Falls Ihr Euch nach dem Lesen der Überschrift jetzt wieder denkt „Was ist mit dem? Was will der wieder mit so ’ner australischen Nischenserie, wo man nachts aufstehen muss?“ oder „Nicht schon wieder Autos mit Dach!“, mögt Ihr Recht haben.
Aber wer sich zum Lesen dieser Saisonvorschau überwinden kann, der findet in der TCR Australia ja vielleicht eine unterhaltsame Alternative zu den anderen bekannten Tourenwagenserien dieser Welt. Bereits durch ihren Kalender hat sich die TCR Australia zumindest das Prädikat ’sehenswert‘ verdient. Verbunden mit einem ebenso starken wie durchmischten Fahrerfeld ergibt sich daraus eine Serie, die sich vor den anderen nationalen TCR-Meisterschaften, oder selbst vor der WTCR, wirklich nicht verstecken muss. Wer sich vor der WTCR verstecken muss, fragt Ihr? Weiß ich auch nicht, aber es klang gut.
Zugegeben, auf eine lange Historie kann die australische TCR, oder die Supercheap Auto TCR Australia Series, wie sie seit einigen Tagen mit vollem Namen heißt, nicht zurückblicken. 2019 ins Leben gerufen, konnte sich Will Brown in einem Hyundai zu ihrem ersten Champion krönen, ehe die Serie 2020 aufgrund der Covid-19-Pandemie komplett ausfiel. In diesem Jahr erfolgt nun also der zweite Anlauf. Alles, was Ihr im Vorfeld des Saisonauftakts in Symmons Plains wissen müsst, findet Ihr in den folgenden (nicht immer ernst gemeinten) Absätzen.
Teams und Fahrer
Bei der Recherche zu diesem Text stellte schon das Auffinden einer definitiven Entry List die erste und größte Hürde dar. Nach einer Suche, die mich von der Homepage der Serie über Speedcafe und TouringCarTimes führte, fand ich schließlich bei Auto Action eine brauchbare Teilnehmerliste – nachdem ich 3,20 € für das PDF-Magazin bezahlt habe. Eine Frechheit™, vor allem wenn man bedenkt, dass Vorschauen hier ja eh keiner liest (fragt Yankee), und schon gar nicht über eine weitere australische Tourenwagenserie, aber was macht man nicht alles für seine Leser*innen, also alle beide. Außerdem habe ich gerade (leider) nichts Besseres zu tun, also ehh…
Aber zurück zum Thema: Das Fahrerfeld ist eine spannende Mischung aus jungen Talenten und alten Bekannten. Allen voran wäre da zum Beispiel Jordan Cox, der in diesem Jahr einen Alfa Romeo für das Team von Garry Rogers pilotieren wird. Wem der Name jetzt nichts sagen wird, der sollte diesen bei Youtube suchen. Cox‘ Auftritte im Honda Civic in der Improved Production Series in Bathurst oder in Adelaide sind fast schon legendär. Sein Teamkollege im Alfa-Team von GRM wird Michael Caruso, der über 300 Rennen bei den Supercars bestritt und dort zuletzt einer der Endurance Driver bei Tickford Racing war.
Das Team der Titelverteidiger, HMO Customer Racing, musste den Weggang von Will Brown verkraften, der zukünftig für Erebus bei den Supercars an den Start gehen wird. Ihn ersetzt Josh Buchan, 2019 immerhin Gesamtzweiter der australischen Formel 3 und im gleichen Jahr Sieger des Bathurst Formula Ford Festivals im Rahmen der 12h. Den zweiten HMO-Hyundai übernimmt mit Nathan Morcom der Teammanager persönlich.
Einen weiteren bekannten Namen findet man bei Ashley Seward Motorsport, die ebenfalls zwei Alfa Romeos einsetzen. Während die #9 vom gerade einmal 17 Jahre jungen (und zweimaligen australischen Kart-Champion) Jay Hanson pilotiert wird, übernimmt die #10 mit Lee Holdsworth ein ebenfalls langjähriger Supercars-Fahrer. Dort fuhr er zuletzt die #5 bei Tickford Racing. Nachdem das Team sich nun aber von vier auf drei Wagen verkleinerte und Holdsworth ohne Cockpit verblieb, hat dieser nun in der TCR ein neues Zuhause gefunden. Mit insgesamt fast 500 Rennen bei den Supercars gehört Holdsworth wie Caruso zu den Tourenwagen-Größen Australiens und ist definitiv eine Bereicherung des TCR-Feldes.
