Innerhalb einer Woche legte die IndyCar Series eine Strecke von 2067 Meilen (3326 km) zurück und fährt zum ersten Mal in dieser Saison an der Westküste der USA. Auf dem Programm steht der Grand Prix of Long Beach.
In der Vorschau für den Grand Prix of Alabama habe ich über ein Traditionsrennen der neuen IndyCar Series geschrieben. Der Grand Prix of Long Beach hingegen steht noch für die gute alte CART-Zeit. Während der Zeit des Splits war er das Rennen, das das Überleben der CART- beziehungsweise der ChampCar überhaupt so lange hat sichern können. Der erste Grand Prix war aber noch ein Formel-5000-Event 1975. Zwischen 1976 und 1983 war die Formel-1 zu Gast, bevor ab 1984 die IndyCar übernahm. Auffällig ist, dass es zu Beginn zwei Long Beach Experten gab. Mario Andretti gewann drei der ersten vier Austragungen, bevor Al Unser jr. sechs der nächsten acht gewinnen sollte. In der ausgeglichenen IndyCar-Series ist so eine Dominanz nicht mehr möglich. In den letzten sechs Jahren gab es sogar sechs verschiedene Sieger aus sechs verschiedenen Teams.
Sollte diese Serie fortgesetzt werden, haben nur sieben Fahrer eine Chance auf den Sieg. Mit Santino Ferruci, Patricio O’Ward, Max Chilton, Jack Harvey und Colton Herta sind fünf Außenseiter auf dieser Liste zu finden. Aber auch auf dem COTA war Herta ein Außenseiter und hat das Rennen am Ende gewonnen. Die besten Chancen die Serie fortzusetzten haben aber sicherlich Graham Rahal und Sebastien Bourdais. Im Barber Motorsports Park waren beide RLL-Hondas sehr schnell und nur ein technischer Defekt hat eine Podiumsplatzierung für Rahal verhindert. Bourdais ist, neben Will Power, der einzige Fahrer im Feld, der mehr als einmal in Long Beach triumphieren konnte. Seine Siege datieren aber aus der Zeit der sterbenden ChampCar für das dominierende Newman/Haas Racing. Aber im Vorjahr war er ohne Rennpech ein sicherer Podiumskandidat und am Sonntag im Barber Motorsports Park hat der Franzose wiedermal gezeigt, dass er immer noch zu den besten Piloten im Feld gehört.
Irgendwann reißt auch die schönste Serie und erster Kandidat dafür ist Vorjahressieger Alexander Rossi. Seine Vorstellung war damals absolut dominant. Weder in der Qualifikation noch im Rennen war er in irgendeiner Gefahr die Spitzenposition zu verlieren. Am ehesten hätte ihm vielleicht noch Sebastien Bourdais gefährden können. Eine unglücklich fallende Caution ruinierte aber damals das Rennen für den Dale-Coyne-Piloten. Die selbe Caution kostete auch Scott Dixon das Podium. Wie in jedem Rennen wird der amtierende Meister alle daran setzten, um am Ende ganz oben zu stehen. Nach 2015 wäre es sein zweiter Sieg in den Straßen Long Beachs.
Auch wenn der Saisonstart von zweidrittel Team Penskes alles andere als erfolgreich war, muss man doch immer das ganze Team zu den Favoriten zählen. In den letzten 10 Jahren ging siebenmal ein Fahrer des Captains von der Pole-Position aus ins Rennen. Aber nur zwei Siege, 2012 durch Will Power und 2016 durch Simon Pagenaud, sprangen in der Zeit dabei raus. Eine Wiederholung von Pagenauds Sieg ist eher unwahrscheinlich. Zu schlecht ist der Franzose seit der Einführung des Universal-Aero-Kits unterwegs. Will Power ist natürlich heißester Kandidat für die Pole-Position, dann schlägt aber im Rennen das Pech wieder zu. Seit der Siegermilch im letzten Mai, scheint Power nicht mehr viel gelingen zu wollen. Josef Newgarden hingegen ist ein sehr sicherer Tipp für die Top-5. Selbst an einem schlechten Wochenende, wie in Alabama, fährt er mittlerweile eine Top-5-Platzierung ein. Die Führung in der Meisterschaftswertung ist kein Zufall.
