Auf in Runde zwei: Drei Wochen nach dem Auftakt am Fuji Speedway begibt sich die Super GT an diesem Wochenende abermals auf die Highspeed-Strecke am Fuße des japanischen Wahrzeichens.
Bevor wir aber einen vorausschauenden Blick auf die Action am Wochenende werfen, kurz ein paar Worte in eigener Sache. In diesem Jahr möchten wir nämlich die Vorschauen und Analysen zum Motorsport made in Japan in einem etwas anderen Format präsentieren. Im Fokus sollen dabei die jeweiligen Top-Themen respektive jene Themen sein, die wir als entsprechend wichtig oder interessant einstufen. Die hohe Qualität sowie der gewohnte Informationsgehalt bleiben natürlich erhalten. Das Ganze wird lediglich etwas kompakter und an die modernen Lesegewohnheiten angepasst präsentiert – auch wenn die Zeichenzahl aufgrund der Analyse des Kräfteverhältnisses dieses Mal etwas höher ausgefallen ist. Längere Artikel wie unsere Mega-Saisonvorschau auf 17 Seiten sollen dabei die Ausnahme bilden.
GT500
Nach Fünffacherfolg zum Auftakt: Toyota ist die Marke der Stunde
Da wurden Erinnerungen an 2017 wach. Damals gelang Toyotas Edelmarke Lexus beim Debüt des neuen Lexus LC500 in Okayama ein historischer Sechsfachtriumph. Ein Meilenstein, dessen Wiederholung, zumindest in absehbarer Zeit, durchaus angezweifelt werden durfte. Jetzt, drei Jahre später, kam Toyota jedoch wieder ganz nah an den eigenen Erfolg heran. Einen besseren Einstand für den nagelneuen Toyota GR Supra hätte sich der Automobilgigant jedenfalls nicht vorstellen können. Wie einst vor drei Jahren wurde der Fünffacherfolg auch dieses Mal wieder von Ryo Hirakawa / Nick Cassidy im KeePer TOM’s GR Supra angeführt. Damit machte das Meisterduo von 2017 genau damit weiter, womit sie nach dem Sieg beim letztjährigen Finale in Motegi aufgehört haben. Für Cassidy war es ganz der dritte Triumph in Folge, schließlich gewann er auch den ersten der beiden Super GT x DTM Dream Race-Läufe Ende 2019. Damit bestätige das japanisch-neuseeländische Duo auch ihre Favoritenrolle auf den GT500-Titel. Dahinter platzierten sich Yuhi Sekiguchi und Sascha Fenestraz, der damit ebenfalls ein exzellentes GT500-Debüt auf den Asphalt zauberte, im au TOM’s GR Supra sowie Kazuya Oshima / Sho Tsuboi im Wako’s 4CR GR Supra. Damit landete das mehr oder weniger neue Team von Rookie Racing – dahinter verbirgt sich der zweite Wagen von Cerumo, in dem auch viele Mechaniker von Team LeMans sind, die nach dem Abgang des Teams somit Toyota erhalten blieben – beim Debüt auch gleich auf dem Podium. Abgerundet wurde die Supra-Dominanz durch Yuji Tachikawa / Hiroaki Ishiura (Zent Cerumo GR Supra) sowie Yuichi Nakayama / Kenta Yamashita (Denso Kobelco SARD GR Supra). Es ist daher auch nicht verwunderlich, dass einige japanische Fans gar vom „Supra GT“-Auftakt sprachen.
Keine Frage: Bereits vor dem Saisonstart galt Toyota als einer der Hauptfavoriten. Dass man aber mit solch einer Leichtigkeit die ersten fünf Plätze belegen würde, daran dürften wohl nur die Wenigsten geglaubt haben. Während der Wintertestfahrten lieferte man sich mit Honda ein Katz-und-Maus-Spielchen. Keiner wollte die Favoritenrolle annehmen. Beide Seiten sahen sich als Herausforderer. Zumindest dem Honda-Lager war jedoch klar: Die Longrun-Pace des neuen Supra ist furchteinflößend. Vielmehr: Auch an die Höchstgeschwindigkeit kam keiner der Konkurrenten an, die im Durchschnitt rund 10 km/h schneller ausfiel. Angesichts der eingefrorenen Aerodynamik- und Motorentwicklung für dieses Jahr müssen Honda und Nissan mit Kniffen beim Setup diesen Rückstand einholen. Laut Ryo Hirakawa haben sich die Ingenieure bei TGR auch stark auf die Kühlung des Turbo-Aggregats konzentriert, wodurch bei heißen Temperaturen kein Geschwindigkeitsabfall zu erwarten ist.
