Das Finale der NASCAR-Saison 2020 verlief ruhig und ohne besondere Vorkommnisse. Die vier Meisterschaftskandidaten machten das Rennen unter sich aus.
Man kann von den Playoffs der NASCAR halten was man will, aber das Format sorgt im letzten Rennen der Saison für jede Menge Spannung. Vier Fahrer, alle mit den gleichen Möglichkeiten. Das Reglement sieht für die vier Fahrer auch keine Stage-Punkte mehr vor. Es geht also rein darum, wer am Ende vor allen anderen drei Fahrern liegen wird. Und das auf einem Oval wie Phoenix, das in allen Bereichen ungewöhnlich und schwierig zu fahren ist. Theoretisch sollte das für spannendes Racing sorgen. Aber die Gefahr ist, dass einer der vier die kniffelige Abstimmung des Autos in Phoenix besser hinbekommt, als der Rest. So geschehen im letzten Jahr, als Kyle Busch allen davon fuhr.
Aber dieses Jahr lief es ein bisschen anders. Vom Start weg lagen drei Aspiranten für die Meisterschaft vorne: Keselowski, Logano und Hamlin. Einen schlechten Start hatte Chase Elliott erwischt. Weil sein Auto zweimal bei der technischen Abnahme durchfiel, musste er das Rennen vom letzten Startplatz in Angriff nehmen. Nicht gerade die beste Ausgangsposition zumal es im Mittelfeld immer eng ist und ein Unfall schnell passiert.
Der gerade mal 24 Jahre alte Elliott ließ sich davon allerdings ebenso wenig beirren wie sein Crew Chief Alan Gustafson. Nach nicht mal 30 Runden lag der Hendrick-Pilot schon wieder in den Top Ten. Da zeigte sich schon, wer in Phoenix ein gutes Auto zur Verfügung hatte. Aber auch die drei anderen Konkurrenten waren sehr gut unterwegs. Sie wechselten sich vorne an der Spitze ab, ohne sich allerdings allzu sehr ins Gehege zu kommen. Die erste Stage lief also dementsprechend ruhig und vor allem problemlos für alle Titelkandidaten.
Stage 2
Die zweite Stage brachte dann ein bisschen mehr Bewegung ins Rennen. Wobei man sagen muss, dass die Lage an der Spitze eher statisch war. Man konnte den Eindruck bekommen, dass der Rest des Feldes sich angesichts des Titelkampfs vornehm zurückhielt. Nicht einmal sah man einen der anderen Piloten in den Top Vier auftauchen, nicht mal einmal kämpfte jemand anderes um die Spitze, als die vier Meisterschaftskandidaten. Das war zwar einerseits ganz spannend, auf der anderen Seite fehlte ein wenig die Würze.
Erst gegen Ende der zweiten Stage kam ein bisschen Leben auf. Chase Elliott und Brad Keselowski hatten sich vorne leicht abgesetzt und kämpften um Platz Eins am Ende der Stage. Wie gesagt, Punkte gab es dafür nicht. Es ging ein bisschen darum zu zeigen, wer das stärkste Auto auf der Strecke hatte. Interessant war dabei, dass Elliott in einem brandneuen Chassis saß, Keselowski sich aber für ein Chassis entschieden hatte, mit dem er schon zwei Rennen gewonnen hatte. Welches Team hatte also die richtige Entscheidung getroffen?
Ein neues Chassis bringt natürlich Vorteile, weil man die letzten Erkenntnisse in den Bau einfließen lassen kann. Die Crew von Hendrick sprach bei Elliott von einem „Monster“, das man gebaut habe. Auf der anderen Seite – ein Sieger-Chassis kennt man und es lässt sich feintunen. Für den Fahrer ist es oft auch angenehmer, weil man die Eigenschaften des Autos besser kennt.
In den letzten beiden Runden wollte es Keselowski dann wissen und setzte mehrfach zu Überholmanövern an, die Elliott aber abblocken konnte. Erst in der letzten Kurve gelang es dem Meister von 2012 sich unterhalb des Hendrick-Autos zu setzen. In einem sehenswerten Manöver schob sich Keselowski an Elliott vorbei und sicherte sich Stage 2.
