Die spannende WM könnte auf der für die F1 unbekannte Strecke in Katar schon eine Vorentscheidung erfahren.
Zum ersten Mal macht die Formel Eins Station in Katar. Die Halbinsel am Persischen Golf hat schon etliche Rennen auf der Strecke von Losail ausgetragen. Die GP2 war mal Gast, aber am bekanntesten dürfte sie den MotoGP-Fans sein, da die Serie seit 2004 dort unterwegs ist. Der Kurs ist 5,3 Kilometer lang, sehr schnell und sehr flüssig. Ein wenig erinnert er an den Kurs aus Sepang in Malaysia, allerdings fehlen die langsamen Kurven. Große Teile des Kurses bestehen aus langgezogenen, weiten Kurven. Das F1 Spiel 2021 hat eine Simulation und bei der erkennt man sofort das Problem.
Überholen dürfte in Katar eine schwierige Angelegenheit werden. Es gibt einfach keine harte Anbremszonen, die die aktuelle Formel Eins benötigt. Weder Turn 1 noch die letzte Kurve vor Start/Ziel lädt zum Überholen ein. Zwar ist die einzige (!) Gerade mit knapp einem Kilometer lang genug, aber ein Überholmanöver in T1 kann man leicht abblocken, wenn man sich mittig auf der Strecke positioniert. Außen rum ist eine Möglichkeit, weil T2 dann wieder eine Linkskurve ist, aber da wird man sehen müssen, wie viel Sand es außerhalb der Ideallinie gibt. Einzig T6 macht den Eindruck, dass man sich irgendwie neben einen Konkurrenten setzen könnte. Der Rest der Strecke ist teilweise extrem schnell und die Dirty Air der Autos wird dafür sorgen, dass man nicht nah auffahren kann.
Das wird bedeuteten, dass die Qualifikation extrem wichtig sein wird. Wer am Sonntag nach T1 und T2 die Nase vorne hat, dürfte gute Chancen auf den Rennsieg haben. Da stellt sich dann natürlich sofort die Frage, ob Mercedes oder Red Bull das bessere Auto für die Strecke haben werden. Die Antwort: Man weiß es nicht. Zwei Strecken, die Katar nicht unähnlich sind und diesem Jahr auf dem Programm standen, waren Silverstone und Zandvoort. In England hat Hamilton gewonnen, in den Niederlanden Verstappen. Zusätzlich kann man die Ergebnisse nicht mehr vergleichen, weil beide Teams offenbar massiv am Auto gearbeitet haben. Die Verbesserungen von Mercedes beim letzten Rennen waren ja deutlich.
Gefühlt würde ich Red Bull als ganz leichten Favoriten für die Pole sehen, weil das „High Rake“ Konzept auf der Strecke von Losail gut funktionieren sollte. Auf der anderen Seite ist das „Low Drag“ Konzept von Mercedes nicht zu unterschätzen. Schon in Brasilien konnte man mit dem halben Aero-Setup aus Monaco fahren und war dennoch auf den Geraden schneller. Wenn man das in Katar wiederholen kann, hat man in den sehr schnellen Kurven eine deutlichen Vorteil vor Red Bull. Zumindest theoretisch. Genau wissen werden wir das erst nach Q3 am Samstag.
Für die WM wäre ein Sieg von Hamilton natürlich gut. Er würde den Rückstand auf sieben Punkte reduzieren und damit die Meisterschaft wieder komplett offen machen. Siegt Verstappen benötigt Mercedes dann in den letzten zwei Rennen schon ein kleines Wunder um den Fahrer-Titel zu holen. In der Team-WM wird es vermutlich bis zum letzten Rennen spannend bleiben, es sei denn, ein Team hat einen Totalausfall.
Spannend bleibt es auch um die Frage, wer P3 in der Team-WM einnehmen kann, aber Ferrari hat scheint sich hier gegen McLaren durchsetzen zu können. Knapp 30 Punkte Vorsprung sollten Ferrari reichen, auch wenn in Losail die McLaren etwas besser aufgestellt sein könnten. Auf der anderen Seite scheint McLaren seit dem Motoren-Update von Ferrari etwas im Hintertreffen zu sein.
Um die Briten gab es diese Woche einige Aufregung. Verschiedene Medien berichteten, dass Audi und BMW Interesse am Unternehmen zeigen würden. Die Münchner wollen dabei nur die Abteilung McLaren Cars kaufen, Audi scheint aber Interesse am gesamten Unternehmen zu haben. Inklusive der Formel Eins. Das der VW-Konzern ernsthaft darüber nachdenkt in die Serie einzusteigen, ist kein Geheimnis, zumal es günstiger erscheint ein existierendes Team zu kaufen, als komplett neu zu starten. McLaren bestreitet, dass es einen Deal gegeben hat, hat in der Pressemeldung aber nicht gesagt, dass es nicht dazu kommen könnte.
In Katar nicht unterschätzen sollte man die Alpha Tauri. Das Pierre Gasly die Saison der Italiener mehr oder weniger im Alleingang gerettet hat, ist kein Geheimnis und der Franzose sollte auch in Katar wieder in den Punkten zu finden sein. Ich finde es ja weiterhin erstaunlich, dass Gasly noch nicht in einem Top-Team sitzt. Auf der anderen Seite – mehr als P5 dürfte im Moment auch bei anderen Teams nicht drin sein und da landet er auch mit Alpha Tauri.
Strategie:
Das wird interessant, denn Pirelli bringt die härtesten Mischungen nach Katar. C1, C2 und C3 sind angesagt. Da man keinerlei Daten hat, dürfte der Verkehr in den freien Trainings heftig sein. Sicher sind die C1 auf den Longruns die sichere Alternative, aber die Reifen sind nicht gerade sonderlich beliebt bei den Teams, weil sie wenig Grip bieten. Die entscheidende Frage wird sein, wie sich die C3 angesichts der ernormen Belastungen schlagen werden.
Pirelli schätzt den Stress für die Reifen als sehr hoch. Denn zusätzlich zu den schnellen Kurven kommt ein sehr hoher Reifenabrieb durch einen aggressiven Asphalt. Die Chance, dass man zwei Stopps machen muss, wenn man auf die C1 verzichtet, sind also relativ hoch. Auf Grund der mangelnden Überholmöglichkeiten wird ein Under- oder Overcut in den Strategieplanungen eine große Rolle spielen.
Bilder: Pirelli, Daimler AG, McLaren