Nur eine Woche nach Spa geht es auf die schnellste Strecke im Rennkalender. Die Ausgangslage ist dabei klar.
Nach dem ersten und überfälligen Sieg eines Ferrari in dieser Saison, dürften die Tifosi in Monza hoch motiviert sein. Ein Ferrari Sieg in Monza – das wäre eine schöne Wiedergutmachung für eine mehr als verkorkste Saison. Der letzte Ferrari Sieg in Monza stammt aus dem Jahr 2010 (Alonso), der letzte Doppelsieg liegt sogar 15 Jahren zurück (2004, Barrichello vor Schumacher). Es wäre also durchaus mal wieder an der Zeit, vor allem, nachdem Mercedes die Italiener in den letzten fünf Jahren regelmäßig gedemütigt hat.
Die Chancen für einen Sieg der Roten stehen auch gar nicht so schlecht. Wie man in Spa gesehen hat, geht der Ferrari auf den Geraden und in den schnellen Passagen richtig gut. Allerdings war das im letzten Jahr ähnlich. Auch da gewann Ferrari in Spa und dies sogar noch eindeutiger, als in der vergangenen Woche. Ferrari holte sich 2018 die erste Startreihe und doch konnte Mercedes den Sieg am Ende sichern. Das lag auch an dem Fehler von Vettel in der zweiten Schikane und daran, dass sich Ferrari im letzten Jahr mit der Reifenwahl vertan hatte. Doch entscheidend war auch, dass die Mercedes im Renntrim deutlich besser waren, als in der Quali.
Dieses Phänomen konnte man auch am letzten Wochenende beobachten. Hamilton war in der zweiten Rennhälfte etwas besser als Leclerc und konnte diesen unter Druck setzen. Es ist zu erwarten, dass auch in Monza die Mercedes im Rennen deutlich näher an Ferrari dran sein werden, als man das nach der Quali vielleicht erwarten würde. Ebenfalls für Mercedes spricht die Tatsache, dass es am Wochenende nicht besonders warm wird. Maximal 22 Grad stehen in der Vorhersage und am Sonntagvormittag soll es sogar regnen. Da der Mercedes einen kühleren Asphalt bevorzugt und der Ferrari bei niedrigen Asphalttemperaturen eher dazu neigt, die Pirelli schneller zu verschleißen, wird es in Monza also eng werden.
Dennoch sehe ich am Ende leichte Vorteile für die Ferrari. Entweder kann sich Vettel zurück in die Herzen der Italiener fahren oder sie finden mit Leclerc einen neuen Liebling. Da ist man in Italien ja durchaus flexibel. Ein Sieg für Ferrari wäre aber nicht nur für die Italiener wichtig, es würde auch Mercedes zumindest ein bisschen mehr unter Druck setzen. Red Bull wird an diesem Wochenende eher nicht mit Spiel sein, das Auto funktioniert auf den Hochgeschwindigkeitskursen nicht besonders gut. Das liegt mittlerweile weniger an Honda, denn mehr am Konzept des Autos. Interessant wird aber zu beobachten sein, wie das zweite Wochenende von Albon ablaufen wird.
Die Überraschung in Spa war nicht das gute Rennen von McLaren und Lando Norris. Es war vielmehr das sehr starke Auftreten von Racing Point. Die überraschten die Konkurrenz mit einem praktisch neuen Auto. Neue Nase, komplett neue Luftführung an den Seiten, neue Seitenkästen, neue Motorabdeckung, neuer Unterboden. Die Operation scheint zumindest auf den schnellen Strecken gelungen, denn beide Fahrer schafften es am Ende in die Punkte. Dementsprechend dürfte die kanadisch-britische Mannschaft auch in Monza endlich wieder weiter vorne sein.
Die Favoriten für den „best of the rest“ bleiben aber die McLaren, die auf den langen Geraden gut gehen. Dahinter lässt sich aber schwerlich sagen, wer vorne liegt. Alfa, Renault, Racing Point, Toro Rosso, Haas und Williams könnte eine Reihenfolge sein, die man in Monza sehen kann.
Aus der Silly Season gibt es wenig zu vermelden. Gesichert sind die Plätze bei Mercedes, Ferrari, McLaren, Racing Point, Toro Rosso und Renault. Offene Plätze gibt es bei Red Bull (wobei Albon die erste Wahl ist), Alfa, Haas und Williams. Bei Alfa deutet vieles darauf hin, dass man Giovinazzi trotz dessen eher schwacher Saison behalten wird. Bei Haas ist Magnussen sicher, als Teamkollege ist Nico Hülkenberg im Gespräch. Williams wird Russell halten, aber Kubica dürfte durch Latifi ersetzt werden.
Strategie:
C2, C3 und C4 fährt Pirelli in Monza auf und damit die Mischungen, die man in diesem Jahr dauernd fährt. Die Datenlage ist somit gut, Überraschungen eher ausgeschlossen. Daher ist es keine Überraschung, dass man bei den Teams relativ viele C3 findet. Das dürfte der Reifen des Rennens werden. Interessant ist allerdings auch, dass sowohl Hamilton als auch Leclerc zwei Sätze der C2 geordert haben. Damit kommt man auf jeden Fall auch nach einem kurzen ersten Stint über die Distanz. Allerdings ist der Medium in Monza eigentlich die bessere Wahl, wenn man denn die Soft im ersten Stint möglichst lange drauf behalten kann.
Die Strategie ist kniffelig und durchaus leichter für das Team, dass auf P2 liegt. Vorne muss man den Undercut blocken, auf P2 kann man etwas entspannter sein. Daher ist es für Ferrari enorm wichtig, dass man beide Autos nach der ersten Runde auf den ersten beiden Plätzen hat. Man kann dann den zweitplatzierten als „Bremsklotz“ nehmen um die Mercedes in Schach zu halten. So hat man es auch in Spa gemacht. Will man aber den Doppelsieg, muss man ein höheres Risiko eingehen und die Strategie eben nicht splitten.
Im Mittelfeld wird es viel Bewegung geben, weil man von hinten mit dem C3 unterwegs sein wird. Das macht aus sehr viel Sinn, weil man damit mindestens die Hälfte der Distanz fahren kann. Ich würde aber nicht ausschließen, dass einige Team ein Auto auf eine Zwei-Stopp-Strategie setzen werden. Die ist in Monza nicht so schlecht, da man relativ wenig Zeit an der Box verliert und dank DRS auf der Strecke gut überholen kann.
Bilder: Ferrari, Daimler AG, McLaren, Pirelli