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BTCC: Knockhill 2019 – Doch noch ein Meisterschaftskampf

von Sebastian Focks
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Kurz vor Ende der diesjährigen BTCC Saison hat der Kampf um die Meisterschaft noch mal richtig Fahrt aufgenommen. Mit komfortablen 30 Punkten Vorsprung auf Teamkollege Andrew Jordan und 34 auf Honda-Pilot Dan Cammish war Colin Turkington nach Knockhill gereist; mit gerade einmal zehn bzw. elf Punkten Vorsprung vor den beiden Kontrahenten verließ der Vorjahreschampion den Kurs nördlich von Edinburgh. Die Rennsiege am vergangenen Sonntag holten sich Lokalmatador Rory Butcher, Andrew Jordan und Jake Hill.

Bevor der offene Meisterschaftskampf die bestimmende Story des Rennsonntags werden sollte, war es zunächst Rory Butcher, der für Schlagzeilen sorgte. Der AmD Tuning-Pilot, der in dieser Saison bereits mehrfach für Überraschungen gesorgt hat und hauptberuflich zusammen mit Schwager Gordon Shedden in das Management des Knockhill-Circuits involviert ist, gab auf der Rennstrecke am Rande der schottischen Highlands zunächst klar den Ton an, sicherte sich die Bestzeiten in den beiden freien Trainings und schließlich auch die Pole Position für den ersten Lauf. Dabei stellte Butcher standesgemäß auch noch einen neuen Rundenrekord auf.

Den zweiten Startplatz holte sich Dan Cammish im Werks-Honda, während sich Colin Turkington und Andrew Jordan, die mit den heckgetriebenen BMWs eigentlich als klare Favoriten auf dem engen Kurs galten, mit den Startplätzen drei (Jordan) und sechs (Turkington) begnügen mussten. Dazwischen platzierten sich etwas überraschend Tom Chilton im Motorbase-Ford und Senna Proctor im BMR-Subaru, der damit sein bislang bestes Quali-Resultat in dieser Saison hinlegte und erstmals am gesamten Rennwochenende besser unterwegs war, als Teamkollege Ash Sutton.

Lauf 1

Vor dem Start zum ersten Lauf war klar, dass Rory Butcher den Sieg auf seiner Heimstrecke unbedingt einfahren wollte. Gleichzeitig war klar, dass sowohl Jordan als auch Cammish jeden Punkt brauchen würden, um in Sachen Meisterschaft noch eine Chance gegen den enteilten Turkington zu haben. Beim Start hatte sich Jordan zunächst an Cammish vorbeigearbeitet und setze sogleich Butcher unter Druck. Fast das gesamte Rennen über hinweg hing der lilafarbene Pirtek-BMW an der Stoßstange von Butchers Honda und probierte einen Weg vorbei zu finden. Cammish, der als einziger Fahrer aus der Spitzengruppe das Rennen auf dem härteren Optionsreifen gefahren war, konnte das Tempo an der Spitze derweil nicht mitgehen und musste sich nach hinten gegen Turkington verteidigen.

Als in den letzten Runden Butchers Reifen allmählich nachließen, erhöhte Jordan noch einmal die Schlagzahl und schaffte es dann auch pünktlich zu Beginn der letzten Runde mit einem besseren Exit aus der Hairpin heraus, auf der Start-Ziel-Geraden am Honda vorbeizugehen. Die schottischen Fans rund um die Strecke ließen schon den Kopf hängen, als Jordan nur Sekunden später den Bremspunkt in die erste Kurve verpasste und Butcher wieder in Führung ging. Die verbleibenden knapp zwei Kilometer reichten Jordan nicht für eine weitere Attacke und so erfüllte Butcher sich seinen Traum von einem BTCC-Sieg auf seiner Heimstrecke, der zugleich der schon dritte Saisonerfolg des AmD-Tuning-Piloten ist.

Jordan und Cammish schafften es mit Platz zwei und drei immerhin, ein paar Zähler auf Colin Turkington, der Vierter wurde, gut zu machen. Hinter Turkington holte sich Senna Proctor mit Platz fünf sein bestes Saison-Resultat. Chris Smiley wurde in einem sauberen Rennen Sechster, gefolgt von Tom Chilton, der wenige Runden vor Schluss einige Positionen durch eine missglückte Attacke auf Turkington eingebüßt hatte. Tom Ingram, Adam Morgan und Jake Hill komplettierten die Top Ten. Knapp dahinter querte mit Aiden Moffat, der zweite schottische Lokalmatador die die Ziellinie auf Platz elf. Für Moffat bedeutet dies nicht nur ein gutes Resultat vor heimischem Publikum, sondern zugleich auch die ersten Punkte im Infiniti, den das familieneigene Team seit den Rennen in Snettterton anstelle der zuvor eingesetzten Mercedes A-Klasse an den Start bringt.