Laut Nick Cassidy war der Auftakterfolg jedoch nicht nur der Fahrzeugentwicklung, sondern insbesondere auch der Reifenwahl geschuldet. So stehen den Teams seitens ihrer Reifenpartner gleich mehrere Pneus für verschiedene Temperaturspannen zur Verfügung. Aufgrund der vor drei Wochen noch anhaltenden Regenperiode war sich jedoch keiner so wirklich sicher, welche Reifen nun eigentlich die Richtigen seien, weshalb gar die einzelnen Toyota-Teams auf unterschiedliche Mischungen setzten. Für den KeePer TOM’s GR Supra gab es eine härtere Mischung, die sich am Ende als goldrichtig erwies. Einzig zu Beginn des Rennens musste sich Nick Cassidy gegen den ARTA NSX-GT von Nirei Fukuzumi wehren, der auf deutlich weicheren Reifen unterwegs war und nach einer starken Anfangsphase mit immer stärker werdenden Balance-Problemen bis auf die achte Position nach hinten fiel. Cassidy denkt jedenfalls, dass das Feld mit mehr Erfahrung bei der Reifenwahl wieder deutlich enger zusammenrücken wird.
Auch das nun erstmals in dieser Saison zum Einsatz kommende Gewichts-Handicap könnte nicht nur das Feld gehörig durcheinandermischen. Der Zusatzballast ist gleichzeitig auch ein Test für die generelle Performance des neuen Toyota GR Supra. Dies kann gleichzeitig auch der Vorteil für die Konkurrenz sein, da die Auftaktsieger im KeePer TOM’s GR Supra ganze 42 kg mit sich herumschleppen müssen. Im au TOM’s GR Supra schlummern mit 30 kg hingegen gleich 12 kg weniger. Auch mit dem Erfolgsballast dürfte die Toyota-Armada – der WedsSport Advan GR Supra (Yuji Kunimoto / Ritomo Miyata) ist nach Platz neun mit 2 kg das Leichteste der sechs Fahrzeuge – aber auch am kommenden Wochenende wieder die Marke sein, die es zu schlagen gilt. Insbesondere die beiden Cerumo-Autos, die jeweils 22 kg (Wako’s 4CR GR Supra) und 16 kg (Zent Cerumo GR Supra) an Bord haben könnten hier die großen Favoriten sein. Eine Änderung gibt es beim Denso Kobelco SARD GR Supra zu vermelden. Da Heikki Kovalainen aufgrund der Einreisebeschränkungen noch immer nicht nach Japan zurückkehren darf, wird der GT300-Pilot Sena Sakaguchi für den Finnen an der Seite von Yuichi Nakayama einspringen. Sakaguchi, der am vergangenen Wochenende alle drei Läufe der neuen Formula Regional Japan am Fuji dominant gewann, wurde hierfür von K-tunes Racing freigestellt. Der amtierende GT500-Champion Kenta Yamashita, der noch beim Saisonauftakt für Kovalainen einsprang, steht Toyota vorerst nicht zur Verfügung, da er nach Europa für den WEC-Lauf in Spa-Francorchamps reiste. Aufgrund der Quarantänebestimmungen bei seiner Rückkehr nach Japan wird er deshalb auch nicht als etwaiger Ersatz in Suzuka Ende August in Frage kommen. Gleichzeitig ist er einer von sieben Piloten, die deshalb den Super-Formula-Auftakt eine Woche später verpassen könnte.
