brillant gelöst. Von Q2 an passte die Strategie für den Finnen perfekt. Nicht so sicher bin ich mir, ob man bei Vettel die richtige Strategie gewählt hat. Er hätte am Ende ebenfalls im Spiel sein können.
Der erste Stint
Für alle war das Rennen am Wochenende eine kleine Lotterie. Der verregnete Freitag bedeutete, dass man keine Longruns fahren konnte. Im dritten freien Training konzentrierte sich Mercedes auf die Longruns, während Ferrari auf die Quali-Pace ging. Diese Strategie kam ein bisschen aus der Not heraus. Damit Vettel seine minimale Chance auf den Titel wahren konnte, musste man beide Ferrari in die erste Reihe bekommen. Was aber wegen der Strafe gegen Vettel eh nicht klappen würde. So entschloss man sich in Q2, die Strategie zu splitten. Räikkönen setzte man auf die Ultrasoft, Vettel startete, wie beide Mercedes, mit den Supersoft.
Räikkönen lieferte fast perfekt ab. Hamilton schnappte ihm die Pole nur um Haaresbreite weg. Aber beim Start hatte der Finne dann die besseren Reifen und konnte sich am Briten vorbei quetschen. So weit, so gut für Ferrari, wäre da nicht die Kollision von Vettel gewesen. Ein Rennunfall, das war klar. Aber warum der Ferrari so nervös regiert, wenn er nur minimal an der Vorderachse berührt wird, ist schon merkwürdig. Damit war allerdings das Rennen für Vettel schwierig.
Allerdings kam er schnell wieder zurück in die Punkte und dann ergab sich das VSC, weil Ricciardo mit seinem Red Bull liegen geblieben war. Räikkönen und Hamilton waren da schon an der Box vorbei, aber Vettel hätte man reinholen können. Man entschied sich aber dagegen, was auf allgemeines Unverständnis stieß.
Stoppen oder nicht?
Sicherlich war es in Runde 10 zu früh, um an die Box zu kommen. Ferrari hatte aber noch zwei Sätze von den Soft in petto, konnte als leicht eine Zwei-Stopp-Strategie wählen. Zwar wäre Vettel wieder hinter Sainz und Ocon zurück gefallen, aber mit den frischeren Reifen und dem besseren Auto wäre er schnell wieder in Position gewesen. Er hätte den ersten Satz Soft auswringen können um eventuell an Verstappen vorbei zu kommen, der nach dem Stopp von Vettel rund 18 Sekunden Vorsprung gehabt hätte. Danach hätte Vettel es mit einem Undercut versuchen können an Verstappen vorbei zu gehen. Im schlimmsten Falle wäre Vettel mit einer Zwei-Stopp-Strategie auch auf P4 heraus gekommen. Da man aber die Ein-Stopp-Variante wählte, blieben Vettel kaum Optionen, außer die Supersoft über die Zeit zu retten, was ihn viel Zeit gekostet hat.
Mercedes machte es genau anders herum, was in deren Fall wiederum eine Überraschung war. Eigentlich hatte man mit dem Supersoft die besseren Reifen. Zwar war die Gefahr, dass Vettel mit einer Zwei-Stopp-Strategie eine Gefahr darstellen würde, aber die war eher gering einzuschätzen. Mercedes hätte den Briten nur hinter Räikkönen parken müssen, um zu warten, bis dessen Ultrasoft eingehen würden. Ein Undercut auf die Soft und Hamilton hätte den Sieg holen können.
Andererseits war die Idee mit der Zwei-Stopp-Strategie auch nicht blöd. Sie bedeutete allerdings, dass man hinter Verstappen fallen würde, der sich in den ersten Runden schon in den Top 5 festgesetzt hatte und mit dem Soft, also auf einem langen Stint unterwegs war. Das Problem war nur, dass sich beim Soft auf dem Mercedes schnell Blasen gebildet haben. Hamilton konnte nicht so schnelle Runden fahren, wie er wollte. Entscheidend für den späteren Verlauf waren dann die Runden 18 bis 21.
Zu dieser Zeit hatte Hamilton den Rückstand auf Räikkönen wieder eingeholt und hing in dessen Diffusor. Aber der Ferrari war auf der Geraden schnell genug, so dass Hamilton nicht vorbei kam. Gleichzeitig versaute sich der Brite seine Vorderreifen weiter, weil er zu dicht hinter dem Ferrari her fuhr. Als der Finne dann endlich zum Stopp kam, hatte Hamilton schon das Problem mit der Blasenbildung. Es war klar, dass er nicht würde durchfahren können.
Es entwickelte sich dann eine faszinierende Zwischenphase. Sowohl Verstappen als auch Räikkönen schonten ihre Reifen, hielten aber den Abstand unterhalb des Boxenstoppfensters von Hamilton. Mercedes fand sich plötzlich in der unangenehmen „sitting duck“ Position wieder. Egal, was man machen würde, Hamilton würde seine Position verlieren. Gleichzeitig musste man mit den abgenagten Hinterreifen durchhalten, wollte man am Ende des Rennens frischere Reifen als die Konkurrenz haben.
