Mit dem FW43 soll es für Williams endlich wieder in Richtung Mittelfeld gehen. Aber wird das klappen?
Schlimmer als das Jahr 2019 kann es für Williams eigentlich nicht mehr werden. Immer letzter, bis auf den einen Punkt, den Kubica in Hockenheim abstaubte. Der Abstand zum Mittelfeld betrug in der Quali zwischen 1.2 und 0,6 Sekunden, je nach Strecke und Gegebenheiten. Rechnet man alles Abstände zusammen, müsste Williams in diesem Jahr rund 2 % mehr Performance haben, um wenigstens mithalten zu können. Die Voraussetzungen für die Entwicklung des FW43 waren aber auch nicht die allerbesten. Das gesamte Entwicklungsteam wurde nach dem Abgang von Paddy Lowe durch Patrick Head neu organisiert. Auch weitere Abgänge folgten. Allerdings hat sich Williams dann im Verlaufe des letzten Jahres auch Verstärkung besorgt, darunter der ehemalige stellvertretende Chefdesigner von Red Bull.
Als Basis des neuen FW43 diente tatsächlich das Vorjahresmodell, allerdings hat man den Wagen komplett neu aufgebaut. Offenbar war es so, dass die Basiswerte des Chassis gut waren, die aerodynamische Umsetzung und die Positionierung der Aufhängungen allerdings nicht. Eine Lösung wäre nur der Bau eines neuen Autos gewesen, was sich Williams im letzten Jahr nicht leisten konnte. Die neue und vor allem neu organisierte Mannschaft hatte sich für den FW43 zum Ziel gesetzt, ein gutes Basisauto zu bauen, dass man im Verlaufe des Jahres auch weiterentwicklen kann.
Daher ist es nicht verwunderlich, dass der Wagen zumindest in der Front sehr konservativ wirkt. Der FW43 erinnert mich ein bisschen an den neuen HaasF1, der ebenfalls eher konservativ wirkt. Das sieht man vor allem an der Nase. Red Bull, Ferrari, Mercedes, Renault und McLaren haben sich alle für eine sehr schmale Version entscheiden, Williams setzt, zumindest auf den ersten Bildern, eher auf eine breite Ausführung. Dazu passt der sehr konservative Frontflügel.
Wie groß die Unterschiede in der Front zum Beispiel zum Mercedes sind, kann man hier sehen. (Klicken für größeres Foto)
Deutlich aggressiver ist man bei den Barge Boards und den Seitenkästen zu Werke gegangen. Durch die breitere Nase muss man hier einen etwas anderen Weg gehen, als Mercedes das macht, aber die Parallelen sind doch erkennbar. Hier ist man offenbar aerodynamisch auf einem guten Weg. Aber das war im letzten Jahr, zumindest nach dem Sommer, auch beim FW42.
Ein bisschen erstaunen mich allerdings, die Motorabdeckung und die Seitenkästen. Das mag am Winkel des Fotos liegen, aber die Abdeckung beim Mercedes wirkt schlanker und nicht so rundlich, wie beim Williams. Auch die Seitenkästen des FW43 scheinen breiter und sind nicht so aggressiv eingezogen, wie bei den Deutschen. Verwunderlich ist das, weil Williams ja den gleichen Motor und damit das gleiche Packing für die Kühler hat. Hier setzt Mercedes offenbar unter der Haube auf eine andere Art der Wärmeabfuhr.
Weiter hinten ist der FW43 auf dem aktuellen Stand. Die hintere Aufhängung ist allerdings anders gestaltet, als beim Mercedes. Was daran liegt, dass Williams weiterhin ein eigenes Getriebe baut und daher andere Aufhängungspunkte hat, als Mercedes. Auf den ersten Blick wirkt die gewählte Variante auch eher konservativ.
Ein großer Wurf scheint der FW 43 nicht zu sein. Aber das muss er auch nicht. Er muss nur so gut sein, dass Williams den Anschluss ans Mittelfeld findet, was dieses Jahr schwer genug sein wird. Gleichzeitig muss er genug Entwicklungspotenzial haben, damit man bis zum Sommer ordentlich mithalten kann. Danach wird sich Williams, wie alle anderen auch, sowieso auf die komplett neuen 2021er Chassis stürzen. Aber je besser die Basis bis dahin ist, desto größer die Chance auf Punkte.
Und WM-Punkte dürften in diesem Jahr wieder sehr schwer werden. Die Top 3 werden regelmäßig mindestens die ersten vier oder fünf Plätze belegen. Wenn McLaren und Renault dahinter liegen, wird es schon eng. Nicht unterschätzen sollte man Racing Point, die das letzte Jahr mehr oder weniger mit einem nur leicht verbesserten Chassis von 2018 unterwegs waren und für dieses Jahr ein neues Auto bekommen. Und dann ist da noch AlphaTauri (EX-STR) die im letzten Jahr zweimal das Podium erreichen konnten. Einfach wird das nicht, aber der FW43 macht zumindest den Eindruck, als sei er in der Lage mithalten zu können.
Bilder: Williams F1