Home Formel EinsF1 Formel Eins: Analyse GP von Ungarn 2022 – Verstappen düpiert Ferrari, Alonso zu Aston Martin

Formel Eins: Analyse GP von Ungarn 2022 – Verstappen düpiert Ferrari, Alonso zu Aston Martin

von DonDahlmann
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Ferrari liefert weiter nicht ab. Obwohl Ferrari die Red Bull in der Quali weit hinter sich ließ, konnte Verstappen das Rennen gewinnen.

Bevor ich zum Rennen komme, zunächst die News der Woche und des Tages. Der Rücktritt von Sebastian Vettel war keine allzu große Überraschung. Seit seinem Weggang von Ferrari war klar, dass sich Vettel auf einer Abschiedstour befindet, vor allem, nachdem Aston eben nicht der Durchbruch gelungen ist. In diesem Jahr schien sein Interesse auch mehr an andere wichtige Themen gebunden zu sein. Vettel ist Mitte 30, er hat sein Leben im Motorsport und in der Formel Eins verbracht. Anders als Kimi Räikkönen hat er keine Lust bis zum Alter von 40 Jahren zu fahren. Und Geld sollte er auch genug verdient haben.

Über sein Vermächtnis ist in den letzten Tagen viel geschrieben worden. Viele schreiben seine vier Titel der Überlegenheit von Red Bull zu und weniger dem Talent von Vettel. Dabei sollte man allerdings festhalten, dass seit 2007(Kimi Räikkönen, Ferrari) kein einziger Fahrer mehr in einem eigentlich leicht unterlegenen Auto gewonnen hat. Aber so oder so – vier Titel muss man auch erst mal holen.

Aston Martin stand damit aber vor dem Problem, Vettel zu ersetzen. Der Fahrermarkt ist relativ leer, sieht man von einigen guten Talenten ab. Aber man wurde schnell fündig. Heute Morgen gab man bekannt, dass Fernando Alonso zum Team kommen wird. Das ist eine kleine Überraschung, sah es am Wochenende doch danach aus, als ob Alonso bei Alpine bleiben würde. Aber offenbar wollten die Franzosen dem 41-jährigen Spanier nur noch einen Vertrag für ein Jahr geben um ihn dann ins LMDh-Programm zu bugsieren. Dazu hatte Alonso offenbar keine Lust und Lawrance Stroll reagierte schnell. Mittwoch erklärte Vettel seinen Rücktritt, Montag hatte man Alonso. Ob sich Alonso mit dem Wechsel einen Gefallen tut, ist dann wieder eine andere Frage.

GP von Ungarn

Die Frage wird langsam zu einem Meme. „Was macht Ferrari an diesem Wochenende schon wieder falsch?“. Dieses Wochenende traf es, mal wieder, Charles Leclerc, den Ferrari auf eine katastrophale Strategie setzte. Aber das gesamte Wochenende lief nicht wirklich sauber für die Italiener. Schuld daran war Mercedes, denn George Russell lieferte eine sensationelle Runde ab und erlangte seine erste Pole. Das war in der Tat eine faustdicke Überraschung, denn die Mercedes sahen vorher nie so aus, als würden auch nur ansatzweise um die Pole oder die erste Reihe fahren können. Glück für Ferrari: beide Autos standen dahinter und Red Bull war weit weg.

Perez war in Q2 ausgeschieden, Verstappen hatte ein Motorproblem in Q3 und startete nur von P10. Red Bull wechselte vor dem Rennen (straffrei) den halben Motor, was Verstappen einen Leistungsvorteil verschaffte. Den setzte der Niederländer im Rennen auch fantastisch um. Nach einem sehr guten Start sortierte er sich hinter den Alpine ein, die er aber relativ schnell hinter sich ließ. Ebenso schnappte er sich Norris und lag so hinter den Top 3, die weiterhin von Russell angeführt wurden.

