Infiniti-Pilot Ash Sutton konnte beim zweiten Saisonauftritt der BTCC auf dem Thruxton-Circuit seinen Vorsprung in der Meisterschaft mit einem Sieg weiter ausbauen. Es stellt sich die Frage, wer Ash Sutton bei der Titelverteidigung noch ernsthaft gefährlich werden soll. Die beiden weiteren Siege des Tages holten sich Honda-Pilot Josh Cook und BMW-Pilot Adam Morgan.
In Thruxton gelang es Ash Sutton erneut trotz maximalem Zusatzgewicht von 75 Kilo halbwegs unbeschadet über die Quali (Startplatz 7) und den ersten Lauf (Platz 5) zu kommen und sich damit weitere wichtige Meisterschaftszähler zu holen. Erwartungsgemäß kam Suttons derzeit engster Verfolger in der Meisterschaft, Tom Ingram im frontangetrieben Hyundai i30 nicht vergleichbar gut mit dem hohen Gewicht zurecht und schaffte trotz kämpferischem Einsatz nach Startplatz 12 nur Platz 10 im ersten Lauf.
Da Colin Turkington im BMW des West Surrey Teams ähnlich schlecht unterwegs war wie Ingram, konnten im ersten Lauf lediglich die in der Meisterschaftstabelle weiter zurückliegenden Josh Cook und Jake Hill einige Zähler auf die Tabellenspitze gut machen. Josh Cook, als Thruxton-Spezialist bekannt und zu Saisonbeginn hier bereits zwei Mal siegreich, gelang es nach dem Start bereits in den ersten Kurven die Führung von Pole Sitter Dan Rowbottom zu übernehmen und anschließend recht mühelos den ersten Sieg des Tages einzufahren.
Rowbottom fehlte dagegen der Rennspeed und er musste sich auch noch Jake Hill im MB Motorsport-Ford, Tom Oliphant im WSR-BMW und weiteren Konkurrenten geschlagen geben. Hill und Oliphant konnten Cooks Pace an der Spitze nicht ganz mitgehen, am Ende komplettierten beide aber dennoch das Podium vor Rory Butcher. Der Toyota-Pilot hatte sich in den letzten Rennrunden gegen Ash Sutton verteidigen müssen, der zuvor trotz des hohen Zusatzgewichts mehrere Positionen gut gemacht hatte und ein sehenswertes Rennen lieferte. Hinter Sutton sah der unglückliche Rowbottom die Zielflagge vor Adam Morgan, Senna Proctor, Jason Plato und schließlich Tom Ingram auf Platz 10.
Ingram war lange in einem engen Fight mit Plato verwickelt, dessen Vauxhall sichtlich schneller war als Ingrams schwer beladener Hyundai. In der vorletzten Runde gelang Plato dann in der Schikane vor Start-Ziel eine erfolgreiche Attacke, durch die Ingram zunächst auch eine weitere Position an den dicht folgenden Colin Turkington, der vor Thruxton wiederum Ingrams engster Verfolger im Kampf um Meisterschafstrang zwei war, verlor. Mit einem kämpferischen Manöver konnte Ingram sich die Position gegen Turkington aber wieder zurückkämpfen und somit immerhin Platz zehn retten und nicht auch noch Zähler auf Turkington einbüßen.
Der zweite Lauf wurde dann zu einer klaren Sache für Ash Sutton, der jetzt mehr als die Hälfte seines Zusatzgewichts ausladen durfte. Bereits in der ersten Runde hatte sich der amtierende Champion Butcher und Hill geschnappt und konnte kurze Zeit später auch am auf Platz zwei liegenden Tom Oliphant vorbeigehen. Den zwischenzeitlich erneut an der Spitze enteilten Josh Cook, nun seinerseits mit 75 Kilo Zusatzgewicht unterwegs, konnte Sutton dann ebenfalls mühelos einholen. Und auch wenn Cook seinem engen Freund Sutton einen guten Fight lieferte, hatte Sutton letzten Endes die Oberhand und ging in der elften Runde am Honda vorbei. Cook begnügte sich mit dem zweiten Platz vor Tom Oliphant und Jake Hill.
Dramatisch ging es im Kampf um Platz fünf zu. Tom Ingram, nun endlich ohne die lästigen Zusatz-Kilos an Bord, konnte im zweiten Lauf Position um Position gut machen, bis er sich mehrere Runden lang an die Zähne am auf Platz fünf liegenden Rory Butcher ausbiss. Nachdem es schon mehrmals eng zwischen den beiden geworden war, was wiederum den nachfolgenden Colin Turkington an die beiden Duellanten herangebracht hatte, gelang es Ingram dann sich in einem irren Manöver ausgangs des Complex neben Butchers Toyota zu setzen und im Highspeed-Eck von Noble vorbeizugeben. Turkington setzte sich anschließend bei der Anfahrt auf die berühmt-berüchtigte Church Corner sogleich ebenfalls neben den durch die Attacke aus dem Fluss gebrachten Butcher, aber der Toyota-Pilot konnte sich erfolgreich verteidigen und hauchdünn vor dem BMW in Church einbiegen.
