Die Formel Eins musste das Rennen in Australien wegen des COVID-19 Virus absagen. Das Sebring Wochenende ist ebenfalls off.
Es war zu befürchten, aber die Geschwindigkeit, mit der sich das COVID-19 (Corona) Virus ausbreitet, ist schon atemberaubend. Innerhalb von wenigen Stunden hat sich die Lage weltweit derartig verschärft, dass ganze Länder sich freiwillig in eine Isolation begeben. Dass das nicht am Sport vorbeigehen kann, ist klar.
Eigentlich sollte hier die F1 GP Vorschau stehen. Über den Tag habe ich den Artikel immer wieder verschoben. Zunächst erreichte alle die Meldung, dass McLaren sich vom Rennen zurückzieht. Grund dafür ist ein positiv getestetes Teammitglied. Den Seuchenvorschriften folgend, musste McLaren alle Teammitglieder, die Kontakt mit dem Kollegen hatten, isolieren. Die Isolation dauert zwei Tage, bis das Virus dann mit einem Test nachgewiesen werden kann. Dessen Ergebnisse bekommt man nach 24 Stunden. Damit war klar, dass ein großer Teil des Teams nicht einsetzbar sein würde, was wiederum die logische Konsequenz hatte, dass McLaren nicht an den Start gehen konnte.
Damit verbunden ist allerdings noch ein anderes Problem. Infizierte sind auch dann ansteckend, wenn sie selber noch keine Symptome aufweisen. Unter Umständen kann es mehrere Tage bis zum Ausbruch der Krankheit dauern. Da die Person von McLaren wohl eine Aufgabe im Paddock hatte, bedeutet dies, dass er auch andere Menschen von anderen Teams möglicherweise angesteckt haben könnte. Sicher ist das nicht, aber jeder mit COVID-19 infizierte Patient steckt im Schnitt 3,11 andere Menschen an. In einem so dicht bevölkerten F1 Paddock, kann die Zahl schnell höher sein.
Die FIA und die Formel Eins taten sich mit der Absage allerdings schwer. Die Entscheidung kam wohl auch deswegen zustande, weil die Mehrheit der Teams sich gegen ein Rennen entschieden hatte.
Es ist angesichts der im Raum stehenden Summen verständlich, dass man sich schwergetan hat eine Entscheidung zu treffen. Nicht nur Liberty bekommt Geld vom Veranstalter. Der hat wiederum Sponsoren, die er erstatten muss. Auch die Fans wollen sicher ihr Geld zurück. Dazu kommen Hotelreservierungen, Flüge, Restaurants usw. in der Stadt. Der wirtschaftliche Schaden für Melbourne dürfte im dreistelligen Millionenbereich liegen.
Allerdings war die Kommunikation der FIA, Liberty Media und der Veranstalter eine Katastrophe. Nach der Absagen von McLaren benötigte man 12 Stunden, um Klarheit zu schaffen. Man schaffte es in der Zwischenzeit nicht mal eine Tweet zu senden, in dem man transparent aufklärte. Es hätte ja gereicht, wenn man geschrieben hätte, dass man vor dem Morgen keine Entscheidung treffen kann, da man mit dem Behörden reden muss. Aber nichts dergleichen. Man tauchte feige ab und ließ die Fans sogar zur Strecke anreisen.
Das war eine für die Formel Eins unwürdige und peinliche Vorstellung. Während man nichts sagte, machte auf Twitter Bilder die Runde, die Lewis Hamilton am Flughafen zeigten. Auch Vettel und Räikkönen waren schon abgereist, als die Formel Eins, Stunden später, endlich etwas sagte.
Natürlich ging es um Geld und wer für den Ausfall zahlt. Das ist nicht leicht zu verhandeln. Aber es muss der FIA und Liberty Media auch heute klar geworden sein, dass man am Sonntag kaum Bilder von Champagner versprühenden Fahrern zeigen kann, wenn in Europa gleichzeitig Hunderte von Menschen täglich sterben und die Menschen nicht wissen, wie ihr Leben weitergehen wird.
Der größte Schaden ist daher nicht durch die Absage des Rennens entstanden, sondern durch die Art und Weise, wie die FIA und Liberty Media sich verhalten haben.
Wie geht es weiter?