Das Rennen entschied sich aber schon zum Start über die Reifenwahl. Russell startete auf den Soft, ebenso Verstappen. Beide Ferrari fuhren auf den Medium los. Die Wahl war eine kleine Lotterie. Regen hatte die Strecke vom Gummi befreit und im Rennen der F2 ging der Soft relativ schnell ein, während die Medium eine gute Performance boten. Die Soft zu nehmen, barg also ein gewisses Risiko. Russell und beide Red Bull konnten sich das Risiko leisten, bei Ferrari hätte man zumindest Leclerc auf die Soft setzen sollen.

Denn im Verlauf des Rennens stellte sich raus, dass die strategischen Möglichkeiten der Teams eingeschränkt waren. Russell kam in Runde 15, Verstappen in Runde 17 zum Undercut, Ferrari konterte eine Runde später. An der Reihenfolge änderte sich zunächst nichts. Allerdings hatten Russell und Verstappen von den Soft zu den Medium gewechselt und damit beide Reifentypen gefahren. Ferrari hatte von Medium auf Medium gewechselt und stand damit vor dem Problem, dass man zu einem anderen Zeitpunkt noch mal die Hard oder Soft nehmen musste.

Leclerc war auf den Medium schnell unterwegs und schnappte sich Sainz und Russell für die Führung. Red Bull vollzog dann mit Verstappen den zweiten Undercut, der sich als wirkungsvoll herausstellen sollte. Er kam in Runde 39 und nahm erneut die Medium. Ferrari konterte mit einem Stopp für Leclerc und entschied sich für die harte Mischung. Das war eine klare Fehlentscheidung, allerdings steckte Ferrari auch in einer Zwickmühle. Einerseits musste man den Undercut abdecken, andererseits konnte man die Medium nicht mehr nehmen.

Unverständlich ist allerdings, warum Ferrari sich dann für die Hard entschied. Beide Alpine hatten zuvor auf die Hard gewechselt und deren Zeiten waren schlecht. So schlecht, dass Norris im McLaren seine an die Alpine verlorenen Positionen wieder zurückholen konnte und Ricciardo beide Alpine düpierte in dem er sie in einer Kurve überholte. Es war also ersichtlich, dass die Hard unbrauchbar waren.

Das wusste offenbar auch Mercedes, die mit Hamilton in einer ähnlichen strategischen Herausforderung steckten. Der war ebenfalls auf den Medium gestartet und hatte beim ersten Stopp erneut Medium genommen. Das brachte ihn zwar Verstappen, beide Ferrari und Russell. Mercedes entschied sich aber anders als Ferrari und ließ Hamilton draußen. Der lag vor dem Stopp vom Leclerc rund 10 Sekunden hinter dem Ferrari, aber die gebrauchten Medium waren immer noch schneller, als die harten Reifen von Leclerc, der vor allem in den ersten zwei Runden nach seinem Stopp keine Chance hatte. Die Pace war weg, Verstappen vorbei.

Ferrari sah sich vor das Problem gestellt, dass hinter Leclerc Russell auf frischen Medium war und Hamilton auf frischen Soft. Die Italiener entschieden sich nach nur 15 Runden Leclerc noch einmal an die Box zu holen, um auf die Soft zu setzen. Das war dann auch wieder eine Fehlentscheidung. Ja, Leclerc verlor Zeit, aber fiel er dann auch noch hinter Perez zurück. Besser entschied man bei Sainz, den man ebenfalls lange auf den Medium draussen ließ und dann auf die Soft setzte. Allerdings holte man Sainz etwas zu früh rein, denn der musste dann 26 Runden mit den Soft fahren. Der Ferrari schien auf den Soft auch nicht sonderlich gut zu funktionieren. Sainz musste beide Mercedes passieren lassen, die am Ende deutlich schneller waren. Für Ferrari blieb nur P4 und P6 übrig.

