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IMSA: Analyse 24H von Daytona 2019

von DonDahlmann
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Zuerst die gute Nachricht – die BoP in der DPi-Klasse hat sehr gut funktioniert. Die schlechte Nachricht: das Rennen hätte schlimm enden können.

Nachdem im letzten Jahr nur vier Cautions für ein teilweise eintöniges Rennen gesorgt hatten, ging es in diesem Jahr bei den 24h von Daytona drunter und drüber. Das Rennen fiel praktisch in zwei Hälften – die ersten zehn Stunden vor dem großen Regen, gefolgt von 14 Stunden Regen, Regen und noch mehr Regen. Das wiederum führte zu sehr langen Gelb-Phasen und zwei längeren kompletten Unterbrechungen. Insgesamt fanden nur 57 Prozent des gesamten Rennens unter Rennbedingungen statt. Es waren also eher die 13 Stunden von Daytona in diesem Jahr und das Ergebnis am Ende hatte mit einer Menge Glück zu tun. Denn keines der Autos, die vor dem letzten Restart in Führung lagen, konnte am Ende gewinnen. Aber der Reihe nach.

Bei allerschönstem Sonnenschein startete das Rennen und in Führung ging zunächst der Mazda mit der #77 vor beiden Acuras und dem zweiten Mazda. Die Japaner gingen das Rennen mit einem unglaublich hohen Speed an, der allerdings auch dem Druck der Acuras geschuldet war, die unbedingt an die Spitze wollten. Das Tempo war so hoch, dass die erste Stunde des Rennens noch schneller war, als im Rekordrennen aus dem letzten Jahr. So schafften die DPi eine ganze Runde mehr als noch 2019.

Das ultrahohe Tempo war vor allem schlecht für ein Team: CORE Autosport. In deren Nissan saß Teamchef John Bennett. Der Amateurfahrer verlor mehr Zeit auf die Spitze als man eigentlich eingeplant hatte. Aber dennoch beließ man es bei dem Plan, dass Bennett seine Mindestfahrzeit erst einmal runter fahren sollte, bevor Colin Braun, Romain Dumas und Loic Duval die Aufholjagd starten würden. Immerhin, so ganz ohne Gelbphase ging es im ersten Stint doch nicht.

An der Spitze der DPi kristallisierten sich aber schnell die Favoriten raus: Mazda, Acura, beide Action Express und der Wayne Taylor Wagen mit seiner „Allstar“ Besetzung. Die JDC Cadillac und der von Juncos waren von Anfang an chancenlos.
Bei den Tourenwagen ergab sich zunächst kaum ein klares Bild. In der GTLM-Klasse gab es zu nächst einen Schockmoment für fast alle Hersteller. Der Porsche #912 verlor zwei Runden wegen eines Schadens am Splitter. Der Ford mit der #67 hatte technische Probleme und verlor ebenfalls zwei Runden. Und beim Zanardi-BMW musste die Lenkstange ausgetauscht werden, was den Wagen hoffnungslos zurück warf. Den größten Gau erlebte aber die Corvette-Mannschaft, als in einer Gelbphase beide Autos in der Box kollidierten und man bei der #3 eine gebrochene Aufhängung austauschen musste. Damit war das Auto auch zu weit hinten.

Interessanterweise sorgten die vielen Gelb-Phasen für einige „Wave Arounds“, sodass der Ford und der Porsche über Nacht ihre zwei Runden Rückstand wieder aufholen konnten. Am Schluss sollten beide eine elementare Rolle im Kampf um den Sieg spielen.

In der GTD sorgten der Riley Mercedes, der Lexus mit der #12, der Park Place Porsche und der Land Audi für einen sehr engen Kampf an der Spitze. Auffällig war, dass in den ersten Stunden nur der Land Audi vorne lag. Von den anderen Audis und den Lamborghinis war überhaupt nichts zu sehen. Das änderte sich dann in den ersten Stunden der Nacht, als der großangelegte Angriff der Audis und Lamborghinis erfolgte und diese langsam aber sicher an die Spitze rückten.