Honda: Balanceprobleme sorgen trotz Rundenrekord für Kopfzerbrechen
Nimmt man allein die beiden offiziellen Testfahrten als Maßstab, dann reiste Honda als glasklarer Favorit zum Jahresauftakt an den Fuji Speedway. Davon wollte die Traumfabrik aber nichts wissen. Stattdessen sah man sich als Jäger, nicht als die Gejagten. Insbesondere hinter der eigenen Longrun-Pace standen einige Fragezeichen. Dass Toyota am Ende aber gar so dominieren würde, hatte selbst die Ingenieure im Werk in Sakura überrascht. Dabei begann der Sonntag gleich mit einem Paukenschlag, als der amtierende GT300-Meister und GT500-Aufsteiger Nirei Fukuzumi (ARTA NSX-GT) in Q1 mit 1:26.433 einen neuen Streckenrekord auf den Asphalt brannte. Beim Kampf um die Pole-Position musste sich das Team von Aguri Suzuki aber mit dem zweiten Platz begnügen, nachdem Ryo Hirakawa (KeePer TOM’s GR Supra) die Bestmarke setzte. Anders als die Toyota-Mannschaften, hatte sich Honda im Vorfeld nicht auf die Longruns konzentrieren können. Laut Projektleiter Masahiro Saeki sei dies den unterschiedlichen Bedingungen geschuldet gewesen. So müssen diese für Longrun-Tests gleich sind, da ansonsten die Daten verfälscht sein könnten. Zugleich setzte Honda auf eine weichere Reifenmischung, da man mit dem vorhergesagten Regen und kühleren Temperaturen rechnete. Abseits des Freien Trainings am Samstag blieb es den Sonntag mit knackig warmen Temperaturen aber trocken. So erklärte Naoki Yamamoto gegenüber der japanischen Presse, dass der neue FR Honda NSX-GT eine Art „Peak“ hat. Wird dieser erreicht und die Reifen verlieren an Grip, baut die Performance sukzessive über den Stint ab.
Hinzu gestellte sich das für die Marke bekannte Pickup-Phänomen, bei dem sich der Dreck nicht von den Reifen abrubbelt und folglich kleben bleibt. Dadurch wird das Handling des Boliden deutlich nervöser. Mit diesem Problem hatte Honda bereits beim Vorgängermodell mit Mittelmotor zu kämpfen. Mit dem Wechsel auf die Einheitsaufhängung und den FR-Antrieb dachte man, dass dieses Phänomen eventuell beseitigt werden konnte. Die Balance-Probleme zeigte sich insbesondere in der zweiten Hälfte des Rennens. So konnten Naoki Yamamoto und Tadasuke Makino (Raybrig NSX-GT), die am Ende den sechsten Platz belegten, anfangs noch gut mit den Toyotas mithalten. Als nach der zweiten Safety-Car-Phase das Feld jedoch wieder zusammenrückte, musste sich Makino nach einem harten Zweikampf letztlich dem Zent Cerumo GR Supra sowie Denso Kobelco SARD GR Supra geschlagen geben – zu stark waren die Handling-Probleme sowie der Unterschied in Sachen Höchstgeschwindigkeit. Laut ARTA-Chefingenieur Ryan Dingle sei eine der größten Herausforderungen unter den neuen Class 1 + α-Regularien ist es, mittels der neuen Einheitsaufhängung aerodynamische Downforce auf die Vorderreifen zu legen. Konzentriere man sich beim Setup aber zu sehr auf die Vorderaufhängung, würde man, ähnlich zur Formel 1, den aerodynamischen Vorteil verlieren.
Naoki Yamamoto kommentierte harsch, dass wenn die Qualifying-Pace nicht auch im Rennen umgesetzt werden kann, man den neuen Honda NSX-GT wohl noch nicht so gut verstehen würde. Als Joker könnte sich der Keihin NSX-GT (Koudai Tsukakoshi / Bertrand Baguette) entpuppen, der als einziger der Honda-Armada ebenfalls die 300 km/h Marke erreichte und für lange Zeit als größter Widersacher im Rennen gegen die Toyotas wirkte, ehe ein technischer Defekt just zu Beginn des zweiten Stints sie zur Aufgabe zwang. Es scheint deshalb realistisch, dass zumindest die restlichen Bridgestone-bereiften Honda-Mannschaften das Setup von Real Racing als Basis an diesem Wochenende nutzen könnte. Aufgrund des Ausfalls ist der Keihin NSX-GT zudem eines der fünf Fahrzeuge, das ohne Gewichts-Handicap startet. Aus dem Honda-Lager gesellen sich zudem der Red Bull Motul Mugen NSX-GT (Hideki Mutoh / Ukyo Sasahara) sowie der Modulo NSX-GT (Takuya Izawa / Hiroki Otsu). Angesichts der Performance in der ersten Rennhälfte könnten Koudai Tsukakoshi und Bertrand Baguette jedoch einer der Geheimfavoriten auf das Podium sein.
