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IndyCar: Vorschau 103rd Indianapolis 500

von Rainer
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Endlich steht der prestigeträchtigste Motorsport-Sonntag des Jahres an. Nur die 24-Stunden von LeMans können noch mit dem Coca-Cola 600, dem Grand Prix von Monaco und den 500 Meilen von Indianapolis mithalten.

Die Formel-1, der NASCAR-Cup und die WEC, also die drei Serien, die hinter den Events stehen, haben aktuell mehr oder weniger große Probleme. Während Formel-1 und NASCAR „nur“ unter Zuschauerschwund, schlechtem Racing und zu hohen Kosten für die Teams leiden, implodiert die Spitzenklasse der WEC regelrecht. Das haben wir ja schon mehrfach in Artikeln und Podcasts angesprochen. Im Gegensatz dazu wächst die IndyCar-Series. Natürlich gibt es Teams, die sich nur mit Mühe über Wasser halten, beziehungsweise nach dem Indy 500 ihren Betrieb einstellen müssen, zum Beispiel Juncos Racing. Auf der anderen Seite wollen Teams, wie DragonSpeed, McLaren und Dreyer & Reinbold Racing ihr Engagement, unter anderem auf Kosten der WEC, ausbauen (Alles Stand vor der Qualifikation). Die 36 Meldungen sind ein Zeichen, dass die IndyCar-Series insgesamt auf einem guten Weg ist. Dies ist die längste Meldeliste, seit dem Ende des IR-5 2011.

Gerade weil die IndyCar-Series aktuell viel richtig macht, war der Fehler im neuen TV-Vertrag mit NBC hinsichtlich der Indy-500-Training umso unverständlicher. Die letzten Jahre wurden die freien Trainings alle über YouTube kostenfrei in die Welt gestreamt. NBC hat nun aber sein kostenpflichtiges und nur in Nordamerika verfügbare NBC-Gold-Streamingportal und dort die Trainings gezeigt. Der Rest der Welt schaute nun also in die dunkle Röhre und darf sich mit 60 Sekunden langen „Highlights-Videos“ begnügen. Das mit Abstand meist aufgerufene Video im IndyCar-Portal ist dabei der Unfall von Fernando Alonso am Mittwoch. Wer hätte denn vorher erwartet, dass die Leistung dieses fast unbekannten Spaniers irgendeinen außerhalb Nordamerikas interessieren würde? Sorry – IndyCar-Series, aber die NBC-Sports-Gold Exklusivität war eine miserable Entscheidung.

Strecke

Schon 1909 als der erste Indianapolis Motor Speedway eröffnet wurde, handelte es sich schon um ein 2,5 Meilen großes Oval. Auch einige Umbauten, wie zum Beispiel das Verlegen von Ziegelsteinen, die dem Oval den Namen Brickyard einbrachten, haben an der Grundkonfiguration nichts geändert. Die vier 90° Kurven mit einer Länge von jeweils 0,25 Meilen und einer Überhöhung von 9°12‘ werden durch zwei lange (0,625 Meilen) und zwei kurze Geraden (0,125 Meilen) verbunden. Das geringe Banking ist untypisch für ein US-Oval und sorgt für eine schwierige Abstimmung, da die IndyCar bei Durchschnittsgeschwindigkeiten von mehr als 220 mph (354 km/h) leicht nach außen rutschen. Eine Erhöhung des Abtriebs würde das verhindern, aber den Topspeed vermindern. Gerade in der Qualifikation ist es ein diffiziles Spiel die richtige Einstellung zu finden.

Training

Von Trainingsbeginn an zeigten die Penske-Chevrolets eine sehr gute Performance und auch die ECR-Chevrolets waren sehr schnell. Überraschend waren Colton Herta und Sebastien Bourdais die schnellsten Hondas am ersten Tag. Die sonst so schnellen Andrettis mussten sich dahinter einordnen. Am zweiten Tag kam auch Scott Dixon weiter vorne im Zeitentableau. Über die Woche stabilisierte sich dieses Bild und nach dem Fast-Freitag war klar, dass in der Qualifikation wohl Ed Carpenter Racing gegen Team Penske, um die ersten Startreihen fahren werden.