Mit Ryan Hunter-Reay, Takuma Sato und James Hinchcliffe befinden drei weitere ehemalige Sieger des Grand Prix of Long im Feld (Entry-List). Hunter-Reay wartet seit 2010 auf seinen zweiten Sieg. Er steht mittlerweile etwas im Schatten von Alexander Rossi, trotzdem ist ihm immer ein Sieg zuzutrauen. Satos Sieg datiert aus dem Jahr 2013 und damals noch für A.J. Foyt Enterprises. Der Erfolg in Alabama wird ihm sicherlich noch mehr Auftrieb gegeben haben. Hinchcliffe und Arrow SPM hängen etwas in Luft. Zu den Topteams und ihren Topfahrern, Bourdais im Dale Coyne Honda zählen wir einfach mal dazu, fehlt ein wenig, man ist aber im Schnitt schneller als Konkurrenz des Mittelfeldes mit ECR oder den zweiten, dritten oder vierten Wagen von Ganassi, Penske, Andretti, Rahal oder Coyne. Für einen Sieg bräuchte Arrow SPM schon eine Menge Glück, aber zwei Plätze in den Top-10 sind durchaus realistisch.
Strecke
Der Stadtkurs erstreckt sich über 3,167 km um das Kongresszentrum in Long Beach. Die Start- und Ziel-Passage, inklusive einer langgezogenen Rechtskurve, mündet in eine enge 90 Grad Linkskurve. An der schnellsten Stelle der Strecke müssen die Fahrer aus fast 180 mph anbremsen. Es ist die beste Überholstelle, auch wenn es durch die nahen Betonwände häufiger Unfälle gibt. Gerade nach dem stehen Start wird es dort sehr kritisch. Es folgt ein enger und winkliger Streckenabschnitt. In Kurve 4, eine 90 Grad Rechtskurve, haben die Fahrer häufiger Probleme, da es durch einen anderen Belag besonders rutschig am Kurvenausgang ist. Es folgt eine Reihe von 90 Grad Kurven und kurzen Geraden. Kurve 8 ist besonders wichtig, da sie auf die zweitlängste Vollgaspassage der Strecke führt. Einige Bodenwellen in der Anbremszone erschweren aber das exakte Durchfahren. Kurve 9 bietet dann eine zweite kritische Überholmöglichkeit. Die folgende Linkskurve kann zum Konter genutzt werden. Trotzdem ist es auch hier sehr eng und der Austausch von Carbonteilen wahrscheinlich. Eine Haarnadel führt zurück zur Start- und Ziel-Passage.
Der Vertrag der IndyCar Series mit dem Veranstalter und der Stadt Long Beach läuft bis einschließlich 2023. Hinter dem Grand Prix und besonders der aktuellen Streckenführung stehen aber wieder deutlich größere Fragezeichen. Es gibt Pläne auf dem Areal des Kongresszentrums ein Baseballstadion für die Los Angeles Angels zu errichten. Mindestens die Passage von Kurve 9 bis 11 wäre dann Geschichte und auch der Platz fürs Paddock wäre dahin. Als Motorsportfan bin ich natürlich absolut gegen einen Neubau der Angels an dieser Stelle. Die könnten doch auch gut in den Keller des Los Angeles Stadiums at Hollywood Park ziehen. Stan Kroenke sollte doch irgendwo noch eine Ecke freihaben.
Zeitplan (local time, MEZ)
Freitag, 12. April
10:00 – 10:45 a.m. (19:00 – 19:45) – NTT IndyCar Series practice #1, NBC Sports Gold
2:00 – 2:45 p.m. (23:00 – 23:45) – NTT IndyCar Series practice #2, NBC Sports Gold
Samstag, 13. April
9:00 – 9:45 a.m. (18:00 – 18:45) – NTT IndyCar Series practice #3, NBC Sports Gold
12:10 p.m. (21:10) – Qualifying for the NTT P1 Award (three rounds of knockout qualifications), NBCSN (live, 11:45 a.m.)
Sonntag, 14. April
9 – 9:30 a.m. (18:00 – 18:30) – NTT IndyCar Series warmup, NBC Sports Gold
1:00 p.m. (22:00) – NBCSN on air
1:35 p.m. (22:35) – „Drivers, start your engines“ command, Anthony Lynn, head coach, Los Angeles Chargers
1:42 p.m. (22:42) – Acura Grand Prix of Long Beach (85 laps/167.28 miles), NBCSN, DAZN (live)
(c) Photos: IndyCar Media; Chris Owens, JRichard Dowdy