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Formel Eins: Analyse GP von Saudi-Arabien – Basar Atmosphäre

von DonDahlmann
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Das, was da in Saudi Arabien passiert ist, war teilweise lächerlich. Schuld daran haben die Strecke und die Regeln. War es ein unterhaltsames Rennen? Ja. War ein gutes Rennen? Nein.

Lange hatten wir keine enge WM mehr und so haben wir vermutlich vergessen, wie das so ist, in den letzten Rennen. Da wird getrickst, geflucht und jeder eventuelle Regelverstoß wird sofort mit weinerlichen Worten zur Rennleitung getragen. So war es auch in Saudi-Arabien. Zumindest konnte man sich nicht über mangelnde Unterhaltung beklagen.

Das Drama um die WM begann schon in der Quali. Mercedes war bei Weitem nicht so überlegen, wie ich das in der Vorschau vermutet hatte. Es war eher das Gegenteil der Fall. Zwar legte Hamilton eine wirklich gut Runde hin, aber die letzte Runde von Verstappen in Q3 war vermutlich die beste Quali-Runde, die man seit langer Zeit gesehen hat. Zumindest bis zur letzten Kurve, da warf er dann den Red Bull in die Mauer. Das war doppelt blöd. Zum einen wäre er locker auf Pole gewesen, zum anderen schnappte ihm Bottas auch noch P2 weg. Besser hätte es für Mercedes nicht laufen können.

So startete das Rennen auch mit einer Führung der beiden Mercedes, die sich aber in den ersten Runden nicht entscheidend absetzen konnten. Das Rennen schien so vor sich hinzulaufen, als Mick Schumacher hart in die Tec-Pro einschlug. Mercedes nutzte das SC für einen Stopp, Red Bull nicht. Man spekulierte offenbar auf eine weitere Unterbrechung. Die kam auch postwendend. Da die Rennleitung die Tec-Pros an der Stelle austauschen wollte, warf man die rote Flagge. Und damit hatte Verstappen a) die Pole für den Restart und konnte b) neue Reifen nehmen. Das hätte dann wieder nicht besser für Red Bull laufen können.

Zumindest bis zum Restart. Den gewann Hamilton klar. Er belegte die Rennlinie und freute sich schon über die Führung. Allerdings hatte Verstappen andere Pläne. Er bremste sehr spät und überholte Hamilton einfach außen und damit außerhalb der Rennstrecke. Aus dem Nichts tauchte auch Ocon auf, der sich P2 vom überraschten Hamilton schnappte.

Gleichzeitig drehte Leclerc den Red Bull von Sergio Perez um, was wiederum eine Kettenreaktion auslöste, an deren Ende Mazepin unglücklich und mit Wucht ins Heck von Russell krachte. Erneut gab es Rot und die Rennleitung versuchte das Chaos zu ordnen. Am Ende gab es eine Verhandlung wie auf dem Basar. Michael Masi „bot“ Red Bull an hinter Hamilton zu starten, der wiederum hinter Ocon starten sollte. Nach einigen Hin und Her („Was ist beste Startposition“) einigte man sich. Besser hätte es jetzt für Mercedes nicht laufen können.

Der Restart war dann aber dann wieder eine andere Sache. Ocon startete okay, Hamilton etwas besser, blieb aber vorsichtig und deckte erstaunlicherweise nicht die Innenlinie ab. Verstappen hatte wiederum eigentlich einen moderaten Start, aber plötzlich öffnete sich vor ihm die Innenlinie wie das Rote Meer (sorry). Er stach einfach durch, packte den Mercedes ins Sandwich und übernahm die Spitze. Besser hätte es für Red Bull nun aber wirklich nicht laufen können.

Verstappen hatte einen klaren Vorteil, denn auf der, meiner Meinung nach, dämlichen Strecke in Saudi-Arabien, kann man in einem F1 der Generation 2021 nicht überholen. Der Niederländer musste nichts anderes machen, als den Abstand bei 1.5 Sekunden halten und keine Fehler machen. Das bedeutete auch, dass Verstappen seine Reifen einigermaßen schonen konnte, während Hamilton Druck ausüben musste, was in der Dirty Air leicht auf die Reifen geht.

