Der Aufwärtstrend von McLaren setzte sich auch in diesem Jahr fort. Das Team hat sich endlich als Verfolger der beiden Top Teams etabliert.
McLaren kann mit der Saison 2021 durchaus zufrieden sein. Zwar verlor man den Kampf um Platz 3 in der Team-WM gegen Ferrari am Ende doch deutlich, aber Platz 4, und das mit deutlichem Abstand zu Alpine, ist ein Erfolg. Die Veränderungen, die vorwiegend auf die Initiative von Zak Brown zurückzuführen sind, haben ihre Wirkung gezeigt. Andreas Seidl und James Key sind sicher die Schlüsselfiguren, die zum Wiederaufstieg des zweitältesten Teams in der Weltmeisterschaft beigetragen haben. Auch scheinen sich die finanziellen Probleme aus dem letzten Jahr etwas gelindert zu haben.
Das leicht überarbeitete Chassis aus dem letzten Jahr hatte allerdings noch so seine Schwachstellen. Vor allem in mittelschnellen Kurven fehlte es an Antrieb und mechanischen Grip. Auf anderen Strecken lief es dagegen bestens, wie man beim Doppelsieg in Monza gesehen hat. In Sachen Topspeed gehörte man zu den Besten im Feld. Die grundsätzlichen Probleme konnte man in diesem Jahr zwar nicht beheben, aber das war auch nicht geplant. Stattdessen war es dem Team wichtig zu verstehen, welche Fehler man intern bei der Entwicklung gemacht hat und wie man das abstellen kann. Seidl betonte dies mehrfach im Laufe des Jahres.
Wie gut das Team für die kommende Saison aufgestellt ist, lässt sich aber schwer sagen. Haben die strukturellen Veränderungen, die man in letzten zwei Jahren vollzogen hat, alle Probleme beseitigt? Steht die Finanzierung des Teams, das abhängig von den arabischen Mehrheitsbesitzern ist? Wenn McLaren beide Fragen mit „Ja“ beantworten kann, dann dürften sie 2022 mit vorne dabei sein. Vorausgesetzt natürlich, man hat sich beim Design nicht verhauen. Aber da bin ich zuversichtlich, denn mit Seidl und Key hat man zwei ausgewiesene Experten im Team, die außergewöhnliche Lösungen finden können.
Dass man am Ende Ferrari unterlegen war, dürfte finanziell ein wenig schmerzen, aber auf der anderen Seite war auch klar, dass Ferrari nicht in dem selbst verschuldeten Loch hängen bleiben würde. Finanziell stehen die Italiener sowieso besser dar. Von daher war es schon eine hervorragende Leistung von McLaren, dass man Ferrari bis ins letzte Drittel der Saison so sehr unter Druck setzen konnte.
Auf der Fahrerseite waren die Probleme von Daniel Ricciardo natürlich enttäuschend. Sicher ist es nicht leicht das Tempo von Lando Norris zu halten, der zudem mittlerweile eng mit dem Team verwachsen ist. Aber die Eingewöhnungszeit von Ricciardo war zu lang. Mal abgesehen von seinem grandiosen Sieg in Monza, blieb er bis auf die letzten Rennen blass. Sein Problem war, dass er seine spezielle Fahrweise als extremer Spätbremser nicht mit dem McLaren umsetzen konnte, weil das Chassis ihm dies nicht erlaubte. Er verlor primär in den kurvenreichen Sektoren massiv Zeit auf Norris, der früher bremst und so mehr Schwung aus der Kurve rausnimmt. Da das Einlenkverhalten des McLaren etwas zickig ist, musste Ricciardo seine Fahrweise komplett umstellen.
Das gelang dem Australier nicht wirklich, was auch auf seine fahrerischen Limitierungen hinweist. Seine aggressive Fahrweise passte zum Renault, aber nicht zum McLaren und anders als Alonso oder Hamilton fällt es ihm schwer seinen Stil anzupassen. Was nicht bedeutet, dass er es nicht kann, aber er braucht eben länger und ist dann auch nicht ganz so gut. Seine Probleme vor allem in der Quali wurden dann im Rennen verstärkt, weil er immer weiter hinten starten musste, was seine Rennstrategie stark beeinflusste. Deutlich wird das, wenn man seine Top Ten Ergebnisse mit seinem Teamkollegen vergleicht. Während bis auf zwei Rennen immer Punkte sammeln konnte, verfehlte Ricciardo dieses Ziel neunmal. Das ist vor allem auf seine schlechteren Startpositionen zurückzuführen.
Lando Norris hatte dann dementsprechend eine hervorragende Saison. Insgesamt stand er viermal auf dem Podium, sein bestes Ergebnis war der zweite Platz in Monza. Den Sieg hätte Norris verdient gehabt, aber wir wissen alle, dass das nur eine Frage der Zeit ist, bis ihm das gelingt. Der Brite ist in diesem Jahr deutlich gereift. Seine Fehlerquote tendiert gegen Null, seine Qualifiaktionen sind ausgezeichnet und seine Renneinteilung kann sich mittlerweile auch sehen lassen. Mal abgesehen vom reinen Speed erinnert noch wenig an den Newcomer Norris. McLaren weiß, dass man mit Norris einen zukünftigen Sieger und Weltmeisterschaftskandidaten im Team hat.
Bilder: McLaren