Baku steht für außergewöhnliche und abwechslungsreiche Rennen. Dieses Jahr dürfte das nicht anders werden.
Die Strecke in Baku ist ein bisschen merkwürdig. Ein Stadtkurs, aber mit der längsten Geraden in der Saison. Enge, rechtwinkelige Kurven, aber auch zwei, drei ultraschnelle Ecken, die die Rundenzeit entscheiden können. So wichtig die Motorleistung und der mechanische Grip der Autos sind, der Abtrieb der Fahrzeuge ist genauso wichtig. Es ist keine leichte Aufgabe für Teams und Ingenieure, denn für die Qualifikation benötigt man ein anderes Setup, als im Rennen. Da wird dann der Top-Speed auf der Geraden entscheidend sein. Wer hier zu langsam ist, dürfte kaum eine Chance haben.
Das Thema Porpoising wird daher in Baku wieder eine größere Rolle spielen. Die meisten Teams haben das Thema einigermaßen im Griff, zumindest auf den bisherigen Strecken. Aber wie schaukelt sich das Auto auf der extrem langen Vollgaspassage in Baku auf? Werden Mercedes, Ferrari und Aston Martin hier wieder massive Probleme haben? Die Frage wird vor allem für Ferrari entscheidend sein, die im Moment gegenüber Red Bull etwas ins Hintertreffen geraten sind. Das Rennen in Monaco hat man zwar aufgrund eines eigenen Fehlers verloren, aber auch in den Rennen zuvor war Red Bull etwas besser unterwegs. Wenn Ferrari in Baku gewinnen kann, wäre das zumindest der Anfang einer Trendwende. Aber die Chancen dafür sind nicht allzu groß. Zu dominant scheint Red Bull im Moment.
Mercedes wird weiter daran arbeiten, die Lücke zu schließen. In Sachen Top Speed könnte das schlanke Konzept des Autos Vorteile haben. Aber nur, wenn es dem Team gelungen ist, das Porposing wirklich in den Griff zu bekommen. Man geht selbst davon aus, dass es mittlerweile besser geworden ist, aber weg ist es noch nicht. Wenn man wieder einen Kompromiss bei der Abstimmung machen muss, wird es schon schwieriger. Eine Chance auf den Sieg hat man im Moment generell nicht, aber Mercedes wird hoffen, dass die Updates am Auto einen Fortschritt bringen werden. Es wäre im Sinne der WM durchaus wünschenswert, wenn Mercedes sich vorne einmischen kann.
Die Plätze hinter Mercedes sind schwer einzuschätzen, aber die Tendenz spricht für McLaren, Alfa Romeo und vielleicht noch Alpine. Die Franzosen sind weiter unterhalb dessen unterwegs, was man als Werksteam erreichen sollte. Sicher, Punkte holt man regelmäßig, aber das Ziel war eigentlich ein Podium. Davon ist man weit entfernt. Fernando Alonso ist zudem weiterhin klar der bessere Pilot im Team, während Esteban Ocon nur wenige Highlights setzen kann. Man fragt sich unwillkürlich, wo das Team wäre, wenn man den Spanier nicht hätte. Ich bin aber gespannt, wo das Team in Baku sein wird. Wenn man Miami als Referenz nimmt, sollte es nicht besser werden.
Das gilt allerdings auch für McLaren, deren Auto eine kleine Wundertüte ist. Mal geht es gut, mal überhaupt nicht. Das Team war in Miami nicht vorne und eine Schwachstelle im Team, wenn es um Punkte geht, ist weiterhin Daniel Ricciardo. Die Zeichen, dass diese Saison eventuell seine letzte im Team sein könnte, mehren sich. Zuletzt sprach Zak Brown in Indianapolis davon, dass Ricciardo nicht die Erwartungen erfüllen würde. Aber welche Alternativen hat McLaren? Nyck de Vries wird genannt, aber so schnell er auch in der Formula E ist, es fehlt der Vergleich in der F1. Ein anderer Name ist Pierre Gasly, aber der hat im Moment sogar weniger Punkte als sein Teamkollege Yuki Tsunoda. Bleiben vielleicht noch Kevin Magnussen oder Valtteri Bottas. Der Finne scheint aber bei Alfa Romeo extrem zufrieden zu sein und vermutlich hat er keine Lust sich hinter Lando Norris anzustellen. Viele Alternativen zu Ricciardo hat McLaren also nicht.
Der Kampf ab P6 dürfte in Baku also interessant werden und vielleicht kann auch Aston Martin ein Wörtchen mitreden. Nachdem sehr enttäuschenden Start in die Saison, gab es zuletzt ein paar positive Signale. Aber man ist natürlich immer noch weit davon entfernt, vorne zu sein. Im Übrigen gibt es auch bei Aston Gerüchte über die Fahrerpaarung. Lance Stroll bleibt natürlich, aber was macht Sebastian Vettel? Der Deutsche äußert sich nicht, von Aston gibt es die Nachricht, dass man Vettel gerne behalten würde. Was auch mit der momentanen Situation auf dem Fahrermarkt zu tun hat.
Strategie:
Im letzten Jahr gab es Kritik an Pirelli, da es etliche Reifenschäden gab. Das hat die Italiener nicht davon abgehalten in diesem Jahr wieder auf C3, C4 und C5 zu setzen. Allerdings hat Pirelli auch die Konstruktion der Reifen verändert und Schäden haben wir in diesem Jahr bisher keine gesehen. Da man in Miami bei hohen Temperaturen keine Probleme hatte, sollte es in Baku auch gehen – wenn die Curbs denn mitmachen. In Sachen Strategie wird das entscheidend sein. Ich gehe davon aus, dass die Top 10 auf den Medium starten werden, weil die eine bessere Spannbreite bei der Strategie geben. Safety Cars gibt es in Baku schnell und hier ist dann die Frage, wann genau die kommen werden. Den letzten Stint wird man auf den C3 angehen. Viel spricht bei einem ungestörten Verlauf für eine Ein-Stopp-Strategie. Zwei Stopps wird es bei einem SC geben.