Colin Turkington holte sich auf dem GP Kurs von Brands Hatch einen weiteren Saisonsieg und führt – auch durch das Pech seiner Gegner – in der noch jungen Meisterschaft. Die Geschichten des Tages schrieben derweil aber Rory Butcher im sehr starken, aber auch Reifen zerplatzen lassenden Motorbase-Ford Focus ST und Tom Oliphant, der sich zum Abschluss des Renntages seinen ersten BTCC-Sieg holen konnte.
Lauf 1
Der erste Lauf hatte eigentlich nach einer klaren Sache für Rory Butcher ausgesehen. Mit einer Fabelzeit hatte sich der Motorbase-Pilot am Samstag bereits die Pole Position gesichert und damit das schon in Donington aufgezeigte Potenzial des neuen Ford Focus ST erneut unter Beweis gestellt. Und auch wenn der Schotte während des Rennens ab und an unter Druck von Honda-Pilot Dan Cammish geriet, der Startplatz Zwei herausgefahren hatte, kontrollierte Butcher das Rennen überwiegend souverän. Auch eine Safety Car-Phase kurz vor Rennende (Kollision zwischen Aiden Moffat und Matt Neal) mit dem nachfolgenden Restart konnte daran nichts ändern und alles sah nach dem ersten Sieg für Butcher und Motorbase in dieser Saison aus. Alle Träume zerplatzten dann jedoch in der vorletzten Runde zusammen mit dem linken, der auf dem GP Circuit von Brands Hatch übermäßig stark beansprucht wird.
Die Führung erbte Dan Cammish, der dann auch seinen zweiten Saisonsieg einfuhr. Cammish geriet zwar gegen Rennende mit nachlassenden Reifen (dieses Problem der Hondas hatten wir bereits beim Saisonauftakt bemerken können) unter zunehmenden Druck von Colin Turkington, der sich dank eines sehr guten Starts aus Startreihe Drei schon zu Rennbeginn in die Verfolgerposition hinter Cammish hatte bringen können, bot dem BMW aber keine Chance auf eine aussichtsreiche Attacke. Auf Platz Drei wurde die Ehre der Motorbase-Truppe durch Butchers Teamkollege Ollie Jackson wenigstens ein wenig gerettet. Jackson hatte zuvor mit Startplatz Drei ein blitzsauberes Qualifying-Resultat eingefahren und damit die gute Performance der Fords untermauert. Zwar profitierte Jackson davon, dass sein Auto ohne Zusatzgewicht in die Qualifikation und den ersten Lauf gehen konnte, dennoch ist seine Leistung sehr hoch einzustufen und in den ersten Runden schaffte er es sogar, Colin Turkington, der ihn beim Start überholt hatte, unter Druck zu setzen. Gegen Rennende hatte Jackson dann mit Tom Ingram zu kämpfen, hielt diesem aber Stand und sicherte sich den letzten Platz auf dem Podium.
Tom Ingram belegte somit Platz Vier, knapp vor Tom Chilton und Ashley Sutton. Der Überraschungsmann des Saisonauftakts konnte die Performance aus Donington nicht ganz wiederholen und qualifizierte sich nur für Startplatz 14. Dass er sich im Rennen bis auf den sechsten Platz verbessern konnte, zeigt aber erneut, dass die Paarung Sutton-Infiniti dieses Jahr das Salz in der Suppe sein wird. Nicht so gut lief es dagegen für Suttons Teamkollegen Aiden Moffat, der nach Startplatz 21 im hinteren Mittelfeld unterwegs war, bevor er dann in Runde 12 ausgangs Hawthornes mit Matt Neal (der nach Startplatz 11 ebenfalls eher schwach unterwegs war) kollidierte.
