Die GTs stellen etwas mehr als die Hälfte aller Starter in diesem Jahr. Verzichten müssen wir allerdings auf die GTE-Klasse.
Die GTE-Klasse in der IMSA ist Geschichte. Das kommt jetzt nicht sonderlich überraschend, nachdem es außer den Corvette keine Werkswagen mehr in der GTLM gab. Die IMSA hatte lange überlegt, was man nun machen soll. Es gab unter anderem die Idee einer GT3+-Klasse, was man aber wieder verworfen hat, nachdem die Hersteller abgewunken hatten. Am Ende entschied man sich dafür, die GTD-Klasse in eine reine Pro- und Semi-Pro-Klasse zu trennen. Die Autos selbst sind identisch und beide Klassen teilen sich eine BoP. Während aber in der Pro reine Platin-Besetzungen möglich sind, muss man in der Amateur-Klasse mindestens zwei Silber- oder einen Silber- sowie Bronze-Fahrer einsetzen. Die Quali in der GTD muss auch zwingend durch einen Bronze- oder Silber-Fahrer erfolgen. Bei den Minimum-Fahrzeiten gibt es dann wieder keine Unterschiede, man muss mindestens 4 Stunden und 30 Minuten im Auto sitzen, wobei die maximale Fahrzeit vier Stunden innerhalb von sechs Stunden beträgt. Starten Silber- oder Bronze-Piloten auf zwei Autos, können sie die Minimum-Fahrzeit auf zwei Autos verteilen, müssen aber in jedem Auto mindestens zwei Stunden und 15 Minuten verbringen.
Ich war etwas skeptisch bezüglich der GTD-Pro. Angesichts der wirtschaftlichen Lage vieler Teams war ich nicht sehr zuversichtlich, dass sich viele Teams eine reine Platin-Besetzung erlauben. Doch für Daytona sind 13 Autos gemeldet, was eine stattliche Zahl ist. Das zeigt, dass es doch etliche gut betuchte Teams gibt, oder zumindest welche, die auf die Unterstützung einer Marke setzen können. Werksseitig gibt es auch vier neue Autos. GM hat die Corvette zum Quasi-GT3 gestutzt und BMW kommt mit dem neuen M4. Risi übernimmt zudem mal wieder den Einsatz des F488. Aber der Reihe nach.
GTD-Pro
Als erste Nennung in der Starterliste fällt sofort die #2 von KCMG auf. Das Team von Paul Ip aus Hongkong tritt zum ersten Mal mit einem GT3 in Daytona an, hat aber natürlich jede Menge Erfahrung aus den Auftritten in Le Mans und bei den 24h vom Ring. Man kann davon ausgehen, dass das Team sehr gut vorbereitet nach Florida gereist ist und die Auswahl der Fahrer zeigt auch, dass man auf einen Sieg abzielt. Laurens Vanthoor, Patrick Pilet, Dennis Olsen und Alex Imperatori gehören zu den Besten ihres Fachs.
Überhaupt ist Porsche, obwohl als Werk ja nicht vertreten, recht präsent in der Pro. Die IMSA-Meister des Vorjahres, Pfaff Motorsports, haben sich weitere Porsche-Werksfahrer gesichert. Die GT3-Könner Matt Campbell und Mathieu Jaminet werden den 911 durch die Steilkurven hauen. Unterstützt werden sie von Porsche-Neuzugang Felipe Nasr. Einen vierten Fahrer gibt es bei Pfaff in diesem Jahr nicht.
Dann wäre da noch der werksunterstützte WeatherTech-Porsche. Die haben als einziges Team in der Pro keinen Platin-Fahrer gemeldet, dafür aber drei Gold-Piloten am Start: Julien Andlauer, Matteo Cairoli und Alessio Picariello. Wer letzteren nicht kennt und sich wundert, warum der Gold ist: Der Belgier ist sehr erfolgreich in diversen GT-Serien unterwegs und hat 2020 die GTE-Meisterschaft in der ELMS gewonnen. Dazu kommt im Team noch Cooper MacNeil. Warum der immer noch als „silber“ eingestuft ist, weiß auch nur die FIA.
