Nach dem Ausstieg von Audi dürfte es schwer werden, die DTM am Leben zu erhalten.
Die Meldung, dass Audi die DTM verlassen will, kam nicht wirklich überraschend. Zum einen stand es um die DTM nach dem Rückzug von Mercedes lange schlecht. Daran konnte auch nichts der schon fast verzweifelte Versuch ändern Aston Martin, als Marke in die Serie hinein zu operieren. Der Versuch scheiterte und schon in diesem Jahr konnte die Serie nur mit Mühe das Feld auffüllen. Das Audi nun den Schlussstrich zieht ist für den deutschen Motorsport nicht schön, aber es angesichts der Lage von Audi nachvollziehbar.
Auch wenn man immer wieder über die Serie geschimpft hat – sie war erfolgreich. Sie lebte länger als die beiden Vorläufer (DRM 1972 – 1985, DTM 1984 – 1995) und hat durchaus internationalen Erfolg gehabt. Vor allem in Großbritannien hat die DTM eine ziemlich große Fanbase unter den Motorsportexperten.
Ein Webfehler der DTM und damit auch des Sports, ist und war die Tatsache, dass die Serie von den Herstellern selber veranstaltet wird. Ein sehr ungewöhnliches Konzept, dass es weltweit nur selten gibt. Es gibt keinen unabhängigen Veranstalter, der die Regeln bestimmt und dann Teams oder Hersteller einlädt. Die Hersteller machen alles selber – von den Regeln bis zum Bau der Autos.
Das führte dann dazu, dass ungewöhnlicherweise nicht mehr die Teams wichtig waren, sondern nur die Marke zählte. Alles andere hatte sich dem unterzuordnen. Vor allem diese Sache stieß mir persönlich immer wieder negativ auf. Auch, dass die Fahrer nur als Marke angeordnet gegeneinander antraten, gefiel nicht allen. Die teilweise schrecklichen Teamorder, als im Rennen Führende sich weit zurückfallen lassen mussten, um einen Markenkollegen zu helfen, ist auch nicht gerade das, was man unter Sport versteht.
Ein weiteres Problem der DTM war die Entscheidung auf ein eigenes Fahrzeugformat zu setzen. Die Prototypen kosteten viel Geld, auch wenn man das Reglement immer wieder über Jahre stabil hielt und so die Kosten senkte. Die Idee, statt auf eine durch die FIA sanktionierte Rennformel, lieber Silhouettefahrzeuge einzusetzen, hatte den Vorteil, dass man die Kontrolle über technische Entwicklung hatte. Die Vorläufer der heutigen DTM scheiterten am Ende immer an den durch die Entwicklung explodierenden Kosten. Das bedeutete aber auch, dass es schwer wurde, Hersteller zu finden, die sich an eine Rennformel anschließen wollten, die man nur in einer Serie einsetzen konnte.
Der Mangel, vor allem internationalen Herstellern, war immer das größte Problem der Serie. Alle Versuche, die Serie international zu etablieren, scheiterten. Über die Versuche der ITR mit der japanischen SuperGT zusammenzugehen, kann der Kollege Yankee vermutlich ein Buch schreiben. Ebenso scheiterten die Versuche, die DTM und das Class One Reglement in den USA zu verankern. Aber mit nur drei Herstellern war die Decke von Anfang an sehr dünn.
Es steht außer Frage, dass die Class One nach dem Ausstieg von Audi am Ende ist. Die Versuche, japanische Hersteller für einen Einsatz zu begeistern, sind bisher ebenfalls gescheitert und es gibt, vor allem in der momentanen Situation, keinen Grund, warum sich das ändern sollte. Aber welche Chancen hat die ITR jetzt noch die DTM zu retten?
Die GT3 wird immer wieder genannt. Die vermutlich zurzeit erfolgreichste Tourenwagen Rennformel der Welt bietet spannende Autos, gute Rennen, eine etablierte BoP und viele Hersteller, die über ein GT3-Chassis verfügen. Darunter fallen auch Audi und BMW, die sicher nichts dagegen hätten, ein paar GT3 mehr zu verkaufen. Allerdings gibt es schon eine GT3-Serie in Deutschland und der ADAC hat vermutlich kein Interesse daran, die GT-Masters der ITR zu übergeben.
Eine Alternative, die seit gestern durch das Netz geistert, betrifft die GTE. Man können doch, so heißt es, die nur in der WEC und der IMSA eingesetzten Fahrzeuge ab 2021 in einer neuen DTM einsetzen. Doch da gibt es gleich mehrere Probleme. Zum einen die Kosten: die GTE kosten ungefähr das dreifache eines GT3 und sind zudem einem sehr teuren Entwicklungszyklus ausgesetzt. Das andere Problem ist, dass es kaum Hersteller für GTE-Fahrzeuge gibt.
Man muss nur in die GTE-Am der WEC schauen um zu erkennen, wie dünn die Decke ist. Dort beherrschen Porsche und Ferrari die Einsätze, plus zwei Chassis, die von Aston Martin kommen. BMW baut keine neuen Chassis des M8 mehr, GM hat nur drei oder vier Chassis der CR.8 und gibt die, wie BMW, auch nicht in private Hand.
Dazu kommt das Problem, dass die GTE als Rennformel selber vor einem möglichen Ende steht. Schon jetzt fahren in der WEC nur sechs Autos in der Pro-Klasse. Sollte zum Beispiel Porsche sich dazu entscheiden einen ACO/IMSA konformen Prototypen zu bauen, ist die Klasse tot.