Ebenfalls stark aufgestellt ist das Renault-Team von GRM mit James Moffat und Dylan O’Keeffe. Auch Moffat kennt man von den Supercars, zumal sein Vater Allan (vier ATCC-Titel, vier Siege beim Bathurst 500 bzw. 1000) eine Legende des australischen Motorsports ist. O’Keeffe fuhr bereits 2019 für das TCR-Team von Garry Rogers und kann zudem auf mehrere Jahre Erfahrung im australischen Porsche Carrera Cup zurückblicken, hat eine Saison in der Super2 bestritten, und bei seinen bisherigen beiden Starts bei den Supercars hat er einen guten Eindruck hinterlassen. 2020 hatte er zudem einen Gaststart in der WTCR in Zolder.
#TCRAustralia: GRM unveil 2021 livery for James Moffat https://t.co/q9uZVYf8jf pic.twitter.com/mMkS3ir2FS
— TouringCarTimes (@TouringCarTimes) January 12, 2021
Und last but not least wäre da noch Jason Bargwanna. Er kann auf 377 Starts bei den Supercars zurückblicken, bei denen er sieben Rennsiege und drei Pole Positions einfahren und im Jahr 2000 zusammen mit Garth Tander das Bathurst 1000 gewinnen konnte. Nachdem er 2011 die Serie verließ, konnte er in Neuseeland noch zwei Titel bei den New Zealand V8 Touring Cars einsammeln. Auch er ist also hochdekoriert im australischen Motorsport und zählt dort zu den bekannteren Namen. 2021 wird er gemeinsam mit seinem Sohn Ben für Burson Auto Parts Racing an den Start gehen. So viel ich weiß ein GRM-Kundenteam, welches zwei Peugeots einsetzen wird.
Zumindest in Tasmanien wird auch Chaz Mostert mit von der Partie sein, der inzwischen seine internationalen Verpflichtungen für BMW ruhen lässt und sich nun in einem Audi vom Melbourne Performance Centre versuchen wird. Regulär sollte dort aber Luke King zu finden sein, der zuletzt in der Toyota 86 Series unterwegs war und 2018 und 2019 dort jeweils Vizemeister wurde.
Chelsea Angelo wird beim Saisonauftakt leider fehlen, da ein dortiger Einsatz mit ihrer beruflichen Verpflichtung als Managerin eines Cafés kollidiert.
Startnummer | Fahrer | Team | Fahrzeug |
---|---|---|---|
11 | Nathan Morcom | HMO Customer Racing | Hyundai i30 N TCR |
30 | Josh Buchan | HMO Customer Racing | Hyundai i30 N TCR |
5 | Jordan Cox | Garry Rogers Team Valvoline | Alfa Romeo Giulietta Veloce TCR |
7 | Michael Caruso | Garry Rogers Team Valvoline | Alfa Romeo Giulietta Veloce TCR |
9 | Jay Hanson | Ashley Seward Motorsport | Alfa Romeo Giulietta Veloce TCR |
10 | Lee Holdsworth | Ashley Seward Motorsport | Alfa Romeo Giulietta Veloce TCR |
17 | Jason Bargwanna | Burson Auto Parts Racing | Peugeot 308 TCR |
71 | Ben Bargwanna | Burson Auto Parts Racing | Peugeot 308 TCR |
18 | Aaron Cameron | Team Valvoline GRM | Peugeot 308 TCR |
33 | Dylan O'Keeffe | Renault Sport GRM | Renault Mégane R.S. TCR |
34 | James Moffat | Renault Sport GRM | Renault Mégane R.S. TCR |
24 | John Martin | Wall Racing | Honda Civic Type R TCR |
50 | Tony D'Alberto | Wall Racing | Honda Civic Type R TCR |
2 | Luke King (regulär) | Melbourne Performance Centre | Audi RS3 LMS TCR |
25 | Chaz Mostert (zunächst nur Symmons Plains) | Melbourne Performance Centre | Audi RS3 LMS TCR |
15 | Michael Clemente | Michael Clemente Motorsport | Honda Civic Type R TCR |
333 | Brad Shiels | Tilton Racing | Hyundai i30 N TCR |
110 | Zac Soutar | Team Soutar Motorsport | Honda Civic Type R TCR |
Kalender
Mehr Sicherheit als bei der Entry List gibt es beim Saisonkalender, sofern nicht wieder Corona dazwischen haut. Dieser besteht in diesem Jahr aus insgesamt sechs Runden, wobei zumindest beim Auftakt auf Tasmanien drei Rennen gefahren werden. Die Formate für die restlichen Rennwochenenden stehen derzeit aber noch nicht fest. Offen ist auch, ob die Saison Ende September in Sandown endet, oder ob im November ein zweiter Besuch am Mount Panorama erfolgt.