Die Nacht sorgte dann auch bei den DPi für die ersten Favoritenstürze. Als erstes erwischte es den Mustang Sampling-Wagen von Action Express, wo Christian Fittipaldi seinen letzten Karrierestart hatte. Der Wagen wurde von technischen Problemen geplagt und fiel früh weit zurück. Und dann kam die „schreckliche halbe Stunde“ für Mazda. Die hatten weiter die Spitze im Blick, aber dann erwischte es erst die #55 mit einem längeren Aufenthalt an der Box, dann platzte bei der #77 ein Turbolader. Die #55 fiel dann später auch komplett aus.

Es war kein schlechter Auftritt der Joest-Truppe, aber wie schon bei fast allen anderen Endurance-Rennen, gab der Motor am Ende auf. Mazda muss sich wirklich mal fragen, ob man mit dem Konzept weiter unterwegs sein will. Der auf einem AER-Block bestehende Zwei-Liter-Motor mit vier Zylindern ist anfällig und eventuell vielleicht auch überfordert mit der gewünschten Leistung in einem langen Rennen. Auf der anderen Seite: immerhin hielt der Motor fast 10 Stunden durch, das sollte dann für den Rest der Saison reichen.

Mit dem Wegfall der Mazdas reduzierte sich die Spitze dann auf vier Autos: beide Acuras, der Whelen Cadillac und das Auto von WRT. Dort lieferten Jordan Taylor und Renger van der Zande ihre gewohnte hochwertige Performance ab. Die Frage war, wie gut sich Alonso und Kobayashi schlagen würden, die erst im Dezember das erste Mal im Auto gesessen hatten?
Die Antwort lautete: sehr gut. Alonso fuhr einen sehr beeindruckenden ersten Stint. Er übernahm das Auto auf P5, lag dort eine Weile, bis er zum Angriff blies. Nach und nach schnappte er sich die Konkurrenten, wobei er besonders die beiden Acuras etwas alt aussehen ließ, als er sie nacheinander in der Busstop-Schikane ausbremste und die Führung übernahm. Kobayashi ließ es bei seinem ersten Stint auch zunächst etwas ruhiger angehen, ehe er die schnellste Runde des Autos im Rennen fuhr.

Nach dem einen schon bemerkenswerten Stint von Alonso, haute der Spanier in der Nacht, als es anfing zu regnen, einen weiteren beeindruckenden Stint raus. Im Regen war der Ex-Weltmeister teilweise lange der schnellste Pilot auf der Strecke.
Aber dann kam der große Regen, den alle erwartet hatten und er setzte die Strecke komplett unter Wasser. Das stehende Wasser und vor allem die Gischt machte ein Rennen in der Nacht unmöglich. Die IMSA unterbrach zunächst mit einer sehr, sehr langen Gelb-Phase, dann holte man irgendwann die rote Flagge raus. Es ging wirklich nicht mehr, die Autos hatten vor allem Probleme in Turn 1 und in der Schikane.

Zwar gelang gegen 9:00 Uhr Ortszeit der Restart, aber so richtig Schwung kam im Rennen immer nur für kurze Zeit auf. Erstaunlicherweise führten die vielen Unterbrechungen, die die Strategie der Teams angriff, nicht zu massiven Veränderungen an der Spitze. In allen Klassen blieben die Favoriten vorne.

Immerhin ließ der Regen zwischen 9:00 und 11:00 Uhr Ortszeit ein wenig nach, sodass man wieder ein Rennen fahren konnte. Nach 11:00 Uhr verdunkelte sich der Himmel allerdings zusehends und der Regen wurde immer stärker. Was in den folgenden Minuten vielleicht gerade noch so gut ging, entwickelte sich anschließend zu einer von den Rennleitung sanktionierten Lotterie.

Das stehende Wasser führte vor allem in Turn 1 zu haarsträubenden Situationen und Unfällen. Dabei erwischte es auch die zu diesem Zeitpunkt in der GTLM führenden Ford mit der #67 und der #912 von Porsche. Beide hatten ihren Rückstand aus den ersten Stunden aufgeholt und kämpften nun um den Sieg. Aber der Porsche erwischte beim Anbremsen einen Pfütze und rauschte dem Ford ins Heck. Damit waren diese Fahrzeuge raus, auch wenn sie später wieder auf die Strecke fuhren.

