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Formel Eins: Sainz zu Ferrari – Ricciardo zu McLaren

von DonDahlmann
4 Kommentare

Lange hat es nicht gedauert, bis Ferrari einen Ersatz für Vettel gefunden hat. Auch McLaren wurde schnell fündig.

Dass der Abgang von Vettel bei Ferrari eine ganze Kaskade von Veränderungen auf dem Fahrermarkt auslösen wurde, war klar. Überraschend ist dabei nicht der Ausgang, sondern die Schnelligkeit, mit der die entstandenen Lücken gefüllt wurden. Das deutet darauf hin, dass sowohl Ferrari als auch McLaren schon länger hinter den Kulissen beschäftigt waren und es lange Gespräche gegeben hat. Die neuen Konstellationen sind spannend und hinterlassen auch ein paar offene Fragen.

Sainz zu Ferrari

Ehrlich gesagt: Mich freut diese Ankündigung. Carlos Sainz jr. hatte, trotz seines Vaters und die Unterstützung durch Red Bull, nicht gerade die leichteste Karriere in der Formel Eins. Immerhin ist er schon seit fünf Jahren in der Serie unterwegs. 2015 wurde er bei Toro Rosso klar von Max Verstappen geschlagen (18:49), 2016 sah es ein bisschen besser aus. Zu Beginn der Saison konnte er Verstappen distanzieren, aber Red Bull entschied sich dann noch für den Niederländer, als man mitten in der Saison Kvyat demontierte. Den Russen hatte Sainz dann gut im Griff. Bei Renault lagen er und Hülkenberg gleichauf, aber er musste für Ricciardo Platz machen. McLaren erwies sich dann als ideales Sprungbrett.

Die letzte Saison lief für den Spanier mehr als erfolgreich, inklusive eines dritten Platzes in Brasilien. Dass Sainz im Laufe seiner Zeit gewachsen und schneller geworden ist, steht außer Zweifel. Dennoch ist es ein bisschen überraschend, dass sich Ferrari für Sainz und offenbar gegen Ricciardo entschieden hat. Der hat immerhin ein paar Siege auf seinem Konto und gilt als kompromisslos auf der Strecke.

Aber vielleicht war gerade diese Eigenschaft etwas, was Ferrari gerade nicht haben wollte. Der Australier hätte sich vermutlich nicht mit einem „Nummer 1B“ Vertrag abgefunden und hätte eine Gleichbehandlung eingefordert. Und mehr Geld. Für Sainz ist die Berufung nach Maranello das größte Geschenk seiner Karriere. Man wird ihm klargemacht haben, dass Leclerc im Zweifel die Nummer Eins ist und er vor allem das Podium hinter dem Monegassen anvisieren soll. Man wollte quasi einen Bottas bei Ferrari, der aber auch in der Lage ist zu gewinnen.

Der Druck auf Sainz ist nicht klein, aber man erwartet von ihm auch keine Wundertaten. Gleichzeitig kann Sainz zeigen, dass er vielleicht doch mehr kann, als man ihm bisher zugetraut hat. Damit hat er nach einer wechselhaften Karriere die größte Chance seines Rennfahrerlebens in der Hand.

Riccardo zu McLaren

Dass der Australier seinen überraschenden Wechsel zu Renault schnell bereut hat, konnte man in der Netflix Serie beobachten. Der schwierige Start des Werkteams im letzten Jahr war eine Sache, dass sie nicht in der Lage waren das eigene Kundenteam von McLaren zu schlagen, dann schon wieder eine andere Sache. Der Frust von Ricciardo saß sichtbar tief und auch seine Aussagen zum diesjährigen Chassis waren nicht gerade ermutigend. Dass er weg wollte, war ebenso offensichtlich wie die Tatsache, dass er nicht weg konnte, weil der Fahrermarkt zementiert war.

Dass Ferrari ihn ignoriert hat, dürfte ihn schmerzen. Eigentlich wäre der Australier der perfekte Mann für das Team. Schnell, kompromisslos, charmant und mit einer großen Fangemeinde ausgestattet. Aber wie oben beschrieben setzt Ferrari offenbar alle Karten auf Leclerc und eine Verpflichtung von Ricciardo wäre in dem Sinne ein Risiko gewesen.