Ingrams Freude über den mühsam eroberten fünften Platz währte allerdings nur kurz. Ausgerechnet in der letzten Runde auf dem letzten Kilometer platze ihm ausgangs Church der linke Vorderreifen. Ingram konnte das Auto zwar auf der Strecke halten und sich schließlich noch auf Platz 12 über die Ziellinie retten – in Sachen Meisterschaftskampf war dieses Unheil aber natürlich überaus kostspielig. Somit landete am Ende dann doch Rory Butcher auf dem fünften Platz, gefolgt von Colin Turkington, Senna Proctor, Adam Morgan, Jason Plato und Dan Lloyd.
Einen desaströsen zweiten Lauf erlebten derweil die für Thruxton hochfavorisierten Dynamics-Hondas von Gordon Shedden und Dan Rowbottom, die beide mit technischen Defekten ausfielen. Rowbottom hatte zuvor mit der Pole Position gezeigt, dass der Speed zwar grundsätzlich da ist, auch wenn er im Rennen dann mehr oder weniger unterging. Für Shedden war Thruxton dagegen ein Wochenende komplett zu vergessen. Eine miese Qualifikation brachte ihm nur Startplatz 14 ein und im ersten Lauf ging es lediglich eine Position nach vorne auf Platz 13.
Das Drama setzte sich nach dem Ausfall im zweiten Lauf dann beim Start zum dritten Lauf fort, als Shedden in der ersten Kurve Jade Edwards abräumte, woraufhin beide Autos heftig in die Streckenbegrenzung einschlugen – für die arme Jade Edwards fast 1 zu 1 derselbe Abflug, den sie schon beim Saisonauftakt nach dem von Andy Neate verursachten Startunfall erlebt hatte. Rowbottom schaffte es derweil im dritten Lauf immerhin noch vom Ende des Feldes bis auf den 14. Platz noch vorne zu fahren. Insgesamt bliebt die Leistung, die die Dynamics-Hondas in Thruxton abgeliefert haben (ein weiteres) Mal deutlich hinter den Erwatungen.
Gewonnen wurde der dritte Lauf derweil von Adam Morgan, der von der Pole aus souverän die Führung halten konnte, während sich der neben ihm in Reihe eins startende Senna Proctor gleich beim Start Colin Turkington geschlagen geben musste. Anschließend stand Morgan zwar fast das gesamte Rennen über unter Druck von Markenkollege Turkington, behielt aber trotz dreier Safety-Car-Restarts die Oberhand und konnte Saisonsieg Nummer zwei einfahren. Senna Proctor sicherte sich dahinter immerhin Platz drei und rundete damit nach dem Sieg und dem zweiten Platz für seinen Teamkollegen Josh Cook ein erneut sehr erfolgreiches Thruxton-Wochenende für BTC Racing ab.
Dahinter verpasste Jake Hill das Podium erneut knapp und belegte Platz vier vor Tom Ingram, der sich wie schon im zweiten Lauf kämpferischer Manier mehrere Positionen nach vorne gearbeitet hatte und dieses Mal von einem Reifenplatzer verschont blieb. In engen und sehenswerten Attacken hatte er sich dabei unter anderem gegen Jason Plato, Josh Cook und zuletzt ein weiteres Mal gegen Rory Butcher durchgesetzt. Butcher, Cook, Plato sowie Chris Smiley und Ash Sutton komplettierten dahinter die Top Ten. Sutton war im letzten Lauf darum bemüht, das Auto entspannt und schadlos ins Ziel zu bringen und noch ein paar Punkte zu holen.
Die Ergebnisse der drei Läufe vom zweiten Saison-Auftritt der BTCC in Thruxton können hier ebenso wie der Meisterschaftsstand detailliert studiert werden.
Auch wenn es Tom Ingram (und Colin Turkington, Josh Cook und Jake Hill) im dritten Lauf gelungen ist, vor Ash Sutton die Zielflagge zu sehen, ist der Vorsprung, den der Infiniti-Pilot in der Meisterschaft hat, noch mal weiter angewachsen. Sutton führt nun mit satten 30 Punkten vor Ingram. Josh Cook verbessert sich nach seinem sehr guten Renntag auf Meisterschafts-Rang drei mit 37 Punkten Rückstand, gefolgt von Jake Hill mit 39 und Colin Turkington mit 41 Punkten Rückstand. So schön eng die Verfolger auch zusammen liegen und den Kampf um Meisterschaftsplatz zwei spannend machen, so sehr muss man sich auch die Frage stellen, wer Ash Sutton ernsthaft gefährlich werden soll.
