Home TourenwagenBTCC BTCC: Donington 2021 – Shedden meldet sich zurück, Sutton bleibt Favorit

BTCC: Donington 2021 – Shedden meldet sich zurück, Sutton bleibt Favorit

von Sebastian Focks
0 Kommentare

Gordon Shedden, der nach einem mehrjährigen Abstecher in die WTCR in diesem Jahr in die BTCC zurückgekehrt ist, holte sich in Donington endlich die ersten beiden Siege in dieser Saison. Colin Turkington sicherte sich anschließend den Sieg im dritten Rennen, womit er den Abstand in der Meisterschaft zu Ash Sutton ein wenig verringern konnte. Insgesamt führt der Infiniti-Pilot aber weiterhin mit einem komfortablen Vorsprung und reist als klarer Titelfavorit zum anstehenden Saisonfinale. Für eine Kontroverse sorgte eine Strafe gegen Tom Ingram, der die Zielflagge im zweiten Lauf eigentlich als erster gesehen hatte, den Sieg aber wegen einer vermeintlich unfairen Attacke an Shedden verlor.

Der erste Lauf auf der Traditionsstrecke von Donington Park wurde zu einer lupenreinen Angelegenheit für Honda-Pilot Gordon Shedden. Der dreifache BTCC-Champion, der in dieser Saison bislang sieglos geblieben ist, holte sich am Tag zuvor knapp die Pole Position vor den beiden überraschend starken Vauxhalls von Dan Lloyd und Jason Plato. Plato verlor seinen dritten Platz zwar bereits in der ersten Runde an Toyota-Pilot Rory Butcher, aber Lloyd blieb Shedden das gesamte Rennen über dicht auf den Fersen und belegte am Ende den zweiten Platz, was für den Vauxhall-Piloten schon das zweite starke Rennwochenende in Folge nach seinen zwei Podiumsplatzierungen in Silverstone vor zwei Wochen bedeutete.

Sheddens Schwager Rory Butcher komplettierte das Podium auf Platz drei vor Senna Proctor. Dahinter hatte sich in der zweiten Rennhälfte auch Colin Turkington an Jason Plato vorbeigearbeitet und lag damit im Ziel als einziger Meisterschaftsverfolger von Ash Sutton immerhin zwei Positionen vor diesem. Der Infiniti-Pilot wurde im ersten Lauf nach Startplatz neun Siebter und lag damit noch vor den anderen Meisterschaftskontrahenten Josh Cook (8.), Tom Ingram (11.) und Jake Hill (17.).

Ingram hatte als Zweitplatzierter in der Meisterschaft erneut mit dem Zusatzgewicht in seinem Hyundai zu kämpfen, während für Hill nach bereits schwacher Quali im ersten Lauf überhaupt nichts zusammenlief. Der Ford-Pilot geriet u.a. mit dem BMW von Adam Morgan aneinander, wodurch Hill mehrere Positionen verlor und Morgan heftig in die Streckenbegrenzung einschlug: Auto hinüber, Fahrer aber glücklicherweise ok.

Der zweite Lauf wurde dann deutlich turbulenter. Zunächst schnappte sich Rory Butcher gleich beim Start Dan Lloyd und übernahm anschließend in den Craner Curves die Führung von Schwager Shedden. Der Honda-Pilot gab sich aber nicht geschlagen und holte sich den ersten Platz bereits eine Runde später mit einer sehenswerten Attacke in Old Hairpin zurück. Shedden schaffte es anschließend sogar, sich trotz der nun an Bord befindlichen 75 Kilo Erfolgsballast, ein wenig abzusetzen. Von weiter hinten zog aber bereits die nächste Gefahr für den Schotten auf.

Tom Ingram, nach dem elften Platz im ersten Lauf nun komplett ohne Zusatzgewicht unterwegs, legte eine seiner brillanten Fahrten hin, für die er in seinen Toyota-Zeiten bei Speedworks stets bekannt und gefürchtet war. Bereits in der ersten Runde hatte Ingram sich Jackson, Smiley, Cook, Plato und Sutton geschnappt, in der der zweiten Runde waren dann Turkington und Proctor dran und eine weitere Runde später Dan Lloyd, womit der Hyundai-Pilot schon auf dem dritten Platz lag.

