Es geht wieder los. Die F1 startet ihr erstes Rennen der Saison. Dabei gibt es einige Fragezeichen.
Die vergangenen Tests in Bahrain waren nicht gerade sehr aufschlussreich. Mercedes hatte technische Probleme, aber hatten sie auch Probleme mit dem Speed? Die Fahrer beschrieben den W12 als „schwierig auf der Hinterachse“ und „snappy“. Das können grundlegende Probleme mit dem neuen Unterboden sein, um das überarbeitete Auto herum gebaut wurde. Das können aber auch einfach Setup Probleme sein, die man nach dem Test und der Auswertung der Daten in den Griff bekommen kann. Es kann auch einfach sein, dass sich die Fahrer an das neue Fahrverhalten gewöhnen müssen. Es kann natürlich auch sein, dass das Auto „verschlimmbessert“ wurde und man noch einmal grundlegend an die Sache ran muss.
Aber wer glaubt, dass die Mercedes über den Winter mit dem W12 rund eine Sekunde auf die Red Bull verloren haben, sieht die Situation vermutlich nicht realistisch. Mercedes hat sich bei der Entwicklung der Autos in den letzten Jahren keine Fehler erlaubt. Sicher, seit dem Winter 2019 ist Aldo Costa nicht mehr im Team und bei Dallara. Aber der Bau der Chassis in den letzten Jahren war immer eine Teamarbeit und James Allison dabei immer eine wichtige Figur.
Was man aber sagen kann: Red Bull hat ein aufgeholt. Die B-Variante des Chassis hat die Probleme aus dem letzten Jahr wohl in den Griff bekommen. Auch Honda dürfte in Sachen Leistung nachgelegt haben, sodass der Red Bull ein sehr ernst zu nehmender Gegner in diesem Jahr sein sollte. Wenn man den Trend der letzten Rennen aus der letzten Saison nimmt, kann das für die F1 nur gut sein. Sollte es sich bewahrheiten, dass der höhere Anstellwinkel des Red Bull die bessere Lösung für dieses Jahr ist, hat Red Bull einen deutlichen Vorteil.
Immerhin lief es für die Red Bull bei den Tests mal wirklich zufriedenstellend. Kaum Probleme, kaum Beschwerden der Fahrer. Man ist also scheinbar gut gerüstet für den Start der Saison. Dazu kommt, dass man mit Sergio Perez einen echten Top-Fahrer im Team hat, dem nicht erklären muss, wie die F1 funktioniert. Perez selber rechnet damit, dass er bis zu fünf Rennen benötigt um das volle Potenzial das Auto entschlüsseln zu können, was eher normal ist, wenn man das Auto wechselt.
Hinter den beiden Top-Teams wird es sehr, sehr eng. McLaren hat eine sehr geniale Lösung für den Diffusor gefunden, aber wie viel das bringt ist dann die andere Frage. Der Wechsel zu den Mercedes-Motoren sollte für einen Schub sorgen, allerdings musste man das Auto dafür umbauen. McLaren hat dafür etwas mehr Freiheiten bekommen, aber es ist eben kein neues Chassis, das man für den neuen Motor extra bauen konnte. Probleme erwartet McLaren allerdings dadurch nicht.
Bei den Tests war man schnell und hatte scheinbar im Vergleich zum letzten Jahr deutlich zugelegt. Dazu kommt die starke Fahrerpaarung mit Norris und Ricciardo. Wie schnell der Australier ins Team finden wird und wie gut sich Norris gegen ihn halten kann, wird eine der spannenden Fragen zum Start der Saison sein.
Nicht unterschätzen sollte man auch Aston Martin. Nach einem eher schwierigen Test sind sie ein bisschen unter dem Radar geblieben. Aber sie haben das Konzept des Autos ins neue Jahr mitgenommen und bekommen zudem die letztjährige Hinterradaufhängung des Mercedes spendiert. Aston wird die gute Basis aus dem letzten Jahr aus weiter verbessert haben, was bei den Tests auch bei den Fahrten von Stroll auffiel. Vettel wird ebenfalls Zeit benötigen, um sich an das Auto zu gewöhnen, sollte aber besser von Anfang an Stroll in der Quali schlagen.
