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FIA WTCR: Das R steht immer noch für Cup

von ThomasB
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Es gibt Serien, die sich im Racingblog großer Beliebtheit erfreuen, wie die BTCC oder die IndyCar. Und es gibt Serien, bei denen wir uns bei jeder News wundern, dass es sie noch gibt – und warum. Eine davon ist die FIA WTCR, die am kommenden Wochenende in ihre neue Saison startet. Ein guter Anlass also, um mal auf die „beste“ schlechteste Serie zu gucken.

Photo Clement Marin / DPPI

Einige Leser*innen werden sich jetzt fragen, was genau die WTCR noch einmal war und verübeln kann man es Euch nicht, schließlich ist das letzte Rennen über ein halbes Jahr her. Für alle, die einen Auffrischer brauchen (die Autoren dieses Textes inklusive), folgt hier nun die in Co-Produktion mit Chaos entstandene „Vorschau“, mit allem, was Ihr im Vorfeld der neuen Saison wissen wollt – oder halt… auch nicht.

Grüße an alle Leser*innen auch von meiner (Chaos) Seite an dieser Stelle. Damit Ihr Thomas und mich noch unterscheiden könnt, sind meine Ausführungen in kursiv gehalten. Dies auch in Anlehnung an die momentane Lage der Serie… Schräglage und so… ihr versteht…

Fangen wir am besten bei null an, keine Sorge, dauert nicht lang. Die FIA WTCR ist, wie man am R unschwer erkennen kann, der World Touring Car Cup. 2018 ist dieser aus der Tourenwagen-WM (WTCC) hervorgegangen, nachdem die Kosten für die Autos der am Ende (zu) recht kurzlebigen TC1-Kategorie zu groß wurden. Es folgte der Umstieg auf die TCR-Formel, die um einiges günstiger ist und seit einigen Jahren auch die wohl erfolgreichste Tourenwagen-Formel mit zahlreichen nationalen oder kontinentalen Ablegern (TCR Germany [die aber gerade leider zu implodieren scheint], TCR Europe, TCR Australia usw.) darstellt. Ferner ist die TCR zum Beispiel als eigene Klasse in der NLS oder in der Michelin Pilot Challenge der IMSA zu finden.

Ich habe mittlerweile bei den ganzen TCR-Klassen und TCR-Cups völlig den Überblick verloren. Eigentlich wirkt das Ganze wie ein Schneeballsystem, was irgendwann kollabieren muss. Es kann mir einfach niemand erzählen, dass sieben regionale Serien, 14 nationale Serien, neun Endurance-Serien bzw. -Klassen in anderen Serien und die WTCR tatsächlich alle nebeneinander tragfähig sind. Das TCR-Reglement ist zwar gut, aber so gut nun auch wieder nicht. 

Am kommenden Wochenende startet nun also die WTCR in ihre vierte Saison. Insgesamt stehen dieses Jahr 16 Rennen auf dem Programm, die sich über acht geplante Events verteilen. Der Saison-Auftakt findet dabei im Rahmen der 24h auf dem Nürburgring statt. Was auf den ersten Blick vielversprechend anfängt, lässt in der Folge dann doch einiges zu wünschen übrig. Das liegt einerseits sicherlich an den Folgen der Covid-19-Pandemie, die immer noch Auswirkungen auf die Pläne aller Motorsportmeisterschaften hat. Andererseits ist mir das im Falle der WTCR ehrlich gesagt dann doch ein bisschen zu einfach, denn einige Probleme der Serie stammen noch aus WTCC-Zeiten und haben wohl auch damit zu tun, dass der Promoter der Serie mit Eurosport ein Fernsehsender mit Identitätskrise ist.

Es ist einfach schade. Schon die WTCC hat viel Potential verschwendet und die WTCR macht genau da weiter, wobei nein… eigentlich macht sie alles noch viel schlimmer. Denn im Gegensatz zu der WTCC hat man einen funktionierenden sportlichen Unterbau durch die ganzen regionalen Ableger und die diversen Hersteller, die einen TCR bauen. In einer fiebertraumartigen Vision könnte man das Ganze richtig groß aufziehen, auf tollen Strecken fahren, sich wie die GT3 (ein bisschen) Herstellersupport in allen Bereichen holen und eine wirklich sehenswerte Rennserie aufziehen. Stattdessen bekommen wir halt eine Rennserie, die ihren Namen (bzw. dessen Abkürzung) nicht richtig schreiben kann.

Und damit wären wir dann auch schon mittendrin.

Kalender

Wie oben bereits erwähnt, beginnt die Saison am Nürburgring, was auch erstmal super klingt. Die Teams müssen quasi ohne Vorbereitung von 0 auf 100 gehen, und ihre Fahrer*innen und Autos zu Beginn für zwei Rennen direkt auf die Nordschleife bringen. Das könnte viel Action versprechen, wenn da nicht Eurosport wäre. Im letzten Jahr schafften sie es, das Saisonhighlight dermaßen kaputt zu präsentieren, dass man vom Geschehen auf der Strecke absolut gar nichts mitbekam. Zwar passierte dort auch nicht gerade viel, aber es gelang ihnen zielsicher alle zweieinhalb wichtigen Aktionen zu verpassen, sodass es nicht einmal Replays gab. Dass die Hyundais damals aus Protest gegen die BOP nicht antraten, war dann auch noch die Krönung des ganzen.

Von professionellen Rennserien, also von „professionellen Rennserien“, gucken sich die WTCR-Verantwortlichen nur das Schlechteste ab. Ich tue mich immer noch schwer, die Rennen auf der Nordschleife als solche zu bezeichnen, ganz einfach, weil ein Rennen aus meiner Sicht mehr als drei Runden haben sollte… Man hätte sich ja für das zweite Saisonhighlight neben Macau auch etwas besonderes ausdenken können aber nein, man bleibt bei der sehr kurzen Distanz für die Rennen. Die TCR-Autos können ja durchaus längere Strecken fahren, nur bei der WTCR mutieren sie anscheinend zu „Sprint Cars“…

Nach dem Nürburgring sollte mit dem Stadtkurs in Vila Real eigentlich das nächste Highlight folgen, doch das Race of Portugal wurde wegen Corona nach Estoril (die Strecke steht anscheinend immer noch) verlegt. Hier kann die Serie zugegeben nichts machen, und wenn es vor Ort aufgrund der Pandemie Bedenken wegen Stadtrennen gibt, ist das nur zu verständlich.

Photo Xavi Bonilla / DPPI

Für den Kalender ist das aber leider gleichzeitig ein herber Verlust, vor allem da nach Estoril Rennen in Aragón, auf dem Adria Raceway und dem Hungaroring folgen, was jetzt eher zum weglaufen klingt. Ich mein, selbst die TCR Europe schafft es in ihrem, zugegeben nicht viel besseren Kalender (u.a. Le Castellet, Barcelona), wenigstens Spa und Monza unterzubringen. Doch während die TCR Europe sich den Rennen der SRO-Serien bzw. der GT Open anschließt, scheint die WTCR größtenteils Alleinunterhalter bei ihren Events zu sein, was jetzt auch nicht unbedingt die beste Lösung sein kann.

Damit endet dann auch der Europateil des Kalenders. Wie von Thomas schon ausgeführt ist dieser von den Strecken her leider recht öde. Das „Alleinunterhalter-Gen“ kommt noch aus der Zeit, als man die WTCC war und zusammen mit der F2, später der AutoGP oder der ETCC eigene Events auf die Beine stellen konnte, die zusammen mit weiteren regionalen Serien vermutlich irgendwie okay waren. Wie viel Sinn es allgemein macht, Autos durch Europa bzw. um die Welt zu prügeln, um damit dann zwei Mal 25-Minuten-Rennen zu fahren, muss jeder für sich selbst beantworten…

 

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Nach einer zweimonatigen Pause steht Mitte Oktober dann Südkorea auf dem Programm, wo die WTCR im Inje Speedium zu Gast sein soll. Ich habe da aber so meine Zweifel, nicht nur wegen Corona, sondern vor allem, weil ich von Inje immer nur im Zusammenhang mit Absagen gehört und somit von dort auch noch nie ein Rennen gesehen habe. Aber… wird schon klappen.

„Wird schon klappen“ hatte bei der WTCC und ihrem Kalender auch schon immer große Tradition. So landete man immer mal wieder auf etwas besseren Kartbahnen oder aber Rennen mussten abgesagt werden, weil jemandem auffiel, dass jetzt irgendwas doch nicht passt…

Danach soll es auf den Ningbo International Circuit in China gehen, wo die WTCR in der Vergangenheit dann doch ein paar ganz ordentliche Rennen hatte. Der Saisonabschluss soll schließlich im November in den Straßen von Macau stattfinden. Für sicher halte ich auch das allerdings nicht, und ich habe so meine Zweifel, ob wir schon tatsächlich den finalen Kalender gesehen haben.

Fun Fact: Die WTCR listet Macau bei sich auf der Seite mit eigener Flagge auf. Dabei ist Macau kein eigener Staat sondern eine chinesische Sonderverwaltungszone. Vielleicht sollte man mal in Hongkong, welches den gleichen Status hat, ein Stadtrennen fahren und gucken unter welche Flagge man dort antreten würde. Einfach nur zum Spaß… Macau ist natürlich das Saisonhighlight und tatsächlich sind die TCR-Fahrzeuge in den Straßenschluchten schon ein echter Hingucker, die allerdings auch gerne Mal (wie alles in Macau) viel Schrott produzieren.

Der Kalender ist sicherlich einerseits wirtschaftlichen Interessen geschuldet, andererseits ist es schon reichlich absurd (Pandemie hin oder her) sich World Touring Car Cup zu nennen und dann nur auf zwei Kontinenten zu fahren. Es soll da in der Theorie noch mehr Kontinente in der Welt gaben, aber da man ja keine Weltmeisterschaft mehr ist, muss man auch nicht mehr auf mindestens drei Kontinenten fahren, um diesen Status zu behalten. Was für ein Glück.

DatumEventStrecke
03.-05. JuniRace of GermanyNürburgring
26./27. JuniRace of PortugalCircuito do Estoril
10./11. JuniRace of SpainCiudad del Motor de Aragón
31. Juli / 01. AugustRace of ItalyAdria International Raceway
21./22. AugustRace of HungaryHungaroring
16./17. OktoberRace of KoreaInje Speedium
06./07. NovemberRace of ChinaNingbo International Circuit
19.-21. NovemberRace of MacauGuia Circuit

Entry List

Das Fahrerfeld ist 2021 eine tolle Mischung der Kategorien „Der fährt immer noch?“ und „Hab ich noch nie gehört.“

Auch hier zeigt sich wieder einmal eins der übrig gebliebenen WTCC-Probleme. Die beiden Kategorien an Fahrern gab es nämlich damals auch schon und wie heute in der WTCR leider wenig dazwischen.

Zur „Der fährt immer noch?“-Kategorie gehört natürlich Yvan „alle gehören bestraft, außer ich“ Muller (Cyan Racing). Es ist mir einfach ein Rätsel, wie er immer noch ein Cockpit bekommt. Klar kann man argumentieren, dass die Ergebnisse des mehrfachen WTCC-Champions ja stimmen, und er vermutlich auch einfach genug Sponsoren/Geld an Land ziehen kann, aber es sagt wohl auch einiges über die WTCR, dass jemand, der schon 2016 eigentlich aufhören wollte, immer noch in dieser Serie abhängt. (Zusätzlich sagt es auch einiges über die Konkurrenz aus, wenn diese Person seitdem zwei Mal Vizemeister und einmal Dritter in der Meisterschaft wurde…)

Dann wäre noch Gabriele Tarquini (BRC) zu nennen, der schon vor der Erfindung des Automobils Autorennen fuhr. Man könnte meinen, dass der BTCC-Champion von 1994 (da war ich im Kindergarten), ETCC-Champion von 2003, WTCC-Champion von 2009 (da habe ich Abitur gemacht) und WTCR-Champion von 2018, langsam mal aufhören würde, aber weit gefehlt. Dies liegt wohl daran, dass er auch nicht so viel Grund dazu hat. Als kleine Nebenbeschäftigung im Rentenalter erscheint die WTCR wie genau das Richtige. Aber vielleicht ist genau das die Daseinsberechtigung der Serie, als Vorstufe für den Rennfahrer-Ruhestand, oder für diejenigen, die eigentlich aufhören wollten, aber zu Hause der Familie jetzt zu sehr auf die Nerven gehen.

Haben Dauerbrenner wie Muller und Tarquini auch Respekt vor ihren Leistungen und Erfolgen verdient? Schon, aber mittlerweile wird man halt auch den Eindruck nicht los, dass sie jüngeren Talenten potenziell einen Platz wegnehmen. Aber andererseits ist wahrscheinlich auch einfach niemand da, der in die WTCR wollen würde, schließlich fährt auch Tom Coronel immer noch, wenn er nicht gerade damit beschäftigt ist jeder einzelnen Person dieses Planeten auf Twitter zu folgen. Dieses Jahr fährt er übrigens für Audi Sport Comtoyou DHL. Die Teamnamen sind dieses Jahr auch absolut toll, wie Ihr nachher sehen werdet. Immerhin hat man es geschafft, beim Verunstalten des Wortes „come“ nicht auch noch das „o“ bei „Com“ durch ein „u“ zu ersetzen, wobei das vermutlich genau die Art von Humor sein würde, auf die Coronel steht. Coronel ist wie ein Großteil deutscher Comedy. Am Anfang irgendwie vielleicht noch gezwungenermaßen witzig, aber je länger es dauert, desto mehr hat man das dringende Bedürfnis sich mit dem zu beschäftigen, was so auf der anderen Seite auf einen wartet. 

Was ebenfalls für den Mangel an nachrückenden Talenten spricht, ist der Fakt, dass Zengo Motorsport für diese Saison Jordi Gené gemeldet hat. Hier ist also jemand, dessen letzte kompetitiven Einträge aus dem Jahr 2018 datieren, als er immerhin die TCR-Klasse bei den 24h am Nürburgring gewinnen konnte. Seitdem ist aber nichts mehr zu finden. Das letzte Mal, dass Gené eine volle Saison bestritt, war 2015 in der TCR International Series (der heutigen TCR Europe), in der er am Ende immerhin Gesamtdritter wurde. Nun also ein Jahr in der WTCRIch kann die Kritik hier überhaupt nicht nachvollziehen, dies zeigt nur die Familienfreundlichkeit der WTCR. Man kann auch als Teilzeitrennfahrer teilnehmen, ist doch super. 

Ebenfalls für Zengo wird Rob Huff an den Start gehen. Der amtierende TCR-Scandinavia-Champion war in der WTCC lange für Chevrolet unterwegs, gewann dort 2012 den Titel und ist im Grunde in allen Tourenwagen konkurrenzfähig. Für das Team aus Ungarn wird er nun einen Cupra León pilotieren.

 

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In der WTCR sind aber dann doch noch jüngere, und durchaus talentierte Fahrer zu finden, wie zum Beispiel Luca Engstler (Hyundai) oder Attila Tassi (Münnich). Wer aber Bence Boldizs bei Zengo oder Gilles Magnus bei Comtoyou sind, kann ich nicht sagen. Beide sollen auch letztes Jahr in der WTCR gefahren sein. Aber ganz ehrlich? Ich habe von denen das erste Mal bei der Recherche zu diesem Artikel gehört. Um den professionellen Anschein dieser Vorschau zu wahren, kurz die Information, dass Boldizs vorher sehr viel im Hancook Racer Cup sowie im Rallycross unterwegs war und Gilles Magnus 2018 Meister der Belgischen Langstreckenmeisterschaft wurde. 

Titelverteidiger, und damit auch in diesem Jahr einer der Favoriten, ist mit Yann Ehrlacher (Cyan Racing) ein weiterer Fahrer, der zu den jüngeren Piloten gehört. Sein Onkel ist übrigens Yvan Muller. *sigh*
Yann Ehrlacher tut mir ja persönlich etwas leid. Manche Leute haben Formel 1 oder NASCAR- oder INDYCAR-Fahrer als Onkel und er wurde halt auf Grund familiärer Bindungen zur WTCR gezwungen. Das Leben kann manchmal einfach hart sein.

Etwas frischen Wind ins Fahrerfeld bringt Target Competition, die Jessica und Andreas Bäckman aus Schweden in ihren Autos genannt haben, die somit quasi aus der TCR Europe aufsteigen.

Hier nochmal alle Teams im Überblick. Ich habe die Teamnamen mal voll ausgeschrieben, sie sind kein Witz und stehen genau so in der Entry List:

StartnummerFahrer*inTeamFahrzeug
68Yann EhrlacherCyan Racing Lynk & CoLynk & Co 03 TCR
100Yvan MullerCyan Racing Lynk & CoLynk & Co 03 TCR
11Thed BjörkCyan Performance Lynk & CoLynk & Co 03 TCR
12Santiago UrrutiaCyan Performance Lynk & CoLynk & Co 03 TCR
3Gabriele TarquiniBRC Hyundai N Lukoil Squadra CorseHyundai Elantra N TCR
5Norbert MicheliszBRC Hyundai N Lukoil Squadra CorseHyundai Elantra N TCR
8Luca EngstlerEngstler Hyundai N Liqui Moly Racing TeamHyundai Elantra N TCR
69Jean-Karl VernayEngstler Hyundai N Liqui Moly Racing TeamHyundai Elantra N TCR
9Attila TassiALL-INKL.DE Münnich MotorsportHonda Civic Type R TCR (FK8)
18Tiago MonteiroALL-INKL.DE Münnich MotorsportHonda Civic Type R TCR (FK8)
29Néstor GirolamiALL-INKL.COM Münnich MotorsportHonda Civic Type R TCR (FK8)
86Esteban GuerreriALL-INKL.COM Münnich MotorsportHonda Civic Type R TCR (FK8)
16Gilles MagnusComtoyou Team Audi SportAudi RS 3 LMS TCR (2021)
22Frédéric VervischComtoyou Team Audi SportAudi RS 3 LMS TCR (2021)
17Nathanael BerthonComtoyou DHL Team Audi SportAudi RS 3 LMS TCR (2021)
32Tom CoronelComtoyou DHL Team Audi SportAudi RS 3 LMS TCR (2021)
19Andreas BäckmanTarget CompetitionHyundai Elantra N TCR
26Jessica BäckmanTarget CompetitionHyundai Elantra N TCR
28Jordi GenéZengő Motorsport Drivers’ AcademyCUPRA León Competición TCR
55Bence BoldizsZengő Motorsport Drivers’ AcademyCUPRA León Competición TCR
79Robert HuffZengő MotorsportCUPRA León Competición TCR
96Mikel AzconaZengő MotorsportCUPRA León Competición TCR

Für Italien und Ungarn ist zudem Nicola Baldan bei Target gemeldet. Weitere Wildcards sollen bei allen Rennen möglich sein. Die Interessenten müssen diese spätestens 14 Tage vor dem jeweiligen Event einschreiben. Hoffentlich gibt das dem Feld dann noch etwas mehr Markenvielfalt, da zum Beispiel Alfa Romeo, Peugeot oder Renault in der WTCR fehlen.

Format

Wir haben es schon kurz erwähnt: In diesem Jahr werden wieder nur noch zwei anstatt drei Rennen pro Wochenende gefahren – offiziell aus Kostengründen. Mir fällt es schwer, das nachzuvollziehen, wenn man gleichzeitig den ganzen Tross am Ende des Jahres noch nach Asien verschifft, für Rennen, die jeweils nicht viel länger als 20 Minuten sind, wenn überhaupt. Wieso sollte man den eh schon wenigen Zuschauern an der Strecke (auch ohne Corona) mehr Action bieten… Das Streichen des dritten Rennens ist in der Tat ziemlich unverständlich. Es hätte sicher bessere und andere Wege gegeben, um Geld zu sparen.

Die Startaufstellung wird in drei Qualifikationssessions ermittelt, die mich ehrlich gesagt überfordern. Warum? Nun, fangen wir mit dem an, was ich noch verstehe. Es gibt drei Sessions: Q1, Q2 und Q3.

Q1 ist 20 Minuten lang (30 Minuten auf Stadtkursen), wobei alle Fahrer*innen teilnehmen. Die zehn schnellsten dieser Session starten Rennen 1 in umgekehrter Reihenfolge. Und hier ist der Zeitpunkt, an dem ich aussteige.
Was ist eigentlich die rationale Erklärung dafür, dass man auf Stadtkursen mehr Zeit bekommt? Die Rundenzeiten sind ja oft gleich oder sogar kürzer. Hält man die Fahrer der Serien für so inkompetent, dass man mit vielen Unterbrechungen rechnet?

Q2 dauert 10 Minuten (15 auf Stadtkursen), wobei dort die zwölf schnellsten aus Q1 teilnehmen. Die fünf schnellsten aus dieser Session berechtigen sich für die Teilnahme an Q3. In Q2 werden zudem die Startplätze 11 und 12 für Rennen 1 ausgefahren. Der Rest des Grids setzt sich dann in der in Q1 ausgefahrenen Reihenfolge zusammen.

Q3 klingt, wenn ich die Regeln richtig verstanden habe, wie eine Art Shootout. Aber die WTCR wäre nicht die WTCR, wenn sie nicht auch das noch unnötig verkomplizieren würden: Der oder die schnellste aus Q2 darf sich nämlich aussuchen, wann man im Shootout dran ist. Die Zweitschnellsten dürfen sich dann von den vier übrig gebliebenen Slots einen aussuchen bis für die fünftschnellsten halt nur noch der eine übrig ist.

Das Grid für Rennen 2 ergibt sich für die ersten zwölf Startplätze aus den Ergebnissen von Q3 und Q2, für den Rest aus Q1. Oder so.

Ach ja, für die fünf schnellsten in Q1 und Q3 gibt es jeweils Punkte: Fünf für P1 bis einen Zähler für P5.
Ganz im Ernst? Wieso denke ich mir sowas aus? Früher (also als Autos ohne Dach auch noch solche waren und man nicht angefangen hat teilweise Dächer auf sie zu bauen) ist man ja einfach eine bestimmte Zeit lang im Kreis gefahren und wer am Ende der Zeit die schnellste Rundenzeit hatte, startete von der Pole, der Zweitschnellste vom zweiten Startplatz und so weiter. Gut, das war teilweise nicht besonders spannend, also entwickelte man alternative Qualifyingformate, wie eben auch das Shootout. Wenn man nun natürlich mehrere Rennen fährt, kann man einfach die Startaufstellung nach dem Reversed Grid der Top 10 des Ergebnisses des ersten Rennens starten oder man macht ein total kompliziertes, zuschauerunfreundliches Format wo am Ende niemand mehr weiß, wo wer eigentlich startet. Haben wir schon erwähnt, dass der Promoter der Serie ein Fernsehsender ist?

Die Themen Balance of Performance und Kompensationsgewichte erspare ich Euch an dieser Stelle. Der Text ist ohnehin schon viel länger als es die Serie je verdient hätte.
Eigentlich sollte hier ein längerer Abschnitt über die Berechnung der Kompensationsgewichte folgen, weil ich euch das eigentlich nicht ersparen wollte. Blöderweise braucht man aber anscheinend mindestens fünf Hochschulabschlüsse, um die ganze Berechnung zu verstehen. Im Prinzip hat man als Team nur zwei Möglichkeiten: Entweder man protestiert einfach nie gegen die Berechnung der Kompensationsgewichte – oder immer. Es kann mir keiner erzählen, dass man dieses total komplizierte System bei jedem Rennwochenende richtig hinbekommt.

Wie auch immer, nachdem man die Gewichte ausgewürf… äh ausgerechnet hat, werden diese auf die Autos gepackt. Ihr wollt einer der Wildcard-Fahrer sein? Tja, dann kriegt ihr einfach so 10 kg extra. Warum? Darum. Ihr nutzt nicht die Standard-ECU von Magneti Marelli? Dann kriegt ihr zusätzliche 40 kg. Warum? Darum. Das Maximalzusatzgewicht beträgt übrigens 60 kg.  Falls ihr euch jetzt denkt: Okay, dann kann ich ja „All-in“ gehen, mehr als 60 Kilogramm kann ich eh nicht bekommen, dann ist das zwar richtig, allerdings wird ab diesem Punkt das Kompensationsgewicht einfach in Fahrzeugerhöhung (20 kg = 1 cm) umgerechnet. Zu den „Adjustments of Performance“ kann ich euch leider nichts sagen, da diese „internal regulations“ sind.

Und um es noch einmal klar zu stellen: Dieser ganze Quatsch wird veranstaltet für Rennen, DIE KNAPPE 60 KILOMETER LANG SIND! Get your shit together, WTCR!

Wer es nicht glaubt, hier die Regeln im Wortlaut. (PDF)
Beachtet bitte die Nr. 33 im Inhaltsverzeichnis…

TV- und Stream-Zeiten

Wer sich von dem ganzen noch nicht hat abschrecken lassen, muss jetzt noch wissen, wo die ganze Chose läuft. Nun… Bei Eurosport. Vielleicht. Oder Eurosport 2. Oder nur im Eurosport-Player, wenn sie es nicht vergessen. Vielleicht zeigt man aber auch eine Tennis-Wiederholung, Top 10 Snooker-Fails, oder das falsche WTCR-Rennen. Ein Witz? Ich wünschte, es wäre so. Ob, wo und wie es die WTCR zu sehen gibt, erfahrt ihr am ehesten in unserem TV-Planer. Der ist zumindest kein Witz.
Und wie zum Beweis der ganzen Geschichte ist momentan wohl nicht geplant, den Saisonauftakt live im (Free) TV zu zeigen. Aber TV-Pläne können sich schnell ändern. Es wäre allerdings nur allzu passend, wenn die WTCR es (mal wieder) nicht ins TV schafft… Der Promoter der Serie ist ja, wie schon erwähnt, nur ein paneuropäischer TV-Sender…

Disclaimer: Der Tweet gibt die Meinung der Verantwortlichen der WTCR wieder. Dem gesamten Team des Racingblog liegt es fern, die WTCR als „World’s best touring car series“ zu bezeichnen.

Nichts, was Autos mit Dach fährt, kann „World’s Best“ in irgendetwas sein.

Hey!

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7 Kommentare

nona 24 Mai, 2021 - 20:01

Jaja, die WTCR. Eigentlich, und ursprünglich, schöpft das TCR-Konzept ja seine Attraktivität aus der Ferne zu Werken und Herstellern, was launige Privatiers anlockt, Vielfalt im Starterfeld fördert, und echtem Sport den Boden bereitet indem Teamorder und ähnlicher Zuschauerbeschiss weitgehend irrelevant gehalten wird. Und da wären wir dann auch schon beim ersten Kardinalfehler der WTCR, denn aus letzterem Blickwinkel knüpft sie nahtlos an den Quark an, für den die WTCC quasi traditionell immer stand. Und genau dort immer mittendrin finden wir speziell den Herrn Müller, der immer just dort gern fuhr (und fährt) wo ihm derlei einflussnehmende Mittel zur Verfügung standen (und stehen). Der einzige Unterschied zu früher ist, dass er heute seine teampolitischen Fäden spinnt und zieht um auch mal seiner Verwandschaft die Pfründe zuzuschustern anstatt sich selbst. Egal ob’s jetzt Chrysler oder Citroen oder Lynk sei, oder Seat oder Hyundai oder sonstwer – die WTCR ist aus den gleichen Gründen krank wie es die WTCC war.

Ins Bild passen da natürlich auch nach wie vor die althergebrachten Probleme der WTCC, wie die unfassbar kurze, einer Serie auf Weltniveau (darf man sagen „Weltmeisterschaft“?) absolut unwürdigen Renndauer. Oder das absurde Qualifikationsformat, dito Prädikat „unwürdig“. (Das Prinzip „Reversed Grid“ stammt aus dem unteren Nachwuchssport und hat seine Berechtigung auch nur dort – um das Feld zu durchmischen, Hinterbänkler nach vorn zu holen und Positionsverteidigung fahren zu lassen, Vornefahrern wiederum mehr Überholaufgaben zu stellen, und allgemein jedem die Chance zur Selbstpräsentation zu geben. Wenn eine „erwachsene“ Rennserie auf Reversed Grid zurückgreifen muss, dann hat sie das entweder nicht verstanden, oder massive reparaturbedürftige Baustellen im Reglement, oder beides.)

Und wer auch immer dieses Jahr die Rennen kommentiert (wobei, da will ich nicht meckern, da gibt’s weissgott Schlimmere(s)…), nur so als public service announcement: „Müller“ spricht sich entweder einfach „Müller“ oder wenn man arg französeln will „MüllÄr“ – nicht „Mullah“, das ist ganz was anderes. Und „Lynk“ spricht sich anglophon natürlich „Link“, nicht „Lünk“, gibt also keinen Grund sich dabei jedesmal einen abzubrechen…

Schöne spitz geschriebene Vorschau übrigens, sehr Racingblog-würdig. :)

nona 29 Mai, 2021 - 12:48

Ach ja, just vergessen. Weitere ständig kaputte Ausprachen. Also public service announcement Zwo:
Nathanael (Berton), spricht sich ganz einfach. Mit eigenem -el hinten, also vier Silben: Na-THA-na-el. Nicht „Naht-Anal“ oder dergleichen verschluckte Silben. Siehe exemplarisch als Eselsbrücke auch Emmanuel, Galadriel, Rafael, Gabriel, Umbriel, etc.
Jean-Karl („Schon-Karl“) Vernay spricht sich NICHT Jean-Korl, da ist ein A, kein O. (Siehe auch „Romäng Groschong“ (richtig) vs. „Romong Groschong“ (falsch), aber okay, das ist woanders…)
Und (Tiago) Monteiro spricht sich fast echt portugallig „Montehro“, falls man das leicht aufsteigende e-i in der Mitte nicht hinbekommt. NICHT wie „Montjero/Montiero“…

Georg 29 Mai, 2021 - 14:38

Hallo!

Wenn ich mich recht erinnere hat die WTCC das Reverse-Grid-Format „erfunden“, es gehört sozusagen zu den Genen der Serie. Bereits 2001, als die Serie noch ETCC hieß, startete man das 2. Rennen in umgekehrter Startaufstellung zum Ergebnis des 1. Rennens (https://de.wikipedia.org/wiki/Tourenwagen-Europameisterschaft). Ob man schon im Jahr 2000, als die Serie sich noch Euro-STC-Cup (ein Zusammenschluss der italienischen und deutschen Supertourenwagenserie) nannte, ein Reverse-Grid einsetzte, konnte ich jetzt auf die Schnelle nicht eruieren. Auf jeden Fall bin ich der Meinung, dass die Nachwuchsserien (Formel 3000, Deutsche Formel 3, …) erst später die umgekehrte Startaufstellung genutzt haben, als erste die GP2 2005. Aber vielleicht hat ja irgendeine Nachwuchsserie schon vor 2001 das Reverse-Grid-Format verwendet, wäre auf jeden Fall interessant wenn wer was dazu beitragen könnte.

Viele Grüße,
Georg

Matthias 25 Mai, 2021 - 20:36

Habe den Artikel sehr genossen und musste öfters lachen :)
Kompliment an dieser Stelle, sowas darf gerne auch in Zukunft hier erscheinen.

Carsten 27 Mai, 2021 - 11:53

Pures Comedy-Gold. Ich lese den Racingblog quasi nahezu täglich, aber noch nie hatte ich so viel Spaß beim lesen eines Beitrages wie hier. Danke für eure bitterbös-sarkastische Zusammenfassung eines desaströsen Motorsport-Formats, das die Welt eigentlich nicht braucht. Können wir davon (Artikeln in dieser Art – nicht unbedingt mehr WTCR) in Zukunft bitte mehr haben?

ThomasB 27 Mai, 2021 - 12:10

Vielen Dank für die positiven Rückmeldungen, sowohl von Chaos als auch von mir. Wir schauen mal, ob wir ähnliches in Zukunft tatsächlich mal öfter bringen können, an Material mangelt es ja nicht. :D

Georg 29 Mai, 2021 - 15:17

Hallo!

Die Sache mit Macao hat wohl einen politischen Hintergrund und wird wahrscheinlich dem Wunsch Chinas entsprechen. Macao hat sogar wie Hongkong ein Nationales Olympisches Komitee (https://de.wikipedia.org/wiki/Comit%C3%A9_Ol%C3%ADmpico_e_Desportivo_de_Macau), das allerdings vom IOC nicht anerkannt ist. Interessanterweise wurde das NOK im gleichen Jahr gegründet, in dem sich Portugal und China auf die Rückgabe Macaos 1999 geeinigt haben. Macao tritt zum Beispiel bei den Asienspielen als eigenes „Land“ auf.

Im Gegensatz dazu ist das NOK Hongkongs vom IOC anerkannt und deshalb tritt man bei Olympischen Spielen auch als Hongkong an. Das ist ähnlich zu Wales, NI, England und Schottland, die beim Fußball als eigener Verband (Land) auftreten.

Die Frage ist halt, warum die Sonderverwaltungszonen Chinas im Sport eigenständig antreten. Ich glaube ja, das hat was mit Taiwan zu tun, aber darauf will ich jetzt in diesem Rahmen nicht näher eingehen.

Viele Grüße,
Georg

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