Aber McLaren und Ricciardo – das ist eigentlich eine perfekte Kombination. Das Team, ab nächstes Jahr mit Mercedes-Motoren ausgestattet, ist klar „best of the rest“ und man traut den Briten durchaus zu, dass sie die Top Drei vorrücken können. Zak Brown gut eingekauft. Andreas Seidl, James Key und andere sorgen für ein starkes Entwicklungsteam. Lando Norris ist schnell, braucht aber noch ein bisschen Entwicklungszeit. Da passt der mittlerweile sehr erfahrene Ricciardo perfekt. Auch, was die Charaktereigenschaften des Australiers angeht.

Ich bin sehr gespannt auf die Kombination McLaren/Ricciardo und die Fans dürfen sich vermutlich auf die amüsanteste Fahrer-Kombi seit Jahren freuen. Norris und Ricciardo sind bekanntermaßen beide Freunde des „practical joke“.

Renault als große Verlierer?

Die Franzosen sind die großen Verlierer der letzten Tage. Dass ein Nummer Eins Fahrer wie Ricciardo nach praktisch nur einer Saison das Team fluchtartig wieder verlässt und zum Kundenteam wechselt, ist eine schallende Ohrfeige. Es sagt viel über die Struktur und Moral des Teams aus. Denn offenbar sah Ricciardo keine Zukunft und hatte keine Hoffnung, dass sich die Lage bessert. Wie schlecht kann man als Werksteam da stehen?

Es ist mehr als unwahrscheinlich, dass man Vettel für das Team gewinnen kann, wenn Ricciardo das Team auf diese Art verlassen wollte. Es gibt im Moment allerdings auch kaum Top-Fahrer auf dem Markt. Was die Lage für Renault mehr als misslich macht.

Ein Name, der im Moment immer wieder auftaucht: Fernando Alonso. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Renault beim Spanier angerufen hat, aber ich bin mir unsicher, ob Alonso Lust auf Renault hat. Der Spanier hat zwar immer gesagt, dass er gerne wieder in die F1 wechseln würde, aber nach zwei Jahren Pause ist das ein wenig unwahrscheinlich. Es steht außer Frage, dass Alonso weiterhin zu den Top-Fahrern gehört, aber hat er das Zeug für die F1. Und hat er Lust darauf, Renault umzubauen?

Aber neben Alonso gibt es niemanden auf dem Markt, den man neben den Esteban Ocon setzen könnte (von dem man auch noch nicht weiß, wie gut er ist). Man hat sicher noch die Handynummer von Hülkenberg, aber es wäre auch ein bisschen peinlich, wenn man den Deutschen, nachdem man ihn gegen Ocon ausgetauscht hat, wieder an Bord holt.

Eine Variante wäre noch Pierre Gasly. Der steckt bei Toro Rosso fest, lieferte da aber im letzten Herbst sehr gute Rennen ab. Auf der anderen Seite ist da sein Rauswurf bei Red Bull, der ein wenig Fragen aufwirft. Gasly wäre allerdings vermutlich günstig zu bekommen und ist hoch motiviert.

Und Vettel?

Für Vettel gibt es nur zwei Optionen: Ruhestand oder Mercedes. Mit 33 kann man als vierfacher Weltmeister sicher entspannt in den Ruhestand gehen, aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass Vettel dazu noch keine Lust hat. Aber die einzige Alternative, die seinen Ansprüchen genügen würde, wäre Mercedes.

Sicher wäre es verlockend für Mercedes einen deutschen Fahrer im Team zu haben. Dazu kommt, dass Hamilton und Vettel viel gegenseitigen Respekt voreinander haben. Aber irgendwie klingt eine Verpflichtung von Vettel neben Hamilton auch nach viel Ärger. Das hatte man mit Rosberg, dass will man nicht noch mal. Und das Vettel sich ungern unterordnet, hat man bei Red Bull und bei Ferrari gesehen.

Dazu kommt, dass Mercedes dann eine sehr alte Fahrerpaarung hätte. Hamilton ist 35 Jahre alt, Vettel wird im Juni 33. Beide sind also eher im letzten Teil ihrer Karriere angekommen. Wenn beide aufhören, steht Mercedes ohne erprobten Fahrer da. Mehr Sinn macht es für Mercedes 2021 auf den sehr schnellen George Russell zu setzen, damit dieser neben Hamilton wachsen kann.

