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Formel Eins: Analyse GP der Steiermark 2020

von DonDahlmann
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Das zweite Rennen auf dem Red Bull Ring hatte so gar nichts mit dem ersten zu tun. Bei Ferrari lief es unglücklich.

Eigentlich zählte der Red Bull Ring in den letzten Jahren zu den eher schlechteren Strecken für Mercedes. Dass das Team jetzt beide Rennen gewinnen konnte, dürfte der Konkurrenz Kopfzerbrechen bereiten. Das gilt vor allem für Red Bull, die die beiden Ausgaben in den letzten Jahren klar gewinnen konnten. Aber Mercedes war am Wochenende in einer anderen Liga. Wie Bottas im ersten Rennen, konnte Hamilton nach wenigen Runden schon den Schongang einlegen und das Rennen von vorne kontrollieren. Wie gut der W11 geht, konnte man dann im letzten Renndrittel an Bottas sehen. Der holte die acht Sekunden Rückstand auf Verstappen mit Leichtigkeit auf und setzte sich, nach einem sehenswerten Zweikampf mit dem Niederländer, dann locker ab. Wehren konnte sich Verstappen, der vor einem Jahr den Mercedes noch um die Ohren gefahren war, nicht.

Aber den größten Anlass zur Sorge dürfte den anderen Teams die sensationelle Runde von Lewis Hamilton in der völlig verregneten Quali gegeben haben. Der Brite distanzierte das Feld um satte 1.2 Sekunden. Selbst wenn die letzte Runde von Verstappen nicht durch einen Dreher beendet worden wäre – die Zeit war niemals in Gefahr. Der Niederländer gab an, dass man vielleicht 5 Zehntel hätte schneller sein können. Das würde immer noch sieben bis acht Zehntel Abstand bedeuten. Der sehr hohe Speed des Mercedes im Regen deutet auch darauf hin, dass das Auto über sehr viel mechanischen Grip verfügt, also auch auf langsamen Strecken sehr gut agieren wird. Was dafür spricht, dass Mercedes auch beim nächsten Rennen in Ungarn kaum zu schlagen sein könnte.

Das Rennen war dann vorne dementsprechend langweilig. Hamilton fuhr eine gemäßigte Pace, rund eine Sekunde langsamer, als er hätte fahren können. Verstappen mühte sich ab, konnte aber nichts unternehmen. Hinter ihm landete dann Albon auf P4. Der wiederum sah an diesem Wochenende nicht so gut aus, weil der Abstand zu Verstappen sowohl in der Quali, als auch im Rennen enorm war. Allerdings hatte Red Bull Albon im Rennen auch auf eine andere Strategie gesetzt, bei der zur Mitte des Rennens etwas Zeit verlor.

Deutlich mehr Musik war im Verfolgerfeld. McLaren zeigte sich wie schon letzte Woche in der Quali stark, aber im ersten Teil des Rennens fehlte die Pace. Offenbar geht das Auto mit vollen Tanks nicht wirklich gut. Renault und vor allem Racing Point zeigte sich in dieser Phase des Rennens deutlich besser. Allerdings änderte sich das Bild dann ab circa der Hälfte des Rennens. Ab da waren die McLaren dann besser und mit leerem Tank in den letzten Runden zauberte Lando Norris erneut. In der letzten Runde schnappte er sich Ricciardo und Perez, der allerdings einen demolierten Frontflügel hatte. Dennoch wieder ein gutes Rennen von McLaren, die wichtige Punkte sammeln konnten.

Der Kampf zwischen Racing Point und Renault war über das gesamte Rennen sehenswert. Allerdings war der reine Speed der RP-Mannschaft schon enorm. Perez war in Q1 ausgeschieden, fand sich aber sehr schnell in den Top Ten wieder. Er überholte scheinbar problemlos und schnappte sich Ricciardo und fuhr die Lücke zu Albon relativ schnell zu. Hätte er sich bei einem Überholversuch an Albon nicht den Frontflügel demoliert, wäre P4 drin gewesen.

Der Speed der Racing Point mit der Kopie des Mercedes W10 ist den anderen Teams ein Dorn im Auge. Renault legte nach dem Rennen offiziell Protest ein, weil man glaubt, dass u.a. die Bremsbelüftungen eine glatte Kopie seien. Die gehören aber zu den Teilen, die die Teams selber entwickeln müssen. Die FIA hat den Protest angenommen, die Bremsbelüftung bei RP konfisziert und auch bei Mercedes deren Teile vom W10 eingefordert. Bis eine Entscheidung kommt, ist das Ergebnis des zweiten Rennens also vorläufig.

Die Frage ist, ob die FIA da was findet. Und selbst wenn die Bremsbelüftung eine direkte Kopie ist – Kopien sind nicht verboten und kommen immer wieder vor. Was genau Renault ausgerechnet an den Bremsbelüftungen bemängelt, ist mir nicht so ganz klar. Wären es Teile des Unterbodens, der Berge Boards etc. könnte ich das verstehen, weil diese Teile zu der „unsichtbaren“ Arbeit der Aerodynamik gehört. Eine reine Kopie bringt hier nichts, wenn man nicht Informationen zu den CFD-Daten vom Original hat. Das gilt zwar in einem gewissen Rahmen auch für die Belüftungen der Bremse, aber die sind, dank vieler offizieller Fotos, auch leichter zu kopieren. Wann genau die FIA ihr Urteil verkünden wird, ist nicht bekannt.

