Und wieder geht es nach Silverstone. Das Rennergebnis sollte vorne eigentlich klar sein.
Wenn man sich die nackten Zahlen des letzten Rennens anschaut, dann sieht die Sache für Mercedes einfach aus. Der Vorsprung auf die Red Bull beträgt lockere 1,2 Sekunden in der Qualifikation und im Rennmodus, wenn man etwas langsamer macht, sind es immer noch 0,6 bis 0,7 Sekunden. Der ganze Rest hängt noch weiter zurück. Wir reden hier von Abständen von einer 1,0 bis 1,5 Sekunden pro Runde auf die Ferrari, McLaren usw. Viel schiefgehen sollte da also am Wochenende nicht. Zumindest nicht für Hamilton, der in der WM schon mit 30 Punkten vor Bottas führt.
Der Finne benötigt ein richtig gutes Wochenende und kann nur hoffen, dass Hamilton auch mal so viel Pech hat, wie er selber. Die Situation im letzten Rennen hätte auch gut umgekehrt sein können, also dass die Reifen beim Briten zuerst aufgeben und sich Bottas mit einem geplatzten Reifen ins Ziel rettet. Aber Silverstone und Hamilton passt einfach, von daher ist nicht zu vermuten, dass Bottas ein Sieg gelingt.
Das gilt natürlich auch für den ganzen Rest des Feldes. Red Bull ist weit weg, hat aber immerhin auch genug Abstand auf die Verfolger. Sorgen muss man sich da nicht machen, aber Hoffnung auf einen Sieg gibt es eben auch nicht gerade viel. Ob es Adrian Newey gelingen wird, das diesjährige Chassis noch hinzubiegen? Es scheint fast aussichtslos den riesigen Abstand in diesem Jahr mit Setup und ein paar Updates aufzuholen.
Ferrari ist im letzten Rennen zumindest mit Leclerc eine kleine Überraschung gelungen. Schon der vierte Platz in der Quali war mehr, als man von Ferrari erwarten konnte. Immerhin handelt es sich bei Silverstone um eine Strecke, auf der Motorleistung gefragt ist. Und davon haben die Italiener in diesem Jahr zu wenig. Aber das Chassis scheint zu funktionieren. Zumindest für den Leclerc. Bei Vettel sah es deutlich anders aus. Die Gründe dafür sind bis heute nicht klar, da sich beide in Sachen Setup wohl sehr ähnlich sind.
Die Enttäuschung des Rennens war sicher Racing Point. Weder in der Quali noch im Rennen zeigte der RP20 die Leistung, die man eigentlich von ihm erwartet hatte. Stroll und Hülkenberg hingen 1,5 Sekunden in der Quali zurück. Im Rennen lief es noch schlechter. Stroll konnte das Tempo der McLaren und Renault nicht halten. Selbst Gasly im Alpha Tauri war schneller. Sicher, Stroll hatte die älteren Reifen aufgezogen, aber auch in der Anfangsphase seines Stints tat er sich schwer. Eigentlich hatte man erwartet, dass die RP hinter den Mercedes liegen würden.
Woran die Schwierigkeiten lagen, ist schwer zu sagen. Entweder stimmt etwas mit dem Chassis für die Strecke nicht, ober man hatte sich beim Setup verhauen. Beides ist möglich, ich tippe aber eher darauf auf das Chassis.
McLaren und Renault werden sich erneut einen engen Kampf liefern. Der dürfte dann auch das Highlight des Rennens sein. Beide sind in Silverstone ungefähr gleich auf, wobei die Renault im Rennen den schnelleren Eindruck machten. Was ein wenig überraschend war, denn bisher waren die McLaren gegen Ende des Rennens immer besser. Das zweite Rennen wird zeigen, welche Rolle die Reifen hier gespielt haben. Kann durchaus sein, dass die härtere Mischung den McLaren nicht behagt.
Strategie:
Dieses Wochenende gibt es C2, C3 und C4, also geht man eine Stufe weicher als noch letzter Woche. Das hat, angesichts der Reifenschäden, für Skepsis gesorgt. Wenn schon die C1 zerfleddern, was passiert dann mit den C2 im Rennen an diesem Wochenende? Pirelli hat sich die Reifenschäden angeschaut und die Woche vermeldet, dass die Reifenschäden aus einer übermäßigen Beanspruchung resultierten (Überraschung). Man schiebt die Schuld Richtung der Teams, was sicher nicht ganz falsch ist. Allerdings hat man für das kommende Rennen auch den Reifendruck angepasst.
Ich bin mir sehr sicher, dass es an diesem Wochenende keine Probleme mit den Reifen geben wird. Der Grund ist ganz einfach: Der C2 kommt einfach nicht über die Distanz. Es wird allen Teams nichts anderes übrig bleiben, als zweimal zu stoppen. Das hatten wir ja wirklich lange nicht mehr. Zwei Stopps bieten mehr Möglichkeiten bei der Strategie. Sowohl vor dem Start als auch im Rennen. Wer auf den C2 startet, kann es mit einem Overcut versuchen. In den Top Ten wird man vermutlich mit den C3 starten wollen. Aber außer Mercedes und vielleicht Red Bull sehe ich da niemanden, der das kann. Der C4 wird schnell eingehen, also muss man sich fragen, ob man erst auf die C1 wechselt oder doch die C3 für schnelle Runden nimmt.
Dazu kommt allerdings, dass es am Wochenende richtig warm wird. Bis zu 30 Grad können es Samstag werden, Sonntag soll es mit 27 Grad nur minimal kühler sein. Bedeutet, dass die Streckentemperatur die 40 Grad überschreiten wird, was wiederum Auswirkungen auf den Verschleiß haben wird. Das Reifenmanagement wird also vor allem im ersten Stint eine große Rolle spielen.
Bilder: Williams, Racing Point, Daimler AG, Pirelli