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Super GT x DTM Dream Race: Glatter Sieg der GT500-Stars

von geinou
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Erst Nick Cassidy, dann Narain Karthikeyan. Die Stars aus der Super GT setzten sich beim Dream Race am Fuji Speedway eindeutig gegen die DTM-Gäste durch. Die wahren Gewinner waren jedoch die Fans.

Träume wurden am vergangenen Wochenende am Fuji Speedway wahr. Zum einen veranstalteten Super GT und DTM erstmals ein gemeinsames Event. Es waren die Früchte der Arbeit, die 2010 begann und nach vielen Höhen wie auch Tiefen in der Partnerschaft in Japan endlich ihren Höhepunkt fand. Zum anderen feierte Narain Karthikeyan seinen allerersten Sieg in Nippon. Dass dieser ausgerechnet beim Dream Race kommen würde, dürfte wohl selbst den Inder überrascht haben.

Bereits am Samstag fuhren die Super-GT-Stars einen dominanten fünffach Erfolg heraus. Allen voran: 2017 GT500-Champion Nick Cassidy, der einen brillanten Start- und Zielsieg einfuhr. Nach der Pleite von Hockenheim, die den Neuseeländer aufgrund seiner in Deutschland beiden Crashes besonders hart traf, war die Vorstellung Balsam für die Seele (siehe unseren Artikel hierzu). Der drittplatzierte Naoki Yamamoto sprach gar von einer „Revanche für Hockenheim.“ Vielmehr zeigte es allerdings das Potenzial der Super-GT-Piloten. Den Gästen aus der DTM schmeckte die eindeutige Niederlage hingegen überhaupt nicht. Schnell wurden die Rufe nach einer Balance of Performance laut. So sollten die Gastgeber eingebremst werden, um einen ausgeglicheneren Wettbewerb zu garantieren – und das, obwohl Honda, Lexus und Nissan trotz fehlendem DRS sowie Push-to-Pass keine Zugeständnisse beim Saisonfinale im baden-württembergischen Motodrom erhielten. Auch am Fuji Speedway wurde nichts geändert. Der Grund für die BoP-Rufe: Den DTM-Boliden fehlte es auf der rund 1,4 km langen Start- und Zielgeraden an Höchstgeschwindigkeit. Selbst im Windschatten konnten sie nur bedingt mit den GT500-Flitzern mithalten. Das macht das Überholen in Kurve eins, einer der besten Möglichkeiten am Fuße des japanischen Wahrzeichens, umso schwieriger.


Der Sonntag begann mit einer faustdicken Überraschung. Daisuke Nakajima im Motul Mugen NSX-GT sicherte sich die Pole-Position. Noch am Freitag verunfallte sein Teamkollege Hideki Mutoh bei strömenden Regen im ersten Freuen Training schwer, blieb dabei aber glücklicherweise unverletzt. Für das restliche Wochenende karrte Mugen im Eilverfahren ein Ersatzauto heran. Hierfür erhielten sie von den Stewards eine Extraerlaubnis, die allerdings mit eine Rückversetzung von jeweils fünf Plätzen am Samstag und Sonntag quittiert wurde. Entsprechend musste Nakajima vom sechsten Platz ins Rennen gehen. Dennoch zeigte sich der jüngere Bruder von Kazuki Nakajima sichtbar glückich über den Erfolg. Zeitgleich ließ er aber auch die Bombe platzen. Noch beim Interview mit Jiro Takahashi vom japanischen Fernsehen verkündete er seinen Rücktritt: „Das ist wohl der beste Zeitpunkt um zu verkünden, dass das mein letztes Super-GT-Rennen ist.“ Die schnellste Zeit konnte der 30-Jährige Japaner, der seine letzten Jahre in der GT500-Klasse selbst als „sehr schwierig und frustrierend“ bezeichnete allerdings nicht in einen Sieg ummünzen. Das Sonntagsrennen beendete er auf Platz sechs.

Erbe der Pole-Position war Audi-Pilot Loic Duval, der nach dem Fauxpas am Samstag, als er bei der Installationsrunde mit Slicks auf einer feuchten Stelle ausrutschte und in die Streckenbegrenzung krachte, auf Wiedergutmachung aus war. Neben ihm: Narain Karthikeyan. Somit standen ein DTM- sowie Super-GT-Fahrer in der ersten Startreihe. Die direkte Konfrontation um den Sieg fand also endlich statt. Passend dazu blickte am Sonntagnachmittag auch erstmals die Sonne am vergangenen Wochenende durch. Das Wetter hatte somit doch noch Einsicht mit den insgesamt 51,800 an die Strecke gereisten Fans, nachdem der gesamte Freitag sowie der Samstagnachmittag von Regen geplagt wurde. Trotz ein paar Tropfen am Grid in der Vorstartphase hielt das Wetter.