With just over an hour between races it was all hands on deck to repair Matt’s car for race 2, but the boys and girls pulled it out the bag… #btcc @Halfords_uk @YuasaEurope @DiamondbriteUK @hondaracingbtcc @Honda_UK pic.twitter.com/JtE0zrhthj
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Hinter Ash Sutton belegte Senna Proctor im neuen Hyundai einen sehr guten siebten Platz. Erst danach querte Tom Oliphant im zweiten BMW die Ziellinie. Oliphant war ursprünglich neben seinem Teamkollegen aus der dritten Reihe gestartet, wurde aber in der ersten Runde von Josh Cook neben die Strecke befördert und hatte dadurch einige Positionen verloren. Hinter Oliphant belegten Stephen Jelley und Jake Hill die weiteren Positionen. Hill galt vor dem Start eigentlich als Geheimtipp, da er die beiden freien Trainings angeführt hatte und in der Qualifikation immerhin Startplatz Vier einfahren konnte. Ohne Zusatzgewicht an Bord duellierte er sich dann auch lange im vorderen Bereich des Feldes mit Tom Ingram und Tom Chilton, fiel aber in den letzten Runden mehrere Positionen zurück.
Lauf 2
Was die oberste Stufe auf dem Podest angeht, wurde der zweite Lauf ebenso wie der erste ein Spiegelbild des zweiten Laufs vom Saisonauftakt. Dan Cammish kam schon beim Start schlecht weg und musste so nicht nur Colin Turkington, sondern auch Ollie Jackson und Tom Ingram passieren lassen. Und auch wenn Ingram immer wieder probierte, Turkington unter Druck zu setzen, ließ der amtierende Champion nichts anbrennen und holte sich Saisonsieg Nummer Zwei. Ingram begnügte sich mit einem nicht minder starken zweiten Platz während Ash Sutton es schaffte, weitere Positionen gegenüber dem ersten Lauf gutzumachen und auf Platz Drei zu fahren. Die Geschichte des Rennens schrieb aber Rory Butcher, der es in 17 Runden schaffte, aus der letzten Startreihe bis auf den vierten Platz nach vorne zu fahren.
Profitieren konnte Butcher dabei auch vom großen Honda-Sterben, denn auch dafür wird dieser zweite Lauf in Erinnerung bleiben. Erstmals seit Snetterton 2015 schaffte es kein einziger Honda in die Punkte – angesichts der Tatsache, dass insgesamt sieben Civic Type R jüngerer und älterer Bauart am Start sind, ist das schon mal eine Meldung wert. Als erstes erwischte es Michael Crees, der in der dritten Runde mit Bobby Thompson in Westfield aneinandergeriet, was für beide das Ende des Rennens (inklusive einiger hitziger Diskussionen) bedeutete. In der zehnten Runde steuerte dann Matt Neal mit technischen Problemen die Box an und kurz darauf erlitt Tom Chilton, der sich gerade auf Platz Vier vorgearbeitet hatte, einen Reifenschaden. Nur eine Runde später stellte Jake Hill, zu diesem Zeitpunkt auf Platz Sechs liegend, seinen Civic mit einem erneuten Motorschaden ab (schon der dritte in dieser Saison). Und kurz vor Schluss erwischte es dann sowohl Josh Cook ebenfalls mit einem Motorschaden als auch den auf Platz Drei liegenden Dan Cammish mit Aussetzern an der Elektronik. Einziger verbliebender Honda war am Ende Sam Osborne auf Platz 16.
It’s all hands on deck in the garages as we race against the clock to get the cars back out for race 3. #BTCC #WeAreBTC pic.twitter.com/Xa6texxCva
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Vom Honda-Pech zurück zu den weiteren Platzierungen: Hinter Rory Butcher auf Platz Vier landete dessen Teamkollege Ollie Jackson mit einem weiteren sehr guten Resultat. Adam Morgan, Tom Oliphant, Senna Proctor, Stephen Jelley und James Gornall komplettierten die Top Ten. Für Gornalll, seit dieser Saison im Audi S3 von AmD Tuning unterwegs, bedeutet dies seine bislang beste Platzierung. Jack Goff holte dahinter im VW CC erstmals in dieser Saison Punkte. Gleiches gilt für Andy Neate, der im dritten Motorbase-Ford Zwölfter hinter Aiden Moffat wurde.