Die interessante Frage ist allerdings: Warum hat Mercedes nicht gewonnen? Denn vom Speed her wäre das drin gewesen. Russell hatte die richtige Strategie und lag nach dem ersten Stopp auch deutlich vor Verstappen. Aber der frühe Stopp bedeutete, dass Russell im zweiten Stint länger fahren musste und da er gleichzeitig gegen die Ferrari kämpfte und Verstappen frei fahren konnte, verlor Russell Zeit. Hamilton hätte am Ende näher dran sein können, aber hier kam dann das Problem mit der Strategie zutage. Mercedes musste Hamilton länger draussen lassen, damit er die Soft nehmen konnte. Toto Wolff gab nach dem Rennen aber zu, dass man unterschätzt hatte, wie lange die Medium halten würden bei Verstappen.

Tatsächlich konnte man bei Russell sehen, dass der am Ende des Rennens, auf Mediums die 31 Runden halten musste, gegen Hamilton auf den Soft keine Chance hatte. Verstappen wäre vermutlich in Probleme gekommen, aber durch die strategischen Fehler von Ferrari hatte der Weltmeister vorn eine relativ ruhige Zeit und konnte so seine Reifen schonen. Er fuhr einen Vorsprung von bis zu 10 Sekunden raus und konnte das Rennen in den letzten 20 Runden gemütlich verwalten. Aber man muss auch sagen, dass Verstappen ein sensationell gutes Rennen fuhr. Red Bull und er haben im Moment einen Lauf und der ist schwer zu brechen.

Best of the rest wurde Norris im McLaren, der ein schwieriges Rennen hatte. Von P4 auf den Soft gestartet entschied sich McLaren für einen sehr frühen Stopp und Runde 17, der ihn allerdings tief ins Mittelfeld bugsierte. Sein Glück war dann, dass die Alpine auf die harten Reifen setzte, was diese viel Zeit kostete, auch wenn Alpine die Hard bis zum Ende auf dem Auto ließ. Am Ende fehlten Alonso 22 Sekunden auf Norris. Hinter beiden Alpine auf P8 und P9 landeten Vettel und Stroll. Mal wieder miserabel in der Quali, lief es im Rennen wieder gut. Beide Aston kopierten die Strategie von Hamilton und fuhren einen langen zweiten Stint und verschafften sich so einen Vorteil.

In der WM sieht es mittlerweile relativ deutlich aus. Verstappen hat 80 Punkte Vorsprung und es stehen noch neun Rennen aus. Verstappen kann in einem Drittel der verbleibenden Rennen ausfallen und hat immer noch die WM-Führung. In der Konstrukteur-WM wird es für Ferrari langsam enger. Red Bull ist 97 Punkte vorn und damit kaum noch einzuholen. Von hinten naht aber Mercedes, die nur 30 Punkte hinter Ferrari liegen. Und offenbar ist Mercedes wieder in der Lage um Siege zu kämpfen.

Jetzt geht es in die Sommerpause bis Ende August. Ferrari sollte die vor allem dafür nutzen, die Strategien zu analysieren.

Bilder: Daimler AG, Aston Martin, Ferrari, Williams, Alpine, Haas, McLaren, Alfa Romeo

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1 Kommentare

nona 1 August, 2022 - 16:14

„Ferrari being Ferrari“ oder „Ferrari doing Ferrari things“ wie man andernorts sagen würde. Fehlt eigentlich nur noch Jackety Sax als Soundtrack und wir sind bald wieder im Prä-Schumacher „Casino Grande“-Zeitalter.

Wer meint, Vettels Titel seien primär dem Auto geschuldet, der hat offenbar ziemlich fix vergessen, dass Vettel schon in jungen Nahchsserienjahren weitgehend Kreise um die gleichaltrige Jugendkonkurrenz gefahren ist, deswegen sehr fix als seinerzeit jüngster Fahrer in die F1 gehievt wurde, und dann auch dort prompt geliefert hat. Aber diese realtätsmerkbefreiten „kann ja nix, ist ja nur das Auto“-Naysayer hatte selbst Schumacher, von daher…

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