Ganz im Gegensatz zur Pole-Position von Loic Duval. Der Franzose wurde nach bereits zwei Runden von Narain Karthikeyan überholt. Zwei weitere Umläufe später fiel er bereits auf den fünften Rang zurück. Da Daisuke Nakajima zunächst die Pace aus dem Qualifying wiederholen konnte, fanden sich zu Beginn gleich vier Honda NSX-GT auf den ersten vier Positionen wieder. Das gesamte Wochenende über zeigte die Marke eine sehr gute Performance – auch eine Anpassung des Mindestgewichts, welches ein paar Kilogramm höher ausfiel als während der regulären Super-GT-Saison, machte für den Mittelmotor betriebenen Renner keinen Unterschied. Loic Duval schien hingegen das Pech am… Reifen zu kleben. Denn ausgerechnet dieser verabschiedete sich. Ein Plattfuß hinten links zwang ihn zum Notstopp. Da sieht ein großes Teil von seinem Fahrzeug löste, rief die Rennleitung das Safety Car heraus. Es sollte ein Trend in diesem Rennen werden.

Narain Karthikeyan kontrollierte den Restart problemlos. „Das war heute der Schlüssel. Die Hankook-Reifen verlieren nach dem Aufwärmen schnell an Temperatur. Aber mir gelang es, stets optimal bei den Restarts abzuhauen“, erklärte der ehemalige Formel-1-Fahrer uns gegenüber in einem persönlichen Gespräch nach dem Rennen. Das Rennen nahm nach dem „Indy-Restart“ zunächst einen normalen Lauf. Bis auf Benoit Treluyer und Alex Zanardi, die beide während der ersten Safety-Car-Phase zum Reifenwechsel hereinkamen, dieser deshalb aber nicht als Pflichtboxenstopp gezählt wurde, wechselten alle anderen Piloten mindestens einmal den Einheitsgummi von Hankook. Im 20. Umlauf musste aber erneut das NSX-Safety-Car herausrücken. Dieses Mal erwischte es René Rast, der wie auch Markenkollege Loic Duval hinten links einen Plattfuß erlitt. „Wir müssen analysieren, was da passiert ist. Schon während der Saison hatten wir diese Probleme mit den Reifen“, kommentierte Loic Duval die Situation nach dem Rennen. Zehn Minuten vor Schluss wurde das Rennen erneut angepfiffen – und es sollten die wildesten zehn Minuten des Wochenendes, vielleicht gar des gesamten DTM-Jahres werden.

Als besonders spektakulär entpuppten sich die „Indy-Restarts“, die für zusätzliche Würze sorgten und stets mehrere Fahrzeuge nebeneinander durch die ersten Kurven düsen sahen. Das findet auch GT300-Fahrer Nobuteru Taniguchi, weshalb er für eine Übernahme dieses Systems in der Super GT nächstes Jahr plädiert. Fraglich ist allerdings, wie häufig das Sicherheitsfahrzeug überhaupt kommende Saison anrücken muss, da die GTA mit der Einführung von Full-Courye-Yellow plant. Die abermalige Unterbrechung sah überraschenderweise Benoit Treluyer und Alex Zanardi an der Spitze, die aber wie bereits erwähnt kurz darauf nochmals für ihren Pflichtboxenstopp hereinkamen. Damit übernahm Narain Karthikeyan wieder die Führung. Lange konnte er aber nicht auf dem Gaspedal bleiben, denn erneut musste das Safety Car herausrücken. Zunächst kamen sich in der Coca-Cola-Kurve ausgerechnet die beiden Honda-Piloten Koudai Tsukakoshi und Tomoki Nojiri in die Quere, die jeweils auf Kurs für ein Top-Ergebnis waren.

Doch viel mehr: Noch im gleichen Umlauf kam es zu einer Massenkarambolage von gleich fünf der insgesamt sechs Lexus LC500. Ausgelöst wurde das „Gemetzel“ vom amtierenden GT500-Champion Kazuya Oshima und Yuji Kunimoto, die miteinander kollidierten. Kazuki Nakajima sowie Heikki Kovalainen konnten nicht mehr rechtzeitig ausweichen, wobei der Finne gar leicht abhob. Ebenfalls involviert waren Hiroaki Ishiura sowie Nissan-Pilot Kohei Hirate, die unverschuldet getroffen wurden. Einzig die beiden „Übeltäter“ Oshima und Kunimoto konnten mit einigen Blessuren weiterfahren. Der Rest musste vorzeitig aufgeben. Ironischerweise fand das Ganze vor der GR Supra Corner statt – ein noch metaphorischeres Bild hätte es nicht geben können. Kommende Saison ersetzt das Comeback von Toyotas legendärem Sportwagen Lexus in der GT500-Klasse der Super GT. Unbeobachtet von den Kameras prallte bei der Boxeneinfahrt auch noch James Rossiter auf Alex Zanardi, der zu seinem Pflichtboxenstopp abbiegen wollte, wodurch der Nissan-Pilot mit kaputter Motorhaube ebenfalls vorzeitig aufgeben musste. Einen Tag zuvor hatte der Calsonic Impul GT-R den bereits vierten Motorschaden in diesem Jahr.

