Die neue Saison startet mit einigen Überraschungen. Nicht unbedingt, was den Sieger angeht, aber die Reihenfolge dahinter.
Die Erwartungen waren hoch bei allen Teams und es war klar, dass es nach dem Rennen bei einigen lange Gesichter geben würde. Auch dass das die Reihenfolge im Mittelfeld sich ändern würde, hatte man erwartet. Aber auch hier zeigte Bahrain einige Überraschungen. Die Formel Eins bekam also das, was man sich von den neuen Regeln erhofft hatte – auch was die neue Aerodynamik angeht. Es zeigte sich, dass man in den Kurven wieder etwas näher am Gegner bleiben kann. Was im Übrigen das DRS noch stärker macht und hier wird die FIA überlegen müssen, ob man die DRS-Zonen nicht wieder verkürzt.
Dass Ferrari am Ende einen Doppelsieg einfahren konnte, war so nicht zu erwarten. Denn Red Bull war während des gesamten Wochenendes mit Ferrari auf einem Niveau. Was mich persönlich daran am meiste fasziniert, ist die Tatsache, dass das mit zwei grundverschiedenen Philosophien beim Aero-Design passiert. Die beiden Teams haben völlig unterschiedliche Ansätze gewählt und liegen am Ende innerhalb von ein oder zwei Zehntel. Dass Ferrari in Bahrain die Oberhand hatte, muss nicht bedeuten, dass das auch in einer Woche in Saudi-Arabien der Fall ist. Da haben wir eine andere, deutlich schnellere Strecke und da kann die Welt schon wieder anders aussehen.
Aber Ferrari war in den letzten Wochen fehlerlos unterwegs. Seitdem sie die ersten Runden in Barcelona gedreht haben, läuft es für die Scuderia. Es gab keine technischen Probleme, das Auto war von Anfang an schnell und anders, als bei den anderen Teams, hat Ferrari in Bahrain keine (zumindest sichtbare) große Änderungen am Auto vorgenommen. Das zeigt, wie sicher sich Ferrari von Anfang über das aerodynamische Konzept war. Statt Problemzonen zu bearbeiten, kann sich Ferrari voll und ganz auf die Weiterentwicklung konzentrieren. Da hat man schon mal einen deutlichen Vorteil vor allen anderen Titel-Konkurrenten.
Im Rennen sah es die ganze Zeit so aus, als habe Leclerc die Sache vor Verstappen im Griff. Zwar nur mit einem äußert knappen Vorsprung, aber dennoch. Gleichzeitig konnte der Weltmeister nicht wirklich angreifen. Die einzige Gelegenheit ergab sich nach dem ersten Stopp, als Red Bull es mit einem Undercut versuchte. Tatsächlich eliminierte Verstappen einen Vorsprung von fast drei Sekunden zu egalisieren. Daraus entwickelte sich ein sehr schöner Kampf um die Spitze zwischen Leclerc und Verstappen, die sich in drei Runden gleich mehrfach überholten. Das spricht für die neuen Autos und das sprach auch für die Fairness zwischen beiden Fahrern. Am Ende setzte sich Leclerc durch und konnte sich dann auch wieder ein paar Sekunden absetzen.
Für Red Bull kam es dann am Ende des Rennens aber knüppeldick. Verstappen kämpfte in den letzten Runden mit einer immer schwergängigeren Lenkung, was auf ein Hydraulikproblem hindeutete. Dann ging sein Motor, bzw. seine Elektrik ein und er musste das Auto abstellen. Zeitgleich berichtete Perez davon, dass der Motor an Leistung verlor und zum Entsetzen der Red Bull Box fiel er in der letzten Runde dann auch noch aus. Null Punkte und vielleicht schon Motorenwechsel nach dem ersten Rennen. Der unter dem Red Bull Label laufende Honda-Motor hatte keinen guten Start. Zumal auch noch Gasly mit einem Brand im Motor ausfiel. Drei von vier Honda waren also am Ende raus.
