Home TourenwagenBTCC BTCC: Knockhill 2021 – Sutton schlägt zurück, WSR jubiliert

BTCC: Knockhill 2021 – Sutton schlägt zurück, WSR jubiliert

von Sebastian Focks
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Nach dem vermasselten Oulton Park-Wochenende konnte Ash Sutton in Knockhill seine Meisterschaftsführung  mit einem Sieg und zwei Top 5-Platzierungen wieder ausbauen. Tom Ingram gelang mit einem Sieg im dritten Lauf wenigstens halbwegs der Anschluss und auch Colin Turkington meldet sich im Titelrennen zurück und fuhr den 100. BTCC-Sieg für West Surrey Racing ein.

Der erste Lauf in Knockhill wurde zu einer klaren Angelegenheit für BMW-Pilot Colin Turkington. Der vierfache BTCC-Champion holte sich mit deutlichem Vorsprung von 0,1 Sekunden (in Knockhill, wo in der Quali 26 Autos innerhalb einer Sekunde lagen, schon fast eine Ewigkeit) die Pole Position vor dem erneut starken Senna Proctor im BTC-Racing-Honda und Chris Smiley im Exclr8-Hyundai. Vom Start weg ließ Turkington dann nichts anbrennen. Selbst eine Safety Car-Phase wegen eines Abflugs von Dan Lloyd, die seinen zwischenzeitlich herausgefahrenen Vorsprung wieder einstampfte, änderte dran nichts. Nach dem Restart setzte er sich erneut mühelos von den Verfolgern ab und holte sich seinen zweiten Saisonsieg.

Turkington profitierte u.a. vom kaum vorhandenen Zusatzgewicht, das er wegen des Abrutschens auf Meisterschaftsplatz neun nach den schlechten Rennen in Brands Hatch und Oulton Park an Bord hatte und den weichen Reifen, die er bei den ungewöhnlich kühlen Außentemperaturen dank des BMW-Heckantriebs schneller auf Temperatur brachte als die frontangetriebene Konkurrenz auf den unmittelbaren Verfolgerpositionen. Der souveräne Sieg beendet vorerst Turkingtons Negativs-Serie und dürfte auch in Sachen Selbstvertrauen einen guten Schub geben.

Auf den Positionen hinter Turkington behauptete Senna Proctor seinen zweiten Startplatz trotz Attacken von Chris Smiley in den ersten Rennrunden. Gegen Rennende konnte Smiley das Tempo dann nicht mehr ganz mitgehen und Proctor fuhr einen sicheren zweiten Platz nach Hause. Smiley geriet unterdessen zunehmend unter Druck des zweiten BTC-Racing-Hondas von Josh Cook, der wiederum Ash Sutton im Nacken hatte.

In der 20. Runde konnte Cook schließlich mit einem Manöver in Clarks an Smiley vorbeigehen und nur eine Kurve später war dann auch Ash Sutton am leicht aus dem Tritt gebrachten Hyundai vorbei. Smiley geriet sogleich unter Druck der nachfolgenden Jake Hill und Aiden Moffat, konnte beide aber bis zur Zielflagge hinter sich halten. Der nach der erfolgreichen Attacke auf P3 liegende Cook hatte derweil weiterhin mit Ash Sutton im Rückspiegel zu kämpfen, schaffte es aber den dritten Platz zu halten und damit das Doppelpodium für BTC Racing perfekt zu machen.

Für Ash Sutton, als Meisterschaftsführender immerhin mit 75 Kilogramm Zusatzgewicht an Bord unterwegs, blieb somit der immer noch sehr gute vierte Platz vor Smiley, Hill und Moffat. Dahinter sah Lokalmatador Gordon Shedden auf Platz acht die Zielflagge. Shedden war auf seiner Heimstrecke das gesamte Wochenende trotz leichtem Auto nicht so gut unterwegs, wie erwartet. Nach dem eher schwachen elften Startplatz ging es im Rennen, in dem er sich u.a. beherzt mit seinem Schwager und Lokalmatador Nummer zwei, Rory Butcher im Toyota, und Hyundai-Pilot Tom Ingram duellierte, wenigstens ein paar Positionen nach vorne. Butcher und Ingram belegten am Ende hinter Shedden die Plätze neun und zehn.