All die Safety-Car-Phasen halfen Loic Duval, um den wegen des Reifenschadens verlorenen Boden wieder aufzuholen. So fand er sich plötzlich in dritter Position hinter Narain Karthikeyan sowie BMW-Fahrer Marco Wittmann wieder. Für den letzten Restart entschied sich die Rennleitung gegen die „Indy-Formation“. Dennoch kam es beim finalen Sprint über lediglich eine Runde zu einem fantastischen Duell zwischen den beiden DTM-Piloten, die abermals kein Land gegen Karthikeyans fantastische Restarts sahen. Beide schreckten vor nichts zurück. Wittmann hatte bereits eine Verwarnung am Konto, als er einen anderen Fahrer von der Strecke drückte. Als der Deutsche sowie der GT500-Champion von 2010 zu zweit nebeneinander durch den finalen Sektor fuhren, gab Wittmann seinem Konkurrenten keine Luft zum atmen. So zwang er auch Duval in der letzten Kurve die Strecke zu verlassen. Der Franzose gab aber nicht nach, blieb auf dem Gas und zog gar am Geburtstagskind vorbei. Dadurch sicherte er sich die den Silberrang. Die Rennleitung hatte allerdings etwas gegen das Manöver – und brummte Duval eine Fünf-Sekunden-Strafe auf, wodurch er doch wieder auf die kleinste Stufe des Podiums zurückfiel. „Die Strafe ist wirklich schade, insbesondere weil es kein Meisterschaftslauf war. Aber es ist, wie es ist. Wir taten das, für was wir hier hergekommen sind. Ob es nun der zweite oder dritte Platz ist, spielt keine Rolle. Wir haben unser Ziel erreicht, hatten eine fantastische Zeit und alle haben es sehr genossen“, kommentierte Duval das Finish.

Die letzte Runde war wirklich etwas besonderes. Selbst in der DTM sehen wir diese engen Kämpfe nicht so häufig“, gab Marco Wittmann bei der Pressekonferenz nach dem Rennen zu Protokoll. „Es war ein toller Zweikampf, insbesondere die drei letzten Kurven. Das ist etwas, was alle sehen wollten.“ Wittmann lobte insbesondere die japanischen Fans, deren Enthusiasmus als etwas ganz besonderes beschrieb. Zugleich waren sie eine große Stütze für ihn: „Dieses Wochenende lief es für uns nicht so rund. Aber selbst als wir am Freitag und Samstag Probleme hatten, konnten mir die Fans ein Lächeln aufs Gesicht zaubern. So viele Autogramme wie an diesem Wochenende habe ich noch nie geschrieben.“

Dass es für die deutschen Hersteller letztlich so gut im Sonntagslauf lief, war sicherlich auch der vielen Safety-Car-Phasen geschuldet. Denn der reine Speed der GT500-Boliden war abermals jenen der DTM-Autos überlegen. Auch wenn alle Beteiligten mehrmals erwähnten, dass nicht entscheidend war, wer das Dream Race gewinnt, sondenr die Show sowie die Tatsache, dass es endlich stattfand, im Vordergrund stand, so dürften sich die Gäste aus Deutschland das Ergebnis sicherlich anders vorgestellt haben.

Es liegen noch einige Probleme auf dem Tisch, an denen wir weiter arbeiten müssen“ kommentierte DTM-Boss Gerhard Berger auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit der GTA am vergangenen Sonntag. Obgleich der Österreicher ein sehr positives Fazit zog und als ersten großen Schritt bezeichnete, so dürfte er mit der Aussage wohl auch auf die Ungereimtheiten im Hintergrund angesprochen haben. Als Argumentation gegen eine Balance of Performance wurde zurecht von der GTA das Hockenheim-Wochenende angesprochen, als ihnen ebenfalls nicht unter die Arme geholfen wurde. Auch GTA-Vorstand Masaaki Bandoh erklärte, dass das Ziel, den Fans weltweit zu zeigen, dass solch ein Event von zwei unterschiedlichen Rennserien möglich sei. „Es ist der erste Schritt in dieser neuen Class-1-Kategorie. Das ist erst das erste Event, bei dem zusammengearbeitet haben, ein großer Meilenstein. Natürlich gibt es noch einige Dinge beim technischen Regularieren, an denen wir arbeiten müssen, so Banoh. Ob es auch 2020 ein weiteres Dream Race geben könnte, konnten die beiden Serienchefs hingegen nicht sagen. „Das Event wäre nicht möglich gewesen, wenn nicht alle involvierten Parteien zusammengekommen und hart daran gearbeitet hätten“, erklärte Masaaki Bandoh. Berger fügte hinzu, dass die hohen Kosten nicht ohne einen Hauptsponsor zu bewältigen seien.

Auch wenn die Gewinner aus der japanischen Meisterschaft stammten, so waren es letztlich die Fans, die sich als die wahren Sieger sehen konnten. Sie bekamen nicht nur Motorsport vom feinsten, sondern auch eine gute Werbung für die Kollaboration von Super GT und DTM zu sehen.

Copyright Photos: Eigenes Archiv, GTA

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