Ganz vorne tobte ein Kampf zwischen Felipe Nasr in der #31 und Fernando Alonso in der #10. Nasr warf den Whelen Cadillac wie ein Irrer um den Kurs und konnte Alonso hinter sich halten. Dabei profitierte Nasr auch davon, dass sein Cadillac eine Spur mehr Abtrieb hatte und vor allem im Infield und beim Herausbeschleunigen wichtige Meter gewinnen konnte. Alonso blieb Nasr zwar auf den Fersen, startete aber keinen Angriff mehr.

Die Verhältnisse auf der Strecke waren mittlerweile jenseits von Gut und Böse. Es gab kaum eine Runde, in der sich nicht irgendjemand drehte. Die Fahrer bezeichneten die Verhältnisse als „unfassbar“. Laurens Vanthoor fasste die Meinung der Piloten am Besten zusammen „I love a challenge. I love going old school. But this… This is insane. This is not something I ever want to do again.“ Dennoch ließ sich die Rennleitung nicht beirren und ließ das Rennen weiterlaufen.

Am Ende bestand das Ergebnis aus einer Mischung aus Glück und Zufall. Bei den Prototypen verbremste sich Felipe Nasr in Turn 1 und Alonso übernahm die Führung. Die Acuras waren zu diesem Zeitpunkt beide leicht zurückgefallen, weil sie im Regen nicht so flott unterwegs waren. In der GTLM führte der Risi Ferrari relativ deutlich, musste aber zu einem Stopp an die Box. Und zwar genau eine Runde bevor die Rennleitung sich dazu entschloss, das Rennen zu unterbrechen. Das führte dazu, dass der BMW mit der #25 den Sieg holen konnte. Die hatten zwar nur selten vorne gelegen, aber eben doch vorne und nun genau im richtigem Moment. Und man muss halt auch erst Mal mithalten können, um einen Sieg einzufahren. Nach dem Tod von Charly Lamm in der letzten Woche, war der Sieg moralisch sowieso völlig in Ordnung.

In der GTD sah der Land Audi wie der sichere Sieger aus. Aber dann schmiss Daniel Morad den Wagen in Turn 1 kurz von der Linie, was dem Grasser Lamborghini an die Spitze spülte. Bis Morad sich sortiert hatte, war der Lamborghini weg und das Rennen wieder unterbrochen.

Es war mal wieder ein interessantes Rennen in Daytona. Die Rennleitung kann nicht für das schlechte Wetter, aber man hätte das Rennen mindestens 10 Runden früher unterbrechen müssen. Das nicht mehr passiert ist, war einfach reines Glück. Warum die IMSA so lange gewartet hat, ist uns wie vielen anderen Beobachtern auch, ein Rätsel. Die Dreher und leichten Unfälle waren so zahlreich, dass eine Unterbrechung schon lange gerechtfertigt war. Da hat die IMSA leichtfertig mit der Gesundheit der Piloten gespielt.

Fazit

Um gewinnen zu können braucht man manchmal auch etwas Glück. Das hatten die Sieger ohne Zweifel, aber sie waren auch nicht umsonst vorne. Und Alonso hat mit Sicherheit nicht alleine gewonnen. Seine Teamkollegen waren teilweise schneller unterwegs, aber es ist schon erstaunlich, wie schnell sich der Spanier und auch Kobayashi an die DPi gewöhnt hatten. Alonso konnte mit seinem Sieg einen weiteren wichtigen Titel sammeln. Er ist der erste F1-Pilot und -Weltmeister, der die 24 Stunden von Daytona gewinnen konnte (Phil Hill gewannt das Rennen 1962 als es noch ein 2000-Kilometer-Rennen war; Mario Andretti gewann 1972, damals noch über sechs Stunden) und zudem der erste, der F1-Weltmeister, Monaco-Sieger, Le Mans-Sieger und nun auch Daytona-Sieger ist.

In diesem Jahr kann er dann theoretisch noch Sebring (WEC), das Indy 500 und einen weiteren Le Mans-Sieg hinzufügen. Wenn ihm langweilig sein sollte: Die WEC-Saison ist bereits im Juni zu Ende, danach könnte er in der IMSA noch das Rennen in Watkins Glen und natürlich das Petit Le Mans gewinnen. Damit würde ihm dann nur noch ein Sieg bei den 24h-Rennen in Spa und auf der Nordschleife fehlen, dann hätte er, bis auf das Daytona 500, so ziemlich alles gewonnen, was man als Fahrer gewinnen kann.

Bilder: Courtesy of IMSA

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