Sorge bei Nissan: Abgeschlagen nur dritte Kraft
Es war ein Wochenende zum Vergessen für Nissan. Dabei fing der Sonntag einigermaßen vielversprechend an, als Kohei Hirate (Craftsports Motul GT-R) als einziger Vertreter der Marke mit der drittschnellsten Zeit in die zweite Qualifying-Runde schaffte. In Q2 folgte aber bereits die Ernüchterung, die sich bereits während der Testfahrten abzeichnete, als Teamkollege Katsumasa Chiyo nicht über den siebten Startplatz hinauskam – rund eine Sekunde hinter dem schnellsten Toyota. Es sollte letztlich auch ihr Endresultat im Rennen sein. Damit war das Ensemble die stärksten Vertreter des Herstellers, der nach nur wenigen Kurven bereits ein Fahrzeug verlor. So ging die Pechsträhne des Calsonic Impul GT-R (Daiki Sasaki / Kazuki Hiramine) weiter, als dieser mit dem Modulo NSX-GT von Nakajima Racing kollidierte. Dem Motul Autech GT-R von Tsugio Matsuda / Ronnie Quintarelli sollte es nicht ganz besser ergehen, die nach einer verkorksten Qualifikation sich im Rennen auf den sechsten Rang vorkämpften, als eine Kollisionen mit dem Runup Rivaux GT-R aus der GT300-Klasse sie zu einem zweiten Boxenstopp zwang. Am Ende kam das japanisch-italienische Gespann mit einer Runde Rückstand lediglich auf dem elften Rang ins Ziel.
Anders als Toyota, die einen gänzlich neuen Wagen entwickelten, und Honda, die mit dem FR-Layout ihrem Boliden eine Evolutionsstufe verpassten, ist der Nissan GT-R NISMO GT500 ein wahrer Dinosaurier im Feld. So geht das Grundmodell des Class-1-Godzillas auf jenes im Jahr 2008 zurück. Entsprechend limitiert sind Möglichkeiten, um das Maximum der neuen Regularien auszuschöpfen. Nissans aktuelle Performance steht im starken Kontrast zu den beiden Anfangsjahren des Class-1-Zeitalters, als NISMO 2014 sowie 2015 die Titel nach Yokohama brachte. Bis 2016 gab es mehr aerodynamische Freiheiten – und Nissan verfolgte ein aggressives Konzept, das den großen Diffusor des Boliden ausnutzte. Seit 2017 geht das nicht mehr, da nach dem gemeinsamen Reglement mit der DTM der Abtrieb um 25% und seit dieser Saison (siehe unsere Saisonvorschau) die aerodynamischen Freiheiten noch weiter eingeschränkt wurden.
Eine von Nissans größten Achillesfersen in den letzten beiden Jahren war der Motor, da Toyota und Honda relativ zügig das auch aus der Formel 1 bekannte Turbulent-Jet-Ignition-Verfahren adoptiert haben. Während der Testfahrten hatte das Turbo-Aggregat auch noch an Vibrationen gelitten, wodurch bei gleich drei der vier GT-Rs die Antriebswelle brach – ein Problem, welches laut eigener Aussage bis zum Saisonstart behoben werden konnte. Der Dadurch verlor die Marke aber wertvolle Testzeit, weshalb es nicht sonderlich überrascht, dass Katsumasa Chiyo die fehlenden Daten lamentiert und als eine der Hauptursachen für das Abschneiden von vor drei Wochen sieht. Dies spiegelt sich auch in der Setup-Arbeit wider. So erklärte Tsugio Matsuda gegenüber der japanischen Auto Sport, dass man noch kein funktionierendes Basis-Setup für den Motul Autech GT-R entwickeln konnte. Anders als in anderen Rennserien, werden an einem Wochenende nur minimale Setup-Änderungen in der GT500-Klasse der Super GT vorgenommen. Das Feintuning findet hingegen über die Reifen statt, da den Teams, wie bereits erwähnt, gleich mehrere Mischungen zur Verfügung stehen. Umso wichtiger ist also das Basissetup, auf das letztlich auch die Reifenentwicklung zurückgeht, die aufgrund der Coronavirus-Pandemie zumindest im Michelin-Lager stark beeinträchtigt wurde.