Mit sehr großer Wahrscheinlichkeit werden auch die Rennen in Bahrain und Vietnam abgesagt. Bahrain ist schon nächste Woche. Ob bis dahin alle McLaren Teammitglieder getestet und aus der Isolation entlassen werden können, ist fraglich. Es wäre ein kleines Wunder, wenn McLaren antreten könnte. Die Frage ist auch, ob die Teams nun erst nach Hause fliegen, oder direkt nach Bahrain.
Es wäre generell ein Wunder, wenn unter den mehr als 1000 reisenden F1-Mitgliedern sich bis nächste Woche nicht noch jemand mit dem Virus angesteckt haben sollte. Selbst wenn nicht – niemand weiß, wie die Situation am nächsten Montag ist. Ob es genug Flüge gibt. Ob man überhaupt noch nach Bahrain einreisen darf. Und Vietnam wird wohl sicher abgesagt. Das Land hat vor einigen Tagen unter anderem auch Briten die Einreise untersagt.
Selbst wenn die F1 dem Land Sonder-Visa nach vorgelegtem Attest abringen kann – irgendwann muss dann auch die Sicherheit und Gesundheit der Angestellten der Teams über dem Sport und den wirtschaftlichen Aspekten stehen.
Ob die Saison dann in den Niederlanden starten kann, wird man sehen müssen. Die Chancen stehen aber im Moment eher schlecht.
Super Sebring abgesagt
Auch die WEC und die IMSA mussten ihre Rennen absagen, bzw. verschieben. Der WEC hat US-Präsident Trump einen Gefallen getan, nachdem er in der Nacht zum Donnerstag Einreisen aus den Schengen-EU-Ländern in die USA für 30 Tage untersagt hat. Damit musste die WEC nicht die Entscheidung treffen, das Rennen abzusagen. Praktisch. Nachgeholt wird es nicht. Und ob die WEC vor Le Mans überhaupt noch ein Rennen fahren kann, wage ich mal zu bezweifeln. Das Rennen in Spa soll in fünf Wochen (24.04) stattfinden. Das ist wohl utopisch.
Auch die IMSA musste ihr 12 Stunden Rennen verschieben. Grund hier ist eine Mischung aus Einreiseverbot und COVID-19 Ausbreitung in den USA. Man hat sich nun entscheiden, dass Rennen am Wochenende 11. bis 13. November auszutragen. Also endet die Saison dieses Jahr nach dem Petit Le Mans. Für die Teams ist das ziemlich anstrengend. Da die Saison 2021 zwei Monate später mit dem 24h von Daytona losgeht.
Aber die Entscheidung ist richtig, zumal Behörden in Florida das am Sebring Wochenende geplante NASCAR Rennen im Homestead um die Ecke dazu verdonnert hat, ohne Zuschauer zu fahren.
Weitere Rennabsagen werden folgen
Es ist sehr unwahrscheinlich, dass in Europa in den nächsten sechs Wochen Rennen gefahren werden, da die meisten Länder ein Versammlungsverbot ausgesprochen haben und Sportevents generell verboten werden, solange die Lage nicht unter Kontrolle ist. Das betrifft folgende Serien in Europa:
Formel Eins
Formel Zwei
Formel Drei
Alle nationalen Formel Serien
Formula E (schon alles bis Juni abgesagt)
VLN/NLS
BTCC
Goodwood
Michelin Cup
ELMS
Alle nationalen GT-Serien
GT Masters
WEC
DTM
In den USA könnten betroffenen sein
NASCAR (fahren die nächste zwei Rennen schon ohne Publikum)
IndyCar (Long Beach und Indy Road course)
IMSA
ARCA
NHRA
GT-Serien
WTCR
Man wird sicher im Einzelfall entscheiden, ob Rennen ohne Publikum stattfinden können. Ich gehe aber davon aus, dass die meisten Länder dem Beispiel Italiens folgen werden und einen totalen Lock Down aussprechen werden. Reisen werden damit unmöglich. Angesichts der rasanten Ausbreitung des Virus und der Tatsache, dass wir noch mindestens zwei Monate davon entfernt sind, dass es ein wirksames Medikament gibt und dies in ausreichender Zahl (wir reden hier von hunderten von Millionen Dosen) vorhanden sein wird, muss man davon ausgehen, dass alles abgesagt wird. Menschenleben gehen vor Sport.
Bild: Daimler AG, McLaren.