Die Corvette ist nun als Quasi-GT3 unterwegs, wird aber noch von Problemen geplagt. Was allerdings ein wenig an der BoP zu liegen scheint. Da die IMSA vorsichtig war, mangelt es wohl an Topspeed. Wie immer sind kurzfristige Änderungen nicht ausgeschlossen, aber da man bei der IMSA aus den letzten Jahren gewohnt ist, dass die Corvette-Mannschaft in den Trainings- und Quali-Sessions gerne mauert, wird man sich nicht so schnell überlisten lassen. Besetzt sind sie mit den Werksfahrern Garcia, Jordan Taylor und Catsburg (#3) sowie Milner, Tandy und Sorensen (#4).
BMW bringt den nagelneuen M4 GT3 nach Daytona und man kann schon jetzt sagen, dass das Auto stark ist. Die Münchner haben auf Marketing-Entscheidungen wie beim M8 verzichtet und ein passendes Modell aus der Palette genommen. Eingesetzt wird das Auto weiterhin vom Rahal-Letterman-Lanigan-Team, das von BMW breit unterstützt wird. In der #24 sitzen Philipp Eng, Marco Wittmann, Nick Yelloly und Sheldon van der Linde. Die #25 bewegen Connor de Phillippi, John Edwards, Augusto Farfus und Jesse Krohn. In der Quali zeigten sich die BMW eher im Mittelfeld, aber da würde ich das Rennen mal abwarten wollen.
Von Mercedes gibt es ebenfalls zwei Autos in der Pro, allerdings nicht mit klar definierter Werksunterstützung. Da hält sich Daimler ja in Amerika traditionell eher bedeckt. Dafür gibt es zwei ungewöhnliche Team-Konstrukte, die auf den GT3 setzen. Proton USA hat sich eine bunte Mannschaft aus Dirk Müller, Patrick Assenheimer und Austin Cindric zusammengestellt. Proton USA #2 aka WeatherTech setzt neben dem Porsche ebenfalls auf AMG. Hier sitzen Jules Gounon, Maro Engel, Daniel Juncadella (Daimler-Werkspersonal) und noch einmal Cooper MacNeil am Steuer. Die Chancen der AMG auf den Gesamtsieg sollte man nicht unterschätzen. Das Fahrzeug hat im letzten Jahr gewonnen.
Dabei ist in diesem Jahr mal wieder der Risi-Ferrari. Teambesitzer Guiseppe Risi liegt ja in einer Art Dauer-Clinch mit der IMSA wegen der BoP, aber da Ferrari ab 2023 wieder auf der Langstrecke antreten möchte, benötigt man auch Fahrzeit für die vermutlichen Werkspiloten. Mit Pier Guidi, Calado, Serra und Rigon hat man eine extrem schnelle und erfahrene Mannschaft für das Rennen am Start. Der F488 ist allerdings, EVO hin oder her, etwas in die Jahre gekommen. Der Ferrari 296 GTB wird 2023 nachfolgen, weswegen man auch auf ein weiteres Update-Paket beim F488 verzichtet hat.
Abgerundet wird die Klasse von einem Lexus von Vasser Sullivan, einem Lambo von TR3 Racing und einem Aston Martin, der von Heart of Racing eingesetzt wird.
GTD
Dass der am Ende bestplatzierte GT3 aus der GTD-Pro kommen wird, ist alles andere als ausgemacht. Auf dem Papier sollten die reinen Pro-Mannschaften einen Vorteil haben. Aber wie immer kann man bei den Fahrerbesetzungen auch ein wenig tricksen. Die GTD stellt 22 Autos, was etwas viel für eine gesamte Betrachtung aller Teams ist. Deswegen konzentriere ich mich in der Vorschau auf die vielversprechenden Teams.
Der zweite Vasser Sullivan Lexus gehört schon zu jenen Autos, die man auf dem Schirm haben muss. Die haben eine fast perfekte Semi-Amateur-Mannschaft zusammengestellt. Frankie Montecalvo und Richard Heistand sind die „Amateure“, die man nun seit Jahren mit hervorragenden Leistungen aus den GT-Serien kennt. Dazu kommen die Profis in Form von Aaron Telitz und Townsend Bell. Wenn die BoP für den Lexus stimmt, ist das ein Kandidat für den Sieg in der Klasse.