So eröffnete der französische Reifenhersteller, der mit dem Motul Autech GT-R sowie Craftsports Motul GT-R zwei GT500-Boliden ausstattet, erst am 1. Mai wieder seine Fabrikhallen eröffnen, musste in den ersten zwei Wochen aber zunächst den Produktionsrückstand aufholen. Aus diesem Grund konnten die bei den offiziellen Testfahrten Ende Juni gewonnen Daten noch nicht für das erste Saisonrennen berücksichtigt werden. Der Fakt, dass zumindest NISMO noch Probleme mit dem Basissetup hat, dürfte ebenfalls Einfluss auf die Entwicklung gehabt haben. So erklärte Ronnie Quintarelli, dass der Wagen in langsamen Kurven wie der TGR-Kurve oder dem sehr technischen, letzten Sektor am Fuji Speedway nicht wie gewünscht einlenken möchte. Anders der Craftsports Motul GT-R, der laut Katsumasa Chiyo mit dem erwähnten Sektor keine Probleme haben soll, was auf eine andere Herangehensweise beim Setup schließen lässt.
Trotz allem scheinen die Wolken über dem Nissan-Hauptsitz in Yokohama nicht ganz so düster zu sein, wie es das Ergebnis vom vorherigen Rennwochenende schließen lässt. Angesichts der anfänglichen Probleme scheint es aber fraglich, ob man heuer noch mal in den Titelkampf eingreifen kann. Von Vorteil ist jedenfalls, dass alle vier Boliden mit nur wenig oder gar keinem Gewichts-Handicap beladen sind. Am schwersten werden Kohei Hirate / Katsumasa Chiyo sein, deren Craftsports Motul GT-R lediglich 8 kg draufpacken muss.
GT300
Sensationelles Debüt des neuen SaitamaToyopet GB GR Supra GT – Fragezeichen hinter neuer Handicap-Regel
Der Super-GT-Auftakt am Fuji Speedway sah gleich doppelte Toyota-Festspiele, obgleich der Automobilgigant mit dem Triumph in der GT300-Klasse nur im Namen etwas zu tun hat. Bereits über den Winter verdrehte Saitama Toyopets, nach dem JAF-GT300-Reglement entwickelte, Toyota GR Supra die Köpfe der Fans. Umso sehnlicher wurde das Renndebüt des Fahrzeugs erwartet, was anders als noch im Januar kommuniziert, nicht gänzlich beim namensgleichen Toyota-Händler entstand, sondern in Kooperation mit apr Racing entwickelt wurde. Der eigentlichen Erfolgsgeschichte tut dies selbstredend keinen Abbruch. Denn die Mannschaft, die nahezu gänzlich aus Mechanikern und Ingenieuren des Autohauses besteht, konnte gleich beim Debüt ihres neuen Fahrzeuges obsiegen. Es war das erste Sieg für das einstige Super-Taikyu-Team, die 2017 den Sprung in die Super GT mit einem selbst entwickelten Mother-Chassis auf Basis des Toyota Mark X wagten und vergangene Saison zweimal haarscharf an der obersten Podiumsstufe vorbeischrammten. Für Hiroki Yoshida und Rookie Kohta Kawaai war es ebenfalls der erste Sieg.