Allerdings hatte Red Bull Verstappen vor dem zweiten Restart die frischen Hard wieder vom Auto genommen und die Medium auf das Auto gepackt. Das brachte Verstappen zwar den guten Start, aber die Frage war, ob die Medium dann am Ende halten würden. Zu Hilfe kam Red Bull dann aber eine ganze Reihe von VSCs, da es verschiedene kleine Kollisionen gab. Das bedeutete, dass Verstappen seine Reifen etwas schonen konnte.

Aber das war noch nicht das Ende. Hamilton machte Druck und Runde 37 setzte sich der Brite vor T1 wieder neben Verstappen, der ihn daraufhin raus drängte. Die Rennleitung reagiert und befahl, dass Verstappen den Platz an Hamilton geben müsse. Verstappen verlangsamte dann auf einer Geraden in der Mitte der Strecke, nachdem Red Bull aufgefordert hatte, den Platztausch zu vollziehen. Hamilton verstand mangels Information nicht, was los war und Max verlangsamte immer mehr. Es kam zum Auffahrunfall, bei dem Mercedes sich den Frontflügel beschädigte.

Das Manöver war von beiden Fahrern mehr als fragwürdig. Verstappen bremste auf der Ideallinie, anstatt zur Seite zu fahren und er machte es kurz vor der DRS-Linie, damit er sich samt DRS dann ins Heck von Hamilton würde hängen können. Der Weltmeister wiederum zögerte hinter Verstappen, fuhr aber nicht vorbei. Da stellt sich die Frage: warum? Laut Mercedes wusste Hamilton nicht, dass Verstappen ihn vorbeilassen musste. Aber wenn der schärfste Konkurrent vor einem plötzlich langsamer wird, warum geht man nicht vorbei? Verstappen hätte ja auch ein Problem mit der Elektrik, Getriebe oder sonst was haben können. Vermutlich hat Hamilton geahnt, dass die Aktion zu Beginn der Runde eine Strafe würde nach sich ziehen können. Die DRS-Linie war ihm auch bewusst, also blieb er so lange wie möglich hinter Verstappen. Der bremste dann ungeduldig auf der Ideallinie, was ihm am Ende im Übrigen eine 10-Sekunden-Strafe einbrachte, die aber am Rennergebnis nichts veränderte. Es war ein kleines Wunder, dass beide nach der Kollision weiterfahren konnten.

Ein paar Runden später ließ er ihn dann kurz vorbei, nur um ihn dann innen wieder zu schnappen. Das war der Rennleitung offenbar etwas zu kurz und so musste Verstappen kurze Zeit danach, an gleicher Stelle, erneut vom Gas gehen, um den Briten erneut passieren zu lassen. Gleichzeitig bekam Verstappen eine 5-Sekunden-Strafe für das Manöver in T1 ein paar Runden zuvor, als er Hamilton von der Strecke gedrückt hatte. Damit war der erste Platz eh weg und zudem gingen bei Verstappen die Reifen ein. Die Entscheidung, die Medium zu nehmen stellte sich als falsch heraus. Am Ende hätte es dann besser für Mercedes kaum laufen können. Echt jetzt.

Das Rennen hinter den beiden Streithähnen an der Spitze war dagegen eher gemächlich. Spannend war es nur um P3. Da lag lange Ocon mit dem Alpine vor Ricciardo und Bottas. Den Australier konnte Ocon kontrollieren und er fuhr ein kleines Polster raus. Aber Bottas, der ein eher zähes Rennen hatte, schaffte es sich an dem McLaren vorbeizuschieben und blies zur Attacke auf Ocon. Es war ebenfalls ein schönes und vor allem deutlich faireres Duell zwischen den beiden Piloten. Und es sollte sich erst auf den letzten Metern entscheiden. Bottas gelang es in der letzten Runde nach der letzten Kurve sich ins DRS-Fenster zu bringen und konnte mit ein bisschen mehr Schwung den Alpine 50 Meter vor der Ziellinie überholen. Das war wichtig für Mercedes, die mit den Extra-Punkten den Konstruktuers-Titel relativ sicher haben.

