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Formel Eins: Analyse GP von Russland 2019

von Chaos
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Lewis Hamilton siegte am Ende in Russland vor seinem Teamkollegen Bottas. Das Rennen erzählt hauptsächlich die Geschichte von einem (teils unverschuldet) verlorenen Doppelsieg des Ferrariteams.

Beim Start zog Vettel an Leclerc und Hamilton vorbei. Es war dabei auffällig, dass Leclerc seine Position kaum verteidigte und Vettel innen die Tür weit offen ließ, wodurch dieser die Führung übernehmen konnte. Hamilton wurde fast noch von Sainz geschnappt, konnte sich den Angriffen des Spaniers aber gerade noch so erwehren.

Nach 4 Kurven gab es auch schon die erste SC-Phase des Rennens. Giovinazzi fand sich unfreiwillig zwischen den Fahrzeugen von Ricciardo (innen) und Grosjean (außen) vor einer Rechtskurve wieder und schaffte es (oder wollte) nicht  genug verzögern, so dass er beide abschoss. Grosjean machte daraufhin unliebsame Bekanntschaft mit der Tec-Pro-Barriere, während  Riccardo zwar noch weiter fahren konnte, das Auto aber wenige Runden später in der Box abstellte.

Nach dem Restart entspann sich ein spannender Funkverkehr zwischen der Ferrari Box und den beiden Fahrern. Vettel wurde aufgefordert Leclerc wieder vorbeizulassen, während Leclerc durchblicken lies, dass er ja Vettel beim Start absprachegemäß vorbeigelassen hätte. Schlitzohrig sagte Vettel man bräuchte doch mehr Platz auf Hamilton und „erkaufte“ sich so zwei Runden, in denen er Leclerc allerdings soweit davon zog, dass ein Positionstausch auf der Strecke nun nicht mehr wirklich in Betracht kam. Leclerc kommentierte das ganze Geschehen mit passiv aggressiven Funksprüchen.

Mir ist völlig unbegreiflich, wieso Ferrari hier überhaupt mit irgendwelchen teamtaktischen Erwägungen zu diesem frühen  Zeitpunkt ins Rennen eingreifen wollte. Man hätte die Fahrer auch einfach fahren lassen können. Dann hätte das ganze Drama was folgte und die Psychospiele unter den Fahrern weitgehend vermieden werden können. So hat man jetzt (noch) schlechtere Stimmung im Team und es wird sicherlich einige knackige interne Meetings zu der ganzen Geschichte geben.

In dieser Phase des Rennens war auffällig, dass die Mercedes auf gelben Reifen nicht mit den Ferrari auf roten Reifen mithalten konnten. Ferrari hatte zu diesem Zeitpunkt des Rennens alle Trümpfe in der Hand und eigentlich war nur die Frage, in welcher Reihenfolge die Ferrari’s in Ziel kommen würden. Die roten Reifen hielten etwas länger als erwartet, was den Ferrari ebenfalls entgegen kam und man entschied sich Leclerc durch einen Undercut wieder an Vettel vorbeizubringen.

Sollte es die Absprache tatsächlich in der obig dargestellten Weise gegeben haben, war der Undercut das Cleverste was man in der Situation machen konnte. Leclerc gewann so seine 4 Sekunden zurück und überholte Vettel, als dieser in der Box war. Leclerc und Vettel hatten nun die harten Reifen drauf. Mercedes hatte auf Grund des Starts auf den härteren Reifen bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht gestoppt.

An dieser Stelle hätte Ferrari das Rennen vermutlich sehr gerne für beendet erklärt. Kurz nach seinem Boxenstopp ging bei Vettel etwas am Hybridsystem kaputt und er musste das Auto abstellen, was zu einem VSC führte. Dies hatte armageddonhafte Wirkung für Leclerc, denn die Mercedes konnten nun fast ohne Zeitverlust stoppen, was ihn hinter Hamilton zurückfallen ließ. Bottas war zu diesem Zeitpunkt Dritter.

Das VSC war gerade für ein paar Sekunden zu Ende, da schlug Russel in die Tec-Pro ein, was zu einem weiteren SC führte. In diesem Moment traf Ferrari die Entscheidung, bei Leclerc wieder auf die roten Reifen zurück zu wechseln,  da man davon ausging, dass man mit diesen schneller als auf den gelben Reifen wäre. Dadurch gab man allerdings auch die zweite Position an Bottas ab und fiel auf Platz 3.

Das sollte sich am Ende als Fehlentscheidung herausstellen, mit der man zumindest den zweiten Platz abgab. Leclerc kam im Laufe des Rennens an Bottas nicht mehr vorbei, weil der Ferrari auf den roten Reifen schlichtweg nicht entscheidend schneller im Vergleich zu dem Mercedes auf der gleichen Bereifung war. Am Ende gewann dann Hamilton schlussendlich vor Bottas und bei Mercedes wusste man vermutlich selber nicht so genau, wie man zu der Ehre nun gekommen war.