Dass ausgerechnet ein Fahrzeug nach JAF-GT300-Reglement, die traditionell eher den etwas leistungsstärkeren FIA-GT3-Boliden am Fuji Speedway unterlegen sind, gewinnen würde, dürfte für einige verwunderte Gesichter im Paddock gesorgt haben. Nicht nur der schiere Speed, insbesondere auch die unorthodoxe Strategie verhalfen der Mannschaft letztlich zum Erfolg, da man beim Boxenstopp auf einen Reifenwechsel verzichtet hatte. In der Siegerpressekonferenz verriet Yoshida, dass diese Entscheidung schon während der Testfahrten getroffen wurde, da man so unter anderem die eigenen Mechaniker entlasten würde, die aufgrund ihrer Jobs weniger Zeit zum trainieren der Reifenwechsel haben. Aus diesem Grund entwickelte man zusammen mit Partner Birdgestone einen Reifen, der über die gesamte Distanz halten kann. Ihr größter Konkurrenz im Rennen war der ebenfalls Bridgestone-bereifte Leon Pyramid AMG (Naoya Gamou / Togo Suganami), die von der Pole-Position starteten ebenfalls eine alternative Strategie versuchten. Vor allem aus der amerikanischen NASCAR bekannt, wechselte man lediglich die zwei linken Reifen. Ein Problem mit der Radmutter kostete jedoch wertvolle Zeit, weshalb man lediglich auf dem sechsten Platz die Zielflagge sah. Hiroki Yoshida gestand, dass man vom Pech der Rivalen profitierte, da es ansonsten am Ende wohl einen engen Kampf um den Sieg gegeben hätte. So überquerte der SaitamaToyopet GB GR Supra GT aber nahezu ungefährdet die Ziellinie, auch wenn der Abstand von rund 3 Sekunden zum zweitplatzierten Gainer Tanax GT-R (Katsuyuki Hiranaka / Hironobu Yasuda) aufgrund der zweiten Safety-Car-Phase zumindest auf dem Papier ein engeres Finish darstellt. Abgerundet wurden die Toyota-Festspiele vom Bronzerang des Machsyaken GTNET MC86 Mach Go (Natsu Sakaguchi / Yuya Hiraki), die damit ihr bestes Resultat vom letzten Jahr wiederholten.
Mit dem Sieg hat Saitama Toyopet GreenBrave bereits ihr Ziel für 2020 erreicht. Nun, so Hiroki Yoshida, werde man versuchen, nach der Meisterschaft zu greifen. Ob man es soweit schafft, hängt aber gleich von zwei nicht zu unterschätzenden Faktoren ab. Zum einen das neue Handicap-System, welches ab dieser Saison in der GT300-Klasse bis zum sechsten Lauf die Meisterschaftspunkte x3 berechnet. Demnach wird der SaitamaToyopet GB GR Supra GT bereits mit ganzen 60kg an diesem Wochenende antreten müssen. Das bestimmen eines Favoriten für dieses Wochenende wird so zum Ding der Unmöglichkeit. Bereits in der Vergangenheit zählte Konstanz, insbesondere zur Saisonhalbzeit, zu einen der Schlüsselkomponenten. Ein Punkt, der heuer nochmals wichtiger und gleichzeitig auch schwieriger umzusetzen wurde. Zum anderen wäre da eine überraschende wie auch kurzfristige Regeländerung.
Kontroverse Regeländerung: Pflichtwechsel von allen vier Reifen
Bei einigen Mannschaften dürften die Stirnfalten an diesem Wochenende nicht zwingend bei den neuen Handicap-Regeln, sondern vielmehr bei einer kontroversen, kurzfristigen Regeländerung liegen. So beschloss die GTA nach Absprache mit den GT300-Teams sowie den Reifenherstellern, für die nächsten beiden Saisonläufe einen verpflichtenden Reifenwechsel einzuführen. Demnach müssen, bei einem gleichzeitigen Fahrerwechsel, auch alle vier Reifen gewechselt werden. Sollte das Rennen auf nasser Piste starten, tritt diese Regelung außer Kraft. Eine offizielle Begründung gab die GTA zwar nicht an. Sicherheitsbedenken könnten aber ein Teil davon sein. So erlitten beide JLOC-Lamborghinis sowie der Hoppy Porsche Reifenschäden, die auf einen vermutlich zu geringem Luftdruck zurückzuführen sind.