Es waren am Ende gute Nachrichten für Mercedes, die am Wochenende, wie erwartet, nicht um den Sieg kämpfen konnten. Das neue, revolutionäre Auto, ist hochkomplex und man hat noch viel Arbeit vor sich. Das Propoising ist dabei nur ein Problem. Toto Wolff berichtete, dass das zu viel „Drag“ also zu viel Abtrieb haben würden, was einerseits das Porpoising erklärt, andererseits die mauen Rundenzeiten. In der Quali blieb nur P5 für den Briten und dabei lag er nur knapp vor dem erstaunlichen Bottas in dem ebenso erstaunlichen Alfa. Im Rennen lief es auf den Soft zunächst gar nicht so schlecht, aber der Reifenverschleiß bei Mercedes war höher, als bei den anderen Teams. Wird ebenfalls mit den Problemen bei Abtrieb zusammenhängen. Eine wirkliche Chance auf ein Podium hatte Mercedes nicht, was für das Team extrem enttäuschend sein muss. Ob man die Probleme mit dem Chassis schnell in den Griff bekommen kann, ist auch nicht klar.
Allerdings gibt es auch die ersten Fragezeichen hinter dem Mercedes-Motor. Denn mal abgesehen vom Werksteam, landeten alle anderen Team, die auf den Mercedes-Motor setzten, auf den letzten Plätzen. Das ist dann zumindest schon etwas auffällig und Toto Wolff wich Fragen danach auch komplett aus. Das kann natürlich damit zusammenhängen, dass McLaren, Aston Martin und Williams schlechte Autos haben. Und dass Mercedes zu Beginn des Rennens an der Spitze dran bleiben konnte, spricht auch eher gegen Probleme mit dem Motor.
Aber schlechter hätte die Saison für die drei genannten Teams nicht starten können. Von Williams hatte man nicht viel erwartet und dass Albon es in Q2 schaffte, war schon ein kleiner Erfolg für das Team. Aber richtig schief dürfte der Haussegen bei McLaren und Aston Martin hängen. Beide Teams waren in Barhain komplett chancenlos und nur Lando Norris gelang der Sprung in Q2. Aber seine beste Runde war immer noch 1,4 Sekunden langsamer als die von Pole-Sitter Leclerc. Bei Aston sah es noch schlimmer aus. Vettel-Ersatz Nico Hülkenberg fehlten als bester Aston 2,2 Sekunden auf die Pole.
Selbst wenn man die Ferrari, Red Bull und Mercedes mal rauslässt, sieht es nicht viel besser aus. Bei McLaren fehlten 0,5 Sekunden auf Bottas im Alfa, der in der Quali „best of the rest“ war. Bei Hülkenberg waren es 1.2 Sekunden. Selbst, wenn Vettel vielleicht noch ein, zwei Zehntel rausgeholt hätte, wäre die Situation nicht wahnsinnig viel besser. Selbst zum erstaunlichen Kevin Magnussen in seinem Haas fehlten noch fast eine Sekunde.
Das ist für beide Teams schon ein katastrophaler Start in die Saison. Beide Autos funktionieren nicht, was auch bedeutet, dass man das Konzept neu überdenken muss. Bei McLaren scheint man dem Fehler, der wohl im Frontbereich liegt, auf der Spur zu sein, aber bei Aston Martin ist man sich noch darüber im Unklaren, was das Problem ist. Dass Aston eventuell Probleme haben könnte, kommt vielleicht nicht so überraschend, wie das bei McLaren der Fall ist. Die hätten, mit einem guten Budget und einem neuen Design-Team vorne sein müssen, um eventuell sogar um P3 zu kämpfen. Stattdessen muss man jetzt erst mal schauen, dass man wieder ins Mittelfeld rutscht.
Aber rosig wird die Stimmung bei Lawrance Stroll nicht sein. Ob es am Ende auch die beste Idee war im letzten Jahr Otmar Snafzauer zu ersetzen, ist dann auch so eine Frage. Das soll keine Kritik an Mick Krack sein, der seinen Job ja erst gerade angetreten hat, aber ein Führungswechsel in der Winterpause ist vielleicht so glücklich. Aston sagt dass man durch das Porpoising ungefähr 0,5 Sekunden verliert, aber die Spurensuche dürfte angesichts des Rückstand länger dauern. Das Feedback von Nico Hülkenberg wird sicher etwas helfen, aber da der Deutsche kaum Erfahrung mit den neuen Autos hat, dürfte sein Input eher schmal sein. Immerhin war sein Einsatz nicht so schlecht, angesichts der Tatsache, dass er noch nicht mal einen angepassten Sitz hatte.
