Jean-Eric Vergne hat den Bern EPrix gewonnen und damit die Tür zur Meisterschaft vor den letzten beiden Rennen in New York weit aufgestoßen.
Die Ausgangslage hätte für die beiden Meisterschaftsführenden nicht unterschiedlicher sein können. Während sich Jean-Eric Vergne im Qualifying die Pole Position gesichert hatte, musste Lucas Di Grassi vom 19. Startplatz aus ins Rennen gehen. Dabei hatten beide Piloten die gleiche Ausgangssituation. Beide mussten ihre Zeit in der ersten Qualifiying Gruppe setzen, aus der es traditionell sehr schwierig ist in den Super-Pole Shootout einzuziehen. JEV vollbrachte dieses Kunststück und qualifizierte sich als einziger Fahrer der Gruppe 1 für die Super-Pole. Dort zeigte er eine zweite geniale Runde und holte sich P1 mit drei Zehntel Abstand. Mitch Evans und Sebastian Buemi folgten vor den beiden Deutschen Pascal Wehrlein und Maxi Günther. Gerade Günther bewies erneut, dass er aus den hinteren Qualifying Gruppen durchaus die Pace besitzt, um in die Super-Pole einzuziehen. Mit Daniel Abt und Andre Lotterer starteten die nächsten beiden Deutschen auf den Rängen sieben und acht. Di Grassi und der Meisterschaftsvierte Antonio Felix Da Costa hatten von der Startplätzen 19 und 20 eine schwierige Aufgabe vor sich.
Beim Rennstart kam es zu einem für die fünfte Saison fast schon typischen Bild. Nach nicht einmal einer Minute wurde das Rennen mit einer roten Flagge unterbrochen. Nur die ersten drei Fahrzeuge hatten es durch die enge Schikane geschafft. Dahinter kollidierten Günther und Wehrlein und verstopften die Strecke für die anderen Autos. Einige Fahrzeuge des hinteren Feldes konnten die blockierte Schikane umfahren und viele Positionen gut machen. Di Grassi und Da Costa nutzten unter anderem diese Möglichkeit. Neben dem Crash von Wehrlein und Günther wurde zudem Robin Frijns von hinten getroffen, in die Mauer gedreht und musste das Rennen beenden. Die übrigen Fahrzeuge sollten sich in der Boxengasse sammeln, um das Chaos zu sortieren. Wie schon häufiger in dieser Saison dauerte es sehr lange bis der Restart eingeleitet werden konnte. Nach fast 45 Minuten sollte es hinter dem Safety Car erneut losgehen. Zum großen Ärger von di Grassi, da Costa und Co. hatte die Rennleitung entschieden, dass alle Autos in der ursprünglichen Startreihenfolge in den Neustart gehen sollten. Bitter für die wenigen Autos, die dem Startunfall ausweichen konnten, und glücklich für Wehrlein, Günther und Lotterer, die ihre Boliden in der Boxengasse reparieren lassen konnten und ihre guten Startpositionen behalten durften.
Beim fliegenden Start ging diesmal alles glatt. Evans machte direkt viel Druck auf Vergne, aber dieser verteidigte sich sehr routiniert und clever. Die Strecke in Bern war auch wieder relativ eng dimensioniert, was das Überholen nicht gerade leicht machte. In der Anfangsphase des Rennens geschah so wenig Nennenswertes. Im hinteren Feld gab es ein paar Positionsveränderungen, die di Grassi weiter nach vorne brachten. Nach 15 Minuten schnappte sich Sam Bird mithilfe des Attack Modes (2×4 Minuten) in einem spektakulären Manöver den Dragon von Günther und Platz fünf. Wenige Minuten später ereilte Pascal Wehrlein auf Position vier liegend ein Defekt und er musste das Auto abstellen. Das hatte eine kurze Full Course Yellow Phase zur Folge. Mit 20 Minuten Restzeit ging es im Renntempo weiter. Die Fahrer aus der Spitzengruppe waren teilweise alle im Attack Mode unterwegs. Evans konnte aber weiterhin nicht an Vergne vorbei gehen. Dafür holte sich Andre Lotterer innerhalb von zwei Minuten zwei Positionen von Abt und Günther. In den letzten fünf Minuten des Rennens machte der Deutsche auch großen Druck auf der Vierplatzierten Sam Bird. Dieser verbremste sich tatsächlich wenig später und Lotterer konnte innen vorbeigehen. Kurz vor Rennende setzte dann der Regen ein. Die Strecke war an manchen Stellen sehr nass und an anderen nahezu komplett trocken. Trotz dieser schwierigen Umstände brachten alle Piloten ihre Fahrzeuge unbeschadet durch die letzten Kurven.
Jean-Eric Vergne gewann sein drittes Saisonrennen vor Mitch Evans und Sebastian Buemi, der bei seinem Heim-EPrix aufs Podium fahren konnte. Gegen Andre Lotterer wurde nachträglich eine Durchfahrtsstrafe ausgesprochen, da er die Boxengasse bei roter Ampel verlassen hatte. Er fiel damit nach einer tollen Aufholjagd wieder aus den Punkten. Maxi Günther und Daniel Abt erbten die Plätze fünf und sechs. Di Grassi konnte das Rennen trotz einiger Überholmanöver nur auf dem neunten Rang beenden. Dadurch hat sich JEV in der Meisterschaft ein ordentliches Punktepolster aufgebaut. Mit 130 Punkten liegt er 32 Punkte vor Lucas di Grassi (98). Evans (87) und Lotterer (86) haben eigentlich nur noch theoretische Chancen auf die Meisterschaft. Auch in der Teamwertung hat DS Techeetah einen ordentlichen Vorsprung. Mit 216 zu 173 Punkten führen sie das Feld vor Audi an. Nach einer äußerst unvorhersehbaren Saison scheint sich nun das beste Team durchzusetzen. Das Saisonfinale steigt am 13. und 14. Juli in New York.
(Bilder: Formula E Media)