Das französische Werksteam hatte ein durchwachsenes Jahr. Immerhin lieferten die Fahrer ab.
Auch wenn Alpine in diesem Jahr den fünften Platz in der Konstrukteurs-WM erreicht hat, so richtig zufrieden kann man damit eigentlich nicht sein. 155 Punkte sind nicht schlecht und man hat in fast jedem Rennen die Punkteränge erreicht. Aber das Maß der Dinge müsste McLaren sein und die haben 120 Punkte mehr erreicht, obwohl Daniel Ricciardo eine Ewigkeit benötigt hat, um mit dem Auto zurechtzukommen. Natürlich gab es das Highlight mit dem Sieg in Ungarn, den sich Alpine redlich verdient hatte. Und dass man Aston Martin hinter sich lassen konnte, ist immerhin etwas. Aber was hat das Werksteam nicht besser werden lassen?
Das Team gibt als Hauptgrund an, dass man im Grunde mit einem drei Jahre alten Chassis unterwegs war. Tatsächlich basierte der Alpine noch auf dem Entwurf von 2019, dass man für die Regeln in diesem Jahr noch mal angepasst hatte. Das Problem für die Franzosen basierte auf der Annahme, dass die neuen Autos 2021 kommen würden. Nachdem man mit den anderen Teams 2020 übereingekommen war, die Einführung um ein Jahr zu verschieben, sah man sich gezwungen, das 2019er-Auto noch ein weiteres Jahr einsetzen zu müssen. Während andere Teams für 2020 ein zwar nicht grundsätzlich neues, aber doch stark überarbeitetes Chassis einzusetzen, hatten diese für 2021 eine bessere Basis. Trotz der Schwierigkeiten hatte das Auto seine Stärken, vor allem auf Strecken, die langsam waren.
Die andere Frage ist allerdings, wie gut der Renault-Motor ist. Da man kein Kundenteam mehr hat, fehlt der Vergleich. In den letzten Jahren wurde man von Red Bull düpiert, in diesem Jahr fehlte das. Immerhin machte der Motor den Eindruck, dass er stabiler lief, aber allgemein geht man davon aus, dass die Leistung immer noch nicht ausreicht. Mercedes und Honda liegen vorne, dann folgt Ferrari, die aber mit dem neuen Hybrid-System auf die beiden anderen aufgeholt haben. Renault bildet das Schlußlicht, aber wie weit die Franzosen zurückhängen, ist unklar.
Geholfen hat dem Team aber offenbar die Umstrukturierung, die man im Winter vorgenommen hat. Die Ablösung des oft meinungsstarken Cyril Abiteboul kam ein bisschen überraschend, aber offenbar gab es erhebliche Meinungsverschiedenheiten zwischen dem neuen Renault-CEO Luca de Meo und Abiteboul über die Ausrichtung des Teams. De Meo schwebte eine mehrköpfige Lösung in der Teamführung vor, Abiteboul wollte weiter alleine unterwegs sein. Da sich der Franzose nicht unterordnen wollte, wurde er abgelöst.
Geschadet hat es dem Team nicht, aber man darf auch nicht vergessen, dass die guten Ergebnisse in diesem Jahr noch auf der Arbeit von Abiteboul basieren. Man wird dann im nächsten Jahr sehen, wie sich die neue Struktur auswirkt. Für das Werksteam wird 2022 enorm wichtig werden. Man hat alle Ressourcen, man hat in Enstone eine der besten Mannschaften der Serie und man hat zwei gute Fahrer. Zudem hat man sehr viel Zeit gehabt, sich auf die neuen Chassis einzustellen. Es muss also deutlich besser werden. Ferrari muss das Ziel sein.
Überraschend war sicherlich, wie schnell Fernando Alonso nach zwei Jahren Pause in einem neuen Team zu seinem Speed gefunden hat. Er benötigte fünf Rennen, um sich einzufinden und zeigte danach Leistungen, die man von ihm kennt. Sein bemerkenswertester Auftritt war sich das Rennen in Ungarn, als er Lewis Hamilton rundenlang hinter sich halten konnte. Das rettete Alpine am Ende mit ziemlicher Sicherheit den Sieg.
Alonso ist hoch motiviert und hat nichts von seiner Brillianz verloren. Das sieht man vorwiegend in den Rennen. In der Quali hatte er hier und da Schwierigkeiten. Das Trainingsduell gegen Ocon ging unentschieden aus, in Sachen Punkte lag der Spanier allerdings knapp vorne (81 vs. 74). Da war allerdings auch der überraschende Sieg von Ocon bei. Aber von seinem Biss hat Alonso nichts verloren.
Das nordete dann ein wenig Esteban Ocon ein. Ich weiß immer noch nicht so richtig, für wie gut ich den Franzosen halten soll. Einerseits war da seine brillante Fahrt in Ungarn, als er Sebastian Vettel im leicht schnelleren Aston hinter sich halten konnte. Andererseits waren da auch einige Rennen, in denen er völlig im Schatten von Alonso stand. Seine Leistungen waren etwas wechselhaft, was aber nicht unbedingt immer an ihm lag. Schaut man auf die Rennergebnisse, verlor er das Duell gegen seinen Teamkollegen nur 10:11. Die beiden sind also recht ähnlich unterwegs.
Warum man dennoch den Eindruck hat, dass Alonso besser ist? Es mag daran liegen, dass der Spanier die Ergebnisse erzielen konnte, nachdem er zwei Jahre Pause gemacht hat. Es mag auch sein, dass man Alonso einfach stärker auf dem Schirm hat, weil er den größeren Namen hat. Nach dem Rennen sieht meist auch eher das Interview mit dem Spanier und nicht mit Ocon.
Renault/Alpine glaubt jedenfalls an den Esteban Ocon, denn man seinen Vertrag frühzeitig um drei weitere Jahre verlängert. Man sieht in Ocon die Zukunft und hofft vermutlich darauf, dass man in ein oder zwei Jahren ein Top-Team ist. Dann dürfte man entweder wenig Probleme haben einen Ersatz für Alonso oder Ocon zu finden.
Bilder: Alpine