Hinter Ocon konnte Ricciardo P5 sichern. Der McLaren ging etwas schlechter als erwartet und Ricciardo verpasste Q3. Im Rennen hatte er dann Glück. McLaren hatte Norris bei ersten SC an die Box geholt, nicht aber Ricciardo. Der bekam dann bei der ersten roten Flagge einen freien Boxenstopp und rutschte auf P7. Norris fiel dagegen bis auf P16 zurück. Der junge Brite konnte im Rennen aber etliche Plätze gut machen und erreichte am Ende sogar noch P10.

Pierre Gasly fuhr ein, mal wieder, unbeobachtetes Rennen auf P6 und lag damit noch vor beiden Ferrari. Sainz und Leclerc hatten sehr unterschiedliche Rennen, lagen nach dem ganzen Chaos aber hintereinander und lieferten einen schönen Kampf. Leider auch meist unbemerkt von den Kameras, die logischerweise auf der Spitze klebten.

Aber die bemerkenswerteste Leistung, mal abgesehen von der Spitze, lieferte Antonio Giovinazzi ab. Der Alfa-Fahrer bugsierte das Auto in der Quali auf P10, was an sich schon eine Überraschung war. Im Rennen leistete er sich keinerlei Fehler und blieb konstant in den Punkten. Am Ende landete er auf einem sehr guten neunten Platz. Ein tolles Ergebnis für den Italiener.

Für Mercedes bedeutete dies den Sieg und da Hamilton auch noch die schnellste Runde fahren konnte, gehen die beiden Titelanwärter jetzt punktgleich ins letzte Rennen. Quasi ein Shoot-Out in Abu Dhabi. Die Fahrer-WM geht nach 21 Rennen in ein Finale, wie wir es seit langem nicht mehr gesehen haben. Genauer gesagt seit 1974. Damals gingen Emerson Fittipaldi für McLaren und Clay Regazzoni für Ferrari punktgleich in das letzte Rennen. Fittipaldi gewann das vorletzte Rennen und hatte dann in Watkins Glen mehr Glück. Aber für Liberty Media hätte das jetzt nicht laufen können :)

Das Rennen war nicht gut. Ja, es war spannend, weil es chaotisch war, aber es war nicht gut. Die unfairen Attacken auf und neben der Strecke geben der Sache einen schalen Beigeschmack. Auf der anderen Seite – ich bin alt genug, um mich an die Duelle Prost vs. Senna, Hill und Villeneuve vs. Schumacher usw. Wir hatten seit 2012 nicht mehr ein so enges Duell in der WM, was zwischen zwei Marken ausgetragen wurde. Da vergisst man schnell, wie hart der Ton werden kann. Schön ist das nicht, aber wie das so ist – im Nachgang wird die Saison 2021 als eine der besten Saisons aller Zeiten feiern.

Ein paar Worte zur Strecke und die Kurzfassung ist: Sie ist Mist. Ich habe nichts gegen extrem schnelle Strecken. Mugello ist auch so eine Strecke. Aber dort hat man eben keine Mauern rechts und links und somit keine Autos, die nach einem Dreher hinter einer blinden Kurve quer auf der Straße stehen. Jeddah ist die zweischnellste Strecke nach Monza im Kalender und das ist zu schnell für einen Stadtkurs. Wenn da die nächsten Jahre fahren will, muss man die Streckenführung verändern. Aus Sicherheitsgründen und auch um mehr Überholmanöver zu erlauben. Wir sind am Wochenende mehrfach an Katastrophen vorbeigeschrammt, man sollte das Glück nicht zweimal herausfordern.

Bilder: Daimler AG, Ferrari, McLaren, Alpine F1, Alfa Romeo, Williams F1, Haas F1, Aston Martin

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1 Kommentare

Kai 7 Dezember, 2021 - 22:01

Danke Don für deine Einschätzung.
Leider wird der TV Zuschauer gerne bei neuen Strecken vergessen. Ja, die Strecke mag schnell und anspruchsvoll für die Fahrer sein, aber es gibt keine Referenzpunkte für den TV Zuschauer. Ist bei Stadtkursen eh sehr schwer. Aber hier wissen nur die Bauarbeiter und Fahrer wo man sich gerade befindet. Darum prägt sich hier nix ein. DAS ist halt der Unterschied zu den klassischen Tracks mit prägnanten Details. Aber was soll’s, wissen hier eh alle…
Gruß, Kai.

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