Es steht mal wieder ein neuer Austragungsort auf dem Formula E-Programm. Mercedes und sein Kundenteam Venturi reisen nach einer starken Performance beim Heim-ePrix in Berlin als Favoriten nach Jakarta.
Der Ausflug nach Indonesien ist der erste von zwei Asien-Trips des Formula E-Trosses in dieser Saison. Danach geht es nach Marrakesch (Afrika), New York, London und dann nochmal nach Seoul. Marrakesch wurde als Ersatz für Vancouver kürzlich in den Kalender aufgenommen, die Strecke dort hat die FE bereits mehrfach befahren. Ob diese Kalenderplanung im Sinne der ökologischen Botschaft der Serie Sinn macht, wollen wir hier mal nicht weiter diskutieren, zumal Marrakesch kurzfristig in den Kalender gerutscht ist. Der ePrix in Jakarta, der Hauptstadt Indonesiens, hätte eigentlich vor zwei Jahren schon erstmalig stattfinden sollen, das Debüt wurde aber wegen der Pandemie mehrfach verschoben.
Damals war auch noch geplant, auf einer Strecke um das Nationalmonument herum im Herzen der Stadt zu fahren. Da wäre auch schon ausreichend Asphalt vorhanden gewesen. Aus logistischen Gründen musste dieser Austragungsort aber verworfen werden. Nach Prüfung weiterer Optionen hat man sich für das Ancol Village entschieden. Das ist ein Küstenort, der in den letzten Jahrzehnten zu einer Art Touristenresort entwickelt worden ist. Auch hier wieder: voll im Sinne der ökologischen Botschaft der Formula E.
Man erkennt ein Thema bei diesem ePrix. Und um das Ganze noch auf die Spitze zu treiben, fährt man natürlich weitgehend nicht auf bestehenden Straßen, sondern stampft eine Art semipermanente Rennstrecke aus dem Boden – natürlich mit großzügig asphaltierten Auslaufzonen und allem Drum und Dran –, die mit 2,4 Kilometern Länge und wegen der Nähe zu den Urlaubs-Bungalows wahrscheinlich auch nur von der Formula E genutzt wird. Bis diese den Jakarta ePrix wieder aus dem Kalender streicht. Mal schauen, wie lang das Event sich hält nach den ganzen organisatorischen und politischen Fragezeichen um das Debüt und den Standort…
Next stop: JAKARTA! 😍
We can’t wait to race here. Are you ready? ⚡️#JakartaEPrix pic.twitter.com/ZDqsnUsr6J
— ABB FIA Formula E World Championship (@FIAFormulaE) May 25, 2022
Der Kurs führt übrigens um ein wunderhübsches Einkaufszentrum namens Ancol Beach City herum. Das Ganze erinnert mich sehr an einen traurigen, im Maßstab reduzierten Abklatsch des auch schon mitleiderweckenden neuen F1-Kurses in Miami. Aber – und das ist der Lichtblick: ich traue dieser Strecke gutes FE-Racing zu. Das sollte sie auch bieten, im Gegensatz zu echten Stadtkursen ist sie schließlich spezifisch für die Formula E-Anforderungen entwickelt. So kann man sowohl ein paar Überholstellen als auch technisch herausfordernde Ecken gut unterbringen. Das ist ja auch bei dem Kurs in Berlin gut gelungen.
Die Start-Ziel-Gerade ist etwa 600 Meter lang und führt in eine aufgeweitete Rechtskurve. Noch zweimal geht es – enger werdend – rechts rum, dann in einer mittelschnellen Linkskurve auf die gekrümmte Gegengerade, an deren Ende sich möglicherweise die nächste Überholmöglichkeit auftut, mit folgender eventueller Kontermöglichkeit. Nach ein paar schnelleren Bögen geht es nochmal geradeaus auf eine Haarnadel-Kehre zu, das könnte die dritte Überholmöglichkeit sein. Ein Bogen durchs Infield einschließlich der Attack Mode Activation Zone (Turn 16) beendet die Runde – hier sind die meisten Tribünen platziert, mit etwas Glück gibt es ein bisschen Motodrom- oder Foro Sol-Feeling. Aber nur ein bisschen.
Apropos Sol: das Wetter könnte eine zusätzliche Herausforderung für die Teams und die Fahrer werden: es sind Temperaturen oberhalb von 30°C angekündigt, die Luftfeuchtigkeit ist tropisch-hoch und es besteht eine ca. 25%ige Gewitter-Chance am Nachmittag.
Der Stand der WM
Nach zwei starken Rennen in Berlin kommen die Mercedes-Teams als Favoriten nach Jakarta. Zuerst ist das Werksteam mit dem Meisterschaftsführenden Stoffel Vandoorne und Nyck de Vries, der nach langer Durststrecke im zweiten Tempelhof-Lauf seinen zweiten Saisonsieg einfahren konnte, zu nennen. Aber auch das Kundenteam Venturi, und hier insbesondere Edoardo Mortara, muss man auf der Rechnung haben. In Berlin holte er einen Sieg und wurde einmal Zweiter hinter de Vries, liegt damit nun auf Rang 2 der Meisterschaftswertung. Stoffel Vandoorne wurde beide Male Dritter, sodass nur ein Podiumsplatz für einen Nicht-Mercedes-Piloten blieb, und den schnappte sich Jean-Eric Vergne im DS Techeetah.
Porsche und Jaguar, die in der Saison auch schon Siege geholt haben, bildeten das vordere Mittelfeld. Da der Kurs in Jakarta von der Charakteristik aber eher Berlin als Rom ähnelt, würde ich hier auch wieder Mercedes und Venturi vorn sehen – vorausgesetzt, die klimatischen Bedingungen stellen die Mercedes-Technik nicht vor größere Herausforderungen als andere Teams.
Die Top 5 sehen wie folgt aus, danach klafft dann auch eine größere Lücke zu Nyck de Vries:
- Stoffel Vandoorne (Mercedes EQ) – 111 Punkte
- Edoardo Mortara (Venturi-Mercedes) – 99 Punkte
- Jean-Eric Vergne (DS Techeetah) – 95 Punkte
- Mitch Evans (Jaguar) – 83 Punkte
- Robin Frijns (Envision-Audi) – 81 Punkte
In Jakarta wird nur ein Lauf gefahren (warum auch immer… egal). Der ePrix startet am Samstagmorgen um 10 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit. Bei Pro 7 (ab 09:30 Uhr) und Eurosport 2 (ab 09:00 Uhr) gibt es also bestes Motorsport-Frühstücksfernsehen.
(Fotos: Formula E Media)