In den jüngsten Jahren war insbesondere Tsuchiya Engineering für diese unorthodoxen Strategien bekannt. So auch 2016, als Takeshi Tsuchiya beim Saisonfinale noch am Grid entschied, den Luftdruck zu senken, um ohne Reifenwechsel über die Distanz zu kommen. Hintergrund war die geringere Leistungsstärke der Mother Chassis, was trotz einer höheren Kurvengeschwindigkeit das Überholen auf der Strecke schwierig machte. Zugleich besitzen die JAF-GT300-Boliden einen kleineren Tank als ihre GT3-Pendants, wodurch man rund acht Sekunden in der Box verliert. Dank der Strategie bezwang man doch noch die Konkurrenz und errang so den Meistertitel. Seitdem haben auch einige wenige GT3-Teams wie Goodsmile Racing oder zuletzt auch K2 R&D Leon Racing auf diesen strategischen Kniff gesetzt. TOM’s-Chefingenieur Tsutomu Tojo erklärte auf seinem privaten Blog, dass Reifenschäden nie ein gutes Bild für die Hersteller seien. Gleichzeitig stellen sie ein großes Sicherheitsrisiko – man erinnere sich nur an Tim Bergmeisters schweren Unfall im Jahr 2012 auf der Start- und Zielgeraden am Fuji Speedway – dar und können natürlich auch den Rennverlauf, etwa durch hervorgerufene Safety-Car-Phasen, beeinflussen.
Die kurzfristige Regeländerung wurde selbstredend nicht von allein Seiten positiv aufgenommen. Am lautesteten äußerte sich Team Mach-Chefingenieur Tetsuji Tamanaka, der sich über die kurzfristige Änderung sehr überrascht zeigte. Tamanaka erklärte, dass solch eine Änderung vor Saisonbeginn noch in Ordnung gewesen wäre, sie jetzt aber einen gehörigen Einschnitt in die Planungen der Teams mache. So musste Team Mach, wie auch andere Mannschaften, bereits über einen Monat im Voraus eine Entscheidung treffen, welche Reifen sie im Rennen verwenden möchten. Nicht nur wegen der Coronavirus-Pandemie laufen die Hersteller mit der Produktion auf Volllast. So sei dies ein großes Problem für jene Teams, die im Voraus eine härtere Mischung wegen einer möglichen Fuel-Only-Strategie entschlossen. Für Tamanaka nimmt die Regeländerung ein essentielles Element aus den Rennen. Als ehemaliger Fahrer liebt er, genauso wie die Fans, die Unberechenbarkeit, die er nun vorerst nicht mehr sieht.
Um die fehlende strategische Option auszugleichen, hat die GTA Änderungen am 27,5mm großen Benzinflussbegrenzer vorgenommen. So müssen die drei JAF-GT300-Modelle (Toyota Prius, Toyota GR Supra und Subaru BRZ) diesen beim Betanken nicht mehr verwenden. Bei den beiden Mother-Chassis-Modelle (Toyota 86 MC und Lotus Evora MC) ist dieser zwar nach wie vor vorgeschrieben, wurde aber auf 31,2mm vergrößert und somit an jene der GT3-Modelle angepasst. Dadurch fließt pro Sekunde beim Betanken mehr Benzin in den Tank, wodurch die Boxenstoppzeit sich verkürzen sollte. Es sind die einzigen Balance-of-Performance-Änderugen für den zweiten Saisonlauf. Die jeweiligen BoP-Gewichte blieben unangetastet.