Fernando Alonso und McLaren Racing hatten, im Gegensatz zu 2017, einen schweren Stand. Es ist halt schon ein großer Unterschied, ob man auf die Arbeit von Andretti Autosport oder halt Carlin zurückgreifen kann. Erschwerend war natürlich der Unfall am Mittwoch, der auch noch den kompletten Donnerstag als Trainingszeit zunichtemachte. Es ist einfach unverständlich, dass eine Organisation wie McLaren Racing ohne einen schnell einsatzfähigen Ersatzwagen antreten kann. Das Ersatzchassis war noch beim Lackierer in Indianapolis, da bei Carlin in Florida zuerst ein falscher Orangenton verwendet wurde. Zum Vergleich dazu hat Schmidt Peterson Motorsport neben den vier Oval-Einsatzwagen auch noch die vier Rundkurswagen vom IndyCar Grand Prix vor Ort. Entsprechend konnte man so am Samstag innerhalb von zweieinhalb Stunden einen neuen Wagen für James Hinchcliffe aufbauen. Das war dann doch sehr amateurhaft vom sonst so professionellen Team aus Woking. So hat zum Vergleich Ben Hanley 252 Runden in den Trainings absolviert, Fernando Alonso hingegen nur 173 Runden.

Qualifikation Samstag

Das große Thema der Qualifikation war das Wetter. Für Sonntag war frühzeitig Regen angesagt und so war fraglich, ob überhaupt weitere Qualifikationsläufe würden ausgetragen werden können. Die IndyCar-Series machte aber früh klar, dass die Qualifikation der Plätze 31 bis 33, also das Bumping ins Feld, höchste Priorität hätte und im Notfall auch nach Sonntag noch ausgetragen werden würde. Die Fast-9 hingegen würden einfach gestrichen. Am Samstag schien die Sonne und es wehte ein teilweise sehr starker Wind. Durch den niedrigeren Sonnenstand und damit etwas kühlerer Strecke waren die ersten Qualifikationsnummern bevorteilt. Aber auch zum Ende der Session mit sinkender Sonne wurde die Strecke wieder schneller. Ein weiteres Problem für die Fahrer, die zwischen 12:30 und 16:00 Uhr ihren Lauf absolvieren mussten, war starker Rückenwind von Kurve 2 in Richtung Kurve 3. Mit einer starken Böe wurden die Wagen in Kurve 2 sehr unruhig.
Spencer Pigot ging mit seinem ECR-Chevrolet als zweiter Fahrer auf die Strecke und absolvierte seine erste fliegende Runde in 38,9948 Sekunden. Niemand sollte auf eine Runde schneller sein und auch sein Schnitt über alle vier Runden war mit 230,083 mph sehr schnell. Auch an dieser Marke sollten sich alle anderen Fahrer die Zähne ausbeißen. Will Power war mit 230,081 mph aber nur minimal langsamer. Auf vier Runden, 10 Meilen und einer Fahrzeit von über zweieinhalb Minuten trennten beide Fahrer nur 0,0011 Sekunden.

Hinter Will Power qualifizierten sich seine Teamkollegen Simon Pagenaud und Josef Newgarden für die Fast-9. Colton Herta absolvierte seinen ersten Versuch im schlechten Zeitfenster, war aber sehr gut unterwegs und platzierte sich vorerst auf Platz 8. Später verbesserte er sich noch einmal auf Platz 5 und war damit bester Honda-Pilot. Die insgesamt gute Performance von ECR belegen auch die Plätze 6 und 7 für Ed Jones und Ed Carpenter selbst. Mit Alexander Rossi und Sebastien Bourdais, der auch von einer sehr frühen Startzeit profitierte, komplettierten zwei weitere Honda-Fahrer die Fast-9. Marco Andretti und Conor Daly für Andretti Autosport, sowie Helio Castroneves für Team Penske verpassten die Qualifikation für die ersten drei Startreihen.

Das wirkliche Drama spielte sich aber natürlich im Kampf um Platz 30, der einen Start beim Rennen garantierte, ab. James Hinchcliffe verlor In Kurve 2 in seiner ersten schnellen Runde das Heck seines Wagens und schlug hart in die Safer-Barrier ein. Die Sicherheitssysteme des Dallaras verhinderten in Folge einen Überschlag. Er konnte mit Hilfe der Rettungscrew das Auto ohne größere Verletzungen verlassen. Das Team musste nun aber einen neuen Wagen aufbauen, was auch gelang. Nur war dieser ungetestet und entsprechend auch nicht auf dem Niveau der vier Einsatzwagen. Nach 2018 musste James Hinchcliffe also wieder um die Qualifikation zum Rennen zittern.

