Was für ein dramatisches Rennen, was für ein Auftritt von Charles Leclerc. Und bei Renault brennt die Hütte schon nach zwei Rennen.
Totto Wolff schaute nach dem Rennen etwas verschmitzt in die Kamera. Das zweite Rennen, der zweite Doppelsieg – aber so richtig wohl wahr ihm nicht. Immerhin wurden die Mercedes am gesamten Wochenende deutlich von den stärkeren Ferrari geschlagen. Wie schon in der Vorschau beschrieben, sorgte der Kurs in Bahrain dafür, dass sich die Rangfolge leicht veränderte. Die höheren Anforderungen and an die Aerodynamik sorgten dafür, dass die Unterschiede zwischen den Fahrzeugen besser zu erkennen waren. Wie schon in Australien, zeigte der W10 ein etwas nervöses Verhalten. Die Fahrer hatten etwas mehr Arbeit im Auto, als das bei Ferrari der Fall war. Das dürfte Mercedes einiges an Kopfzerbrechen bereiten, zu Mal mit China eine weitere Strecke ansteht, die den Ferrari entgegen kommt. Aber die Italiener stehen sich mal wieder selber im Weg.
Der Schaden an Auto von Leclerc ist mal wieder so ein Fall, der einfach nicht passieren darf. Schon gar nicht im zweiten Rennen. Ferrari sprach nach dem Rennen davon, dass ein Zylinder ausgefallen sei, allerdings nicht durch einen mechanischen Schaden, sondern durch ein Gerät der Motorperipherie. Offensichtlich war, dass Leclerc deutlich Leistung fehlten und das MGU-H scheinbar nicht mehr funktionierte. Ob es jetzt doch etwas mit dem Batterie-System zu hatte, oder mit etwas anderem, ist dabei aber nebensächlich. Tatsache bleibt aber, dass Ferrari in einem Jahr, in dem es vermutlich wieder sehr eng zu gehen wird, mal wieder massiv Punkte verloren hat. Statt 60 Punkte hat man nun nur 48 Punkte auf dem Konto. Mercedes hat schon 87 Punkte und deren Fehlerquote liegt bekanntlich weit unter der von Ferrari.
Vettel nach zwei Rennen in der Krise
Das zweite Problem, das Ferrari im Rennen hatte, war Sebastian Vettel. Der Deutsche musste eine schwere Niederlage gegen Charles Leclerc einstecken. Seinen zweiten Platz in der Quali entschuldigte er noch mit einem Fehler von Ferrari in Q2, was ihn einen Reifensatz kostete. Aber ehrlich gesagt war Leclerc dieses Wochenende deutlich stärker. Bis auf FP2 lag der neue Ferrari Pilot immer vorne. Und auch im Rennen düpierte der den vierfachen Weltmeister mit einem sauberen Überholmanöver. Allerdings war es dann auch etwas überraschend, wie schnell Leclerc wegzog, so dass man zumindest die Frage stellen muss, ob sich Vettel mit seiner Abstimmung etwas verhauen hatte. Aber selbst wenn – es ist dann auch wieder erstaunlich, dass Leclerc eine bessere Abstimmung gelingt, als dem Nummer Eins Fahrer.
Dazu kam dann mal wieder der Fehler im Rennen. Der Kampf mit Hamilton war spannend und sehr eng, aber am Ende war es mal wieder Vettel, der einen Fehler machte. Das ist nichts neues und genau das macht es dann aber auch noch schlimmer. Wenn sich Hamilton mal wegdrehen würde – ok. Aber es passiert immer Vettel. Nico Rosberg, der für SkyUK kommentierte, sagte deutlich, was alle denken. Vettel macht zu viele Fehler, wenn er unter Druck gerät. Und das zu Beginn einer Saison. Aber vermutlich nagte an dem Deutschen die deutliche Niederlage gegen Leclerc, so dass er im Kampf gegen Hamilton nicht auch noch den Kürzeren ziehen wollte. Sonderlich weltmeisterlich war das nicht und sein Dreher sorgte auch dafür, dass Ferrari gegen Mercedes erneut ein Rennen verlor, dass sie eigentlich hätten gewinnen müssen. Vettel hätte mindestens in der Position sein müssen vom Pech seines Teamkollegen zu profitieren. So hat er seinem Team mehr Punkte gekostet, als der kaputte Motor von Leclerc. Muss man auch erst mal hinbekommen.
Renault ist langsam und unzuverlässig
Wenn Vettel ein schlechtes Wochenende hatte, dann hatte Renault ein rabenschwarzes. Erst versaute man Hülkenberg in Q3 mit einem Mapping Problem die Quali, dann blamierte man sich mit einer völlig unpassenden Strategie für Ricciardo und am Ende fielen beide Renault mit unterschiedlichen Problem am Motor aus. Bei Hülkenberg war es wohl der Turbolader, bei Ricciardo war es das MGU-K. Nachdem bei Carlos Sainz das MGU-K schon in Australien versagt hatte, ist dies also schon der zweite Schaden. Pikant an der Sache: das MGU-K ist eine neue Konstruktion, nachdem man 2017 und 18 noch mit dem 2016er MGU-K fahren musste. Die Unfähigkeit von Renault in zwei Jahren ein neues, funktionierendes MGU-K zu konstruieren, soll auch einer Gründe gewesen sein, warum Red Bull lieber zu Honda gewechselt ist.
Zu Gute halten muss man den Franzosen, dass es im Rennen zumindest mit dem Speed einigermaßen lief. Nico Hülkenberg hatte ein bisschen Glück beim Start und fand sich nach der ersten Runde schon auf P11 wieder. Mit seiner Zwei-Stopp-Strategie rutschte er dann schnell nach vorne und war dann lange „best of the rest“. Was auch daran lag, dass die Haas aus nicht ganz ersichtlichen Gründen im Rennen nach hinten durch gereicht wurden, obwohl sie in die Quali gut unterwegs gewesen waren.