Auch Rory Butcher konnte anschließend nichts gegen Raketen-Ingram ausrichten und verlor seinen zweiten Platz zu Beginn der fünften Runde. Die zwischenzeitlich entstandene Lücke zu Shedden hatte Ingram dann binnen vier Runden zugefahren und ging eine Runde später ausgangs Coppice auch an diesem vorbei in Führung. Es war eine glänzende Vorstellung, die Tom Ingram in diesem zweiten Lauf hinlegte und es hätte einer seiner verdientesten Siege sein können.

Hätte? Ja, genau: hätte. Zur Überraschung vieler wurde Ingram nachträglich mit einer Ein-Sekunden-Strafe belegt, die ihn im End-Klassement wieder auf den zweiten Platz hinter Shedden zurückwarf. Anlass für die Strafe war laut den Rennkommissaren ein Schubser, den Ingram Shedden bei dem Überholmanöver in Coppice mitgegeben haben soll und der ihm als „Push-to-Pass“, also Anschubsen und davon profitieren, ausgelegt wurde.

Leider gibt es keine Aufnahmen, die das Vergehen eindeutig zeigen, weswegen es vor allem in den sozialen Medien heiß her ging und viel Unmut unter den Fans zu vernehmen war. Ingram nahm die Strafe mit einem bittersüßen Lächeln hin und Shedden, der sich auch nicht detailliert äußern wollte, erbte den Sieg. Für den Honda-Piloten war dies zugleich der 50. Sieg seiner BTCC-Karriere, den aber auch er bestimmt lieber auf andere Art eingefahren hätte.

Mir fehlen wie gesagt zur Bewertung eindeutige Aufnahmen, die das Manöver zeigen. Auf den Aufnahmen der Außenkameras war jedenfalls nichts bzw. nichts für BTCC-Verhältnisse überdramatisches zu sehen und man kann auch nicht sagen, dass Sheddens Auto in irgendeiner Form sichtlich aus der Kontrolle geraten war. Auch wenn es hier um die Führung ging, sind Schubser auf die Stoßstange nicht wirklich unüblich in der BTCC, weshalb die Strafe mindestens ein wenig seltsam anmutet.

Rory Butcher belegte mit etwas Abstand zu den beiden Spitzenreitern am Ende zum zweiten Mal an diesem Tag Platz drei. Den vierten Platz sicherte sich in einem für ihn recht ereignisreichen Rennen Ash Sutton. Der amtierende Champion hatte zu Rennbeginn zunächst eine Position an Ford-Pilot Ollie Jackson und später zwei weitere an Josh Cook und Dan Rowbottom verloren. Anschließend berappelte Sutton sich aber wieder, holte die verlorenen Positionen zurück und profitierte darüber hinaus vom Pech der Gegner. In den letzten Rennrunden überholte er dann noch Senna Proctor und Dan Lloyd und holte sich damit erneut gute Punkte für sein Meisterschaftskonto.

Hinter den von Sutton geschlagenen Lloyd und Proctor komplettierten Josh Cook, Aiden Moffat, Jake Hill (famoses Rennen mit nun gewichtsbefreitem Auto von Startplatz 17!) und Dan Rowbottom die Top Ten. Erst dahinter sah Colin Turkington die Zielflagge auf Platz elf. Der BMW-Pilot hatte das gesamte Rennen über eigentlich in aussichtsreicher Position vor Sutton gelegen und war nach gelungener Attacke gegen Senna Proctor drauf und dran, den vierten Platz von Dan Lloyd zu erobern, als er in der 13. Runde einen seltenen Fehler hinlegte und nach einem selbst verschuldeten Dreher in Old Hairpin mehrere Positionen verlor.