Die große Frage vor dem zweiten Lauf war, wie stark Ash Sutton sein würde, nachdem er nun einiges an Zusatzgewicht aus seinem Infinit hatte ausladen dürfen. Noch bevor das Rennen nach nur einer Runde wegen eines Startunfalls von Nic Hamilton, der dem stehenden geblieben Hyundai von Chris Smiley ausweichen musste, neutralisiert werden musste, war Sutton bereits einen Platz nach vorne an Senna Proctor vorbeigekommen. Proctor hatte keinen guten Start und seinen zweiten Platz noch vor der ersten Kurve an Teamkollege Josh Cook verloren, bevor dann schließlich auch noch Sutton in der Hairpin kurz vor dem Erreichen der Safety-Car-Boards vorbeikam.

Nach dem Restart attackierte Sutton dann erwartungsgemäß direkt den vor ihm liegenden Cook und schaffte es nach einer zunächst misslungenen Attacke schließlich vorbei auf den zweiten Platz. Turkington hatte sich an der Spitze derweil schon ein wenig absetzen können, aber mit vollem Zusatzgewicht an Bord schaffte es der BMW-Pilot nicht, die Pace aus dem ersten Lauf zu wiederholen und binnen weniger Umläufe war Sutton dran. Turkington gab sich aber nicht geschlagen und verteidigte fair mit allen Tricks, die knapp 20 Jahre Tourenwagen-Erfahrung so mit sich bringen.

Als sich kurz vor Rennende Aiden Moffat und Rory Butcher in einem inner-schottischem Duell nicht einig über den Platz beim Anbremsen der ersten Kurve wurden und Butcher heftig in die Reifenstapel flog, kam das Saftey Car noch mal raus und angesichts nur noch weniger zu fahrender Runden und einem tief im Kies versunkenen Toyota plus beschädigter Reifenstapel schien Turkingtons Sieg vorzeitig gerettet. Ein wenig überraschend entschied die Rennleitung aber, das in der Auslaufzone stehende Auto über eine lokale gelbe Flagge abzusichern und das Rennen für die letzten drei Runden noch mal freizugeben.

Sutton setzte seine Attacken sogleich fort und schien dabei auch seine Reifen besser auf Temperatur zu haben als Turkington, der dem Druck aber weiter standhielt und sein Auto stets so positionierte, dass sich keine Lücke für einen realistischen Angriff bot. Ausgerechnet in der letzten Runde unterlief Turkington dann aber einer seiner seltenen Fehler, als er in der berühmt-berüchtigten Schikane zu viel vom Curb mitnahm, dadurch ausgehebelt wurde und zu weit nach außen auf den Kies geriet. Sutton, der auf eine solche Gelegenheit gewartet hatte, war sofort am BMW vorbei und holte sich seinen ersten Sieg seit dem zweiten Lauf in Snetterton, als er sich ebenfalls im direkten Duell gegen Turkington hatte durchsetzen können.

Auf dem dritten Platz landete derweil Jake Hill, der sich unmittelbar nach Sutton am auf den Medium-Reifen strauchelnden Josh Cook vorbeigearbeitet hatte. Hill sah gegen Rennende stark aus und hätte nach dem Saftey Car-Restart kurz vor Schluss eventuell auch noch in das Duell an der Spitze eingreifen können, aber leider lag der überrundete Hyundai von BTCC-Rookie Rick Parfitt jr. vor ihm, der den Restart komplett verpennte und das gesamte Feld mehrere Wagenlängen vom Führungsduo abschnitt.

Tom Ingram, derzeit Suttons engster Verfolger in Sachen Meisterschaft wurde am Ende hinter Josh Cook und Gordon Shedden „nur“ sechster und landetet damit wie schon im ersten Lauf mehrere Positionen hinter Sutton. Noch dahinter kam der ursprünglich von Startplatz zwei losgefahrene Senna Proctor ins Ziel, der auf seinen weichen Reifen stark unter dem eingeladenen hohen Gewicht für den zuvor eingefahrenen zweiten Platz zu kämpfen hatte. Jason Plato, Stephen Jelley und Carl Boardley komplettierten die Top Ten.