Nullnummern legten derweil Ash Sutton und Matt Neal hin, nachdem beide bei einem missglückten Überholversuch Suttons aneinander geraten waren. Eine Nullnummer hab es leider ebenfalls für Mike Bushell, der den aus privaten Gründen aussetzenden Sam Tordoff im zweiten AmD Tuning-Honda ersetzte. Bushell, der in dieser Saison eigentlich als Renningenieur für Rory Butcher arbeitet, kam mit dem Einsatz aber immerhin in den kuriosen Genuss, das Schwesterfahrzeug von dem Auto, das er als Ingenieur betreut, höchst selbst unter Rennbedingungen zu testen.

Lauf 2

Im zweiten Lauf ließ Andrew Jordan dann nichts anbrennen, schnappte sich dank Heckantrieb Rory Butcher bereits beim Start und holte sich – einmal in Führung liegend – souverän seinen sechsten Saisonsieg. Rory Butcher, zunächst auf Rang zwei liegend, sollte dann auch in diesem Rennen wieder eine besondere Rolle spielen, wenn auch keine so glamouröse wie im ersten Lauf. Butcher hatte für diesen Lauf die härteren und langsameren Optionsreifen aufgezogen und geriet schnell unter Druck vom hinter ihm fahrenden weichbereiften Dan Cammish, der wiederum auch noch Colin Turkington im Schlepptau hatte.

Zum Ende der sechsten Runde schaffte es Cammish dann ausgangs der Hairpin an Butcher vorbeizugehen und auch Colin Turkington fand einen Weg am Honda vorbei. Butcher wollte sich aber nicht so recht geschlagen geben und setzte sich beim Anbremsen von Scotsman Corner mit einem späten Manöver innen neben den BMW … und schickte diesen sogleich in einen Dreher in Richtung Kiesbett. Colin Turkington, auch in dieser Situation unaufgeregt wie eh und je, vollzog ein sauberes Drei-Züge-Wendemanöver im Kies und setzte die Fahrt fort, sah die Zielflagge aber nur außerhalb der Punkteränge auf Platz 19.

Für Jordan und Cammish an der Spitze war diese Situation natürlich ideal. Während beide sich mit dem Sieg bzw. Platz Zwei die volle Punkteausbeute sicherten, holte Turkington erstmals seit dem Saisonauftakt keine Punkte in einem Rennen und schlagartig war der Vorsprung in der Meisterschaft auf wenige Zähler zusammengeschrumpft. Rory Butcher konnte das Rennen nach der missglückten Attacke auf Turkington immerhin noch als Dritter beenden, bekam aber eine Strafe von fünf Startplätzen für den dritten Lauf aufgebrummt.

Hinter den Podiumsplätzen verbesserte Senna Proctor mit Rang Vier seine beste Saisonleistung aus dem ersten Lauf. Die weiteren Positionen belegten Tom Chilton, Tom Ingram, Adam Morgan, Jason Plato, Josh Cook und Jake Hill, während Aiden Moffat mit Rang 13 ein weitere Mal Punkte im Infiniti holte.

Lauf 3

Für den dritten und letzten Lauf des Tages hatte Andrew Jordan beste Chancen, die Führung in der Meisterschaft zu überheben. Dazu hätte es gereicht, nur fünf Punkte mehr als der von Platz 19 startende Colin Turkington zu holen und zugleich Dan Cammish nicht zu weit enteilen zu lassen – bzw. noch besser: den Honda ebenfalls hinter sich zu lassen. Aber wie nah Glück und Unglück beieinander liegen, lernte Jordan noch im Verlauf der ersten Runde kennen. Zunächst geriet er mit Matt Simpson aneinander, wodurch der Honda von der Strecke kreiselte, während die Situation für Jordan noch glimpflich ausging. Nur wenige Meter später, drehte sich dann allerdings Senna Proctor ausgangs der Schikane quer durchs Feld und während alle Piloten dem kreiselnden Subaru ausweichen konnten, musste Jordan einen Haken in Richtung Wiese schlagen, kollidierte dann dort trotzdem noch mit Proctor, drehte sich und landete anschließend im Kiesbett.

Das Rennen war damit für Jordan beendet, was Colin Turkington dazu nutze, den Puffer in der Meisterschaft gegenüber seinem Teamkollegen wieder etwas größer werden zu lassen. Zwar startete der amtierende Champion außerhalb der Punkteränge, schaffte es aber im Rennen mit dem komplett gewichtsbefreiten Auto, einige Positionen gut zu machen und am Ende Zehnter zu werden. Dan Cammish schaffte derweil mit Platz sechs die beste Punkteausbeute der drei Meisterschaftsfavoriten und damit den Lückenschluss zu den beiden BMW-Piloten.