Dass Colin Turkigton durch seinen elften Platz dann immerhin die Pole Position für den dritten Lauf zugelost bekam, dürfte zunächst zwar kaum über die Schmach und die verpasste Chance, etwas Boden auf Sutton gut machen zu können, hinweggetröstet haben. Allerdings nutzte der mehrfache BTCC-Champion die sich ihm nun bietende ideale Ausgangssituation perfekt und war vom Start weg nicht mehr gesehen. Am Ende stand für Turkington völlig unangefochten Karriere-Sieg 60 zu Buche, womit an diesem Tag nach Gordon Sheddens Triumph schon das zweite Sieg-Jubiläum gefeiert werden konnte.

Während Turkington an der Spitze also eine entspannte Abend-Spazierfahrt durch die westenglischen Midlands unternahm, ging es dahinter etwas wilder zur Sache. Der von Startplatz drei gestartete Jake Hill setzte rundenlang den auf Platz zwei liegenden Dan Rowbottom unter Druck, der aber ohnehin mit einer 5-Sekunden-Strafe belegt war, weil er nicht korrekt in seiner Startbox gestanden hatte und somit eigentlich virtuell hinter Hill und den weiteren Verfolgern lag. Das half Hill aber nicht viel, den Rowbottom blieb für ihn ein reales Hindernis auf der Strecke, das ihn vom an der Spitze enteilenden Colin Turkington abschnitt.

In der elften Runde gelang es Hill dann endlich sich in Schwantz-Curve neben Rowbottom zu setzen und vorbeizugehen. Der aus dem Tritt gebrachte Honda büßte sogleich weitere Positionen gegen die dicht dahinter folgenden Josh Cook und Aiden Moffat ein und Moffat nutze sogleich die leicht turbulente Situation, um seinerseits an Cook, der anschließend noch einen weiteren Platz gegen Rory Butcher verlor, vorbeizugehen. An den nun bezogenen vorderen Positionen sollte sich dann bis Rennende nichts mehr ändern und Hill belegte vor Moffat den zweiten Platz, während für Butcher, Cook und Rowbottom nur die Plätze vier bis sechs außerhalb des Podiums blieben.

Inmitten der Kampfgruppe hatte im Rennen auch noch Dan Lloyd gelegen, aber der Vauxhall-Pilot war ebenso wie Rowbottom wegen unkorrekter Startposition mit einer 5-Sekunden-Strafe belegt worden und landete am Ende mit dazu gerechnetem Abstand zu den Kontrahenten auf Platz sieben. Damit blieb er aber immerhin trotzdem knappe 3,5 Zehntelsekunden vor Ash Sutton, der den (virtuellen) Abstand zu Lloyd in den letzten Runden zwar noch versucht hatte, zuzufahren, letzten Endes aber scheiterte.

Suttons Rennen wurde, wie das vieler anderer Fahrer, von Tom Ingram beeinflusst, der nach dem Raketen-Hyundai im zweiten Lauf nun über ein überbreites Auto, das nicht überholt werden konnte, zu verfügen schien. Das nun wieder an Bord befindliche Zusatzgewicht (trotz des nachträglichen Abrutschens auf Platz zwei musste Ingram die vollen Kilos für einen Sieg mitschleppen) bremsten Ingram empfindlich ein, aber vom Start weg ließ der Hyundai-Pilot keine Attacke zu, wodurch sich die Gegner auf den Positionen davor vom Rest des Feldes absetzen konnten, während sich hinter Ingram quasi das gesamte restliche Feld staute.

Erst in der zwölften Runde gelang es schließlich Sutton als erstem Verfolger in der hinter dem Hyundai aufgereihten Perlenkette an Ingram vorbeizugehen. Die entstandene Lücke zu Lloyd und den restlichen Kontrahenten konnte Sutton dann aber wie beschrieben nicht mehr schließen. Kurz vor Rennende schaffte es schließlich auch noch Stephen Jelley an Ingram vorbeizugehen und somit Platz neun einzufahren. Alle anderen hielt der Hyundai-Pilot aber erfolgreich hinter sich und wurde am Ende zehnter. Gordon Shedden gelang derweil nach seinen beiden Siegen im letzten Lauf nur noch der 13. Platz, was den insgesamt sehr guten Renntag des Schotten, der ohnehin keine Meisterschaftschancen mehr hat, aber nicht weiter trübte.