Seine Gegner waren in erster Linie Carlin, inklusive McLaren mit Fernando Alonso, Juncos Racing und Dreyer & Reinbold Racing. Auch Pippa Mann mit Clauson-Marshall Racing und Ben Hanley für DragenSpeed wurden nur geringe Chance auf eine Qualifikation eingeräumt. Beide Teams und auch Hanley verfügten über keine Ovalerfahrung und auch Mann ist jetzt nicht unbedingt sehr erfahren beziehungsweise sehr schnell.

Sowohl Ben Hanley als auch Pippa Mann hatten sehr solide erste Versuche und platzierten sich in den Top-30. Mit Graham Rahal, Felix Rosenqvist und JR Hildebrand lagen aber drei eigentlich schnelle Fahrer hinter ihnen und auch Fernando Alonso und James Hinchcliffe sollten das Potential für die Top-30 haben. Außerdem wurde die Strecke immer schneller. So verbesserten sich Rahal (Startplatz 17) und Hildebrand (Startplatz 22) später deutlich. Auch Rosenqvist zog, wenn auch nur knapp (Startplatz 29), an beiden vorbei. Ben Hanley war so einem weiteren Versuch gezwungen und zeigte eine großartige Leistung mit einem Schnitt von 227,482 mph. Er war damit schneller als Zach Veach und Felix Rosenqvist. Pippa Manns 227,244 mph reichten somit nur noch zu Platz 30. Das war also die Marke, die James Hinchcliffe, Fernando Alonso, Patricio O’Ward, Sage Karam, Max Chilton und Kyle Kaiser hätten erreichen müssen.

Keine Chance hatte Kyle Kaiser mit einem besten 4-Runden-Schnitt von 225,918 mph. Viel enger war es zwischen Patricio O’Ward, James Hinchcliffe, Sage Karam und Max Chilton. Am Ende trennten nur 0,131 mph die vier Piloten auf den Plätzen 32 bis 35. Schnellster war Fernando Alonso, der mit 227,224 mph aber trotzdem Pippa Manns Marke verpasste. Für diese Geschwindigkeit brauchte er fünf Versuche. Immerhin verbesserte er, beziehungsweise sein Auto, sich stetig. Wie im Vorjahr stand am Ende der Qualifikation eine Pippa Mann mit Tränen in den Augen in der Boxengasse. Diesmal waren es aber Tränen der Freude.

Qualifikation Sonntag

Der Samstag war nur das Intro, denn nun ging das Drama so richtig los. Fernando Alonso musste das freie Training der Slow-6 nach einer Runde abbrechen, weil sein Team dem Wagen viel zu wenig Bodenfreiheit gegönnt hatte. Der Fehler passierte in der Umrechnung von Inch in Zentimeter. Kyle Kaiser konnte gar nicht am Training teilnehmen, weil am Wagen noch gearbeitet wurde. Der Regen störte den weiteren geplanten Ablauf und alle mussten lange auf die Zeitenjagd warten. Als die Strecke dann endlich trocken war, hatte jeder Wagen nur einen Versuch über vier Runden, um sich für das Rennen zu qualifizieren.

Als erster ging James Hinchcliffe raus und legte 227,543 mph vor. Am Samstag hätte dies für Startplatz 26 gereicht. Max Chilton war mit 226,192 mph deutlich langsamer als Hinchcliffe und auch als er selbst am Samstag. Fernando Alonso platzierte sich nun mit 227,353 mph zwischen den beiden bisherigen Wagen. Der massive Umbau des Wagens hatte sich zumindest in dem Punkt gelohnt, dass der McLaren nun 0,129 mph schneller als am Samstag war. Sage Karam aber pulverisierte regelrecht die Zeit von Hinchcliffe mit 227,740 mph. Nun mussten Patricio O‘Ward und Kyle Kaiser langsamer als Alonso sein, damit dieser am Indy 500 hätte teilnehmen dürfen. O’Ward tat ihm mit 227,092 mph, im Ersatzwagen von Max Chilton, den Gefallen. Als letzter Fahrer ging Kyle Kaiser, ohne eine Runde im Training nach umfangreichen Umbaumaßnahmen am Wagen, für das sehr kleine, 45 Mitarbeiter für IndyCar-Series, Indy-Lights and Pro-Mazda-Championship-series, und chronisch unterfinanzierte Juncos Racing Team auf die Strecke. Wie im Traum (Albtraum für gewisse Britten und Spanier) spulte Kaiser seine vier Runden ab und war mit 227,372 mph ein Wimpernschlag schneller als Fernando Alonso. Die Sensation war perfekt und entsprechende Bilder von Junco Racing und McLaren gingen um die Welt.