Eine Möglichkeit wäre eventuell das Reglement der BTCC zu übernehmen. Dafür müsste die ITR einen Hersteller für einen Motor finden, wie es die TOCA macht. Dort baut Swindon Powertrain die Einheitsmotoren und verteilt sie an etliche Teams. Die offiziellen Hersteller (Honda, Vauxhall etc.) bauen die Motoren selber, allerdings nach den Vorgaben der TOCA. Ab 2022 kommt der Hybrid, der von Cosworth gebaut wird.
Die BTCC bietet fantastischen Motorsport, allerdings halt nicht im von den deutschen Herstellern gewünschten „Premium“ Format. Dazu kommt, dass die BTCC nur wenig von der TCR unterscheidet und davon gibt es dann auch schon wieder genug Serien in Deutschland und Europa.
Im Moment spricht vieles dafür, dass die DTM zum Ende der Saison (wenn diese Saison überhaupt gefahren wird) sich komplett verabschiedet. Da die Krise die Hersteller bis in das Jahr 2021 verfolgen wird, ist vor 2022 nicht mit einer neuen Serie zu rechnen. Ich gehe davon aus, dass es noch länger dauern wird. Nach 20, durchaus erfolgreichen Jahren, geht ein Stück deutsche Motorsportgeschichte zu Ende.
Bilder: DTM/SRO/BTCC
4 Kommentare
Ein technisch GT3-basiertes Format kann funktionieren, allerdings müsste es sich in Gestaltung, Präsentation und Ausprägung sehr deutlich von sonst typischen GT-Serien wie ADAC GT Masters unterscheiden und wirklich eine andersartige Alternative darstellen, und mindestens mal an Event-mässigen Grand Prix-Formaten anlehnen. Also ein Fahrer pro Fahrzeug (kein Fahrerwechsel), lange Rennen etwa in F1-Grösse, dazu die burschikose Rumpeligkeit der BTCC und eventuell den bunten Spirit der NASCAR. Privatteams, beliebte Fahrernamen… sowas kann klappen. Kann.
[…] Seltenheitswert auf Grund der aktuellen Ereignisse werden im Blog wohl DTM-Artikel bekommen, wie der über den Auftakt in Hockenheim. Schon damals […]
Ich verstehe nicht, wieso im Netz einige von GT3 sprechen. Mit dem GT Masters, der GT World Challenge und der VLN gibt es doch schon GT3 Sport mit kurzen, mittleren und langen Rennen und das quer durch Europa. Denke nicht, dass eine neue DTM hier die Lücke schließen kann.
Die einzige Chance sehe ich tatsächlich im Bereich GTE, sofern es hier für die nächsten 2-3 Jahre bei den 3 Herstellern Porsche, Ferrari und Aston Martin bleibt. Da sich die DTM seit langem als Werkssport sieht, würde das schon Sinn machen. Dürfte für die betreffenden Teams sicherlich interessanter sein als ein paar WEC Rennen im Jahr zu fahren, die meist unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Außerdem zieht der Name DTM immer noch einige Zuschauer an und ist sicher deutlich bekannter als die WEC in der breiten Masse.
Falls es gelingen würde ein paar Kundenteams zu überzeugen, ein bis zwei etwas abgespeckte GTE einzusetzen, könnte man sicherlich ein Feld von 10 bis 15 Autos zusammenbekommen.
Sehe ich auch als die einzige Chance. Das wäre auch die einzige Chance, die für 2020 geplante DTM Trophy mit GT4 Wagen fortzuführen.
Gerhard Berger hat echt einen tollen Job gemacht und der DTM mit wenigen Änderungen zu spannenderem Sport verholfen. Leider wird wohl in seinem Zeugnis stehen „Er war stets bemüht“.
Hallo PAYTV H3,
als GT-Autor im Blog möchte ich gerne auf Deine Ausführungen zur GT3 eingehen. Die GT3 ist im Motorsport momentan das beste Gesamtpaket. Alle Rennformate, nahezu alle Strecken und alle Teamarten werden von ihr abgedeckt. Dazu kommt die von Dir geschilderte Verbreitung in Europa – ein nicht zu unterschätzender Vorteil in Sachen Kostenoptimierung. Dass die VLN, GT Masters, SRO und andere Breitensportserien bereits auf GT3-Boliden setzen, ist zwar für uns Nerds Overkill-Potential, aber die breite Masse wird wahrscheinlich wohlwollend bei der DTM darüber hinwegsehen können. Man stelle sich nur mal den Norisring mit Vertretungen von Audi, BMW, Ferrari, Mercedes, Lexus, Porsche usw. vor. Gleichzeitig sehe ich aber auch den Zwang, sich von den Standardformaten abzusetzen, sprich: Sprintrennen mit einem Piloten und so wenig Hilfen wie möglich. Bis zu ihrer Übernahme durch die SRO war die Pirelli World Challenge ja ein gutes Beispiel für die Attraktivität eines solchen Serienkonzepts. Ein weiteres gutes Beispiel ist der immer actionreiche FIA GT World Cup in Macau.
Hinsichtlich der GTE würde ich Dir komplett zustimmen – allerdings vor vier Jahren. Die jetzigen Hersteller sind entweder auf dem LMDh-Absprung oder interessieren sich überhaupt nicht für Deutschland. Und ja: Berger kann noch so oft über die Internationalisierung sprechen, das hat und wird nie klappen. Am Ende des Tages ist er bislang nicht mehr als ein solide arbeitender Insolvenz-Verwalter von Herstellers Gnaden und hat der DTM ein aus meiner Sicht sehr ungesunden Personenkult verpasst („Berger sagt XY“). Auch wenn er das selbst sicher nicht wollte.
Zur Trophy: Abseits der Fakten, dass sie unnötig bleibt und eine Kriegserklärung an die SRO darstellt, liegt in der GT4 vielleicht die perfekte Außenseiterlösung. Hier benötigt es aber sehr viel guten Willen der Beteiligten. Und mehr Zeit.
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