Ich hab bereits einige Male erwähnt, dass Sutton wie in einer anderen Welt unterwegs zu sein scheint. Zusatzgewichte scheint er quasi nicht wahrzunehmen und Überholmanöver führt der zweifache Champion mit einer chirurgischen Präzision und zugleich Leichtigkeit aus, dass man denken könnte, hier tritt ein Profi gegen mehrere Anfänger an. Und ein weiteres Mal muss gesagt werden: Es ist nicht das Auto, das Sutton so stark macht. Der Infinti ist eher – wie die Mehrzahl der BTCC-Fahrzeuge – eine kleine Bastelbude, die zwar vom Heckantrieb und ganz okayer Gewichtsverteilung profitieren mag, unter dessen Haube aber auch nur der TOCA-Motor von Swindon seine Arbeit verrichtet. Suttons Teamkollege Aiden Moffat ist beileibe kein langsamer Rennfahrer, wird aber nun bereits in der zweiten Saison eiskalt von Sutton in den Schatten gestellt. Dieselbe Geschichte haben wir bereits zu den Subaru-Zeiten erlebt, als einzig und allein Ash Sutton den eigenwilligen Levorg-Kombi konstant schnell an der Spitze bewegen konnte, während namhafte Teamkollegen wie Jason Plato nicht an Suttons Pace herankamen.
Wenn die Rennen selbst nicht immer so exzellent wären, könnte man sich mit Blick auf die Meisterschaft also schon fast darüber beklagen, dass die BTCC langweilig wird :-D Ist aber natürlich Blödsinn. Sutton ist einfach fahrerische Extra-Klasse und wenn er diese Form beibehält, ist Titel Nummer drei mehr als verdient.
Die BTCC gastiert als nächstes in Yorkshire auf dem Croft Circuit, u.a. bekannt für seine Maisfeld-auf-Auto-durch-Maisfeld wieder-zu- sowie Acker-ist-als-Auslaufzone-auch-ok-Momente. Auch wenn hier im Vorjahr nach verregneter Qualifikation zwei Siege an Josh Cook im Honda und einer an Tom Ingram, damals noch im Toyota, gingen, hat Croft noch mehr als Knockhill den Ruf, eine ideale Rennstrecke für heckgetriebene Fahrzeuge zu sein. Alles andere als mindestens ein Sieg von Ash Sutton wäre daher eine Überraschung. Eventuell gelingt es aber auch Colin Turkington endlich einmal bereits in der Quali wieder vorne mit dabei zu sein und dann mit guten Rennen, die Lücke zu Sutton ein wenig zu schließen. Daneben muss man in Croft natürlich auch ein Auge auf die beiden anderen WSR-BMWs von Tom Oliphant und Stephen Jelley sowie Adam Morgan im privat eingesetzten Cicely-BMW werfen. Insbesondere letzterem traue ich einen sehr starken Renntag in Croft zu und es wäre nicht sonderlich unwahrscheinlich, wenn Morgan Turkington als bestplatzierter BMW in der Meisterschaft ablösen würde.
Bilder: btcc.net
2 Kommentare
Warum wird denn der Infiniti nicht nach eingestuft wie es z.B. beim aktuellen BMW der Fall war?Warum die BTCC nicht reagiert insbesonder da das Auto seit Anfang 2020 so dominant ist kann ich nicht verstehen.Sollte das Erfolgsbalast nicht verhindern das man immer vor mit fährt?
Das ist ja das kuriose. Zum einen gelten für den Infiniti exakt dieselben Hecktrieb-Einstufungen, wie für die BMWs mit u.a. länger übersetzen 1. Gang, reduziertem Boost beim beschleunigen usw. Und Fahrwerk, Getriebe und Bremsen sind ohnehin bei allen die gleichen Einheitsbauteile – da ist kein Vorteil zu holen. Motorenseitig fährt der Infiniti mit dem TOCA-Motor im Gegensatz zum BMW, der sogar mit eigenem Antrieb unterwegs ist. Eigene aufgebaute Motoren werden zwar immer an die Leistungsausbeute des TOCA-Motors angeglichen, behalten aber in aller Regel gewisse Vorteile – ansonsten würde WSR ja auch nicht extra teure Motoren für die BMWs entwickeln sondern ebenfalls einfach die TOCA-Motoren in die Autos packen. Anpassungen am Motor des Infinit sind daher nutzlos, das sie alle anderen, die den TOCA-Motor fahren, ebenfalls betreffen würden. Zum anderen, und darauf hab ich ja extra hingewiesen, fährt ein Aiden Moffat mit exakt dem gleichen Auto bei weitem nicht auf dem Niveau von Sutton, sondern ist genau da im (vorderen) Mittelfeld unterwegs, wo sich auch die BMWs mehrheitlich aufhalten. Spricht also erst mal für gleiches Level zwischen beiden Autos. Und Moffat ist nicht langsam, ich stufe ihn fahrerisch mindestens zwischen Tom Oliphant und Stephen Jelley ein. Es ist ganz einfach, wie schon zu Subaru-Zeiten, Sutton, der den Unterschied ausmacht. Nicht das Auto ist dominant, sondern der Fahrer. Und das Zusatzgewicht hat natürlich einen Einfluss, aber der reicht eben nicht aus, um Sutton so einzubremsen wie andere, die den Maximalballast fahren.
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