 

Fast-9

Im Vergleich zur restlichen Qualifikation waren die Fast-9 eher unspektakulär. Ed Carpenter Racing bestätigte seine Stärke und belegte mit dem Teamchef selbst, Ed Jones und Spencer Pigot die Startplätze 2 bis 4. Team Penske hingegen schwächelte ein wenig. Will Power und Josef Newgarden gehen nur von den Plätzen 6 und 8 ins Rennen. Die Ehre des Teams rettete Simon Pagenaud und stellte seinen gelben Menard Chevrolet auf die Pole Position. Der Mai verläuft bisher ziemlich perfekt für den Franzosen. Bester Honda-Pilot war wieder Colton Herta auf Platz 5, gefolgt von Sebastien Bourdais auf Platz 7. Alexander Rossi kam deutlich nicht an seine Geschwindigkeit vom Samstag heran und war langsamster Fahrer der Fast-9.

Nach zwei Tagen aufregender Qualifikation gehen die Fahrer in dieser Aufstellung ins Rennen. Auf der Homepage der IndyCar-Series findet man noch weitere nützliche Dokumente wie einen Spotterguide oder die Übersicht über die Boxengasse.

Favoriten

Die Frage nach den Favoriten ist in diesem Jahr schwer zu beantworten. Im Qualifikations-Trimm und ohne Windschatten waren die Chevrolets von Ed Carpenter Racing und Team Penske nicht zu gefährden. Im Vorjahr gewann übrigens Will Power vor Ed Carpenter. Die besten Runden fuhren in den Trainings aber die Andretti-Hondas von Conor Daly und Marco Andretti im Draft. Noch relativ unauffällig war bisher Scott Dixon unterwegs. Über 500 Meilen, mit eventuell Benzinsparen und Reifenschonen, ist natürlich der amtierende Meister ein heißer Kandidat.

Colton Herta ist ein wenig so etwas wie ein Joker. Zum einen fehlt im komplett die Erfahrung eines 500-Meilen-Rennens und gerade die ist in Indianapolis wichtig. Auf der anderen Seite war er die ganze Zeit über schnell, hat schon ein IndyCar-Rennen in diesem Jahr gewonnen und in den letzten Jahren gab es doch einige Rookies mit Topplatzierungen: Carlos Munoz (2014, Platz 4), Alexander Rossi (2016, Platz 1) und Ed Jones (2017, Platz 3). Es wäre keine große Überraschung, wenn Colton Herta diese Liste fortführt.

Zeitplan (local time, MEZ)

Freitag, 25. Mai

11:00 a.m. – 12:30 p.m. (17:00 – 18:30) – NTT Data IndyCar Series Practice
1:00 – 2:00 p.m. (18:00 – 19:00) – Indy Lights Race – Freedom 100
2:00 – 3:30 p.m. (20:00 – 21:30) – NTT Data IndyCar Series – Pit Stop Competition

Sonntag, 27. Mai

9:00 a.m. – 11:00 a.m. (15:00 – 17:00) – NBCSN Pre-Race-Show
11:00 a.m. (17:00) – Übertragungsbeginn NBC (DAZN ab 18:45)
12:00 a.m. (18:00) – Driver Introductions
12:38 p.m. (18:38) – Command to Start Engines
12:45 p.m. (18:45) – 103rd Running of the Indianapolis 500 (200 laps)

Auch am nächsten Wochenende könnte das Wetter eine größere Rolle spielen. Mit Regen ist zwar weniger (< 15 % Regenwahrscheinlichkeit) zu rechnen, aber es wird wieder wärmer. Die Sonne soll aber hinter Wolken, aus den es eventuell auch am Mittag leicht Regen kann, verborgen sein. Eine Lücke in der Wolkendecke würde dann aber die Streckenbedingungen schlagartig ändern.

(c) Photos: IndyCar Media; Chris Jones, Christopher Owens, Michael Harding, Doug Mathews, Karl Zemlin, Joe Skibinski, Walt Kuhn

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