Die Meldung kam dann doch überraschend – der knorrige Maurizio Arrivabene muss seinen Hut nehmen. Sein Nachfolger ist Mattia Binotto.
Der verlorene WM-Titel führt bei Ferrari doch zu größeren Änderungen in der Management-Struktur. Der bisherige Teamchef Arrivabene muss gehen und wird durch den bisherigen technischen Direktor Mattia Binotto ersetzt. Gerüchte gab es dazu schon seit Wochen, aber offenbar hat man sich in der Führungsriege bei Ferrari viel Zeit für die Analyse gelassen. Diese hat dann wohl erbracht, dass der Verlust des Titels zu einem Teil wohl auch Arrivabene anzulasten ist. Aber stimmt das auch?
Wie schon in der Analyse im Oktober beschrieben, fehlte es Arrvivabene schon länger an Rückhalt im Team. Seine Art des Management war umstritten, um es mal vorsichtig auszudrücken. Die „Top-Down“ Mentalität war das eine, seine Unfähigkeit sich vor das gesamte Team zu stellen, eine andere. Man hatte immer den Eindruck, dass zu einem großen Teil damit beschäftigt ist, seinen eigenen Job zu sichern. Die Verunsicherung im Team nahm daher zu. Dazu kamen wichtige Fehlentscheidungen in der Update- und Reifenstartegie, die Ferrari vor allem im Herbst behindert haben. Aber hier muss man dann wieder ein bisschen vorsichtig sein.
Denn Arrivabene ist und war nie ein Techniker. Er war lange im Management bei Philipp Morris, er kennt die finanzielle und politische Situation der F1 gut. Aber er hat weder ein Team geleitet, noch kannte er sich mit den technischen Prozessen aus. Die Entscheidung, ob ein Update nun auf dem Auto landet, oder welche Reifen vorbestellt werden, liegt zwar am Ende bei ihm, er muss sich aber auch darauf verlassen, was andere ihm im Team sagen. Das war vielleicht seine größte Schwäche als Teamchef, dass ihm der technische Hintergrund fehlt.
Den wiederum hat Mattia Binotto, der ein absolutes Ferrari-Eigengewächs ist, absolut. Er war und ist für die Entwicklung des sehr starken Ferrari-Motors zuständig, er hat nach dem Abgang von James Allison, die gesamte Entwicklung des Autos überwacht. Er kennt Ferrari wie seine Westentasche, auch die Intrigen und Probleme im Team. Er selber machte bei einem Gespräch, dass wir vor ein paar Jahren mit ihm führen konnten, einen sehr ruhigen, aber auch selbstbewussten Eindruck. Auch, wenn er mit seiner Vorhersage, das in der ersten Saison mit den Hybrid-Motoren die Leistung keine so große Rolle spielen würde, komplett falsch lag.
Ferrari stellt sich mit der Veränderung im Management also neu auf. Einen Nachfolger für den bisherigen Posten von Binotto soll es nicht geben. Der Italiener vereint damit bei Ferrari ungewöhnlich viel Macht auf seine Person. Es ist in der modernen Formel Eins mittlerweile sehr ungewöhnlich, dass ein Team von einer Person alleine vertreten wird. Die meisten trennen die Positionen, weil die Arbeitslast zu groß ist. Bei Mercedes übernimmt Toto Wolff das Management und ist in die Strategie eingebunden, die Technik überlässt er aber Allison und Aldo Costa. Bei McLaren teilen sich Zak Brown und Gil de Ferran die Arbeit, bei Red Bull Christian Horner, Adrian Newey und Dr. Marko.
Die Konzentration auf Binotto kann sich als Segen erweisen, wenn er denn innerhalb des Teams unumstritten ist und er die richtigen Entscheidungen trifft. Es kann logischerweise aber auch genau das Gegenteil passieren. Aber offenbar lässt sich Ferrari zur Zeit anders nicht steuern, was zumindest darauf hindeutet, dass die gesamte Struktur bei Ferrari immer noch sehr traditionell aufgebaut ist. Und weder Ferrari CEO Louis Camilleri noch FCA-Chef Elkann scheinen das zur Zeit ändern zu wollen.
Man muss Arrivabene nicht mögen, aber man muss ihm zumindest zu Gute halten, dass er das Team aus der Krise der ersten Hybrid-Jahre herausführen konnte. Er war sicher nicht die Idealbesetzung, aber er hat auch ohne große technische Kenntnisse, das Team in die richtige Richtung gedreht. Viel hat im letzten Jahr nicht zum Titel gefehlt. Ob der Schweizer Binotto es dann 2019 besser machen kann, wird sich zeigen.
Bilder: Ferrari