Von daher wird es wohl so sein, dass Vettel zum Ende der Saison seine Formel Eins Karriere beenden wird.

Bilder: McLaren, Renault F1, Ferrari

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4 Kommentare

nona 14 Mai, 2020 - 17:25

Dass Ferrari lieber Sainz als Ricciardo verpflichtet dürfte auch altersperspektivische Gründe haben. Ricciardo ist rund fünf Jahre älter als Sainz und liegt damit (die 30 geknackt) in der Altersphase, wo die Leistungskurve sich so gaaaanz langsam zu neigen beginnt. Manche Fahrer kompensieren das mit Erfahrung (manche blühen sogar dann erst richtig auf), anderen fällt es aus verschiedenen Gründen sichtlich schwer, die Leistung der Top-Ära „Mitte 20+“ auch weiterhin abzurufen. Ob Sainz den impliziten Status „1B“ innerlich akzeptiert auch wenn er ihn bei den Vertragsgesprächen abnickt, würde ich bezweifeln. Sainz verfügt durchaus über ein gesundes Selbstbewusstsein und ist älter als Leclerc, kann schon sein dass das nicht reibungsarm von statten geht.

Niklas 14 Mai, 2020 - 19:10

Wieso stellt man Hamiltons Karriere nicht in Frage? Der Mann ist 35 Jahre alt und hat alles erreicht, was er erreichen konnte. Er wird dieses Jahr vermutlich Michael Schumacher einholen. Mehr geht nicht. Vielleicht beendet ER seine Karriere am Ende der Saison? Dann wäre der Weg für Vettel sicherlich frei.

SP Otter 15 Mai, 2020 - 12:22

Hallo,
eine (unangenehme) Variante gibt es noch. Wenn Mercedes doch am Saison Ende die Formel 1 verläßt bzw. das Team verkauft!

Daimler Vorstand Källenius ist seit 1993 bei Mercedes und gilt als Rennsport Freund. Er war bei McLaren-Mercedes in England, danach Chef der Formel-1-Motorenschmiede in Brixworth und später auch bei AMG.
Und trotzdem könnte die aktuelle Krise dazu führen, daß Mercedes die Formel 1 als Hersteller verläßt.
Das erste Quartal 2020 brachte ein Gewinneinbruch, der es in sich hatte. Daimler wäre fast in den Verlust geschlittert.
Nur noch 94 Mio. verdiente Daimler im Gegensatz zu 2,1 Mrd. im Q1 2019! Und das zweite Quartal wird wohl noch schlimmer werden.
Das wissen wir dann Ende Juli.
Es wäre nicht schön aber da Daimler wohl auch Personal abbauen wird, könnte es eng werden für die Formel 1.
Was ich mir in so einem Fall vorstellen könnte, da ja Källenius auch bei AMG war und Sportwagen sicherlich liebt, wäre Mercedes ab 2022 bei den Hypercars. Und da dann auch wieder gegen Porsche …
Das wäre schon ein schmerzlicher, aber auch Hoffnung machende Ausblick für so manchen Race-Freund …

Alles Gute, Spotter

Hregor 1 Juni, 2020 - 18:36

Zwar schon halben Monat her aber dennoch: Bin mit der Diagnose Karriereende für Vettel einverstanden. Wieso soll Mercedes ihn nehmen? Man hat einen perfekten Nr. 2 Fahrer in Bottas. Hört HAM aus würde ich Valtteri auch eine WM zutrauen. Russel hätte dann eine Chance sich zu beweisen und Bottas zu schlagen. Sehr in dieser Konstellation keinen Grund Vettel einzustellen.

Zieht sich Mercedes zurück ergeben sich natürlich neue Möglichkeiten. Z.B. ein wiedererstarken von Mclaren Mercedes oder ein neues Brackley Team unter Aston Martin Branding mit Stroll/ Wolff als Eigentümer. Dann wäre ggf. Lance Stroll ein Platz sicher und der zweite könnte an einen Erfahrenen gehen – vielleicht Vettel, wenn HAM sich das nicht antun will. Hierzu müsste aber schon echt viel passieren. Ist eher Wunschdenken eines Vettel Fans.

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