Für den dritten Lauf wurde der im zweiten Lauf neuntplatzierte Stephen Jelley auf die Pole Position gelost. Spannender als die Frage, ob Jelley seinen ersten Saisonsieg würde einfahren können, war aber der Umstand, dass neben ihm Jason Plato in der ersten Startreihe stand. Der Altmeister jagt seit geraumer Zeit seinem 100. BTCC-Sieg hinterher und sah sich zum Ende dieses Renntags, an dem er sich von Lauf zu Lauf verbessert hatte, plötzlich in aussichtsreicher Ausgangslage für das lang ersehnte Jubiläum.

Vom Start weg probierte Plato dann sogleich Jelley unter Druck zu setzen. Über Plato und auch Jelley schwebte allerdings das Damokles-Schwert in Form von Tom Ingram, der von Startplatz vier ins Rennen ging und weiche Reifen aufgezogen hatte, während Plato und Jelley ihrerseits nur noch des langsameren Mediums zur Verfügung hatten. Bereits in der ersten Runde überholte Ingram den ebenfalls Medium-bereiften Senna Proctor und heftete sich zusammen mit diesem sogleich an das Führunsgduo. Als Plato, der darum bemüht war, an Jelley dran zu bleiben, in der zehnten Runde einen Verbremser hinlegte, zogen Ingram und der ihm folgende Proctor vorbei und jagten sogleich den führenden BMW.

In einem genialen Überholmanöver in der Hairpin vor Start-Ziel schaffte Ingram es dann einige Runden später an Jelley vorbeizugehen. Proctor schlüpfte erneut gleich mit vorbei und hielt trotz ungünstiger Medium-Bereifung bis zum Fallen der Zielflagge den Anschluss. Ingram holte sich schließlich seinen dritten Saisonsieg und konnte damit den zwischenzeitlich angewachsenen Rückstand auf Ash Sutton wieder um einige Zähler verkürzen. Stephen Jelley verteidigte immerhin den dritten Platz gegen Gordon Shedden und Ash Sutton, die beide ein kämpferisches Rennen zeigten.

Platz sechs ging an Chris Smiley, der sich vom 13. Platz nach vorne gearbeitet hatte und damit nach dem verpatzten Start zum zweiten Lauf, die gute Pace, die er in der der Quali und im ersten Lauf gezeigt hatte, noch einmal unterstrich. Hinter Aiden Moffat auf Platz sieben kam Colin Turkington auf Platz acht ins Ziel. Der BMW-Pilot holte damit zum Ende eines an sich sehr guten Renntages noch einmal Punkte, musste sich im Rennen aber erneut im direkten Zweikampf Ash Sutton geschlagen geben und schaffte es nicht, wie dieser mehrere Positionen nach vorne gut zu machen.

Hinter dem bis auf den neunten Platz zurückgefallenen Jason Plato sah Dan Rowbottom die Zielflagge, was zugleich das beste Resultat des Honda-Piloten an diesem Tag bedeutete. Der Überraschungsmann aus Oulton Park kam in Knockhill überhaupt nicht gut zurecht und hat den zuletzt gewonnen Boden in der Meisterschaft leider direkt wieder verloren. Ähnlich schlecht lief es für Adam Morgan, der in Oulton Park noch bester BMW gewesen war, aber nun ausgerechnet auf der den BMWs eigentlich gut liegenden Strecke in Schottland kein Land sah und zwei 13. Plätze als beste Resultate verbuchte.

Durch den Sieg und je einen vierten und einen fünften Platz kann Ash Sutton seinen Vorsprung in der Meisterschaft weiter ausbauen und liegt jetzt komfortable 14 Punkte vor Tom Ingram, der mit dem Sieg im dritten lauf immerhin etwas Schadensbegrenzung betreiben konnte. Es ist auffällig, dass Ingram, seit er nach den Rennen in Brands Hatch auf den zweiten Meisterschaftsplatz geklettert ist, erheblich stärker unter dem damit einhergehenden hohen Zusatzgewicht leidet, das er dann in der Qualifikation und im ersten Lauf mit sich rumschleppen muss. Hier zeigt sich eventuell eine noch vorhandene Schwachstelle, des noch sehr jungen Hyundai i30, den Ingram und sein langjähriger Renningenieur über den Winter komplett überarbeitet und zu seinem Siegerfahrzeug gemacht haben.

