Auch in der fünften Formula E-Saison wird wieder ein ePrix in Berlin ausgetragen – der deutsche Lauf ist ein Fixpunkt im Kalender dieser Serie.
Und das ist bei der großen Fluktuation der Formula E-Austragungsorte gar nicht mal so gewöhnlich, mehr noch: es ist der einzige ePrix im aktuellen Kalender, der von Beginn an jedes Jahr dabei war. (Der zweite Fixpunkt ist übrigens Monaco, aber dort fährt man planmäßig eben nur jedes zweite Jahr, im Wechsel mit dem Grand Prix Historique.) Zwar wurde der Berlin ePrix bereits auf drei unterschiedlichen Strecken an zwei verschiedenen Standorten ausgetragen, aber immerhin fand er jedes Mal statt. Und sowohl die einmalig genutzte Strecke rund um den Strausberger Platz als auch die auf dem Flughafen Tempelhof abgesteckten Kurse haben gute Rennen produziert.
Nachdem wir in Monaco das erste Rennen der Saison ohne Safety Cars oder gar rote Flaggen erleben durften (womit bei der engen Strecke kaum zu rechnen war), könnte eben dies auch in Berlin wieder gelingen. Hier würde ich es sogar für wahrscheinlicher halten, denn der unabhängig von mehr oder weniger engen Straßen abgesteckte Kurs bietet eben doch etwas mehr Raum, sowohl was die Streckenbreite, als auch was den Auslauf angeht. Wenn es tatsächlich ohne Unterbrechungen ausgeht, dürfte es in diesem Rennen ganz besonders auf die Effizienz ankommen – und da gibt es letztlich doch Unterschiede bei den Fahrern, wie gut sie mit der erlaubten Energiemenge haushalten können.
Wir erinnern uns an Pascal Wehrlein, der in Mexico in der Zielkurve langsam wurde und den Sieg verlor, weil sein Vorrat ein paar hundert Meter zu früh verbraucht war. In Monaco sprang bei Felipe Massa der Zähler nur ein paar Dutzend Meter vor der Ziellinie auf null Prozent, er konnte jedoch seinen dritten Platz noch über die Linie retten – geht es gut, so wie bei ihm, kann man das als den Optimalfall bezeichnen, denn man möchte ja am besten genau auf der Ziellinie seine Energie verbraucht haben. Geht es knapp schief, wie bei Wehrlein, sieht es nach außen leider nicht so toll aus. Die Fehlermarge ist gering, denn es will ja auch niemand gern mit ein paar Prozent Reserve über die Linie fahren.
Der Kurs in Berlin ist gegenüber dem Vorjahr unverändert geblieben, diese Streckenführung hat sich bewährt, sie bietet Überholmöglichkeiten und interessante Passagen. Insbesondere die 270°-Linkskurve nach dem Start/Ziel-Bogen mit direkt anschließender 90°-Rechts hat es in sich, hier haben wir in den letzten beiden einige Überholmanöver sowie missglückte Versuche, aber auch Dreher gesehen. Die Betonplatten des Flughafen-Aprons bieten auch nicht den gleichen Grip wie mehr oder weniger frischer Asphalt, was mit den harten Allwetter-Michelins eine schwierige Kombination in Sachen Grip darstellt. Dazu kommen die Bodenwellen, unter anderem durch die groben Fugen zwischen den Platten.
Die Attack Mode-Aktivierungszone wird in Kurve 6 auf der Außenbahn sein, das ist die Kehre am Ende der längsten Gerade der Strecke. Das ist insofern ein interessanter Platz, weil in dieser Kurve die Strecke sehr weit abgesteckt ist und somit unterschiedliche Linien zulässt. Dazu kommt nun die Außenlinie, die man fahren muss, um die Kontaktschleifen für den Attack Mode zu erwischen. Je nachdem, wie die Schleifen in der weitläufigen Kurve platziert sind, kann der Zeitverlust durchaus erheblich werden bzw. ein Platzverlust wahrscheinlicher.
Mit dem Monaco ePrix hat sich das Bild in der Meisterschaftstabelle etwas verschoben bzw. umgedreht, denn der zuvor die Tabelle anführende Robin Frijns (Ausfall) sowie Antonio Felix da Costa (Disqualifikation) und Lucas di Grassi (Ausfall) blieben punktelos. Der borher zweitplatzierte Andre Lotterer, der eine starke – weil vor allem ziemlich konstante – Saison fährt, ist mit dem siebten Platz auf Meisterschaftsrang 2 vorgerückt. Doch ganz nach vorn gesprungen ist sein Teamkollege Jean-Eric Vergne, dem es als erstem Piloten gelungen ist, einen zweiten Lauf in dieser Saison zu gewinnen. Lotterer dagegen fehlt noch ein Sieg – für das Heimrennen in Berlin könnte man sich da eine schöne Story vorstellen.
Die beiden Piloten sind nur durch einen Punkt getrennt (87:86) – vor allem aber fahren sie wie im Vorjahr für dasselbe Team: DS Techeetah. Deren Leistung ist tatsächlich bemerkenswert. Die aus China finanzierte, aber von Ex-F1-Mann Mark Preston (Arrows, McLaren, Super Aguri) geführte Mannschaft hat sich schon in den ersten beiden Jahren nach dem Einstieg als „Kundenteam“ mehr als nur etabliert: Platz 5 im ersten Jahr und Platz 2 im zweiten, mit Vergne als Fahrer-Champion. Das Renault-Werksteam e.dams mit baugleichen Motoren hat man schon im zweiten Jahr geschlagen. Und mit Werksmotoren von DS läuft es nun sogar noch besser. Das spricht für eine starke und anpassungsfähige Teamstruktur. Am nächsten dran sind in der Teamwertung die zwei Audi-motorisierten Teams, wobei hier das Kundenteam (und Ex-DS-Werksteam) Virgin knapp vorn liegt.
Im Vorjahr resultierte der Berlin ePrix in einem Doppelsieg des Audi Sport Abt Schaeffler-Teams (Abt vor di Grassi), gefolgt von Vergne, im Jahr davor – als es zwei Rennen gab – war Mahindra sehr stark auf diesem Kurs. Nun kommen alle mit dem neuen Gen2-Auto dort an, alte Setup-Daten bringen da wahrscheinlich wenig. Aber Daniel Abt und Jerome d’Ambrosio haben den Vorteil, dass sie erst in der zweiten Quali-Gruppe antreten müssen, wenn die Strecke schon etwas sauber gefahren ist. Der ohnehin qualifikationsstarke Pascal Wehrlein im zweiten Mahindra muss sogar erst in der dritten Gruppe auf die Bahn – auch ihn sollte man auf der Rechnung haben.
Das FE-Event in Berlin erstreckt sich über zwei Tage: die freien Trainings finden schon am Freitag statt, die Qualifikation am frühen Samstagmorgen (ab 08:30 Uhr bei Eurosport 1). Das Rennen startet nämlich schon um 13 Uhr am Samstag und wird – wie schon der Monaco ePrix – wieder live im Ersten übertragen. Diesmal ist aber auch Eurosport mit dem Hauptkanal live dabei, dort starten Vorberichte und Quali-Zusammenfassung ab 12:15 Uhr.
(Bilder: Formula E Media)