Ferrari ist nach dem Test schwierig einzuschätzen. Der neue Motor sollte dem Team helfen, ebenso hat man einige sehr innovative aerodynamische Lösungen am Auto gesehen. Dazu kommt die sehr starke Fahrerpaarung. Haben sie also Chancen ihre alte Position wieder einzunehmen? Ich fürchte nicht. Ferrari wird bei einigen Rennen stark sein, aber für Siege oder P3 sollte es nicht reichen. Eine solide Saison an der Spitze des Verfolgerfeldes ist vermutlich das Maximum dessen, was man erreichen kann.
Da will auch Alpine hin. Die Franzosen haben mit Fernando Alonso einen starken Fahrer im Auto, aber wie gut der Spanier nach zwei Jahren Pause dann wieder ist, wird man sehen müssen. Sollte Alpine beide Fahrer beim Test nach einem identischen Plan hat fahren lassen, dann war Ocon minimal schneller. Der war wiederum langsamer als Ricciardo im letzten Jahr. Aber man muss Alonso vermutlich auch etwas mehr Zeit geben.
Der Alpine selber kommt mit einem neuen Kühler-Package. Offenbar liegt der Ladeluftkühler nun oberhalb des Motors, weshalb die Lufthutze so übermäßig breit geworden ist. Dafür sind die Sidepods kurz. Alpine wird ausgerechnet haben, ob das was bringt. Aber ich bin skeptisch, dass Alpine wahnsinnig viel besser ist, als im letzten Jahr. Und besser als der McLaren waren sie bei den Tests auch nicht.
Eine Überraschung könnte von Alpha Tauri kommen, wenn man nur auf die Testzeiten kommt. Da muss man allerdings immer etwas vorsichtig sein, denn das B-Team von Red Bull fährt am letzten Tag gerne mal etwas leichter um den Kurs. Aber insgesamt muss man schon sagen, dass AT einen starken Eindruck bei den Tests gemacht hat. Auch der letztjährige Wagen war ja nicht schlecht, funktionierte aber nicht auf allen Strecken. Wenn AT hier nachgearbeitet hat, dann könnte das Team mitten in den Kampf ums Mittelfeld eingreifen.
Bleiben Alfa Romeo, Williams und Haas. Die Alfa kommen auch in den Genuss des neuen Ferrari-Motors. So schlecht war das Team im letzten Jahr auch nicht, auch wenn man sich oft sehr weit hinten anstellen musste. Die Frage wird sein, wie gut man das Chassis überarbeitet hat und wie gut der neue Motor ist. Insgesamt glaube ich aber nicht, dass die Alfa im sehr engen Mittelfeld einen Platz finden werden. Wie im letzten Jahr wird man darauf achten müssen genau dann zur Stelle zu sein, wenn die Teams vor ihnen patzen.
Williams fährt die erste volle Saison unter neuer Herrschaft und die ersten Eindrücke vom Test waren nicht schlecht. Man hat Fortschritte gemacht, aber man darf auch nicht vergessen, dass man immer noch mit einer Evolution des 2019er-Chassis fährt. Man wird alle Ressourcen auf 2022 konzentrieren. Achtungserfolge sollten in diesem Jahr wieder drin sein.
Haas wird in diesem Jahr das Schlusslicht sein. Man hat kaum etwas am Auto verändert und plant auch keine Updates in der Saison. Da das Chassis im letzten Jahr schon schlecht war, wird man in diesem Jahr auch mit neuem Ferrari Motor nicht weiterkommen. Es ist bedauerlich, dass das Team aus Geldmangel diese Saison schon vor dem Start abschreiben kann. Auf der anderen Seite nimmt es den Druck von Mick Schumacher.
Die Strategie Vorschau lasse ich für dieses Rennen mal weg. Durch den Wegfall von circa 15 % des Abtriebs an der Hinterachse in diesem Jahr ist schwer einzuschätzen, wie die Teams mit dem Reifen klarkommen. Beim nächsten Rennen habe ich dann einen etwas besseren Überblick. Generell kann man sagen, dass Pirelli mit Reifen weiter konservativ ist und wir viele Ein-Stopp-Rennen sehen werden.
Bilder: Ferrari, Daimler AG, McLaren, Alfa Romeo