Lauf3
Der dritte und letzte Lauf erlebte dann den zweiten BMW-Sieg des Tages. Es war aber dieses Mal nicht Colin Turkington, der sich einen weiteren Pokal mit nach Hause nahm, sondern dessen Teamkollege Tom Oliphant, der damit endlich seinen ersten Sieg in der BTCC feiern konnte. Beim Start waren Oliphants Aussichten auf seinen Premierensieg dabei zunächst gar nicht mal so ideal. Eine nach dem Reverse Grid Draw maximal umgedrehte Startaufstellung brachte Aiden Moffat im Infiniti und Jack Goff im VW CC in die erste Startreihe. Oliphant fand sich „nur“ auf Startplatz Sechs wieder und angesichts der bisherigen Vorstellungen von Sutton im Infiniti war man eigentlich gewillt, sein Geld auf Moffat zu setzen.
Moffat kam dann auch am besten weg, dicht gefolgt vom dank Heckantrieb ebenfalls bestens startenden Stephen Jelley und schließlich Tom Oliphant, der aus der dritten Reihe nach vorne preschte. Während sich die drei mit James Gornall im Schlepptau aus dem Staub machten, brach dahinter das Chaos aus, als Jack Goff und Senna Procctor ausgangs Druids aneinandergerieten und dadurch zum einen Adam Morgan in die Wiese segelte und zum anderen – noch viel schlimmer – der quer durchs Feld trudelnde Goff Tom Ingram vehement abräumte. Für Ingram und Goff war damit frühzeitig Feierabend während Morgan kurze Zeit später abstellen musste.
Am Ende der ersten Runde holte Oliphant sich dann in einem tollen Manöver die Führung, als er auf Start-Ziel sowohl an Moffat als auch an Jelley vorbei ging. Moffat und Jelley konnten in der Folge das Tempo nicht ganz mitgehen und mussten sich auch Ash Sutton, der von dem Unfall in der ersten Runde profitiert hatte, geschlagen geben. Sutton – und zeitweise auch Rory Butcher – setzen Tom Oliphant dann zwar immer wieder unter Druck, der BMW-Pilot hielt aber stand und brachte die Führung bis ins Ziel. Rory Butcher, an einem Tag, an dem er eigentlich mindestens ein Rennen hätte gewinnen sollen, sah hinter Sutton schon wie der sichere Drittplatzierte aus, als ihn in Runde 14 erneut ein Reifenschaden ereilte. Für Motorbase war das doppeltes und dreifaches Pech zugleich, da zu Beginn des Rennens alle drei Autos noch aussichtsreich innerhalb der Top Ten gelegen hatten, dann aber zunächst Andy Neate neben die Strecke geriet und Ollie Jackson kurz nach Butcher ebenfalls ein Reifen platzte.
Durch Butchers Pech erbte Stephen Jelley in einem sauberen Rennen, bei dem er sich u.a. gegen Moffat im Infiniti durchsetzen konnte, den letzten Platz auf dem Podium. Da der bis dahin auf Platz vier liegende Chris Smiley im Hyundai durch einen Unfall kurz vor Schluss ausfiel, folgten mit Moffat und Turkington auf den Plätzen Vier und Fünf zwei weitere heckgetriebene Autos im End-Klassement, bevor dahinter mit Matt Neal der beste Fronttriebler die Ziellinie überquerte. Neal, bis dato an diesem Wochenende auch eher vom Pech verfolgt, hatte ein großartiges Rennen hingelegt, das ihn von Startplatz 24 bis auf den sechsten Platz nach vorne brachte. Teamkollege Cammish hatte derweil durch einen Ausfall eine weitere Nullnummer und damit auch einen herben Dämpfer in Sachen Meisterschaft hinnehmen müssen.
