Das erste Jahr mit Honda ist nicht schlecht gelaufen. Aber zufrieden wird man nicht sein.
Drei Siege, zweimal Zweiter, viermal Platz Drei. Dazu zwei Pole Positionen und fünfmal holte man die schnellste Runde. Dazu der „Doppelsieg“ für Honda in Brasilien. So richtig schlecht ist es für Red Bull in diesem Jahr nicht gelaufen. Allerdings – besser als im letzten Jahr lief es auch nicht. Wenn man die reinen Punkte nimmt, sogar schlechter. 2018 sammelte man 419 Zähler, in diesem Jahr waren es 417. Das hatte auch was damit zu tun, dass Honda zu Beginn des Jahres noch nicht komplett auf der Höhe war. Der große Schritt erfolgte erst Mitte des Jahres.
Wie gut das Chassis von Adrian Newey in diesem Jahr war, bleibt daher eine der wichtigen Fragen. Man hatte nicht das Gefühl, dass Newey in diesem Jahr ein Geniestreich gelungen war. Zwar funktionierte der RB15 auf allen Strecken gut und auch der Reifenverschleiß lag eher unter dem von Ferrari oder Mercedes. Aber insgesamt fehlten Red Bull vor allem im ersten Halbjahr doch einige Zehntel. Und das lag nicht nur an Honda. Brasilien ist eine Powerstrecke, aber da konnte sich Red Bull durchsetzen. Abu Dhabi hat zwei lange Geraden, aber auch einen sehr langen dritten Sektor, in dem der Red Bull eigentlich besser sein sollte. War er aber nicht. Stattdessen war der Mercedes besser.
Immerhin gelang es Red Bull im Verlauf des Jahres aber Ferrari massiv unter Druck zu setzen. Vor allem zur Mitte der Saison sah es so aus, als ob die Ferrari zurückfallen würden. Das zeigt sich am Ende auch in den Wertungen. Verstappen schlug beide Ferrari Piloten in der Endwertung und vermutlich wäre auch Red Bull vor Ferrari gelandet, hätte man eine bessere Nummer Zwei hinter Verstappen gehabt. Und da liegt dann vermutlich die zweite, große Schwäche von Red Bull: Das Nachwuchssystem und wie man damit umgeht.
Pierre Gasly ging bei Red Bull erst komplett unter, um dann bei Toro Rosso wieder zu alter Form zu finden. Wenn aber ein Fahrer im Schwesterteam, trotz einer schweren psychologischen Niederlage, innerhalb von zwei Rennen wieder zur alten Form findet, muss man sich fragen, was bei Red Bull schiefläuft. Ist der Druck zu hoch? Lässt man den Fahrern zu wenig Raum um sich entwickeln zu können? Immerhin ist Gasly nach Kvyat schon der zweite Pilot, der nach wenigen Monaten bei Red Bull scheitert.
Auf der anderen Seite muss man auch sehen, dass Albon bei Red Bull tatsächlich mehr Punkte in weniger Rennen gesammelt hat, als Gasly. Zitat aus unserem Saisonrückblick von Toro Rosso:
„Interessant ist der Vergleich zwischen Gasly und Albon. Der Franzose holte in seinen zwölf Rennen für Red Bull 63 Punkte (Verstappen inkl. Ungarn 181). Bei Toro Rosso sammelte er dann 32 Punkte (18 allein Brasilien)
Albon holte im Toro Rosso 16 Punkte. In den restlichen neun Rennen für Red Bull sammelte er 76 Punkte (Verstappen 97 Punkte). Hätten mehr sein können, wenn Hamilton ihn in Brasilien nicht abgeschossen hätte.“
Ohne die Leistung von Albon in irgendeiner Art schmälern zu wollen – er profitierte auch von einem besseren Honda-Motor und dem verbesserten RB15 Chassis. Sein Abstand zu Verstappen in der Quali war ähnlich groß, wie der von Gasly. Auf der anderen Seite muss man Albon zu Gute halten, dass er in einem Auto saß, dass nicht auf ihn angepasst war.
Wenn Red Bull aber vorne mitfahren will, dann benötigt man zwei Top Piloten. Für Albon hoffe ich, dass er diesen Schritt im nächsten Jahr schafft. Die Anlagen dazu scheint er zu haben. Sollte das aber auch nicht klappen, muss Red Bull sein Nachwuchssystem überdenken. Wenn man auch die Konstrukteurs-WM gewinnen will, dann benötigt man zwei Top-Fahrer.
Das Max Verstappen auf dem Weg zu einem Champion ist, bestreitet wohl niemand. Es wäre interessant ihn in einem Mercedes oder Ferrari zu sehen. Was ja vielleicht ab 2021 möglich werden könnte. Aber generell gibt es kaum mehr Zweifel an seinen Qualitäten. Vor allem seit diesem Jahr, wo er deutlich weniger emotional unterwegs ist und mit mehr Umsicht fährt. An Erfahrung mangelt es ihm mittlerweile nicht mehr, mit Enttäuschungen geht er gut um und seine Leistungen sind auch nicht wechselhaft, sondern bleiben auf allerhöchsten Niveau.
Wertung:
Team: 7 von 10
Verstappen: 9 von 10
Gasly: 5 von 10
Albon: 6 von 10