Hamilton kam in Runde 37, womit man in Sachen Reifen auf der sicheren Seite war. Gleichzeitig hatte man genug Zeit auf beiden Führenden aufzuholen. Der Rückstand von Hamilton auf Räikkönen betrug 12 Sekunden, der Brite war aber rund eine Sekunde pro Runde schneller als der Ferrari, der im Schongang unterwegs war. Der Weltmeister fuhr die Lücke dann schnell zu. In Runde 47 hing er im Heck des Red Bull, aber da starteten seine Probleme.
Räikkönen hätte schneller fahren können, ließ Verstappen aber im Schlepptau, damit der auf der Geraden von seinem Windschatten profitieren konnte. Das sorgte dann auch dafür, dass Hamilton trotz DRS nicht am Niederländer vorbei kam. Es entwickelte sich ein großartiges Duell zwischen drei außerordentlichen Fahrern, wobei Räikkönen seine gesamte Routine und Erfahrung ausspielte. Er lauerte nur darauf, dass Hamilton und Verstappen in einen Zweikampf geraten würden.
Was Räikkönen da am Schluss ablieferte, war weltmeisterlich. Und zeigte auch, warum er selbst mit 39 Jahren immer noch zu den Besten gehören kann. So ein Rennen und vor allem so eine Schlussphase, muss man erst mal hinbekommen. Kein Wunder auch, dass er noch keine Lust hat aufzuhören. Sauber wird jedenfalls Spaß mit dem Finnen haben.
Wieso war Ferrari wieder so schnell?
Das war allerdings auch nur alles möglich, weil Ferrari in den USA plötzlich wieder zu alter Stärke zurück gefunden hatte. Was war da passiert? Wir hatten in der Vorschau https://www.racingblog.de/2018/10/18/formel-eins-vorschau-gp-der-usa-2018-matchball-mercedes/ erwähnt, dass es zwei Theorien zur Formschwäche der Ferrari geben würde. Zum einen der Motor und die Entscheidung der FIA diesen sich per Sensoren näher anzusehen, zum anderen die Updates. Wie sich dann in Austin herausstellte, hatte Ferrari die September und Oktober-Updates wieder vom Auto genommen. Und schon lief das Auto wieder. Natürlich kamen in den letzten Rennen auch schlechte Entscheidungen in Sachen Strategie hinzu. Aber wie man so lange mit Updates fahren kann, die offenbar das Auto langsamer machen, ist schon ein Rätsel. Man hätte schon in Russland merken müssen, das etwas nicht stimmt.
Was sonst so los war
Renault hat in den USA etwas überraschend zu alter Stärke wieder gefunden. Jedenfalls kam man endlich mal wieder aus eigener Kraft etwas weiter nach vorne. Ziemlich ungefährdet kamen Hülkenberg auf P6 und Sainz auf P7. Dahinter lagen Magnussen und Ocon, die jedoch nach dem Rennen beide disqualifiziert wurden. Bei Ocon stimmte etwas mit dem Fuel Flow Meter in der ersten Runde nicht, Magnussen verbrauchte mehr als die erlaubten 105 Liter Sprit. Ein bisschen erstaunlich, dass Probleme mit dem Verbrauch bei beiden Autos mit unterschiedlichen Motoren auftauchten. D
Das Pech der beiden, war das Glück von Hartley und Ericsson. Der Neuseeländer, der ziemlich sicher bei Toro Rosso rausfliegen wird und darüber ziemlich sauer ist, fuhr ein sehr gutes Rennen, hätte aber ohne den Ausschluss der beiden anderen die Punkte verpasst. Immerhin lag er deutlich vor seinem Teamkollegen Gasly, der ein zähes Wochenende hatte. Ericsson dürfte auch froh sein noch mal Punkte gesammelt zu haben.
Nächste Woche geht es in Mexico weiter. Hamilton muss fünf Punkte mehr als Vettel einfahren, um Weltmeister zu werden. Er führt nun mit 70 Punkten, 75 Punkte könnte Vettel noch erreichen. Damit Ferrari den WM-Kampf weiter offen halten kann, müsste Vettel a) gewinnen und b) Hamilton dürfte nicht besser als auf Platz 8 ins Ziel kommen. Es ist also ziemlich sicher, dass der Brite seinen Titel in Mexico wird einfahren können. Gelingt ihm das nicht, würde ihm dann wieder ein siebter Platz in Brasilien reichen um Weltmeister zu werden. Würde er hier auch ausfallen, reicht ihm in Abu Dhabi ebenfalls ein siebter Platz für den Titel.
Bilder: Daimler AG, Ferrari, Force India, McLaren F1, Sauber F1, Renault Sport, HaasF1, Williams F1
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Kleine Korrektur: Hamilton muss einfach nur 5 Punkte einfahren, um Weltmeister zu werden, nicht fünf Punkte mehr als Vettel.
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