Hinter Neal holte sich James Gornall ein weiteres gutes Resultat in den Punkten, während dahinter Tom Chilton eine ähnlich großartige Aufholjagd wie Matt Neal hinlegte. Hinter Senna Proctor auf Platz Neun holte sich Sam Osborne seine einzigen Punkte an diesem Tag, knapp vor Michael Crees und Bobby Thompson. Wegen der vielen Aus- und Zwischenfälle schafften es dahinter gleich drei Fahrer erstmals in ihrer BTCC-Karriere Punkte zu holen: Die diesjährigen Debütanten Ollie Brown im Team Hard-VW und Jake Butel im Cicely-Mercedes sowie Nic Hamilton im Rokit-VW belegten die letzten drei Punkteränge.
Zusammenfassung und Blick auf die Meisterschaft
In der Meisterschaft führt Colin Turkington mit 16 Punkten vor Ash Sutton, 25 Punkten vor Tom Oliphant und 28 Punkten vor Tom Ingram. Dan Cammish und Rory Butcher haben durch ihre Nullnummern dagegen Boden verloren und liegen 34 bzw. 43 Punkte zurück. Hätte Butcher den ersten Lauf gewonnen, daraufhin im zweiten Lauf eventuell ebenfalls auf dem Podium gestanden und ein weiteres gutes Punkteresultat im dritten Lauf geholt, währen das gut und gerne 30 bis 35 Punkte mehr und mindestens Platz Drei in der Meisterschaft. Aber hätte, hätte, Motorkette. Butcher bleibt der tragische Held des Tages. Immerhin macht die Performance, die der Ford gezeigt hat, Mut und Lust auf mehr.
Colin Turkington und BMW sind und bleiben zwar das Maß der Dinge, aber mit Sutton im Infiniti und Butcher im Ford sind in diesem Jahr starke Gegner erwachsen, die ich sogar noch vor Cammish im Honda sehen würde. Dass beim Honda die Reifen über die Renndistanz stärker abbauen (insbesondere dann, wenn auch noch Zusatzgewicht an Bord ist) ist auch an diesem Wochenende wieder aufgefallen und wird vermutlich auch in den nächsten Rennen ein Thema sein. Tom Ingrams Toyota fehlt derzeit noch das letzte Quäntchen, um aus eigener Kraft ganz vorne mit bei der Musik zu sein, aber ich denke, dass der erste Saisonsieg nur eine Frage der Zeit sein wird. Die größte Enttäuschung sind für mich bislang die BTC-Hondas. Tom Chilton und Josh Cook liegen nur auf den Plätzen 12 und 13 in der Meisterschaft und hatten bislang kaum ein problemloses Rennen. Hier scheint vieles in diesem Jahr nicht so recht zusammenzupassen und eventuell hat man sich mit dem Einsatz eines dritten Autos in diesem Jahr tatsächlich etwas verhoben.
Hier noch mal die einzelnen Resultate der drei Läufe aus Brands Hatch sowie eine Übersicht über die bisherigen Ergebnisse der Fahrer:
Und hier der Blick auf die Meisterschaftsstände:
In der Independent-Wertung führt derzeit Ash Sutton vor Rory Butcher und *kleiner Trommelwirbel* Stephen Jelley, der bislang fünf von sechs Rennen innerhalb der Top Ten abgeschlossen hat.
Die BTCC macht am kommenden Wochenende für ihre dritte Station in diesem Jahr Halt auf dem Oulton Park Circuit. Auf der Strecke, die heckgetriebenen Autos üblicherweise ein wenig besser entgegenkommt, gewann Colin Turkington im Vorjahr zwei Rennen, während der dritte Lauf nach Disqualifikation von Jake Hill an Stephen Jelley ging. Mein Tipp für dieses Jahr ist allerdings Ash Sutton, der hier in den Vorjahren im Subaru stets sehr stark war und generell sollte der malerische Kurs dem Infinti sehr gut liegen.
Die Übertragungszeiten könnt ihr wie gewohnt unserem TV-Planer entnehmen.
Bilder: btcc.net
1 Kommentare
[…] Butcher konnte schon im Qualifying nahtlos an die sehr gute Leistung aus Brands Hatch anknüpfen und sich erneut die Pole Position für den ersten Lauf sichern. Und anders als noch vor […]
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