Die Formel Eins ist zurück. Aber es wird keine Saison wie jede andere.
Nachdem die USA ihre Motorsportsaison im Mai gestartet, genauer gesagt wieder aufgenommen haben, folgt jetzt so langsam Europa. Die NLS/VLN startet am Wochenende ohne Zuschauer das erste Rennen, nun folgt dann auch die Formel Eins. Aber in diesem Jahr ist bekanntlich alles anders und das Coronavirus diktiert die Regeln. Bisher ist nur klar, dass die Rennen bis Anfang September sicher sind. Der bisherige Kalender sieht so aus:
05.07 Österreich I
12.07 Österreich II
19.07 Ungarn
02.08 Großbritannien I
09.08 Großbritannien II
16.08 Spanien
30.08 Belgien
06.09 Italien
Alle genannten Rennen sollen, Stand jetzt, ohne Zuschauer stattfinden. Ja, auch Monza. Was angesichts der Katastrophe, die Italien dieses Jahr erleben musste, auch mehr als verständlich ist. Darüber hinaus gibt es keine bestätigten Termine. Abgesagt sind Australien, Niederlande, Frankreich, Monaco, Singapur und Japan. In der Warteschleife befinden sich Baku, China, Vietnam und Kanada. Unklar ist die Situation in den USA, Mexiko und Brasilien. Als halbwegs gesichert gelten die Rennen in Sotchi, Bahrain und Abu Dhabi. In diesen drei Ländern überlegt man auch zwei Rennen hintereinander zu fahren. Und dann gibt es noch Mugello und Imola, die sich für ein Rennen beworben haben.
Es ist möglich, dass die F1 dieses Jahr fast alle Überseerennen streicht. Die einzige Ausnahme ist wohl China, die das Rennen wohl unbedingt haben wollen. Denkbar ist, dass die F1 China macht, ansonsten aber in der EU, Russland und auf der arabischen Halbinsel bleibt. Das Problem sind einerseits die Einreisebestimmungen, andererseits auch die Strapazen langer Reisen mit Masken in einem so engen Zeitfenster, das der Saison noch zur Verfügung steht. Aber auch Kostengründe spielen eine Rolle.
Die Coronakrise hat auch die F1 sehr hart getroffen. Liberty Media hat zwar angekündigt den Teams die volle Saison zu bezahlen (also auch für die ausgefallenen Rennen) aber das reicht eben nicht. Denn die Sponsoren der Teams zahlen nur für die Rennen, die auch gefahren werden. Dies und andere wirtschaftliche Probleme haben zwei Teams schon in arge Schwierigkeiten gebracht.
Williams steht bekanntermaßen zum Verkauf. Das Unternehmen hat zwar, laut eigenen Angaben, die Saison 2020 gesichert, aber auch nur diese. Seit Mai sucht man, unter anderem wohl auch mit Hilfe von Bernie Ecclestone, jemanden, der Williams teilweise oder auch komplett übernimmt. Gehört hat man zu dem Thema bisher nichts.
Etwas überraschend kam letzte Woche die Nachricht, dass auch McLaren in Schwierigkeiten steckt. Das kam auch nur deswegen raus, weil McLaren einen Kreditgeber verklagt hat. Man hatte für einen Kredit u.a. McLaren Heritage als Sicherheit gegeben. Diese Sicherheit ist offenbar nach Ansicht von McLaren mehr wert als der Kredit. Also wollte man nun sie wieder loslösen um einen weiteren Kredit aufnehmen zu können. Was der Kreditgeber abgelehnt hat. McLaren steckte aber in einer Cash-Flow Falle.
Hintergrund hier sind die ausbleibenden Verkäufe von McLaren Cars. Aufgrund von Corona konnte auch McLaren wochenlang weder Autos bauen, noch verkaufen. McLaren Cars macht aber mittlerweile gut 70 Prozent der Cash-Flow-Einnahmen des gesamten Unternehmens aus. Da kein Geld rein kam, wurde es eben knapp. Mittlerweile ist die National Bank of Bahrain mit 150 Millionen Dollar eingesprungen. Das sollte einen nicht weiter verwundern, denn dem Staatsfond von Bahrain, die Mumtalakat Holding Company, gehören 56 % der Anteile an McLaren. Geht McLaren pleite, verliert der Fond seine gesamten Einlagen.