Vierter wurde am Ende Verstappen, Fünfter sein Teamkollege Albon. Bei Verstappen ging einfach vom Speed her nicht mehr, außerdem musste er auf Grund der Verwendung eines neuen Motors vom 9. Platz aus starten während Albon ein starkes Rennen fuhr, nach dem er im ersten Teil des Qualfyings den RedBull zerlegt hatte und eine beeindruckende Aufholjagd hinlegte, welche jedoch auch durch die SC-Phasen begünstigt wurde. Insofern betrieb das RedBull-Team gelungene Schadensbegrenzung.

Die McLaren erreichten am Ende die respektablen Plätze 6 und 9. Dies ist an diesem Wochenende jedoch nur eine Randnotiz, denn McLaren gab bekannt, dass man ab dem Jahr 2021 wieder mit Mercedes-Motoren fahren würde.  Dies ist insbesondere deswegen interessant, da es ein weiterer leichter Hinweis darauf ist, dass Mercedes möglicherweise als Werksteam den Ausstieg aus der Formel 1 vorbereitet. Es gibt ansonsten eigentlich keinen vernünftigen Grund, ein anderes Werksteam mit Motoren zu versorgen.

Perez hatte ein solides Rennen auf Platz 7 während Stroll es nicht schaffte, den Racing Point in die Punkteränge zu bringen und schliesslich 11. wurde. Stroll hatte mal wieder kein gutes Wochenende und liegt auch in der Fahrerwertung deutlich hinter seinem Teamkollegen. Würde seinem Vater nicht ein Teil des Teams gehören, würden wir ihn wohl nächstes Jahr nicht mehr im Racing Point sehen.

Die Alfas hatten auch ein ganz mieses Wochenende. Neben Giovinazzi’s Bowlingaktion legte Raikönnnen einen Frühstart hin, welcher zu einer Strafe führte und man war allgemein einfach zu langsam. Eine realistische Chance auf Punkte bestand für die Truppe das ganze Wochenende nicht.

Die Teamkollegen der von Giovinazzi getroffenen Fahrer schafften es immerhin mit Magnussen auf 9 und Hulkenberg auf 10 ihren Teams noch jeweils ein Top 10 Ergebnis zu bescheren. Gar nicht gut lief das Wochenende für Toro Rosso. Kvyat ging in der Quali das Auto kaputt, effektiv reichte es für ihn nur für Platz 12, für Gasly sogar nur für Platz 14. Weiter gab man bekannt, dass man das Team im nächsten nach der Bekleidungsfirma des RedBull-Konzerns nennen wird.

Für Williams war es wie quasi jedes Wochenende mal wieder ein absolut desaströses Rennen. Russel versenkte den wannabe F1-Wagen ganz kurz nach Ende der angesprochenen VSC Phase für Vettels Ausfall in der Tec-Pro-Barriere.  Der Unfalll sah allerdings recht komisch aus, es ist sehr gut möglich, das am Williams etwas gebrochen ist. Daraufhin entschied man sich, dass man Kubica aus dem Rennen nehmen würde, was man gegenüber dem Polen allerdings so klar wohl nicht kommunizierte. Dieser wunderte sich jedenfalls , warum man ihn aus dem Rennen genommen hat und äußerte sein Unverständnis.

Nicht dass es besonders erwähnenswert wäre, aber Mercedes hat mit diesem Rennen natürlich einen weiteren großen Sprung Richtung Team-WM und Fahrer-WM gemacht. Weiter geht es in 2 Wochen in Suzuka.

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1 Kommentare

nona 30 September, 2019 - 17:52

Diese hochgradig alberne Ferrari-Absprachesituation gehört so zu den Dingen, die dafür sorgen, dass die F1 den geneigten Zuschauer mal wieder so richtig ankotzen kann. In Singapur war’s der absurde um etliche Sekunden verlangsamte Reifenschon-Bummelzug an der Spitze (Wer bitte will sowas sehen? Die besten Fahrer in den besten Autos in der besten Rennserie der Welt? Hallo?), hier diese komplett unnötig herbeigemanagten Streicheleinheiten für den teaminternen Nachwuchsquälgeist aus Monaco. Vettel hatte ja eigentlich sogar recht – es wäre mehr als klug gewesen, erstmal die Lücke auf die Mercedes zu vergrössern anstatt frühzeitig gewonnene Sekunden leichtfertig wieder wegzuschenken. Dass Ferrari sich dann sagt „wenn hier einer bestimmt wann wir welche Sekunden wegschenken, dann sind wir das“ und Vettel lieber auf den alten Reifen verhungern lässt, das ist schon bemerkenswert. Und das alles nur um Leclerc bei Laune zu halten und vorm Quängeln zu bewahren, anstatt die schnellen Fahrer einfach schnell fahren zu lassen (das soll im RennSPORT ja schonmal vorkommen, hab‘ ich gehört). Ferrari hat diese Saison (und letzte…) ja schon eine Menge strategische Böcke geschossen, aber das hier ist on top of it einfach nur richtig schlechtes Management und ein Zeichen von eklatant mangelnder Autorität. Schlecht nach innen, schlecht für die Aussenwirkung, schlecht rundrum.

(„wannabe F1-Wagen“… sehr schön.)

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