Wegen Einreisebeschränkungen: Weitere Fahreränderungen
Wie bereits eingangs erwähnt, wird Sena Sakaguchi als Ersatzmann für Heikki Kovalainen im Denso Kobelco SARD GR Supra einspringen. Die Lücke bei K-tunes RC F GT3 füllt derweil Shigekazu Wakisaka, der seine aktive Super-GT-Karriere Ende des letzten Jahres eigentlich beendete. Zugleich gibt es weitere Änderungen in der GT300-Klasse zu vermelden. Die erfreulichste Nachricht: Nachdem arto Ping An Team Thailand den Saisonauftakt noch auslassen musste, kehrt die Mannschaft an diesem Wochenende endlich wieder aufs Grid zurück. Da die beiden Stammpiloten Sean Walkinsham / Nattapong Hortongkum sowie auch Teambesitzer Suttipong Smittachartch allerdings weiterhin nicht nach Japan einreisen können, setzt das Team an diesem Wochenende auf die beiden Japaner Masahiro Sasaki und Yuui Tsutsumi. Sasaki war zuletzt 2012 für Goodsmile Racing aktiv. Im Westen dürfte der zweifache Super-Taikyu-Meister vor allem als Teil von Toyotas Werkseinsatz bei den 24 Stunden am Nürburgring bekannt sein. Tsutsumi war ursprünglich als dritter Fahrer für den Advics muta 86MC von Inging Motorsport registriert, erhielt nach einer Empfehlung von Racing Projekt Bandoh aber die Freigabe, an diesem Wochenende sein Seriendebüt im Cockpit des arto RC F GT3 zu feiern.
Ebenfalls in die Super GT zurückkehrend: Hiroyuki Matsumura. Ein Name, der insbesondere Kenner der Formel-Junior-Serien der Vergangenheit ein Begriff sein sollte, schließlich gewann er 2005 das Formel-Renault-Rennen in den Straßen von Macau. Trotz dieses Erfolgs kam seine Karriere zu einem überraschen abrupten Ende. 2008 war er zwar als dritter Fahrer von RE Amemiya Racing bei Suzuka 1000km dabei, erhielt im Rennen aber keinen Einsatz. Es sollte bis 2017 dauern, bis er einmalig bei einem Rennen der Inter Proto Series am Fuji Speedway teilnahm. Nun hat ihn X Works als Ersatz für Alex Au verpflichtet, der ebenfalls noch nicht nach Japan einreisen kann. An der Seite von Shaun Thong wird der 34-jährige Botschafter des Gotsu A1 City Grand Prix, das erste geplante Stadtrennen in der Geschichte Japans mit Birel N35-Rennkarts, am Wochenende somit eine ersten richtigen Super-GT-Kilometer im Eva RT Test Type-01 X Works R8 bestreiten. Unangetastet bleibt das Duo von Audi Team Hitotsuyama. Abermals wird Ersatzmann Tsubasa Kondo an der Seite von Shintaro Kawabata für Christopher Mies einspringen, der vergangenes Wochenende im ADAC GT Masters in der Lausitz unterwegs war und selbst mit Einreisegenehmigung so nicht die vorgeschriebene Quarantänezeit von 14 Tagen einhalten könnte. Ein ähnliches Bild bei Pacific – D’station Racing. Da Aston-Martin-Werkspilot Nicki Thiim nicht nach Japan einreisen darf, wird er abermals von Kei Cozzolino an der Seite von Tomonobu Fujii ersetzt. Nicht auf COVID-19 zurückzuführen, führt Tomei Sports hingegen ihre übliche Rotation aus. So wird wie geplant der sechsfache Gymkhana-Meister Yusaku Shibata für Atsushi Tanaka im RunUp Rivaux GT-R neben Takayuki Aoi Platz nehmen.
TV-Zeiten Round 2 Takanoko Hotel Fuji GT 300km
Anders als noch vor drei Wochen kehrt die Super GT zum klassischen Zwei-Tage-Wochenende zurück. Somit finden Qualifying und Rennen nicht mehr am gleichen Tag statt. Die Zeitenjagd überträgt der japanische Pay-TV-Sender J SPORTS 1 am Samstag ab 7:20 Uhr deutscher Zeit live. Am Sonntag beginnt die Übertragung auf J SPORTS 4 bereits um 5:30 Uhr. Der Rennstart erfolgt eine halbe Stunde später um 6:00 Uhr. Der YouTube-Kanal von The Race wird das Rennen ebenfalls wieder gratis und mit englischem Kommentar live übertragen. Insgesamt stehen 66 Runden auf dem Programm. Nach dem Ende der in diesem Jahr ungewöhnlich langen Regenperiode ist mit einem heißen Wochenende mit Temperaturen um die 30 Grad und einer sehr hohen Luftfeuchtigkeit zu rechnen.
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