AF Corse bringt ebenfalls ein interessantes Line-up an den Start. Alt-Meister Toni Vilander teilt sich den Ferrari mit Nicklas Nielsen. Dazu kommen der Nachwuchspilot und letztjährige Meister der italienischen GT-AM Simon Mann und der sehr erfahrene Gentleman-Drive Luis Perez Companc, der als Bronze eingestuft ist. Was angesichts seiner Leistungen auch etwas grenzwertig ist. Aber Companc startet nur noch selten, von daher ist es den Zahlen nach gerechtfertigt. Aber der Ferrari sollte ein Podium anpeilen können.
Magnus Racing setzt einen Aston Martin ein, der ebenfalls top besetzt ist. John Potter, Andy Lally, Spencer Pumpelly und Jonathan Adam dürften zusammen eine sehr ausgewogene und zügige Mannschaft sein. Auch hier gibt es wieder kleine Fragezeichen bei der Fahrereinstufung. Potter ist Bronze und Teambesitzer von Magnus, aber recht erfolgreich. Ein zweiter Platz in der GTD beim Rennen in Daytona vor zwei Jahren unterstreicht das deutlich. Mit 39 Jahren gehört er jetzt auch nicht zu den „alten“ Amateuren im Feld.
Winward Racing, das im letzten Jahr das Rennen gewinnen konnte, sollte man ebenfalls auf der Rechnung haben. Der AMG GT3 geht dank der BoP weiterhin gut, und Winward verzichtet auf den Einsatz eines Platin-Fahrers. So kann man zwei Gold- und zwei Silber-Piloten ins Autos setzen. Russell Ward und Mikael Grenier geben die Silber-Piloten, Philip Ellis und Lucas Auer sind gold. Ward, Grenier und Ellis haben letztes Jahr gewonnen, neu ist nur Lucas Auer, der bekanntermaßen nicht gerade langsam ist. Wenn die BoP passt, müsste der Mercedes wieder hervorragende Chancen haben.
Auch der SunEnergy 1 AMG GT3 müsste wieder vorne dabei sein. Kenny Habul, Luca Stolz, Fabian Schiller und Raffaele Marciello sind erfahren, schnell und machen wenig Fehler. Schon im letzten Jahr waren sie lange in den Top 3 unterwegs und das sollte auch in diesem Jahr möglich sein.
Aber die Konkurrenz ist hart. Auf dem für die GTD genannten M4 GT3 sitzen Bill Auberlen, Jens Klingmann, Robby Foley und Michael Dinan am Steuer. Dinan war 2020 Meister der US-GT4-Serie. Damit hat der BMW, der von Turner Motorsport eingesetzt wird, eine sehr gut Besetzung gefunden und sollte gute Chancen haben.
Als letzte Nennung möchte ich den Aston Martin von Paul Dalla Lana erwähnen. Der Kanadier ist weiterhin nur als Bronze eingestuft, was seiner Erfahrung nicht gerecht wird. Das erlaubt ihm dann allerdings in die Vollen zu gehen. Als Mitstreiter konnte er David Pittard, Charlie Eastwood und Nikki Thiim gewinnen. Das bringt den Aston ganz nach vorne in die Riege der möglichen Sieger. So denn Dalla Lana das Auto ganz lässt.
Vor Überraschungen ist man in der Klasse ja nie gefeit, wie man im letzten Jahr gesehen hat. Daher mag es noch ein paar Teams geben, die im Rennen vorne liegen könnten, ich aber hier nicht erwähnt habe. Grundsätzlich wird die Klasse von enormen Positionsverschiebungen, vor allem im Bereich der Top 10, geprägt werden. Je nachdem, welcher Amateur halt gerade von welchem Team eingesetzt wird.
Die Amateure können das Rennen auch dann entscheiden, wenn sie nicht gut unterwegs sind. Die Chance, dass bei 61 Autos beim Überrunden was schiefgehen kann, ist nicht gering. Vor allem das Überholen der Pro-Fahrer wird schwierig, da die Autos ja alle mit einer BoP unterwegs sind. Auf den Geraden kommt man also nicht so einfach vorbei und so viele Anbremspunkte für ein Manöver gibt es auch nicht. Jedenfalls nicht da, wo es auch genug Platz gibt. Das wird im Rennen für Probleme sorgen und, wenn es richtig schlecht läuft, für viele Unterbrechungen.
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