Wie erwähnt konnte Colin Turkington seine Formschwäche in Knockhill endlich überwinden und klettert dank des Sieges im ersten Lauf und des zweiten Platzes im zweiten Lauf wieder auf den dritten Meisterschaftsrang nach vorne. Allerdings hat der BMW-Pilot als „best of the rest“ nun schon 34 Punkte Rückstand auf Ash Sutton und 20 auf Tom Ingram. Dahinter folgen dicht beieinander liegend Gordon Shedden (43 Punkte Rückstand), Jake Hill (-44), Josh Cook (-49) und Dan Rowbottom (-51). Sollte Ash Sutton in den nächsten Rennen nicht zwei bis drei Nullnummer hinlegen oder unwahrscheinlicherweise plötzlich nicht mehr wissen, wie man Auto fährt, ist der Infiniti-Pilot Stand jetzt auf klarem Kurs zu BTCC-Titel Nummer drei. Engster Verfolger in halbwegs aussichtsreicher Schlagdistanz ist Tom Ingram, aber wie gut der Hyundai-Pilot diese Rolle mit dem neuen Auto und der bereits angesprochenen Quali-Schwäche mit hohem Zusatzgewicht aufrecht halten kann, bleibt abzuwarten.

Der gesamte Meisterschaftsstand kann ebenso wie die detaillierten Ergebnisse der drei Läufe aus Knockhill hier genauer studiert werden.

Bereits am übernächsten Wochenende geht es für die BTCC weiter. Auf dem Thruxton Circuit, der nach dem Saisonauftakt bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr besucht wird, geht es mit den Saisonläufen 16, 18 und 19 in die zweite Saisonhälfte. Vor drei Monaten triumphierte Josh Cook hier bei nass-kaltem englischen Frühlingswetter gleich zwei Mal und legte damit einen Traumstart in die neue Saison hin. Ash Sutton gewann anschließend den dritten Lauf, nachdem er – von der Pole Position gestartet – ausgerechnet von Colin Turkington im ersten Lauf umgedreht worden war.

Dass Sutton – im Gegensatz zum Saisonauftakt jetzt mit 75 Kilo Zusatzgewicht an Bord – diese Quali-Leistung wiederholen kann, halte ich für unwahrscheinlich. Ingram war Anfang Mai bei seinem ersten Einsatz am Steuer des Hyundai mit Startplatz vier ebenfalls sehr flott unterwegs, dürfte aber insbesondere auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke von Thruxton mit ihren vielen schnellen Kurven ebenfalls stark unter dem hohen Zusatzgewicht leiden.

Auch wenn ich es Sutton und Ingram zutraue im zweiten oder spätestens im dritten Lauf mit dann leichteren Autos einen Sieg einzufahren, geht die generelle Favoritenrolle für mich ganz klar an die Hondas; und neben den Dynamics-Hondas von Gordon Shedden und Dan Rowbottom erwarte ich in Thruxton logischerweise erneut die BTC-Racing-Hondas weit vorne.

Josh Cook und beim Saisonauftakt noch Dan Cammish am Steuer des zweiten Civics haben eindrucksvoll gezeigt, wie gut die Autos in Thruxton gehen. Zusätzlich scheint Senna Proctor, der mittlerweile das zweite Auto pilotiert, ohnehin auf einem kleinen Höhenflug zu sein. Nebenbei sollte man aber auch ein Auge auf Jake Hill haben, der im Motorbase-Ford immer für Überraschungen gut ist und beim Saisonauftakt drei Mal den dritten Platz belegen konnte.

Bilder: btcc.net

Colin Turkington (GBR) - Team BMW BMW 330i M Sport
BTCC at Knockhill
BTCC Driver Parade
Carl Boardley (GBR) - Laser Tools Racing Infiniti Q50
Ollie Jackson (GBR) - MB Motorsport Ford Focus ST
Rick Parfitt Jr (GBR) - Excelr8 Trade Price Cars Hyundai i30 Fastback N Performance
Tom Chilton (GBR) - Ciceley Motorsport BMW 330i M Sport
Jake Hill (GBR) - MB Motorsport Ford Focus ST
Gordon Shedden (GBR) - Team Dynamics Honda Civic Type R
Josh Cook (GBR) - BTC Racing Honda Civic Type R

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