Erst war es langweilig, dann wurde es am Ende sehr hektisch. Das alles konnte Max Verstappen nicht stoppen.
54 Runden tat sich im Rennen eigentlich recht wenig, Max Verstappen war an diesem Wochenende kaum zu schlagen, wie er mit seiner Pole schon bewiesen hatte. Der Red Bull war in allen Belangen besser, als die Konkurrenz, was in Brasilien nicht so überraschend ist. Schon im letzten Jahr hätte er das Rennen gewinnen können, wenn ihm Ocon nicht in die Quere gekommen wäre. Es war nicht so, dass Verstappen gemütlich unterwegs war, aber er konnte das Rennen vorne kontrollieren.
Hinter ihm tat sich bis zum Ausfall von Bottas gar nichts. Hamilton lag auf P2, hatte genug Vorsprung auf Vettel, aber keine Chance Verstappen anzugreifen. Vettel wiederum lag bequem vor Bottas, Albon und Leclerc. Die Ferrari waren am Wochenende aber nicht sonderlich gut sortiert. Es fehlte, wie in Austin, die Pace im Rennen. Das erinnerte an den Saisonstart, als Ferrari im Rennen immer wieder zurückfiel. Ganz so schlimm war es in Brasilien nicht, aber man hatte auch keine Möglichkeit Druck aufzubauen.
Auch über die Strategie lief für Ferrari nichts. Red Bull und Mercedes hatten sich schon früh auf eine Zwei-Stopp-Strategie festlegt. Ferrari ließ Vettel länger draußen, was ihm im ersten Stint rund sieben Sekunden auf die beiden Führende kostete. Offenbar probierte man bei Ferrari eine Ein-Stopp-Strategie aus, was aber eher ein Longshot war. Bei Leclerc, der wegen eines Motorwechsels von P14 gestartet war, versuchte man das auch, aber hier kam dann später das SC in die Quere.
Dass Vettel und Leclerc am Ende kollidierten, war dann auch eine schöne Zusammenfassung der bisherigen Saison. Vettel verteidigte sich gegen Leclerc, der auf frischeren Soft unterwegs war. Die Berührung entstand, weil Vettel vor der Kurve am Ende der Gegengeraden leicht nach links zog, Leclerc, der ihm nur wenig Platz gelassen hatte, darauf nicht richtig reagierte. Eine 50/50 Sache, aber so was darf eigentlich nicht passieren. Da es in der WM um nichts mehr geht, war der Doppelausfall nicht schlimm, aber das wird die Stimmung im Team nicht verbessern.
Das Rennen vorne bekam erst Würze, als Bottas seinen Mercedes in Runde 53 mit einem Motorschaden abstellen musste. Die Sache hätte man auch mit einem VSC abhandeln können, aber offenbar wollte man dem Rennen etwas Schwung geben. Was dann auch gelang. Red Bull nutzte die Gelegenheit und setzte Verstappen auf die Soft. Was ihn zwar hinter Hamilton brachte, aber der hatte die Medium aufgezogen. Beim Restart setzte sich Verstappen dann relativ leicht durch.
Dahinter wurde es dann hektisch. Gasly, Albon, Leclerc und Vettel lagen sehr eng zusammen, bis die beiden Ferrari sich gegenseitig aus dem Rennen bugsierten. Das brachte zum einen eine weitere SC-Phase, zum anderen spülte es Albon auf P2 hinter Verstappen, weil Mercedes Hamilton noch einmal an die Box geholt hatte. Der Brite lag beim Restart zwei Runden vor Schluss hinter Gasly, den er schnell überholte.
Ein paar Kurven später probierte er das auch bei Albon, doch da hatte sich der Brite komplett verschätzt. Bei der Anfahrt zur vorletzten Haarnadel versuchte er es innen, war aber nie neben Albon, den er dann abschoss. Das kostete Alex Albon sein erstes Podium. Hamilton seinerseits kassierte dafür eine 5-Sekunden-Strafe, die ihn dann am Ende auf Platz 7 zurückwarf und Carlos Sainz auf P3 brachte.
Und das war, neben dem zweiten Platz von Gasly im Toro Rosso, die vielleicht größte Überraschung des Rennens. Denn Sainz musste das Rennen vom letzten Platz aus starten, nachdem er die Quali wegen eines technischen Defekts auslassen musste. Aber wie hat Sainz es geschafft von P20 auf P3 zu kommen?
Die Antwort lag in einer Ein-Stopp-Strategie. Sainz startete auf den Soft, die er erstaunliche 29 Runden auf dem Auto behalten konnte, ohne Zeit zu verlieren. Er war nicht der einzige, der lange mit den Soft fahren konnte. Räikkönen (am Ende P4) fuhr 24 Runden, hatte aber auch ein etwas leichteres Rennen, weil er sich nicht durch das halbe Feld kämpfen musste.
Der erste wichtige Schlüssel für den Erfolg von Sainz lag in diesem ersten Stint. Er lag nach fünf Runden auf P15, wo er dann allerdings auch blieb. Er steckte im Mittelfeld, ließ sich aber auch nicht dazu verleiten, seine Reifen schneller abzunutzen, als geplant. Da das Mittelfeld zwischen Runde 17 und 27 an die Box kam, spülte das den McLaren Fahrer nach vorne. Nach einem dann notwendigen Stopp lag er wieder auf P15. Da er aber so spät gestoppt hatte, kassierte er die Zwei-Stopper dann ein paar Runden später.
Die zweite richtige Entscheidung: Er kam nicht in der SC-Phase rein, sondern blieb draussen. Das war goldrichtig, wie man im Vergleich zu Lando Norris sehen kann. Der stoppte (mit anderer Strategie) in der SC-Phase und fiel dadurch weit zurück. Nach der ersten SC-Phase lag er dann auf P8. Nacheinander verabschiedeten sich dann Grosjean, beide Ferrari und Albon aus den Top Ten, am Schluss mit der Strafe dann auch Hamilton, was ihn auf P3 brachte.
Es war das erste Podium für McLaren seit Australien 2014 (!) und das erste Podium für Sainz. Um so bedauerlicher, dass das Rennergebnis erst nach der Siegerehrung korrigiert wurde. Es wäre schön gewesen Sainz und Gasly auf dem Podium zu sehen. Aber es zeigt auch, dass der Aufwärtstrend von McLaren ungebrochen ist.
Erwähnen muss man auf jeden Fall auch die beiden Alfa, die in Brasilien überraschend gut liegen. Räikkönen schaffte es in Q3 und blieb im Rennen konstant in den Punkten. Sein Teamkollege Giovinazzi, von P12 gestartet, lieferte ebenfalls ein sehr gutes Rennen ab. Ein guter Start brauchte den Italiener auf P10 und dank eines Undercut konnte er Grosjean überholen. Danach lag er das komplette Rennen hinter dem Finnen. Aber endlich mal wieder ein gutes Rennen für die Alfa, die in der zweiten Saisonhälfte Probleme hatten.
Auf P6 landete Daniel Ricciardo, was auch eine Überraschung war. Der Australier hatte ein sehr anstrengendes Rennen. In der achten Runde sammelte er Magnussen ein, beschädigte seinen Frontflügel und bekam auch noch eine 5-Sekunden-Strafe für die Kollision. Er nahm die Soft und kam dann in Runde 40 wieder an die Box. Er profitierte, wie Sainz, dann von der ersten SC-Phase in der Renault ihn draußen ließ. Die Ausfälle an der Spitze spülten ihn dann in die Top Ten.
Bilder: Daimler AG, Ferrari, Racing Point, McLaren F1, Alfa, Renault Sport, HaasF1, Williams F1