Die letzten 100 Runden
War die erste Stage von Zurückhaltung geprägt, so war die zweite Stage die Phase, in der es eher taktisch zuging. So richtig wollte niemand zeigen, was er drauf hat. Man hielt sich, vor allem bei den Überrundungen, in den langen Grünphasen zurück. Überhaupt waren Cautions eher Mangelware. Es gab genau vier. Eine Competition, die beiden Cautions am Ende des Stages und eine wegen eines Unfalls der #53 in Runde 163. Das war es schon. Das bedeutete auch, dass die gesamte (!) Schlussphase von Runde 201 bis Runde 312 komplett unter Grün lief.
Der Druck lag damit nicht nur bei den Fahrern, sondern auch bei den Boxencrews. Große Fehler erlaubten die sich aber bei allen vier Teams nicht. Nur bei Keselowski gab es ein paar kleiner Hänger, die aber nicht dramatisch waren. Zwar verlor er zweimal ein paar Positionen, konnte diese aber schnell wieder zurückgewinnen.
Jetzt würde ich hier gerne eine spannende Schlussphase beschreiben, allerdings blieb diese leider aus. Wie schon in den anderen Stages, machten Hamlin, Logano, Keselowski und Elliott das Rennen unter sich aus. Auffallend war in der Phase, dass es auch keine Verschiebungen gab. Logano hatte ein gutes Auto am Start, fiel dann aber ab. Ebenso Hamlin, der im Verlauf des Rennens nie an die Spitze kam.
Die Situation vorne wurde von Elliott und Keselowski kontrolliert. Je näher sich das Rennen dem Ende näherte, desto klarer wurde, dass der Titel unter diesen beiden Piloten ausgemacht werden würde. Insgesamt sah aber Elliott deutlich stärker aus. Am Ende führte der Mann aus Georgia auch 153 der 312 Runden an.
Daher war das Ende des Rennens entsprechend deutlich. Je länger der Run dauerte, desto stärker wurde Elliott. Die letzten Runden setzte er sich dann deutlich ab und fuhr ungefährdet einem Sieg entgegen. Und damit war die Meisterschaft für Chase Elliott entschieden.
Es war beileibe kein schlechtes Rennen, sondern eher so, wie man sich ein Ende vorstellt. Sauber, ohne künstliche Unterbrechungen. Ein reines Kräftemessen der besten vier Piloten der Saison. Mit Elliott hat die NASCAR nicht nur einen Premierensieger, es gewinnt auch der beliebteste Fahrer den Titel. Dazu ist Elliott der erste Fahrer, der nach seinem Vater Bill (1988) einen Titel gewinnt. Man hat also Geschichte geschrieben.
Ende einer Ära
Mit dem Fallen der Zielflagge in Phoenix endete auch das letzte Rennen des siebenfachen NASCAR-Champions Jimmie Johnson. Ihm gelang in seinem letzten Rennen auch noch ein ehrenhafter fünfter Platz und somit war er „best of the rest“. 19 Jahre lang war Johnson in der NASCAR, davon 18 Jahre komplett für alle Rennen. Seine Titel sind bekannt. Ein bisschen schade ist, dass ihm in den letzten drei Jahren kein Sieg mehr gelungen ist. Es war etwas zäh für ihn am Ende seiner Karriere in der NASCAR, doch der Motorsport geht für ihn in der IndyCar weiter, wo er zumindest die Rundkurse absolvieren wird.
Johnson war nie der beliebteste Fahrer bei den Fans, aber gehörte auf der anderen Seite auch nie zu den „bad boys“. Für den klassischen Südstaaten-Fan war Johnson immer etwas zu glatt, zu unauffällig und zu unaufgeregt. Auf der anderen Seite war das genau seine Stärke in der Serie. Er bezwang seine Gegner nicht mit unsauberen Mitteln, sondern mit Geduld und vor allem sehr viel Können.
Es ist keine Frage, dass Johnson zu den großen Fahrern der NASCAR-Geschichte gehört. Seine sieben Titel sind schon atemberaubend. Vor allem in einer Zeit, in der der Sport so eng ist und es keine Seriensieger mehr gibt. Johnson war der letzte Pilot, der seinen Titel erfolgreich verteidigen konnte (09/10). Dass es danach keinem anderen Fahrer mehr gelungen ist zeigt, wie überragend seine Hochzeit in der NASCAR war.
Für Hendrick hätte die Staffelübergabe nicht besser laufen können. Der alte Champion verabschiedet sich, der neue wurde in Phoenix gekrönt. Und es ist davon auszugehen, dass es Chase Elliott nicht nur bei einem Titel belassen will. Das Talent für mehr hat er auf jeden Fall.
Bilder NASCAR: