Nach einem Jahr Pause geht es auch auf den Stadtkurs von Baku wieder mit der Formel Eins weiter. Das Rennen verspricht spannend zu werden.
Die Rennen in Baku gehörte in den letzten Jahren zu den besseren im Rennkalender. Auf dem gar nicht mal so spannenden Kurs in der Hauptstadt von Aserbaidschan spielt vor allem ein Auto eine Rolle: das Safety Car. Ein Rennen ohne das Bernd Mayländer ein paar Runden das Feld anführt hat es bisher noch nicht gegeben. Bekanntermaßen erhöhen SCs die Chance auf einen überraschenden Ausgang und so könnte es auch an diesem Wochenende sein.
Dass Ferrari seine gute Form aus Monaco mit nach Baku bringen wird, ist eher unwahrscheinlich. So schnell das Auto in den engen Passagen des Kurses sein wird, es fehlt dem Motor immer noch etwas an Leistung für die sehr schnellen Passagen. Die lange Gerade wird den Italienern nicht schmecken, auch wenn der Topspeed in Portugal gar nicht so schlecht aussah. Es ist davon auszugehen, dass die Ferrari wieder stark sein werden, aber nicht stark genug um Mercedes und Red Bull zu gefährden.
Wer von den beiden Top Teams die Nase vorne haben wird, ist schwer zu sagen. Dazu lagen beide Teams mit Ausnahme von Monaco, zu eng zusammen. Für Mercedes sprechen die langen Geraden und das gute, vermutlich bessere Ansprechverhalten des Mercedes-Motors. Für Red Bull hingegen deren Stärke in den langsamen und mittel schnellen Passagen, von denen es in Baku auch einige gibt. Wer dann in der Summe ein paar Zehntel schneller ist? Ich vermute Mercedes, die bisher insgesamt das bessere Gesamtpaket hatten. Allerdings darf man nicht vergessen, dass die Teams seit Spanien viel Zeit hatten Verbesserungen am Auto anzubringen. Die neuen Entwicklungen hat man in Monaco natürlich nicht gesehen, aber in Baku werden sie nötig werden.
Neben Ferrari dürfte McLaren ausgezeichnet aufgestellt sein. Das Auto geht gut auf den Geraden und hat auch eine hervorragende Performance in mittel schnellen Abschnitten. Aber Monaco hat auch bewiesen, dass man in engen Passagen schnell sein kann. Offenbar hat das Auto wenig Schwächen, ist aber schwieriger abzustimmen. Daniel Ricciardo erleidet gerade dieses Problem und rätselt, warum Norris so viel schneller ist. Tatsächlich ist der Brite etwas zu flott im Vergleich zum Australier. Der war im letzten Jahr deutlich besser als Ocon und verlernt wird er das Fahren nicht haben. Ein gutes Ergebnis in Baku dürfte seine angeknackste Psyche wiederherstellen.
Interessant wird sein, wo sich Aston Martin einreiht. Das Rennen in Monaco lief zumindest für Vettel recht gut, aber die Frage ist, ob das halt gerade da gut gepasst hat, oder ob man generell was am Auto gefunden hat. Das gilt dann auch für Vettel selber, der sich im Fürstentum stark verbessert zeigte. In Monaco benötigt man viel Vertrauen ins Auto. Bremsen, Einlenkverhalten etc. – das alles muss passen, damit man schnell sein kann. Wer in Monaco das Auto im Griff hat, sollte das auch auf anderen Strecken haben. Und es wäre auch dringend nötig, dass Vettel seinen Teamkollegen Lance Stroll distanziert.
In einer ähnlichen Situation ist man bei Alpine. Das Auto scheint unter dem Symptom „Wundertüte“ zu leiden. Es wäre zwar nicht das erste Auto in der Formel Eins, dass sehr große Formschwankungen hat, aber es kommt für Renault Alpine halt zu keinem guten Zeitpunkt. Insgesamt habe ich den Eindruck, dass das Auto eher die schnelleren Kurse mag, weshalb die Franzosen in Baku Chancen auf die Punkte haben sollten.
Unterschätzen sollte man aber Alfa und Alpha nicht. Der Red Bull Ableger zeigt vor allem in den Händen von Pierre Gasly sehr viel Potenzial. Irgendwo zwischen P5 und P10 kommt er meist raus, was man von Tsunoda nicht sagen kann. Der Japaner hat leider noch Probleme sich auf das Auto einzustellen, aber da ist er ja nicht alleine (siehe Ricciardo). Alfa Romeo wiederum zeigt mit beiden Fahrern sehr konstante Leistungen. Kimi ist Kimi, aber Giovinazzi hat sich gemacht. Ein Überflieger ist er nicht, dafür müsste er Räikkönen deutlich schlagen, aber er ist solide unterwegs. Hinten bleiben dann Williams und Haas.
Strategie:
Es gibt wie in Monaco C3, C4 und C5. Eine interessante Entscheidung von Pirelli. Die Strecke hat zwar so gut wie keine schnelle Kurve, aber die Belastung der Hinterreifen beim oftmaligen rausbeschleunigen ist hoch. Die C5 wird man meiden wollen, die C4 dürften die entscheidende Rolle im Rennen spielen. Monaco hat gezeigt, dass die meisten Teams von den C3 lieber die Finger lassen und nur kurz fahren. Die Frage beim C5 wird sein, wie lange er überhaupt auf einer Runde gut funktioniert. Schon in Monaco war er nach einer schnellen Runde eher durch für die Quali und die Strecke ist deutlich kürzer im Vergleich zu Baku. Könnte also gut sein, dass man es mit den C4 in Q2 versucht, um sich eine gute Ausgangsposition fürs Rennen zu verschaffen.
Aber da ist halt immer die Gefahr eines SC in Baku. Selbst wenn es nur ein VSC ist – im richtigen Moment kann das entscheidend sein. Dummerweise können die Teams aber nicht damit rechnen, dass ein SC kommt, was die Sache dann wieder spannend macht. Im falschen Moment hereingekommen oder draußen geblieben – und schon ist der Platz oder gar der Sieg weg.
Bilder: Aston Martin (Force India), Ferrari, Alpine, McLaren, Pirelli