Die Formel Eins fährt eines ihrer wenigen Rennen fernab von Zentraleuropa. In Sotchi gibt es aber nur einen Favoriten.
Das irgendjemand die Mercedes in Russland schlagen, glaubt vermutlich niemand. Die Strecke ist wie für die Mercedes gemacht. Lange Geraden, viele Vollgas-Passagen und ein letzter enger Sektor, in dem man nicht überholen kann. Besser kann man eine Strecke nicht für die Mercedes gestalten, die dort alle ihre Vorteile ausspielen können. Die einzige Frage wird sein, wie nah die Red Bull an die Deutschen kommen werden. Aber angesichts der Schwäche der Red Bull auch sehr schnellen Strecken, dürften deren Chancen übersichtlich sein.
Vorne bleibt eigentlich nur die Frage, ob Bottas endlich mal Glück hat. In der Quali wurde er von Hamilton oft nur sehr wenige Sekundenbruchteile geschlagen. Alles unter einem Zehntel ist dann vermutlich wirklich Glück. Ein bisschen mehr Rückenwind hier, ein Dämpfer, der etwas exakter arbeitet, ein Reifen, der am Ende weniger abbaut. Und auch im Rennen hatte Bottas oft Pech. Eine schlechtere Strategie, weil er in der Quali verloren hat, dann die Restart-Orgie in Mugello. Es hätte besser laufen können und er hätte das Glück auch mal verdient. Und Glück braucht man auch, wenn man Hamilton schlagen will.
Dahinter dürfte es spannend werden. Renault, McLaren, Alpha Tauri, Racing Point? Die liegen alle so eng zusammen, dass man kaum etwas vorhersagen kann. Die Renault zeigten in den letzten Rennen eine deutliche Aufwärtstendenz, was man aber von einem Werksteam auch erwarten musste. Dagegen ging es für Racing Point ein bisschen zurück. Es ist eben eine Sache, einen Vorjahreswagen zu kopieren, eine andere dann, wie man das Auto weiterentwickelt. Und da scheint es bei RP im Moment ein wenig zu hapern.
McLaren hatte gute Rennen auf Strecken, die ihnen eigentlich nicht so liegen. Wenn man Monza als Maßstab nimmt, dann muss man auch in diesem Rennen mit den Briten rechnen. Nach zwei Wochen Pause dürften die angekündigten Updates in Russland zu sehen sein. Das dürfte dem McLaren einen kleinen Schub nach vorne geben. Sainz und Norris haben durchaus Chancen auf den „Best of the Rest“ Titel in Russland.
Und Ferrari? Da wird sich wenig tun. Man sucht immer noch nach einer Lösung, wie man den Leistungsverlust reduzieren kann. Was nicht gut aussieht. Berichten zufolge hat man kaum Chancen, weil die Weiterentwicklung an Token gebunden ist. Die bekommt man aber nur, wenn man nachweist, dass die Entwicklung der Verbrauchsreduzierung dient. Dazu sind es zu wenig Token, um den Rückstand aufzuarbeiten. Die Ferrari und deren Kunden werden also weiter leiden müssen.
Der verspätete Start in die Saison bedeutet auch, dass die allseits beliebte Silly Season etwas später startet. Es sind einige Plätze im Hinterfeld, um die es geht. Auf dem Markt sind: Sergio Perez und Nico Hülkenberg, die beide in die F1 gehören. Dazu kommen vier Fahrer aus der F2: Shwarztman, Illiot, Tsunoda und der in der Serie führende Schumacher. Tsunoda wird mit Alpha Tauri in Verbindung gebracht, wo er Kvyat ersetzen könnte. Allerdings fehlt dem Mann aus dem Honda-Lager noch die Superlizenz.
Die drei anderen sind alles Ferrari-Junioren und das ist ein Problem. Bei Alfa wird ziemlich sicher ein Platz frei, eventuell zwei, wenn Räikkönen keine Lust mehr auf sein Hobby haben sollte. Was allerdings bei den letzten Rennen nicht so aussah. Würden beide Plätze frei, könnte man den dritten Fahrer versuchen bei Haas unterzubringen. Günter Steiner hat aber schon angedeutet, dass Ferrari hier keine Mitsprache hat. Der Verlierer könnte Shwartzman sein, der in der F2-Wertung auch schon 21 Punkte hinter Schumacher liegt.
Was Haas macht, ist offen. Magnussen liefert gute Ergebnisse, ist aber umstritten. Grosjean wird wohl am ehesten gehen müssen, aber dann sind da eben noch Perez und Hülkenberg. Das wildeste Gerücht dreht sich im Moment um Perez, den einige schon bei Red Bull sehen. Aber da hat Albon gerade endlich sein erstes Podium eingefahren und bisher macht es auch nicht den Eindruck, als wolle Red Bull den Nachwuchsfahrer loswerden.
Offen ist auch noch ein Platz bei Williams. Russel hat schon einen Vertrag für 2021, Latifi aber nicht. Mit dem frischen Geld der neuen, immer noch unbekannten, Besitzer, könnte man nicht mehr auf einen Pay-Driver angewiesen sein. Was den Markt für einen etablierten Fahrer öffnen würde.
Strategie
Pirelli bringt C3, C4 und C5 mit, also die weichsten Mischungen, die man hat. Das ist in Sotchi aber kein Problem. Der Asphalt ist nicht sehr aggressiv, die Belastung hält sich auch in Grenzen. Der C5 ist im Rennen eher unbrauchbar, aber mit dem C3 sollte man durchfahren können. Da der Schritt zwischen C3 und C4 aber relativ groß ist, ist die Zwei-Stopp-Strategie aber durchaus eine Option. Das gilt vor allem für eine mögliche VSC/SC-Phase, die in Sotchi immer drin ist.
Man wird also vorne versuchen auf den C4 zu starten und ich nehme an, dass auch hinter den Top Ten die C4 wählen wird. Es ist der Reifen, mit dem man die besten Optionen für das Rennen hat. Ein Start auf den C3 ist möglich, aber die müsste man dann lange fahren. Das bringt Vorteile., wenn es früh zu Unterbrechungen kommt, allerdings ist man dann lange mit älteren Reifen unterwegs, was dann wieder Nachteile bringt.
Das Wetter sollte in Sotchi keine Rolle spielen, bisher ist kein Regen angesagt. Angesichts der Jahreszeit und der Lage der Stadt am Meer kann sich das natürlich noch ändern. Aber darauf sollte man nicht hoffen.