Hyundai-Pilot Tom Ingram holte sich bei den BTCC-Läufen am vergangenen Wochenende in Oulton Park zwei souveräne Siege und unterstrich damit seine Titel-Ambitionen. Auch wenn Stephen Jelley den Sieg im dritten Lauf holen konnte, waren die BMWs erstaunlich schwach unterwegs. Josh Cook behält trotz Ingrams Siegesfahrt knapp die Führung in der Meisterschaft.
Das letzte Rennwochenende in Thruxton war für Tom Ingram mit einem sechsten Platz als bestes Resultat eher mäßig verlaufen und der Hyundai-Pilot verlor nicht nur die Führung in der Meisterschaft, sondern fiel auch bis auf den vierten Platz hinter Josh Cook, Ash Sutton und Colin Turkington zurück.
In Oulton Park meldete sich Ingram nun eindrucksvoll mit der Pole Position zurück, der er am Rennsonntag sogleich einen niemals gefährdeten Sieg im ersten Lauf des Tages folgen ließ. Ein wenig profitierte Ingram dabei, dass der von Platz zwei gestartete Rory Butcher keine gute Rennpace fand und die schnelleren Verfolger in Form von Ash Sutton, Gordon Shedden und Colin Turkington mehrere Runden aufhielt. Erst gegen Rennende fanden Sutton und Shedden einen Weg vorbei am Toyota-Piloten, der daraufhin immerhin noch Turkington bis zur Zielflagge hinter sich halten konnte.
Ingram vor Sutton und Shedden lautete also zunächst der Zieleinlauf des ersten Laufs. Doch die Freude über den dritten Platz währte für Honda-Pilot Shedden nur kurz. Nach Rennende brummten die Rennkommissare ihm eine Zeitstrafe auf, die ihn auf den sechsten Platz im Endklassement zurückwarf. Shedden hatte in der vierten Runde ausgangs Dear Leap eine Attacke gegen Adam Morgan – mit Startplatz vier bestplatzierter BMW in der Quali und auf klarem Kurs zu einem Podiumsplatz – probiert, war dabei aber bei weitem nicht ausreichend neben dem BMW, so dass Morgan beim Verteidigen mit Sheddens Frontstoßstange kollidierte und ziemlich heftig in die Leitplanken kurz vor dem Boxengasseneingang einschlug.
Somit erbte also Rory Butcher den dritten Platz von seinem Schwager und holte damit immerhin einen Podiumsplatz beim Heimrennen für das unweit des Oulton Park Circuit beheimatete Speedworks-Teams. Hinter dem viertplatzierten Turkington folgte Dan Cammish, dann der strafversetzte Shedden und schließlich Dan Lloyd. Ingrams Teamkollege Lloyd hatte mit Startplatz drei sein bis dato bestes Qualifying-Ergebnis, musste nach einer misslungenen Attacke auf Butcher aber zunächst Sutton passieren lassen und fiel schließlich weitere Positionen zurück.
Josh Cook, nach seinen Doppelsiegen in Brands Hatch und Thruxton als Meisterschaftsführender nach Oulton Park gereist, sah hinter Lloyd auf Platz acht die Zielflagge. Dem Honda-Piloten stand als Gesamtführender in der Quali und im Rennen keine Hybridleistung zur Verfügung und wie sich herausstellte ist Oulton Park mit dem Herausbeschleunigen aus Cascades in Richtung Hairpin und dann aus der Hairpin heraus über Hilltop eine Strecke, auf der die Hybrid-Zusatzleistung einen enormen Nutzen hat. Hinter Cook komplettierten Dan Rowbottom und Ricky Collard, der sein erstes Punkte-Resultat seit dem Saisonauftakt einfuhr, die Top Ten.
Im zweiten Lauf hatte Tom Ingram dann zwar das gesamte Rennen über den Ford von Ash Sutton formatfüllend im Rückspiegel, der amtierende Champion fand aber keine Gelegenheit für eine ernsthafte Attacke und begnügte sich mit dem zweiten Platz hinter Ingram, der auf Saisonsieg Nummer zwei sogleich Saisonsieg Nummer drei folgen ließ und obendrein kurzzeitig die Führung in der Meisterschaft zurückeroberte. Dahinter hatte sich Colin Turkington in der achten Runde den dritten Platz von Rory Butcher erobert und komplettierte am Ende das Podium.