Die Gewinner des Rennens waren aber Haas und Alfa Romeo. Beide schafften zumindest mit einem Auto den Sprung nach Q3, was an sich schon ein Erfolg ist. Aber die Position konnte man auch im Rennen halten. Vor allem Bottas fuhr ein starkes Rennen. Sein sechster Platz aus der Quali verlor er im Tumult am Start und fiel auf P14 zurück. Aber von da aus arbeitete sich der Finne langsam, aber sehr flott nach vorne. Auch vor dem Doppelausfall der Red Bull lag er wieder in den Punkten. Was deutlich für die Qualitäten und das Potenzial des Autos spricht. Ich hatte Alfa sicher nicht so stark erwartet und Teamkollege Zhou es auf P10 geschafft hat, spricht auch für das Team.
Aber die größte Comeback-Story des Rennens gehört Haas und Kevin Magnussen. Der Däne sicherte nicht nur Q3, sondern auch P5 im Rennen und damit war man „best of the rest“ selbst ohne den Ausfall der beiden Red Bull ist das ein sensationelles Ergebnis. Haas, und hier hauptsächlich Günter Steiner, haben etwas geschafft, was man wirklich nur selten sieht. Ein Team, das zwei Jahre mehr oder weniger am Boden lag, zusammenzuhalten und zu motivieren, ist schon eine gehörige Arbeit.
Der Einstand von Magnussen ist ebenfalls nicht hoch genug einzuschätzen. Er kam nach einem Jahr Pause, ohne jegliche Vorbereitung und ohne eine Testrunde ins Team und hat sofort Punkte geholt. Dass Magnussen schnell ist, war vielen klar, aber das war schon eine besondere Leistung. An der primär Mick Schumacher zu knabbern haben wird. Magnussen bügelte den Deutschen in der Quali um 5 Zehntel und sah im Rennen auch deutlich besser aus. Schumacher war selten in der Lage, sich in Szene zu setzen. Es dürfte für ihn sehr wichtig sein, dass er in diesem Jahr Magnussen schlagen kann oder zumindest gleichwertig ist.
Es war ein guter Start für die Formel Eins in eine neue Ära. Die Autos und die Aero funktionieren, so wie man sich das vorgestellt hat. Das Überholen scheint leichter geworden zu sein, auch wenn man da noch mal abwarten muss, bis die Serie auf einer Strecke mit mittel schnellen Kurven unterwegs ist. Imola wird ein Gradmesser sein. Man kann auch davon ausgehen, dass es während der Saison noch erhebliche Verschiebungen in der Rangfolge geben wird. Es wird alles davon abhängen, wie schnell die Teams ihre Entwicklungen verstehen und wie leicht die Lösungen sein werden. Die Budgets sind begrenzt, was die Sache nicht leichter macht.
Eine weitere Erkenntnis ist, dass die schwereren Autos in Kombination mit den schwereren Rädern den Reifenverschleiß deutlich erhöhen. Die Wahl in Bahrain lag zwischen zwei und drei Stopps. Das haben wir schon länger nicht mehr gesehen und dürfte in diesem Jahr bei einigen Rennen noch sehr interessant werden. Es eröffnet wieder mehr Möglichkeiten bei der Strategie und auch der Undercut wird damit wieder wichtiger. Aber auch hier wird man sehen müssen, wie die Teams sich auf die neue Situation einstellen.
Für den Moment sieht es aber so aus, als würden Red Bull und Ferrari den Ton angeben und sehr eng zusammen liegen. Mercedes ist nicht weg, aber es fehlt etwas. Dahinter ist der Abstand aber leider dann wieder groß. Die Hoffnung, dass ein Mittelfeld Team wie McLaren oder Alpine vorne für Unruhe sorgen kann, hat sich leider nicht bewahrheitet.
Bilder: Ferrari, Daimler AG, HaasF1, Alpine, Alfa Romeo, McLaren, Williams, Aston Martin
1 Kommentare
Ein paar kleine Korrekturen:
Red Bull hat wohl ein Problem mit der Benzinzufuhr, insbesondere wohl mit der Lift Pump, daher sind beide Wagen dann ausgefallen, obwohl noch genug Sprit im Tank war. Bedeutet aber, dass die Motoren wohl ok sind, aber es ist ein Problem, dass RB bis Ende dieser Woche lösen muss.
K-Mag hatte durchaus Testrunden, beim Bahrain-Test war er da und ist auch gefahren. Nichtsdestotrotz starke Leistung.
Aston Martin hat wohl noch mehr Probleme, denn es hieß, dass Stroll und Hülkenberg im Rennen auch mit Lift and Coast fahren mussten, um Sprit zu sparen. Das hilft natürlich auch nicht weiter.
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