Nicht zu entschuldigen war aber auch der Strategie-Fehler bei Ricciardo. Nach den Trainings am Freitag stellte sich raus, dass der Reifenabrieb in diesem Jahr doch höher lag, als man dachte. Zwei Stopps waren also die schnellere Variante. Zwar ließen sich viele Teams die Option auf einen Stopp nach dem ersten Reifenwechsel offen, aber dann brachen die C3 im Rennen zu schnell ein. Renault hatte Hülkenberg auf zwei Stopps und versuchte Ricciardo mit einem Stopp durchzubringen. Doch spätestens, als Ricciardo nach seinem ersten Stopp hinter Hülkenberg landen würde, war klar, dass man etwas hätte ändern müssen. Das wäre möglich gewesen, wenn man Ricciardo als letzten der Zwei-Stopper reingeholt hätte. Doch man versäumte diese Chance und der Australier eierte auf alten Reifen draussen rum. Um dann auch noch Hülkenberg passieren lassen zu müssen. Wie schlecht die Strategie für den Australier war? Obwohl der Teamkollege weit hinter Ricciardo gestartet ist und obwohl Hülkenberg durch den zusätzlichen Stopp 23 Sekunden verloren hat, lag er am Ende vor Ricciardo. Bei Renault sollten in den nächsten zwei Wochen die Krisensitzungen laufen.
Die Rookies melden sich
Neben Charles Leclerc zeigten auch die anderen Nachwuchspiloten hervorragende Leistungen. Vor allem Lando Norris brillierte an diesem Wochenende in einem sehr schnellen McLaren. Norris und Sainz erreichten Q3, was für McLaren schon allein ein sehr großer Erfolg war. Aber auch im Rennen zeigten die orangen Rennen zum ersten Mal seit Jahren wieder ansprechende Leistungen. Sainz hatte mal wieder Pech, als er mit Lance Stroll in der ersten Runde kollidierte, was beide weit zurückwarf. Norris hatte mehr Glück und er hielt sich permanent im wirklich sehr hart umkämpften Mittelfeld im Reichweite der Punkte. Die meiste Zeit kämpfte er dabei gegen Kimi Räikkönen, dessen Alfa dem McLaren aber minimal unterlegen war. Der Finne nutzte zwar alle Tricks, Norris konterte ihn allerdings dank DRS dann aus. Dank des Ausfalls von Hülkenberg, war McLaren mit Norris dann „best of the rest“.
Ebenfalls sehr gut unterwegs war Alexander Albon im Toro Rosso. Nicht nur ließ seinen Teamkollegen deutlich hinter sich, er schaffte es, dank Renault, dann auch in die Punkte. Wie schon in Barcelona macht Albon einen sehr starken und vor allem selbstbewussten Eindruck. Und bringt sich schon jetzt in eine Position, in der er Pierre Gasly im Red Bull unter Druck setzt. Der Franzose hat einen miesen Start in die Saison. Das Problem sind dabei nicht seine kleinen Ausrutscher, sondern die Tatsache, dass ihm auf Verstappen sieben Zehntel fehlten. Im Rennen steckte er im Mittelfeld, konnte sich dort aber nicht befreien, obwohl er im eigentlich bessern Auto sitzen sollte und Hülkenberg zeigte, wie es gehen kann. Noch ist das alles kein Problem für Red Bull, die vermutlich schon vor der Saison wussten, dass man am Ende wieder auf P3 in der Team-WM stehen würde, da Haas, Renault und McLaren zu weit weg sind. Aber auf Dauer wird man sich die schlechten Ergebnisse von Gasly nicht leisten können, vor allem, wenn Renault und McLaren besser werden sollten.
Patrick Head soll es richten
Weiterhin dramatisch bleibt die Situation von Williams. Der Schnitt der schnellsten zehn Runden lag beim schnellsten Williams (Russel) bei 1.38.091min. Stroll war zwar nur unwesentlich schneller, hatte aber einige Schäden an seinem Auto. Der nächste vergleichbare Pilot war Albon, dessen Auto nicht beschädigt war und der ebenfalls zweimal stoppte. Dessen 10-Runden Schnitt: 1.36.962min. Es fehlt also mindestens eine Sekunde auf das Mittelfeld. Erschwerend kommt hinzu, dass Williams Ersatzteile fehlen. Da das Auto offensichtlich während der Produktion umgeplant wurde, fehlen nun die Teile.
Das Chaos bei Williams, dass wohl auch von Paddy Lowe mit verursacht wurde, ist so groß und so gefährlich, dass völlig überraschend Patrick Head zum Team zurückkehrt. Der hatte 2012 seine Arbeit bei Williams aus Altersgründen beendet. Head ist Teilhaber bei Williams und gehört zur Familie. Mit seinen 72 Jahren wird er vermutlich nicht zu den Rennen fliegen, aber er soll intern dafür sorgen, dass das Chaos rund um die Produktion des Autos endlich aufhört. Claire Williams bezeichnet seine Rolle als „Berater“. Aber wie schlecht muss es um das Team stehen, wenn Head seinen Ruhestand beendet? Man kann nur hoffen, dass es Head gelingen wird, das Team wieder ans Mittelfeld heran zu führen.
Nächstes Rennen ist in 14 Tagen in China.
Bilder: Daimler AG, Ferrari, Racing Point, McLaren F1, Alfa, Renault Sport, HaasF1, Williams F1