Nyck De Vries lässt am Schwarzen Meer nichts mehr anbrennen und bringt den Titel schon am Samstag nach Hause. Das Sonntagsrennen wird allerdings von Nobuharu Matsushitas Unfall überschattet.
Seit Saisonbeginn war bei ART Grand Prix viel Licht und Schatten. So auch auf dem Sochi Autodrome. Während De Vries am Samstag mit dem vierten Rennsieg den Titel im Stile eines wahren Champions nach Hause brachte. Am Sonntag erlangte hingegen Nikita Mazepin unrühmliche Aufmerksamkeit, weil er nach Kurve 2 einen schweren Unfall mit Nobuharu Matsushita verursachte.
De Vries vor Latifi
Im Training waren noch die beiden DAMS-Fahrer die dominante Kraft. Doch bereits die Qualifying-Sitzung stand ganz im Zeichen von Nyck De Vries. Damit war De Vries bei einem Rennsieg bereits sicher der neue Champion.
Beim Start ließ der Niederländer nichts anbrennen und auch in den ersten Rennrunden brachte er gleich etwas Abstand zwischen sich und Nicholas Latifi. Bereits zu dem Zeitpunkt war klar, dass er dieses Rennen nur mit der Strategie aus der Hand geben könnte. De Vries war auf den weichen Pneus ins Rennen gegangen. Diese lassen interessanterweise auf dem Kurs in Sotchi, der sonst für wenig Reifenverschleiß bekannt ist, schon nach wenigen Runden extrem nach. Wie schon im
letzten Jahr kamen so die Piloten, die auf der alternativen Strategie unterwegs waren und mit dem Medium-Reifen starteten, flott an die Spitze. Luca Ghiotto (Starplatz 4) löste De Vries nach wenigen Runden als Führender ab und war in Runde 6 schon einahe fünf Sekunden voran. Mick Schumacher und Nikita Mazepin waren auch auf der alternativen Strategie unterwegs und gelangten bis auf die Plätze 3 und 4 nach vorne.
Auch nachdem die Fahrer mit den weichen Reifen an die Box abgebogen waren, blieb De Vries klar vor Latifi. Der größte Profiteur dieser Boxenphase war Louis Deletraz, der auf Rang 3 ging, während Guanyzu Zhou massiv an Zeit verlor. Callum Ilott fiel nach einem dritten Platz im Qualifying wieder einmal seinem schlechten Reifenmanagement zum Opfer und spielte im weiteren Rennverlauf keine Rolle mehr. Ebenso wie übrigens Mick Schumacher, der sich in Runde 7 und 8 einen Fight mit Nikita Mazepin lieferte. Von seinem Wagen stieg nach 19 Runden Rauch auf, der den Deutschen schlussendlich zur Aufgabe zwang.
In einem eher ereignisarmen Hauptrennen war der Rennverlauf an der Spitze geprägt von einem Fernduell zwischen De Vries und Ghiotto, bei dem der ART-Fahrer langsam die Überhand gewann. Als Ghiotto wenige Runden vor Schluss seinen Pflichtstopp antrat, fiel er auf den vierten Rang zurück. Der gewünschte Schlussspurt fiel zu kurz aus. Zwar überholte der UNI-Virtuosi Deletraz und attackierte Latifi, überfuhr dabei jedoch seine Reifen, die einen Umlauf vor Schluss über die viel zitierte Klippe fielen. Am Ende büßte der Italiener seine Podiumsplatzierung noch an den Schweizer ein, während an De Vries ungefährdet zu Sieg und Meisterschaft rollte.
Drama in Kurve 1
Auf der Pole Position für das Sonntagsrennen stand Nikita Mazepin. Der Russe hatte schon die gesamte Saison kaum etwas von seiner letztjährigen GP3-Performance zeigen können und hätte vor seinem Heimpublikum ein Erfolgserlebnis bitter nötig gehabt. Doch wie schon zu Beginn angeschnitten kam alles anders. Mazepin und auch der auf Rang 2 startende Jack Aitken fuhren in der Kurve 2 geradeaus. Während sich Aitken außen um die dafür platzierten Schilder wieder zurück auf die Strecke manövrierte, kürzte Mazepin diese Hindernisse kurzerhand ab und löste damit eine gefährliche Kettenreaktion aus, in deren Folge Matsushita hart in die Streckenbegrenzung einschlug.
Erst nach einer langen roten Flagge wurde bekannt, dass Matsushita in Ordnung sei. Mazepin erhielt für seine äußerst dumme Aktion eine Startplatzstrafe von 15 Positionen für das nächste Wochenende und vier Strafpunkte für seine Fahrerlizenz. Eine vertretbare Bestrafung, die allerdings auch noch durchaus härter hätte ausfallen können.
Mit fünfzig-minütiger Verspätung wurde dann das auf 15 Runden verkürzte Sprintrennen wieder in Angriff genommen. Ein Rennen, welches eher ereignisarm wurde. Abgesehen von De Vries‘ Manöver gegen Ilott um Platz 2 kurz nach dem Restart und einer 5-Sekunden-Strafe gegen Sergio Sette Camara gab es über die gesamte Renndistanz keine Verschiebungen in den Punktepositionen. Die Führung hatte in dem Chaos von Kurve 1 Luca Ghiotto übernommen, gefolgt von Ilott und De Vries.
Nyck De Vries brachte gegen Ende noch etwas Spannung in den Lauf als er mit DRS Ghiotto nahekam. Doch er war nie wirklich knapp genug dran, um einen Überholversuch gegen den Italiener zu starten, der seinen dritten Saisonsieg einfuhr.
Sonst noch nennenswert: Mick Schumacher fiel infolge eines misslungenen Überholversuchs gegen Giuliano Alesi aus.
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an
Fazit:
Abgesehen vom üblichen Reifengewusel in den ersten Runden des Hauptrennens waren das Racing bei beiden Läufen für Formel-2-Verhältnisse unspektakulär. Doch das stand an diesem Wochenende auch im Hintergrund. Vordergründig war, dass De Vries seinen Titel schon jetzt klar machen konnte und nicht erst in Abu Dhabi. Der Niederländer hat sich wieder einmal von seiner besten Seite gezeigt. In Sochi hat er auch die Reifen gut gemanagt, was in dieser Saison bisher immer eine seiner Schwächen war. Dennoch, für den ganz großen Sprung kommt er ein Jahr zu spät. Dennoch hat er sich sein Mercedes-Cockpit in der Formel E redlich verdient. Dass es De Vries vielleicht doch noch eines Tages in die Königsklasse schafft, ist zwar eher unwahrscheinlich aber nicht ausgeschlossen.
Eine Kleinigkeit noch zum Debütant Matevos Isaakyan, der in Sotschi sein Debüt gefeiert hatte: Wie zu erwarten war, hat er etwas Lehrgeld zahlen müssen und schien vor allem über die Renndistanz damit Probleme zu haben, seine Reifen zu schonen. Insgesamt brachte er aber eine solide Leistung zustande. Er wird aller Voraussicht nach auch am Wochenende vom 29. November bis zum 1.Dezember im Einsatz sein, wenn die Formel 2 ihre letzte Runde in Abu Dhabi absolviert.
Bilder: Formula 2