Die einzelnen Ergebnisse der drei Läufe aus Donington können hier abgerufen werden.

Ash Suttons Vorsprung in der Meisterschaft hat sich nach den Renen in Donington zwar von 36 auf 32 Punkte ein wenig verringert, insgesamt hat der Infinit-Pilot aber nach wie vor einen komfortablen Vorsprung und geht als klarer Favorit auf den Titel ins anstehende Saisonfinale. Eng bleibt es dagegen weiterhin auf den Verfolgerpositionen im Kampf um den Vizemeister-Titel. Turkingtons Sieg im dritten Lauf hat ihn wieder auf Meisterschaftsplatz zwei mit 32 Punkten Rückstand auf Sutton nach vorne katapultiert. Dahinter liegen gleichauf Tom Ingram und Jake Hill mit 38 Zählern Rückstand auf Sutton und 6 auf Turkington, gefolgt von Josh Cook mit 47 bzw. 15 Punkten Rückstand.

Ähnlich wie in der Gesamtwertung führt Sutton auch deutlich in der Independent-Wertung mit 33 Punkten vor Tom Ingram, 66 vor Josh Cook. Auch in der Teamwertung hat Suttons Laser Tools Racing einen entspannten Vorsprung vor BTC Racing (-77) und Team BMW (-109). Ein ähnliches Bild zeigt sich in der Independent-Teamwertung, wo Laser Tools mit 43 Punkten vor Tom Ingrams Exclr8 und 51 Punkten vor Team Dynamics führt. In der dünn besetzten Hersteller-Wertung führt BMW mit 793 Punkten vor Ford (702) und Toyota (613).

Und den ersten Champion der Saison 2022 gibt es auch schon: Dan Rowbottom ist in der Jack Sears-Trophy, an der alle Fahrer, die zu Beginn der Saison noch nie auf einem Gesamt-Klassement-Podium in der BTCC gestanden haben, uneinholbar vorne und holt sich den Titel 2021. Auch wenn Rowbottom hier zu den klaren Favoriten gezählt hat, hat mich die Leistung des Dynamics-Piloten in dieser Saison, wie schon mehrfach erwähnt, positiv überrascht. Rowbottom hat sich nicht nur zu einem etablierten BTCC-Piloten entwickelt, sondern ist nach seinem Erfolg in Oulton Park auch Rennsieger und war die gesamte Saison durchweg auf Augenhöhe mit seinem deutlich erfahreneren Teamkollegen Gordon Shedden unterwegs – und manchmal sogar vor diesem.

Der gesamte aktuelle Meisterschaftsstand kann hier als PDF abgerufen werden.

Als letzte BTCC-Veranstaltung in dieser Saison steht am kommenden Wochenende das Saisonfinale auf dem altehrwürdigen Brands Hatch GP-Circuit an. Aus der Erfahrung heraus kann hier zwar noch mal so einiges passieren, aber angesichts der Ausgangslage wäre alles andere als Titel Nummer drei für Ash Sutton schon eine mittelschwere Sensation. Spannend wird es dagegen im Kampf um den Vizemeistertitel zwischen Colin Turkington, Tom Ingram, Jake Hill und Josh Cook.

Im wegen der Corona-Pandemie verschobenen Saisonkalender vom Vorjahr war der Brands Hatch GP Circuit 2020 nicht das Saisonfinale, sondern wurde bei sommerlichen Temperaturen im August befahren. Damals holten sich Dan Cammish im Dynamics-Honda und die beiden BMW-Piloten Colin Turkington und Tom Oliphant die drei Siege des Tages. Schnellster Mann war jedoch Rory Butcher im Motorbase-Ford, der einen sicheren Sieg aber durch einen Reifenplatzer verlor.

Bilder: btcc.net

Das könnte Dir auch gefallen