Hinter Butcher, Shedden und Cammish auf den Plätzen vier, fünf und sechs kreuzte Jake Hill die Ziellinie. Der BMW-Pilot mit Meisterschaftsambitionen erlebte bis dato ein eher schwieriges Rennwochenende, an dem das Auto nie so richtig gut liegen wollte. Generell hatten die BMWs in Oulton Park mit schwer auf Temperatur zu bringenden Reifen zu kämpfen. Mit ursächlich für Hills mäßige Performance war aber auch eine Kollision zwischen ihm und Tom Chilton im Qualifying, die ihm durch den entstandenen Schaden einen letzten Shot in der Quali verhinderte. Von Startplatz 15 ging es dann im ersten Lauf nur bis auf den 13. Platz nach vorne, bevor dann im zweiten Lauf der angesprochene achte Platz heraussprang. Dan Lloyd, Josh Cook und erneut Ricky Collard komplettierten hinter Hill die Top Ten.
Der dritte Lauf, der mit Stephen Jelley und Aiden Moffat in der ersten Startreihe eine maximal umgedrehte Startaufstellung bot, erlebte dann nach nur wenigen hundert Metern den bislang heftigsten Crash der diesjährigen Saison. Kurz nach der Kuppe von Hilltop gerieten Dan Lloyd und Ricky Collard aneinander, wodurch Lloyds Hyundai unkontrolliert abflog, heftig in die Leitplanken einschlug und schließlich zurück ins Feld geschleudert wurde, das dicht gepackt mit Vollgas über die Kuppe kam.
Einige Autos konnten zwar ausweichen, aber Colin Turkington hatte keine Chance und krachte mit hohem Tempo in Lloyds Hyundai, der dann auch noch noch ein drittes Mal von Michael Crees touchiert wurde. Nach einigen bangen Minuten stiegen aber sowohl Turkington als auch Lloyd mehr oder weniger aus eigener Kraft aus ihren Autos aus. Die Folgen für Lloyd könnten aber bitter sein: Nicht nur zog sich der Hyundai-Pilot Lungenquetschungen zu, die einen Start nächste Woche in Croft fraglich machen. Auch das Auto ist komplett hinüber und über der Frage, ob es überhaupt wieder aufgebaut werden kann, schwebt der Umstand, dass das ohnehin knappe Saison-Budget von Lloyd durch den Unfall nun komplett aufgebraucht sein könnte. Wir können also nur die Daumen drücken, dass neben einer schnellen Genesung auch die Saison des talentierten BTCC-Siegers gerettet werden kann.
Durch den Unfall war dann nicht nur Colin Turkington als Meisterschaft-Kandidat aus dem Rennen, Tom Ingram und Ash Sutton rodelten beim Versuch dem Unfall auszuweichen in die Wiese und fielen mit Gras-verstopften Kühlern ans Ende des Feldes zurück. Dort fand sich auch Jake Hill wieder, der sich bereits vorher beim Anbremsen auf die Hairpin mit kalten Reifen verschätzt hatte und einige Meter auf dem an dieser Stelle abzweigenden längeren International Circuit von Oulton Park zurücklegte, bevor er nach einem Wendemanöver dem Feld hinterhereilte.
Mit Turkington aus dem Rennen und Ingram, Sutton und Hill außerhalb der Punkte lief nun plötzlich alles bestens für Josh Cook, der sich nach dem Chaos beim Start auf Platz vier hinter Stephen Jelley, Aiden Moffat und Ricky Collard wiederfand und sich mit dieser Position auch mehr oder weniger begnügte. Zwar sah es so aus, als wäre Cook schneller als Collard, aber schon während des Rennens wurde bekannt, dass Collard nach dem Rennen eine 5-Sekunden-Strafe für die Kollision mit Lloyd erhalten würde.
Kurzer Einschub: Collard zu bestrafen und ihn damit als Schuldigen des im Großen und Ganzen einfach unglücklichen Unfalls zu identifizieren, kann man so machen, ist aber bei genauerer Betrachtung nicht wirklich richtig. Lloyd sagte später selbst, dass der Unfall von seiner Seite aus vermeidbar gewesen wäre, wenn er einfach eher zurückgezogen hätte. Fahrlässigkeit oder gar Absicht von Collard lässt sich nicht wirklich ausmachen. Kurzer Einschub Ende.