Aber die großen Verlierer des Wochenendes waren die Ferrari. Nachdem überraschenden zweiten Platz von Leclerc im ersten Rennen, lief es beim zweitem Lauf richtig schlecht. In der Quali blieb Leclerc in Q2 hängen und Vettel schaffte es mit 8 Hundertsteln in Q3. Wo er dann aber auch nichts ausrichten konnte. Das war dann schon sehr alarmierend. Der Regen hätte eigentlich dafür sorgen müssen, dass der Leistungsnachteil des Ferrari-Motors nicht so auffällt. Bisher war man auch davon ausgegangen, dass der Ferrari über viel (eben zu viel) Abtrieb verfügt. Aber davon war in der Quali nichts zu sehen. Die Alarmglocken dürften noch lauter sein, nachdem man am Freitag feststellen musste, dass die vorgezogenen Updates absolut nichts gebracht haben.

Im Rennen war nach drei Kurven Schluss. Leclerc sah in T3 eine Lücke, die es nicht gab, und räumte dann Vettel ab. Das war es schon. Der Fehler war schon bemerkenswert, vor allem von Leclerc. Das hatte auch nichts mit mangelnder Erfahrung in der F1 zu tun. Die Lücke wäre in jeder anderen Serie, die der Monegasse durchlaufen hat, auch nicht da gewesen. Er nahm die Schuld dann auf sich. Viel ausrichten hätte Ferrari nicht können, aber jetzt fehlt eine ganze Renndistanz an Daten.

Und die anderen?
– Gutes Rennen von Kvyat, der sich P10 sicherte. Gasly hatte in der Quali P7 erobert, beschädigte sich aber in den ersten Runden den Unterboden und blieb chancenlos. Generell machte Alpha Tauri in den ersten beiden Rennen einen soliden Eindruck.

– Für Alfa lief es beim zweiten Lauf etwas besser. Räikkönen kam auf P11, allerdings weit hinter Kvyat. Eine Chance auf Punkte hatte man nicht, aber immerhin zeigte man sich mal wieder.

– Haas und Alfa liegen ungefähr gleich auf. Die mysteriösen Bremsprobleme bei Haas, bleiben allerdings. Es ist langsam nicht mehr nachzuvollziehen, warum man die nach drei Jahren noch nicht in den Griff bekommen hat.

Williams zeigte eine tolle Quali (Russel P12), aber im Rennen ging es nur nach hinten. Der Rennspeed stimmt nicht. Das Auto hat aber das Potenzial, wie die Quali zeigt.

Bilder: Daimler AG, Ferrari, Racing Point, Renault, McLaren, Alfa Romeo, HaasF1, Williams

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1 Kommentare

Dennis 13 Juli, 2020 - 23:05

Hallo Don,

bei den Bremsbelüftungen geht es mehr um das Innere. Das Außendesign ist anhand von Fotos recht gut zu kopieren, das Innere eben nicht. Deswegen sind die Bremsbelüftungen von RP beschlagnahmt und Mercedes „gebeten“ worden, seine vom letzten Jahr einzureichen. Wenn beide Versionen nun im Inneren 100 % gleich sind, wäre das wohl kein Zufall – weil eben nicht sichtbar. Für mich ist allerdings unvorstellbar, dass Mercedes solche Interna weitergibt. Zum einen ist auch RP ein Konkurrent. Warum sollte man diesen stark machen? Zum zweiten ist es nun mal verboten. Warum bitte sollte der Weltmeister einen solchen Regelverstoß begehen? Drittens wäre damit der Imageschaden beträchtlich. Davon ab hat RP das Design des RP20 schon vor dem Saisonsart von der FIA „abnehmen“ lassen. Von daher sehe ich Renault derzeit einfach als schlechten Verlierer. Und ja, in acht nehmen sollten sich alle vor dem rosa Mercedes.

Apropos: Warum sollte man ein „unsichtbares“ Teil wie den Unterboden nicht kopieren können? Oft genug stehen die Renner aufgebockt in den Garagen. Und beim Transport dürfte so ein Unterboden (speziell als Ersatzteil) doch mal von allen Seiten „sichtbar“ sein…

Bei Williams wiederspreche ich dir übrigens. Das Auto hat Potenzial? Ich denke, die Pace in der Quali machte vor allem Russel, der Junge hat’s drauf. Sicher ist der 2020er Williams besser als der 2019, aber die Granate ist er nicht. Haas: ohne Worte, gleiche Meinung. Und Ferrari? Die vergeigen es dieses Jahr völlig. So respektlos, wie man jedoch Vettel vor die Tür setzte, hab ich auch kein Mitleid. Daneben fand ich übrigens, wie Binotto nach Vettels Dreher im ersten Rennen auf diesen einhackte. Bei Leclerc ist Binotto dagegen verdammt still. Und dessen Selbstkritik geht mir auch langsam auf die Nüsse. Als ob er immer zeigen, was für ein braver Junge er doch eigentlich ist…

Schöne Grüße aus dem Harz
Dennis

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