An der Spitze hatte der dritte Lauf unterdessen den nächsten Debütsieger der diesjährigen BTCC-Saison erlebt. Jake Hill erhielt, wie schon vor einigen Wochen beim dritten Lauf in Oulton Park, die Pole Position. Beim Rennen im Juni hatte der Audi-Pilot damals die Ziellinie zwar anschließend als Erster gekreuzt, wurde aber nach dem Rennen bestraft, weil er zurvor Matt Neal abgeschossen hatte. Dieses Mal behielt Hill aber eine saubere Weste, behielt die Führung von der ersten bis zur letzten Runde und ließ sich auch vom dauerhaft in seinem Rückspiegel lauernden Josh Cook nicht aus der Ruhe bringen. Der Sieg für Hill bedeutet zugleich ein fantastisches Wochenende für die AmD Tuning-Truppe, die mit dem Sieg von Butcher im ersten Lauf und dem Sieg von Hill im dritten Lauf sowohl mit dem Haupt-Team als auch dem Satelliten-Team je einen Erfolg feiern konnte.

Josh Cooks Rennwochenende, das mit Startplatz 20 eher mäßig begonnen hatte, fand mit Platz zwei einen versöhnlichen Abschluss und Adam Morgan untermauerte mit Rang drei seine seit der Saisonhalbzeit nach oben zeigende Formkurve. Im Rennen hatte sich Morgan sehenswert am bis dato auf dem dritten Platz liegenden Jason Plato vorbeigearbeitet, der aber mit den härteren Reifen Mühe hatte, die Pace an der Spitze mitzugehen.

Knapp am Podium vorbei schrammte Cooks Teamkollege Chris Smiley auf Position vier gefolgt von Tom Ingram, Dan Cammish, Tom Chilton, dem zurückgefallenen Jason Plato sowie Aiden Moffat, der es dieses Mal sogar in die Top Ten schaffte. Rory Butcher beendete den dritten Lauf nach seiner Startplatzstrafe nur auf Platz 14 hinter Colin Turkington, Matt Neal, Ash Sutton und Tom Oliphant.

Meisterschaft & Ausblick

Trotz Andrew Jordans Ausfall im dritten Lauf ist es nach den Rennen in Knockhill höchst spannend im Kampf um die Meisterschaft. Gerade einmal zehn Punkte trennen die beiden WSR-Teamkollegen bei noch sechs ausstehenden Rennen. Für Jordan ist die Möglichkeit, in diesem Jahr um die Meisterschaft kämpfen zu können von besonders großer Bedeutung, da sein langjähriger Sponsor ihn Ende der Saison verlassen wird und derzeit noch ist völlig offen, wie und ob es für den Meister des Jahres 2013 in der kommenden Saison weitergeht. Der Platz bei WSR wird derzeit komplett über die im kommenden Jahr weggefallenen Sponsor-Gelder finanziert und ob WSR gewillt ist, ein weiteres Auto aus eigener Tasche zu finanzieren ist eher unwahrscheinlich. Ein Meistertitel wäre in dieser Situation aber natürlich eine perfekte Bewerbung für einen Platz in einem Top-Auto im nächsten Jahr.

Und nicht nur BMW-intern ist der Meisterschaftskampf nun völlig offen. Still und heimlich hat sich Dan Cammish seit den Rennen in Thruxton an die beiden dominierenden BMW-Piloten herangearbeitet und liegt nach drei sauberen Punkteplatzierungen in Knockhill mit gerade einmal elf Zählern Rückstand auf Meisterschaftsrang drei. Cammish könnte also durchaus als großer Gewinner herauskommen, sollten sich Turkington und Jordan zu sehr miteinander in Sachen Meisterschaft beschäftigen. Auf den weiteren Positionen in der Meisterschaft liegen mit Außenseiterchancen auf den Titel Josh Cook (30 Punkte Rückstand) und Rory Butcher (41 Punkte Rückstand).

Cook und Butcher kämpfen parallel auch um den Titel in der Independent-Wertung, in der beide gerade einmal ein Punkt voneinander getrennt sind. In der Teamwertung behält das Honda Werksteam Dynamics, die schon in Thruxton errungene Meisterschaftsführung gegenüber dem BMW-Werksteam WSR. Rang drei belegt weiterhin das Überraschungsteam der diesjährigen Saison AmD Tuning. Die kompletten Meisterschaftsstände sowie die einzelnen Resultate der drei Läufe aus Knockhill können wie üblich auf der Website von TSL Timing noch mal nachgelesen werden.

Die BTCC macht bereits am übernächsten Wochenende Halt für ihre vorletzte Saisonstation. Auf dem National Circuit von Silverstone stehen dann die Saisonläufe 25, 26 und 27 auf dem Programm. Im Vorjahr gewannen Tom Ingram, Sam Tordoff und Aiden Moffat hier jeweils einen Lauf.

Bilder: btcc.net

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BTCC Silverstone 2019: Schlitterpartie – Racingblog 5 Oktober, 2019 - 15:00

[…] die Rennen in Knockhill nicht gerade nach Plan verliefen, war Colin Turkington mit gerade einmal 10 Punkten Vorsprung auf […]

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