Hinter dem am Ende glücklichen Stephen Jelley, der die Serie, dass in diesem Jahr ausschließlich BMWs im dritten Lauf siegreich sind, und dem nicht minder glücklichen Aiden Moffat, der den Infiniti erstmals in dieser Saison auf das Podium bringen konnte, begnügte sich Josh Cook also mit dem sicheren, geerbten dritten Platz vor Gordon Shedden und Rory Butcher. Auf dem sechsten Platz kreuzte mit seinem dritten soliden Punkteresultat an diesem Tag Dan Cammish die Ziellinie knapp vor Adam Morgan, mit dem er sich in den letzten beiden Runden einen engen Fight geliefert hatte. Kurioserweise wurde Morgan aber nicht siebter, sondern achter, da der strafversetzte Collard ausgerechnet zwischen Cammish und Morgan eingeordnet wurde, obwohl Ford und BMW quasi nebeneinander und damit fast zeitgleich die Ziellinie überquerten.
Hinter Morgan komplettierten die durch die chaotischen Verhältnisse des dritten Laufs nach vorne gespülten Ash Hand und Árón Taylor-Smith die Top Ten, gefolgt von Jason Plato, für den in Oulton Park gar nichts zusammenlief, und Dan Rowbottom, der an seine großartige Performance aus dem Vorjahr nicht anknüpfen konnte. Dahinter sah Jake Hill als einziger der ans Ende des Feldes zurückgefallenen Meisterschafts-Aspiranten die Zielflagge auf Platz 13. Im Rennen hatte sich rund um die letzten Punkteränge eine heiße Kampfgruppe gebildet, die sehenswertes Racing bot und zu der neben Hill, Ingram und Sutton auch Ollie Jackson, Dexter Patterson und Jade Edwards gehörten. Letzten Endes hatten Jackson und Patterson etwas überraschend die Oberhand und belegten die letzten Punkteränge, während Sutton und Ingram die Zielflagge knapp dahinter auf den Plätzen 16 und 17 sahen.
Ingrams Nullnummer im dritten Lauf und Cooks gleichzeitiger Podiumsplatz, brachten dem Honda-Piloten die kurzzeitig verlorene Tabellenspitze in der Tages-Endabrechnung mit 15 Punkten Vorsprung vor dem Hyundai-Piloten wieder zurück. Dahinter liegt Ash Sutton mit 18 Punkten Rückstand gefolgt vom BMW-Duo Turkington und Hill mit 29 bzw. 40 Punkten Rückstand. Mit etwas mehr Abstand folgt dahinter die Schottland-Connection bestehend aus Gordon Shedden (-63) und Rory Butcher (-65).
Der gesamte Meisterschaftsstand sowie die genauen Resultate der drei Läufe aus Oulton Park können hier im Detail nachgelesen werden.
Die BTCC gastiert bereits am kommenden Wochenende führ die Saisonrennen 13, 14 und 15 auf dem Croft Circuit im Norden Englands. Traditionell liegt die Strecke Hecktrieblern besonders gut, was die BMWs theoretisch zu Favoriten macht. Aber ähnliches hatte ich auch schon für Oulton Park orakelt, wo dann die bislang schlechteste BMW-Performance in dieser Saison stattfand. In Anbetracht der Reifen-Aufwärm-Probleme, die die BMWs in den ersten Runden zu haben scheinen, und der Tatsache, dass Croft in den letzten Jahren immer mal wieder gezeigt hat, dass auch Fronttriebler hier siegreich sein können (ausgerechnet Josh Cook legte 2020 in Croft zwei Siege im Honda hin), enthalte ich mich mal einer genauen Einschätzung 😉
Wenn man sein Geld auf jemanden setzen wollen würde, dann wäre es allerdings ganz klar Colin Turkington. Der BMW-Pilot ist mit sagenhaften 13 Siegen in Croft klarer Rekordhalter auf der Strecke in Yorkshire und war hier auch im Vorjahr erfolgreich als er den dritten Lauf für sich entscheiden konnte, nachdem in den Rennen zuvor Jake Hill (damals noch im von Motorbase aufgebauten Ford) und Aiden Moffat im Infitini erfolgreich waren.
Bilder: btcc.net