Niki Lauda war mehr als die Summe seiner Erfolge. Jedenfalls für mich. Für mich war und ist er auch der Pilot, der meine Leidenschaft für die Formel Eins geweckt hat. Er war der erste Fahrer, von dem ich ein Fan war.
Dabei war Lauda in den 70ern eher ziemlich unbeliebt. Man darf nicht vergessen, dass Motorsport in dieser Zeit etas sehr heroisches an sich hatte. Was natürlich auch daran lag, dass es in jedem Jahr viele tödliche Unfälle zu beklagen gab. Rennfahrer waren ein bisschen wie Außerirdische und James Hunt verkörperte diesen Typus nur zu gut. Alle wollten ein bisschen wie Emerson Fittipaldi, Clay Regazzoni, Jacky Ickx, Graham Hill oder James Hunt sein. Aber niemand wie Niki Lauda, dessen kühle und analytische Art einfach nicht zur Formel Eins passte. Und da ich schon immer einen Faible für Außenseiter hatte, mochte ich halt Niki Lauda. Denn auch wenn Lauda auf der Strecke, wie alle anderen, egoistisch war, eins war er nie – Respektlos.
Ich verfolgte damals per Zeitung jedes Rennen und jede Minute, die meist das ZDF am späten Sonntagnachmittag von den Rennen zeigte. Um so größer meine Freude, als ich Lauda endlich live im Auto sehen konnte. Am 1. August 1976 stand ich mit meinem Vater hinter der Linkskurve am Kallenhard, also irgendwo bei der dreifachen Rechts runter Richtung Wehrseifen. Nach paar Runden tauchten am Horizont zwischen Bäumen Rauchschwaden auf, was immer ein schlechtes Zeichen war. Die einfache Regel war: Wenn ein Auto brennt, war der Unfall sehr heftig und Fahrer tot. Über das damals primitive Lautsprechersystem hörte man nur irgendwann, dass es Niki Lauda erwischt hat. Ausgerechnet „meinen“ Fahrer. Sein Comeback sechs Wochen später war ein Wunder.
Natürlich ist dieses Comeback eines der größten aller Zeiten und natürlich definiert dieses Comeback die Persönlichkeit von Niki Lauda. Er war immer hochmotiviert. extrem ehrgeizig, hart zu sich und auch zu anderen. So Menschen wie Lauda sind selten. Senna war so einer, der mit der Rücksichtslosigkeit von Lauda aufnehmen konnte, dann vielleicht noch Schumacher, aber dem sah man immer an, dass er auch schon mal ein schlechtes Gewissen hatte.
Was Niki Lauda aber vor allem so bemerkenswert machte, war seine ehrliche, direkt und (schon fast brutal) offene Art. Und das war schon in den 70ern so. Seine Entscheidung, sich nach dem Unfall nicht einer „Schönheitsoperation“ zu unterziehen war ungewöhnlich. Aber dann für ihn auch wieder nicht, weil sie konsequent und ehrlich war. Es kümmert ihn, zumindest von außen betrachtet, nicht. Und Lauda hat sich nie davor gescheut Entscheidungen zu treffen. Unvergessen sein Ausstieg bei Brabham mitten in der Saison 1979, den er mit dem Satz „Ich habe keine Lust mehr im Kreis zu fahren“ begleitete.
1982 hatte er dann offenbar doch wieder Lust. Ich kann mich daran erinnern, dass schon 1980 spekuliert wurde, dass Niki wieder in die F1 zurückkehren würde. Nicht ganz unschuldig war daran die finanzielle Schieflage seiner zuvor gegründeten Fluglinie. McLaren hatte damals keinen Topfahrer. John Watson war ein durchaus schneller Pilot, aber er erreichte nie konstant Top-Ergebnisse, Andrea de Cesaris fuhr mehr neben, als auf der Strecke. Allen war klar, dass Lauda viel zu früh zurück getreten war, aber wie schnell würde der Österreicher sein, der zuletzt 1977 Weltmeister war? Immerhin galt auch schon damals, dass die Formel Eins in jedem Jahr einen großen Technologie-Sprung erlebte.
Dien Kritiker waren schnell leise. Er gewann das dritte Rennen nach seinem Comeback 1982, aber da McLaren auch in der Saison 1983 keinen Turbomotor hatte, war ein WM-Titel in weiter Ferne. Das änderte sich erst 1984, als der TAG-Porsche ins Heck des McLaren wanderte. Da war dann aber Alain Prost der Teamkollege von Lauda und der deutlich jüngere Franzose machte Lauda das Leben schwer. Der Österreicher, immerhin 35 Jahre alt, konnte sich nur deswegen durchsetzen, weil er Prost die Quali überließ und sich zwei Tage lang auf die Rennabstimmung konzentrierte. Am Ende gewann Niki Lauda seinen dritten WM-Titel im letzten Rennen mit 0,5 Punkten Vorsprung. Wieder so eine Legende.
Die Aktivitäten von Lauda in der Formel Eins waren nicht immer von Erfolg gekrönt. Zwar lotste er Michael Schumacher zu Ferrari, aber seine Rolle als Berater bei den Roten endete schnell. Ebenso seine Zeit als Teamchef von Jaguar. Immerhin blieb er, dank seiner Rolle als Experte bei RTL, immer in der Formel Eins und damit eine wichtige Figur. Sein Einstieg bei Mercedes 2012 war dann allerdings eine Überraschung. Seine Rolle im Team und als „Non-Executive Chairman“ war nie so richtig klar, aber offensichtlich sorgten seine Erfahrungen und sein Wissen mit dafür, dass Mercedes an die Spitze fand. Berüchtigt waren wohl seine „Donnerwetter“, wenn es mal nicht so gut gelaufen ist. Er war auch derjenige, der Hamilton und Rosberg einigermaßen im Griff behalten konnte, weil beide Piloten vor ihm großen Respekt hatten.
Seine Unabhängigkeit hat sich Lauda sein ganzes Leben immer bewahrt. Das, was am Anfang seiner Karriere als „Arroganz“ rüber gekommen ist, war am Ende auch einfach ein Teil seiner „Ihr könnt mich alle…“ Einstellung. Unvergessen auch sein, nun ja, Kleidungsstil. Wenn er einen Anzug anziehen musste, dann trug er meist Sneakers dazu. Ansonsten war sein Standard eine irgendwie immer alt und ausgebeult aussehende Jeans, irgendein Pullover und natürlich die rote Kappe.
Niki Lauda war schon zu Lebzeiten eine Legende. Wer kann von sich behaupten, dass über sein Leben ein Hollywood-Film gedreht wurde? Das er aber nun nicht mehr launig die Formel Eins kommentiert, mag ich mir kaum vorstellen. Immerhin hat mich mein ganzen Leben begleitet. Aber so ist das eben und ganz überraschend kam sein Tod nicht.
Also bleibt die Erinnerung an einen Mann, der die Formel Eins fast 50 Jahre lang mit geprägt hat und dessen außergewöhnliches Talent einzigartig war. In unserer Vorstellung altern unsere Helden nie, aber Abschied nehmen müssen wir doch.
Ciao, Niki.
Bilder: Ferrari, Daimler
2 Kommentare
[…] dem Rennen in Monaco schwebt natürlich auch die Trauer um den am Dienstag verstorbenen Niki Lauda, der das Rennen sowohl 1975 als auch 1976 gewinnen konnte. Da Niki bis zum letzten Jahr seit […]
Sehr schön geschrieben. Danke Don.
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