Datum | Strecke |
---|---|
24.01. - 26.01.2021 | Symmons Plains Raceway |
19.02. - 21.02.2021 | Phillip Island |
02.04. - 04.04.2021 | Bathurst |
30.04. - 02.05.2021 | Sydney Motorsport Park |
25.06. - 27.06.2021 | Morgan Park Raceway |
10.09. - 12.09.2021 | Sandown |
Symmons Plains Raceway
Wer mehr über den Symmons Plains Raceway erfahren möchte, für den hole ich gerne einen kurzen Exkurs aus meinem Archiv, den ich 2018 (*guckt auf den Kalender* Vor drei Jahren schon? Im Ernst?) für eine Supercars-Vorschau angefertigt hatte:
Der Symmons Plains Raceway ist eine der traditionsreichsten Strecken in Australien. Der Kurs entstand 1959 in der Nähe der Stadt Launceston auf Farmland der Familie Youl, die nebenher sehr aktiv in der tasmanischen Rennszene war. In diesem Jahr überließ Boyce Youl seinen Söhnen John und Gavin ein Stück Land am Rande ihrer Farm, um dort eine Rennstrecke zu errichten. Zusammen mit zwei weiteren hiesigen Rennfahrern, Robin Bessant und John Berrenger, begannen die Youls mit den Arbeiten, die schon ein Jahr später abgeschlossen waren.
Bereits in der Mitte der 1960er war Symmons Plains über Tasmanien hinaus bekannt: 1966 machte dort mit der Australian Drivers’ Championship die erste nationale Meisterschaft Station, ein Open-Wheel-Format, das zwischen 1957 und 2014 unter wechselnden Reglements ausgetragen wurde. Von Formula Libre in der Anfangszeit, über Australian Formula 1 (Formula 5000) in den 70ern, bis zur Formula Holden in den 90ern. Aus ihr ging 2015 schließlich die australische Formel-3-Meisterschaft hervor.
Richtig populär wurde die Strecke aber erst durch den Tourenwagensport. 1969 fand dort mit dem Saisonfinale der Australian Touring Car Championship (ATCC) das erste Rennen in dieser Kategorie statt. Bis 1999 waren die ATCC und ihre Nachfolger anschließend ohne Unterbrechung regelmäßiger Gast. Danach folgte eine fünfjährige Pause, ehe Symmons nach einigen Upgrades ein Comeback im Kalender feierte. Damals wurde die Boxenanlage renoviert, die erst 1994 von der Innenseite der Strecke in ihre heutige Position verlegt wurde, und die Start-Ziel-Linie wanderte aus einer Kurve (heute Turn 1) auf die Gerade neben der neuen Boxengasse. Ansonsten ist das Layout in 58 Jahren größtenteils gleich geblieben.
Das letzte Upgrade datiert aus dem Jahr 2014, als vor allem in Sachen Sicherheit (Streckenbegrenzungen, Fangzäune, Kiesbetten, neues Medical Centre) einiges getan wurde.
Zeitplan
Der Zeitplan für Symmons Plains ist ziemlich ungewöhnlich, da die Rennen zwischen Montag und Dienstag deutscher Zeit stattfinden. (Kann ich auch nichts für.) Aber wer am Montagmorgen oder in der Nacht auf Dienstag Zeit aufbringen kann, der kann sich ja mit den Rennen der australischen TCR unterhalten. Ebenfalls dabei sind übrigens auch die australische Trans Am, die Touring Car Masters und die S5000 (falls jemand Autos mit Dach nicht mag). Den gesamten Überblick mit allen Zeiten und Streams findet Ihr wie immer im TV-Planer.
Montag:
04:15 Uhr – Qualifying
06:58 Uhr – Rennen 1
Dienstag:
01:13 Uhr – Rennen 2
05:27 Uhr – Rennen 3
Bilder/Pictures: TCR Australia
1 Kommentare
[…] wie Ihr es beim Text zur TCR Australia schon gemerkt habt (merken musstet?) habe ich gerade einfach sehr viel Zeit. So viel Zeit, dass es […]
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