Die beiden bekannten Fälle zeigen, dass es hinter den Kulissen unruhig zugeht. Zu den Wackelkandidaten zählen auch Alfa, Haas und Racing Point/Aston Martin. Alfa deswegen, weil völlig unklar ist, was mit der Marke passiert, wenn sich der Fiat-Chrysler Konzern mit dem Peugeot-Konzern zusammenschließt. Die Marke Alfa Romeo ist wirtschaftlich gesehen jetzt auch nicht gerade das blühende Leben.
Bei Haas finanziert der Eigentümer Gene Haas den ganzen Trubel über den Verkauf seiner Maschinen für die Leicht- und Schwerindustrie. Doch deren Auftragslage ist auch nicht gerade gut, vermutlich wird Haas das auch spüren. Nachdem Desaster mit „Rich Energy“ musste Haas schon Geld nachlegen. Wie lang Haas gewillt ist, sich den Spaß zu erlauben, dürfte die entscheidende Frage sein.
Racing Point scheint im Moment sicher. Auch wenn das dahinterstehende Konsortium sein Geld mit Mode verdient und diese Branche auch gerade in Schwierigkeiten ist, so hat man doch mit BWT immer noch einen Hauptsponsor. Und Aston Martin? Der Namenswechsel des Teams in 2021 ist nur ein Rebranding. Aston hat keine finanziellen Verpflichtungen, soweit man das weiß. Aber am Ende bleibt das dann aber doch bei der Familie Stroll hängen.
Renault scheint die F1 nicht aufgeben zu wollen. Obwohl die Lage beim Hersteller alles andere als rosig ist. Immerhin musste man sich Geld vom Staat erbetteln (dem 15 % gehören). Aber die Lage ist halt schwierig und bei einer weiteren Verschärfung der Situation kann sich wieder alles ändern.
Mercedes scheint dagegen sicher zu sein. Da ändert auch die Krise nichts. Was daran liegt, dass das F1 Team wohl auch im zweistelligen Millionenbereich Geld verdient. So lange das gegeben ist, bleibt man der F1 wohl auch treu. Aber auch hier gilt: Eine Vorstandsentscheidung später kann die Sache anders aussehen. Es gab schon Gerüchte, dass Toto Wolff quasi im Alleingang übernehmen könnte, um es unter dem AMG Branding weiterzuführen.
Immerhin wenig bis keine Probleme sollten Red Bull (plus Alpha Tauri) und vor allem Ferrari haben. Ferrari verdient über die F1 sehr viel Geld. Bis zu 150 Millionen sollen es pro Jahr sein, die das Team allein mit dem Rennsport macht. Das wird zwar ab nächstem Jahr weniger, sollte Ferrari aber nicht ins Mark treffen.
Auf dem Fahrermarkt hatten wir die großen geplatzten Bomben schon im Mai. Ferrari hat Vettel mehr oder weniger freundlich gekündigt. Was der Deutsche machen wird, ist völlig unklar. Vielleicht spekuliert er auf einen Platz bei Mercedes, aber Bottas hat auf SkyF1 UK verlauten lassen, dass Vettel absolut kein Thema sei. Zu teuer, nehme ich mal an. Bei Renault wäre was frei und ich kann mir sehr gut vorstellen, dass Teamchef Cyril Abiteboul schon mehrfach die Mailbox von Vettel voll gequatscht hat.
Der Weggang von Ricciardo nach nur einer Saison, nachdem Abiteboul ihn höchstpersönlich dahin gelockt hat, war und ist eine schallende Ohrfeige. Vettel zu verpflichten wäre das Gegenmittel. Aber so richtig vorstellen kann sich das keiner. Vettel ist, mit Ausnahme von Toro Rosso, nur in Top-Teams unterwegs gewesen. Renault mag den Anspruch dazu haben, sie sind es aber nicht (siehe Ricciardo). Ansonsten hat halt auch Vettel keine Alternativen. Er ist halt nicht Kimi, der das alles als „Hobby“ betrachtet.
Wir haben also einen unsicheren Kalender, zwei Teams in finanziellen Schwierigkeiten, ein paar weitere, bei denen es unsicher ist und zwei Teams, die entspannt sind. Dazu kommt ein vierfacher Weltmeister ohne Cockpit. Die Saison wird man irgendwie über die Bühne bekommen, aber was 2021 passieren wird, kann niemand sagen. Das hängt alles an einem winzigen, unsichtbaren Virus.
Morgen kommt dann Teil 2 mit der Vorschau in Sachen Strategie und eine Einschätzung der Teams.
Bilder: Alfa Romeo, Daimler AG, McLaren, Renault
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[…] [Teil Eins der Vorschau findet sich hier] […]
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